Titel: | Bücherschau. |
Autor: | Rich. Müller |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 43 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Lehrbuch der Physik. Von O.
D. Chwolson. Zweite Auflage. Erster Band, erste
Abteilung: Mechanik und Meßmethoden, herausgegeben von Gerhard
Schmidt. Braunschweig 1918. Fr. Vieweg & Sohn. Preis geh. M 12,–, geb.
M 14,40.
Der Verfasser des weitverbreiteten Werkes, von dessen erster Abteilung des ersten
Bandes die zweite Auflage vorliegt, will dem Lernenden, dem Studierenden ein
Lehrbuch bieten, nicht aber ein Handbuch dem Spezialisten, der sich bereits das
Gebiet der physikalischen Forschung zu eigen gemacht hat. Der Studierende soll
finden, was er braucht, und soll brauchen, was er findet. So sind im ersten Bande
die Grundbegriffe: Geschwindigkeit, Beschleunigung, Kraft, Masse, Arbeit, Energie
usw. ausführlich besprochen, da diese Begriffe auf der Schule doch nicht genügend
geklärt werden können. Weiterhin bringt der Verfasser aus der Mechanik nur das, was
der Studierende braucht. Probleme, wie allgemeine Bedingungen des Gleichgewichts,
Foucault'sches Pendel, Kreiselbewegung und dergleichen gehören nach Ansicht des
Verfassers nicht in ein Lehrbuch und sind daher ausgeschlossen. Dagegen sind
ausführlich behandelt die harmonische Schwingung und strahlende Ausbreitung von
Schwingungen, die allgemeine Gravitation und Schwerkraft. Ein Kapitel enthält die
Elemente der Potentialtheorie. Der dritte und letzte Abschnitt handelt von den
Meßapparaten und Methoden zur Messung von Längen und Flächen, von Winkeln, Volumen,
von Kräften und Massen, der Zeit, der Schwerkraft und der Erddichte.
Bei den Stichproben, die ich vorgenommen habe, ist mir nur eines aufgefallen: Die
Vektordefinition auf S. 51 ist nicht richtig. Als Vektor bezeichnen wir nicht
„eine Größe, die im gegebenen Punkte nicht nur einen bestimmten Zahlenwert,
sondern auch eine bestimmte Richtung hat“. Der Vektor hat außer Größe und
Richtung noch einen Richtungssinn oder Pfeil. Im zweiten Kapitel des zweiten
Abschnitts vermißt man die Betonung, daß die Kraft ein Vektor ist und einen
Angriffspunkt hat. In dieser Gedankenordnung befriedigt auch das wenig, was auf
Seite 95 von der Zentrifugalkraft gesagt wird. Ebenso hätte man im vierten Kapitel
eine Bemerkung erwartet, daß auch harmonische Schwingungen von gleicher Frequenz als
Vektoren aufgefaßt werden dürfen.
Zum Schluß sei noch betont, daß die Neuauflage mit Rücksicht auf die beispiellose
Umwandlung unserer Anschauungen in der Physik an zahlreichen Stellen neu geschrieben
worden ist. Das Werk kann allen denen aufs wärmste empfohlen werden, die den Wunsch
haben, ihre Kenntnisse in der Physik bis zur neuesten Entwicklung zu erweitern und
zu vertiefen.
E. Jahnke.
Aus Deutschlands Waffenschmiede.
Von Dr. J. Reichert. Mit zahlreichen Bildern und Tafeln.
111 Seiten 8°. Berlin-Zehlendorf 1918 Reichsverlag.
Unsere gegenwärtige Kriegführung wäre unmöglich ohne die Entwickelung der früheren
kleinen Eisenschmiede zum industrieelen Großbetriebe und ohne Heranziehung aller
deutschen Werkstätten der Eisen schaffenden, wie Eisen verarbeitenden Industrie.
Unter diesem Gesichtspunkte ist es recht verdienstvoll, daß der Versuch unternommen
wird, einem weiten Leserkreise die Entwickelung und die Bedeutung unserer
Eisenindustrie in Wort und Bild vor Augen zu führen, und man wird ohne weiteres
zugeben müssen, daß mit dem vorliegenden Buche dieser Versuch durchaus gelungen
ist.
Nach einer Aufzählung und kurzen Beschreibung aller deutschen Eisenreviere schildert
der Verfasser anhand von Abbildungen zunächst die Darstellung des Eisens in seinen
verschiedenen Arten, sowie die Herstellung der wichtigsten Hüttenerzeugnisse, Blech,
Schienen und dergleichen. Es folgen zwei Kapitel „Friedenserfolge“ und
„Kriegsleistungen“, die mit Unterstützung anschaulicher und lehrreicher
Diagramme zeigen, welche Bedeutung die deutsche Eisenindustrie im Frieden erreicht
hatte, und welche gewaltigen Leistungen im Kriege bisher vollbracht worden sind.
Meiner Ansicht nach die fesselndsten Kapitel sind die beiden folgenden,
überschrieben „Die Arbeiterschaft“ und „Die Industriekapitäne“. Hier
versteht es der Verfasser, in vortrefflicher Weise einmal die Verdienste unserer
Arbeiterschaft voll zu würdigen, dann aber auch zu zeigen, was Deutschland
seinen „Industriekapitänen“ zu verdanken hat, ohne deren große artigen
Unternehmungsgeist und gewaltige Tatkraft uns auch die beste Arbeiterschaft nichts
nützen würde.
In einem Schlußkapitel „Zukunftssorgen“ schildert der Verfasser seine
Ansichten über die Aufgaben, die uns die Zeit nach dem Kriege stellen wird und was
uns nach seiner Auffassung ein Friede bringen – „muß“!
Die klare, anschauliche und anregende Darstellungsweise macht das Lesen des Buches zu
einem Genuß nicht nur für den technisch gebildeten, sondern für Jeden, dem die Größe
unseres Vaterlandes am Herzen liegt.
R. Vater.
Eduard Krieger, Geh. Marinebaurat
(†). Unsere Kriegsschiffe, ihre Entstehung und Verwendung. 2. Aufl. Von Marinebaurat
Friedrich Schürer. (Aus Natur und Geisteswelt, 389.
Bändchen.) Leipzig 1918. B. G. Teubner.
Nach einer längeren Einleitung über Schiffbaupolitik, Zusammensetzung der
Kriegsflotten, Baukosten der Kriegschiffe u.a.m. werden in den folgenden Abschnitten
behandelt: Hergang bei der Entstehung eines Schiffes, Entwurf eines Kriegschiffes,
Bauausführung, das Schiff nach der Fertigstellung. In angenehmer, anschaulicher
Sprache werden alle wichtigen Gesichtspunkte erörtert, die beim Werden und beim
Gebrauch eines Kriegschiffes maßgebend sind, so eingehend, wie der Umfang des
Bändchens zuließ. Es ist für Laien geschrieben, wird aber auch für Fachleute anderer
Richtung mit Nutzen durchgesehen werden, die viele bemerkenswerte Einzelheiten
daraus entnehmen können und namentlich auch für die Schilderung des Geschäftsganges
bei den Marinebehörden dem Verfasser dankbar sein werden. Die meist in einfachen
Linien gegebenen kleinen Bilder ganzer Schiffe und ihrer Einzelheiten sind klar und
sorgfältig ausgeführt, die Erläuterungen sind naturgemäß knapp gehalten, aber
einleuchtend. Zum Verständnisse mancher Teile sind allerdings einige Kenntnisse in
der Mechanik vorauszusetzen. Der Verfasser erklärt beispielsweise zwar die Begriffe
Schwerpunkt, Stabilitätsmoment, Meterzentrum usw., ihr lebendiges Erfassen kann aber
natürlich ohne einen bescheidenen Vorrat von mechanischen Anschauungen nicht
erwartet werden. Leser, die ohne diese Voraussetzung das Bändchen zur Hand nehmen,
werden trotzdem dabei auf ihre Rechnung kommen, denn sie sehen wenigstens, in
welcher Richtung die rechnerischen Untersuchungen anzusetzen sind. Zudem werden
solche Leser aus den anderen Teilen genug Belehrung schöpfen können. – Eine
Kleinigkeit sei hier erwähnt, die von dem weniger kundigen Leser leicht
mißverstanden werden könnte. Er würde nach der Erklärung auf Seite 39 vielleicht
annehmen, daß bei jedem an der Wasseroberfläche schwimmenden Körper der
Gewichtschwerpunkt notwendig höher als der Formschwerpunkt liegen müsse, und mit
dieser Vorstellung würde er sich das Verständnis dieser Verhältnisse überhaupt
erschweren. Gemeint ist natürlich nur, dem Wortlaut gemäß, daß bei den üblichen
Schiffen die beiden Schwerpunkte tatsächlich die gekennzeichnete Lage haben, deren
Zulässigkeit, im Gegensatz zu der Lage bei getauchten U-Booten, sich aus der
anschließenden Belehrung klar ergibt.
Das Bändchen ist in hervorragendem Maße geeignet, verständnisvolle Teilnahme für alle
technischen Marinefragen zu fördern.
Roth.
Die Blechabwicklungen. Von Ing.
Johann Jaschke. Dritte erweiterte Auflage. Berlin
1918. Julius Springer. Preis M 4,–.
Das Buch ist eine Sammlung praktischer Verfahren in der Herstellung bzw. Berechnung
von Blechabwicklungen. Es ist eine eigene Kunst damit, und der Konstrukteur befaßte
sich nicht gern mit ihr, sondern überließ es sehr oft der Werkstatt, seinen
Entwürfen mit vielem Probieren zur Körperlichkeit zu verhelfen. Besonders diesen
Kreisen will das Spezialwerk neben den rein theoretischen Betrachtungen der
Durchdringungslehre auch die nicht minder großen praktischen Erfahrungen vermitteln,
über die der Verfasser augenscheinlich verfügt, und sie so befähigen, der Werkstatt
auch tatsächlich werkstattreife Zeichnungen zu geben.
Die hier wirklich unentbehrlichen Abbildungen sind reichlich vorhanden. Alles in
Allem, man kann dem Werke eine weite Verbreitung wünschen.
Rich. Müller.