Titel: | BÜCHERSCHAU. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, Miszellen, S. 319 |
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BÜCHERSCHAU.
Bücherschau
Das Unternehmertum und die
öffentlichen Zustände in Deutschland. Eine Zeitbetrachtung von Paul Steller, Köln. 8°. VI und 140 Seiten. Berlin 1911.
Julius Springer. Preis M 2,40.
Die vorliegende Schrift des Geschäftsführers des Vereins der Industriellen des
Reg.-Bezirks Köln ist keine wissenschaftliche Untersuchung etwa im Sinne der neueren
Arbeiten von Pohle (Vorträge der Gehe-Stiftung zu Dresden, 3. Bd. 1910) und Wiedenfeld (Schmollers Jahrbuch, 34. Jahrg.
1910) über das Unternehmertum, sondern eine mit parteipolitischen Erörterungen
reichlich durchsetzte Gelegenheitsschrift. Sie bietet verhältnismäßig wenig Neues,
gibt vielmehr teils den Inhalt eigener früherer Veröffentlichungen des Verfassers,
teils denjenigen von Schriften solcher Autoren wieder, die den grundsätzlichen
Standpunkt desselben im ganzen oder hinsichtlich einzelner Fragen teilen.
Ausgehend von der wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung des Unternehmertums und den
Möglichkeiten, heute noch in diesen Stand aufzusteigen, betrachtet der Verfasser
dessen öffentliche Lasten durch Arbeiterversicherung und Besteuerung, die Kehrseite
der Arbeiterversicherung, die Erhöhung der Lebenshaltung infolge der Sozialpolitik,
die Tarifverträge, den unzulänglichen Zustand von Gesetzgebung und Rechtsprechung in
bezug auf den Schutz vor persönlichen Beleidigungen und die Arbeitswilligenfrage,
das Fach- und Fortbildungsschulwesen, das Verhältnis von Landwirtschaft und
Industrie, die wirtschaftlichen Interessenvertretungen, die Monarchie als Hort der
gewerblichen Tätigkeit, um in einem Schlußkapitel über das Wirtschaftsleben und die
Reichslasten unmittelbar zu der augenblicklichen innerpolitischen Lage und den
Reichstagswahlen 1912 Stellung zu nehmen.
Der wirtschafts- und sozialpolitische Standpunkt der Schrift ist der des
Zentralverbandes Deutscher Industrieller, der parteipolitische liegt ungefähr in der
Mitte zwischen dem der Nationalliberalen und der Konservativen, wobei einschlägige
Leistungen des Zentrums entsprechend gewürdigt werden. Der Verfasser spart nicht mit
den bekannten Klagen über unsere von „falscher weichlicher Sozialpolitik
triefende Richtung in der Gesetzgebung“, eine Richtung, deren leitender
Gedanke es sei, durch den sogen. Schutz der wirtschaftlich Schwachen eine
tatsächliche Zwangsherrschaft dieser Schwachen über die Starken d.h. die
Leistungsfähigen herbeizuführen, die dem Volke und seiner Jugend durch Hervorrufung
unangemessener Lebensansprüche, durch Verminderung der Selbstfürsorge und
Selbstverantwortung die eigene Tatkraft nehme, vielfach schlechte Instinkte und
Neigungen wachrufe, Unzufriedenheit und Pessimismus systematisch großziehe und bei
dem Wettlaufen der meisten politischen Parteien um Gewinnung der
„Arbeiterseele“ und der Arbeiterstimmen vermöge der stets steigenden
Kosten der Arbeiterversicherung die Gefahr einer Ueberlastung der Industrie mit
öffentlichen Auflagen und damit eine Minderung, wenn nicht völlige Unterbindung
ihrer Konkurrenzfähigkeit auf den Auslandsmärkten herbeiführen müsse. Die
Bestrebungen der sozialreformerischen Kreise, namentlich auch der
„Kathedersozialisten“ werden darum aufs Entschiedenste verworfen und
ihnen die allein zuverlässigen Kundgebungen von Männern wie Ehrenberg, Adolf Weber, Tille (Vertretern der „exakten
Wirtschaftsforschung“), Friedensburg, Selter u.a.
gegenübergestellt. Was diese im einzelnen sagen, mag in der Schrift selbst
nachgelesen werden.
Wer sich über die in den politisch und wirtschaftlich einflußreichsten Kreisen
unserer Großindustrie vielfach herrschenden Auffassungen rasch unterrichten will,
wird das Stellersche Buch mit Nutzen zur Hand nehmen, er
muß sich dabei nur der Grenzen seines Erkenntniswertes bewußt bleiben und nicht
Wissenschaft suchen, wo allein die Politik das Wort hat.
Carl Wallher.
Die Kinematographie, ihre Grundlagen
und Anwendungen. Von Dr. H. Lehmann. 358.
Bändchen aus der Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen „Aus
Natur und Geisteswelt“. Mit 69 Figuren und 2 Tafeln. Leipzig 1911. B. G. Teubner.
Preis geb. M 1,25.
In dem vorliegenden kleinen Bändchen ist trotz seines beschränkten Umfanges ein
reichhaltiges Material über das Wesen der Kinematographie und ihre Anwendungen
zusammengetragen, so daß sich für einen „weiteren“ Leserkreis, an den sich
das Buch wendet, eine Fülle von Anregung aus der Lektüre desselben ergeben muß, und
dies um so mehr, da nach einem kurzen historischen Ueberblick in einfacher, leicht
faßlicher Weise die psychologischen und physiologischen Grundlagen der
Kinematographie erschöpfend behandelt werden, so daß die später folgenden
technischen Methoden dem Verständnis näher gerückt sind. Es ergibt sich aus dem
theoretischen Teil als Hauptfolgerung, daß die Kinematographie entgegen älteren
Ansichten als eine Identifikationstäuschung aufzufassen ist und die rein
physiologischen Momente, welche in Frage kommen, nur einen unterstützenden Charakter
haben.
Auf Grund der theoretischen Ueberlegung werden dann die verschiedenen technischen
Prinzipien von den zwei großen Klassen von Kinematographenapparaten, d.h. erstens
für diejenigen für ruckweise Filmbewegung, welche zurzeit die gebräuchlichen sind,
und zweitens für diejenigen, bei welchen sich der Film kontinuierlich bewegt und das
Stillstehen des Bildes durch optische Kunstgriffe erzielt wird, besprochen.
Dieser zweiten Klasse gehört voraussichtlich die Zukunft, da sich eine viel
größere Filmgeschwindigkeit und damit eine größere Zahl der Bildwechsel erzielen
läßt, die nicht wie bei den Apparaten mit ruckweiser Filmbewegung unter der
Verschmelzungsfrequenz liegt, sondern gleich oder größer als diese ist, wodurch
Filmmererscheinungen unterdrückt werden.
Den Schluß des Buches bildet eine Zusammenstellung von Beispielen der Anwendung
der Kinematographie auf Sondergebieten. Erwähnt seien nur die interessanten
Anwendungen der kinematischen Mikroskopie bei Aufnahmen von Bakterien, die Aufnahmen
von Geschossen und Geschoßwirkungen, diejenigen des Insektenfluges u.a.m.
Die Ausstattung und der Druck des Buches ist gut.
K.
BEI DER REDAKTION EINGEGANGENE BÜCHER.
Sammlung Göschen. Die
Walzwerke, Einrichtung und Betrieb. Von Dipl.-Ing. A. Holverscheid. Mit 151 Fig.
Desgl. Die Gleichstrommaschine. Von C. Kinzbrunner, Ingenieur und vormals Dozent für
Elektrotechnik an der Municipal School of Technology in Manchester. Mit 81 Figuren.
Zweite, verbesserte Auflage.
Desgl. Elektrotechnik. Einführung in die
Starkstromtechnik. Von J. Herrmann, Prof. der
Elektrotechnik an der Königl. Technischen Hochschule Stuttgart. Erster Teil: Die
physikalischen Grundlagen. Mit 95 Figuren und 16 Tafeln. Dritte, erweiterte Auflage.
Zweiter Teil: Die Gleichstromtechnik. Kurze Beschreibung der Gleichstromerzeuger,
der Gleichstrommotoren und der Akkumulatoren. Dritte, erweiterte Auflage. Mit 118
Figuren und 16 Tafeln.
Desgl. Wechselstromerzeuger. Von Karl Pichelmayer, Ingenieur, o. ö. Professor an der K. K. Technischen
Hochschule Wien. Mit 40 Figuren. Leipzig 1911. G. J. Göschen. Preis geb. jeder Band
M 0,80.
Alfred Nobel, der Erfinder des Dynamits und Gründer der
Nobelstiftung. Eine biographische Skizze. Von Dr. Rich. Hennig. Mit 12 Figuren. Stuttgart 1912. Verlag der Technischen
Monatshefte.
Ueber neuere Versuche mit umschnürtem Beton.
(Spiralumwickelte und ringbewehrte Säulen.) Von Dr.-Ing. A. Kleinlogel, Privatdozent an der Großh. Technischen Hochschule in
Darmstadt. Mit 25 Figuren und 31 Zusammenstellungen. Berlin 1912. Wilhelm Ernst
& Sohn. Preis M 3,20.
Technikerberuf. Ein Ratgeber für
Mittelschultechniker bei der Wahl einer Lebensstellung. Von Georg Heidmann, Regierungsbausekretär. Zweite, erweiterte Auflage. Leipzig
und Hannover 1912. Dr. Max Jänecke. Preis geh. M 1,80, geb. M 2,50.
Elektrotechnik in Einzeldarstellungen. Von Dr. G. Benischke. Heft 17. Berechnung von
Wechselstromfernleitungen. Von Dr. G. Breitfeld.
Mit 15 Figuren und 2 Tafeln. Braunschweig 1912. Friedrich Vieweg & Sohn. Preis
geh. M 4,–, geb. M 4,60.
Theorie der Elektrizität. Erster Band: Einführung in
die Maxwell sehe Theorie der Elektrizität. Mit einem einleitenden Abschnitt über das
Rechnen mit Vektorgrößen in der Physik. Von Dr. A. Föppl.
Vierte, umgearbeitete Auflage. Von Dr. M. Abraham. Mit 11
Figuren. Leipzig und Berlin 1912. B. G. Teubner. Preis geb. M 11,–.
Vorlesungen über darstellende Geometrie unter besonderer
Berücksichtigung der Bedürfnisse der Technik. Von Alfred Hauck, Direktor der Kgl. Realschule in Schönlanke. In zwei Bänden.
Erster Band mit 650 Figuren. Leipzig und Berlin 1912. B. G. Teubner. Preis geh. M
10,–, geb. M 12,–.
PROSPEKTE.
Rheinische Modellbauanstalt A. Schumann, Düsseldorf.
Modelle jeder Art für Ausstellungen, Museen, Unterrichts-, Demonstrations-, Reise-
und Patentzwecke usw.
EINGESANDT.
Auf der am 9. März in Leipzig abgehaltenen ersten Jahresversammlung des Verbandes Deutscher Gutachterkammerne. V. waren elf
Gutachterkammern mit über 500 Mitgliedern vertreten. Dem Verbände gehören zurzeit
die Kammern in Berlin, Bielefeld, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Elberfeld, Essen,
Hagen i. W., Köln und Königsberg i. Pr. an. Der Anschluß der Gutachterkammern in
Bochum, Frankfurt a. Main, Hannover und Paderborn ist in Bälde zu erwarten.
Die Versammlung beschäftigte sich zunächst mit der Frage der Errichtung staatlicher
Hypotheken-Taxämter und mit den besonders im
rheinisch-westfälischen Bezirk herrschenden Mißständen auf dem Gebiete des
Grundstückstaxwesens und setzte eine Kommission ein, welche den zuständigen Stellen,
die zum Teil bereits an die Gutachterkammern wegen Maßnahmen zur Abhilfe
herangetreten sind, geeignete Vorschläge machen soll.
Sodann wurde über geeignete Schritte beraten, um der bisherigen ablehnenden Haltung der Handelskammern in einigen Städten gegenüber
den Gutachterkammern zu begegnen. Bemerkenswert ist, daß in anderen Städten das
Verhalten der Handelskammern, z.B. in Köln, Düsseldorf und Bochum, ein durchaus
entgegenkommendes ist; dasselbe gilt auch für das Vorsteheramt der Kaufmannschaft in
Königsberg i. Pr.
Die Geschäftsstelle berichtete sodann noch über den bisherigen Erfolg ihrer
Bemühungen, Vereinigungen von beeidigten Sachverständigen in weiteren Städten
Deutschlands ins Leben zu rufen.
Verein Deutscher
Gießereifachleute.
Vom 29. Mai bis 2. Juni hält der Verein Deutscher Gießereifachleute seine
diesjährige Hauptversammlung in Berlin ab. Auf der Tagesordnung stehen, neben
Besichtigung der Eisen- und Metallgießerei der Siemens-Schuckert-Werke, folgende Vorträge:
Neues aus dem Gießereibetriebe, Prof. Dr.-Ing. A. Nachtweh,
Hannover; Arbeitsweise in amerikanischen Gießereien, Ing.
C. Humperdinck, Durlach;
Neuzeitige Transport- und Hebezeuge in Eisengießereien,
Ing. Hubert Hermanns, Duisburg;
Neues vereinfachtes Herstellungsverfahren
(Pergamonverfahren) in der Kunstgießerei, Ing. Max
Küller, Berlin;
Vorzüge und Mängel des Bonvillainschen Formsystems und seine neuesten Vervollkommnungen, Ing.
Arthur Lentz, Düsseldorf;
Das Rosten des Gußeisens, Professor Dr. Arndt, Berlin;
Ueber Kleinbessemerei, Gießereiingenieur Carl P. Lavall, Magdeburg;
Studie über Halberstädter Formsand, Gießereiingenieur I.
Holicky, Blankenburg;
Ueber Betriebsersparnisse und Verbesserungen in der
Metallgießerei, Gießereiingenieur C. Hunger,
Berlin;
Die Vorzüge deutscher Gießereimaschinen gegenüber
französischer und amerikanischer Systeme, Ing. K. Axmann, Köln.
WIRTSCHAFTLICHE RUNDSCHAU.
Internationaler Eisenmarkt.
(Nachdruck verboten.)
In den letzten Wochen ist die Nachfrage nach Eisen am Weltmarkte ausserordentlich
scharf gestiegen. Neben der ansteigenden Tendenz der allgemeinen Konjunktur
wirkt noch immer die Ausschaltung der englischen
Eisenindustrie auf die Bewegung von Angebot und Nachfrage am Eisenmarkt stark
ein. Die Hochöfen Großbritanniens, die während des Bergarbeiterstreiks fast
ausnahmslos ihren Betrieb einstellen mussten, können ihre Produktion noch nicht
in vollem Umfange wieder aufnehmen. Die Versorgung mit Koks ist noch sehr
unregelmässig. Es kann auch vorläufig nicht auf sofortige Lieferungen gerechnet
werden. Die Roheisenpreise halten sich daher am englischen Markt auf ihrem hohen
Niveau. Middlesbro Nr. 3 wird mit 53 sh 9 d bis 55 sh notiert. Auf den
Geschäftsgang am amerikanischen Eisenmarkt hatten in
erster Linie die anhaltenden umfangreichen Käufe der Eisenbahnen großen Einfluß.
Auch hier macht sich eine zu knappe Versorgung der Werke mit Koks infolge des
Mangels an Arbeitskräften deutlich bemerkbar. Es ist daher fraglich, ob die
Produktion in dem gleichen Maße gesteigert werden kann, wie die Nachfrage
zunimmt. Die Preise bleiben andauernd fest, um so mehr, als das noch kürzlich zu
niedrigen Preisen abgeschlossene Material bereits in den Verbrauch übergeht. Die
Roheisenvorräte der Hochofenwerke verringern sich ständig. Auch die
Stahlgesellschaften kaufen zur Ergänzung ihrer Bestände grössere Posten
Roheisen. Eine bemerkenswerte Festigkeit zeigen auch die Eisenmärkte des
europäischen Kontinents. Die Knappheit und die fortwährenden Preissteigerungen
am englischen Markt wirkten sehr anregend auf die Kauflust der Konsumenten
in Frankreich, Belgien und Deutschland. Die französischen Werke, de auf Monate hinaus in Anspruch genommen sind,
haben ganz erhebliche Preissteigerungen erzielt. Bemerkenswert ist das starke
Anwachsen der Nachfrage nach Fertigware, besonders nach Trägern und Baueisen.
Auch die übrigen weiterverarbeiteten Produktionen liegen sehr fest. Grössere
Preiserhöhungen wurden vorgenommen für Stabeisen und Bleche. Ebenso wie in
Frankreich führte die Aussicht auf weitere Befestigung der Preise auch in Belgien eine Zunahme der augenblicklichen Nachfrage
herbei. Die Konsumenten zeigen das Bestreben, sich noch zu den gegenwärtigen
Preisen zu decken. Vor allem wird mit einer weiteren Verteuerung der
Industriekohlen gerechnet, die natürlich auf die Entwicklung der Eisenpreise
grossen Einfluss haben würde. Das Comptoir des Aciéries belges, das seine
Verlängerung von dem Weiterbestehen des deutschen Stahlwerkverbandes abhängig
gemacht hatte, ist durch die Erneuerung desselben wieder befestigt, so daß die
Stabilität des Marktes für die nächste Zeit gesichert erscheint. Der belgische
Roheisen verbrauch hat im Laufe dieses Jahres eine ungewöhnlich scharfe
Steigerung erfahren, so daß die Versorgung nur durch eine besonders starke
Erhöhung des Imports durchgeführt werden konnte. Am Fertigeisenmarkte ist die
Lage im allgemeinen befriedigend. Das Schienengeschäft lässt allerdings noch
hier und da zu wünschen übrig. Der deutsche
Eisenmarkt steht nach wie vor im Zeichen ausgesprochener Festigkeit. Der Wegfall
der B-Produkte bei der Erneuerung des Stahlwerksverbandes hat auf die
Preisbewegung vorläufig keinen ungünstigen Einfluß ausgeübt Solange die
Marktlage
Textabbildung Bd. 327
für A-Produkte günstig bleibt, wird auch das
Preisniveau der weiterverarbeiteten Erzeugnisse keine Senkung erfahren. Es ist
nicht ausgeschlossen, daß nach Ablauf der bisherigen Kontingentierung der
Produkte B, die noch bis 30. Juli 1912 Gültigkeit hat, für einige Fertigwaren
besondere Preisverständigungen zwischen den führenden Werken erzielt werden.
Steigende Rentabilität der Maschinenfabriken.
(Nachdruck verboten.)
Trotz der mannigfachen Schwierigkeiten, die im Jahre 1911 auf wirtschaftlichem
Gebiete zu Tage traten, haben die meisten deutschen Maschinenfabriken günstige
Resultate erzielt. Das Auslandsgeschäft hat sich fast durchweg befriedigend
entwickelt. Die steigende Konjunktur regte die
gewerbliche Unternehmungslust wieder kräftig an und hatte die Neueinrichtung
resp. Vergrößerung zahlreicher industrieller Betriebe zur Folge, so dass auch am
inländischen Maschinenmarkte eine wachsende Nachfrage zu beachten war. Natürlich
war die Entwicklung der Betriebsergebnisse nicht in allen Zweigen der
Maschinenindustrie gleichmäßig. Während die meisten Lokomotivbauanstalten,
Fabriken von Arbeitsmaschinen für das Holzgewerbe, die Baustoffindustrie etc.
ganz günstig abgeschnitten haben, wirkte auf den Geschäftsgang in den
Textilmaschinenfabriken die flaue Lage des Textilgewerbes ungünstig ein. Für
einen Vergleich der in den beiden letzten Jahren erzielten Dividende assen sich die im ersten Quartal 1912 publizierten Bilanzen
von 54 Aktiengesellschaften der Maschinenindustrie verwerten. Das Aktienkapital
dieser Gesellschaften ist im Geschäftsjahr 1911 von 99,83 auf 102,10 Millionen
Mark erhöht worden. Die Summe der verteilten Dividende ist von 7,68 auf 9,01 Millionen Mark gestiegen. In
Prozenten des jeweiligen Aktienkapitals ergibt sich eine Zunahme von 7,7 auf 8,8
Prozent. Mit Rücksicht auf die günstigen Betriebsergebnisse konnten natürlich
auch wieder grössere Summen für Abschreibungen
verwendet werden. Die Bewegung der Abschreibungen läßt sich bei 55
Gesellschaften verfolgen. Diese haben ihr Nominalkapital im letzten Jahre von
104,41 auf 106,65 Millionen Mark heraufgesetzt. Die Summe der Abschreibungen ist
von 8,52 auf 9,20 Millionen Mark gestiegen. Reingewinn und
Verluste entwickelten sich in den beiden letzten Jahren in
nachstehender Weise:
Jahr
Zahl d. Ges.
Aktienkapital
Reingewinn resp. Verlust
in Millionen Mark
1910
4015
74,7429,56
+ 12,86– 2,14
1911
4213
84,2722,53
+ 15,63– 2,71
Demnach hat sich die Zahl der verlustbringenden Aktiengesellschaften um 2
verringert. Die Summe $es mit Verlust arbeitenden Aktienkapitals ermäßigte sich
um 7,03 Millionen Mark. Der Reingewinnüberschuß ist
bei sämtlichen 55 vergleichbaren Gesellschaften von 10,71 auf 12,91 Millionen
Mark gestiegen. Auf das jeweilige Aktienkapital berechnet ergibt sich eine
durchschnittliche Steigerung von 103 auf 12,1 Prozent. Die zunehmende
Rentabilität der Maschinenfabriken hat naturgemäß die Unternehmungslust kräftig
angeregt. Im ersten Quartal 1912 wurden für Neugründungen
und Kapitalserhöhungen von den Aktiengesellschaften und G. m. b. H. der
Maschinenindustrie dem Geldmarkte insgesamt 64,01 Millionen Mark entnommen
gegen
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21,82 Millionen Mark im Vorjahre. Die für
Neugründungen aufgewendete Summe ist von 13,43 auf 21,18 Millionen Mark
gestiegen. Die bestehenden Gesellschaften erweiterten ihre Nominalkapitalien in
diesem Jahre um 42,83 Millionen Mark. Im ersten Quartal 1911 stellte sich die
Summe der Kapitalserhöhungen auf 8,39 Millionen Mark. Auch für das laufende
Geschäftsjahr kann mit einer weiteren Zunahme der Rentabilität der
Maschinenfabriken gerechnet werden. Die Ausfuhr hat
im ersten Quartal wieder sehr kräftig zugenommen. Es wurden insgesamt 1174101 dz
Maschinen exportiert gegen 1023431 dz im Vorjahre. Der Wert der Ausfuhr ist von
116,33 auf 137,44 Millionen Mark gestiegen. Im Inlande hat vor allem der Absatz
von Textilmaschinen infolge der Besserung in der Baumwollindustrie etc. eine
Zunahme erfahren.
Zur Lage der Zementfabriken.
(Nachdruck verboten!)
Die Zementindustrie, die in den letzten Jahren arg darniederlag, geht anscheinend
etwas besseren Zeiten entgegen. Die im vorigen Jahre zustande gekommenen
Preiskonventionen sichern dem Markte in den einzelnen Landesteilen eine gewisse
Stabilität. Dass jedoch die ganze Grundlage der bestehenden Syndikate etc. eine
ziemlich unsichere ist, das zeigt sich deutlich bei den Vorgängen im rheinisch –
westfälischen Syndikat. Bekanntlich hängt die weitere Existenz dieser
Vereinigung von einem beim Reichsgericht schwebenden Prozesse ab. Der Ausgang
desselben entscheidet darüber, ob das Syndikat mit dem 31 September 1912
aufgelöst wird. Einer Neugründung würden sich fast unüberwindliche
Schwierigkeiten entgegenstellen. Angeblich ist mit Quotenforderungen in Höhe von
30 Millionen Fass zu rechnen, während gegenwärtig nur 8,8 Millionen Fass
kontingentiert sind. Aehnlich liegen die Dinge auch bei den meisten übrigen
Syndikaten. Bei Innehaltung der Preis- und Absatzkonventionen können die Werke
ihre Produktionsfähigkeit meist nur in verhältnismässig geringem Umfange
ausnutzen. Die Ueberkapitalisierung lässt sich eben nicht durch eine
Verständigung der Produzenten aus der Welt schaffen. Immerhin wäre eine
erträgliche Rentabilität gewährleistet, wenn es gelingen würde, die Preise
dauernd auf einem abnehmbaren Niveau zu halten. Solange die allgemeine
Wirtschaftslage und besonders die Konjunktur im Baugewerbe befriedigend bleibt,
wird auch die Regulierung der Preise am Baumaterialienmarkt keine allzu grossen
Schwierigkeiten bieten. In Zeiten abnehmender Bautätigkeit wird sich jedoch in
den meisten Bezirken die Konkurrenz der Aussenseiter wieder stärker geltend
machen. Die Einwirkung der Syndikate auf die Preisbildung würde natürlich
dadurch sehr erschwert. In den ersten Monaten des Jahres 1912 hat sich des
Niveau der Zementpreise nach den Notierungen am Berliner Baumaterialienmarkte
ständig gehoben. Im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Jahren zeigt sich
sogar eine erhebliche Besserung. Es kosteten nämlich 170 kg Zement netto frei
Bau in Mark:
1907
1908
1909
1910
1911
1912
März
6,25
6,50–6,70
5,75
4,50
4,00
5,70
April
6,25
6,50
5,75
5,00
4,00
5,70–6,00
Im Dezember 1911 stand der Preis noch auf 4,00 bis 4,50 Mark. Er erhöhte sich im
Januar 1912 bereits auf 5,45 bis 5,75 Mark. Im Februar wurden fast durchweg 5,70
Mark pro 170 kg erzielt. In den Kreisen der Zementhersteller ist man
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mit der bisherigen Wirkung der geschlossenen
Konventionen ziemlich allgemein zufrieden. Das Verschleudern der Ware zu
Preisen, die sehr oft nicht die Selbstkosten deckten, hat jedenfalls überall
aufgehört. Der Eingang neuer Aufträge vollzieht sich in normaler Weise, obwohl
die Bautätigkeit verschiedentlich noch recht zu wünschen übrig lässt. Der Abruf
des verkauften Materials geht noch sehr langsam von statten. Die Erklärung
dieser Erscheinung mag darin liegen, dass die meisten Händlerfirmen und
Grosskonsumenten bei dem niedrigen Preisstand im November und Dezember 1911 noch
erhebliche Mengen Zement eingelagert haben und diese zunächst verbrauchen.
Ferner dürfte die kühle Witterung und die Nachtfröste, die in höheren Lagen
Betonierungsarbeiten etc. ausschliessen, ebenfalls dazu beigetragen haben, den
Konsum zu hemmen.
Ausschreibungen und Projekte.
Mineralien. Metalle.
Maschinen.
Aegypten. Lieferung von Röhren. Verwaltung der
Küstenwache (Director of Stores, Coast Guard Administration) in Alexandrien, 5.
Juni 1912, mittags 12 Uhr. Näheres in englischer Sprache beim
Reichsanzeiger.
Italien. Lieferung von 600 Wagen mit einer
Wiegefähigkeit von 500 g nebst den dazugehörigen Gewichten im Werte von 14100
Lire. Postministerium in Rom. 21. Mai 1912, vormittags 10½ Uhr. Offerten usw.
bis 20. Mai 1912. Vorläufige Sicherheitsleistung 500 Lire; endgültige 1/10 der
Zuschlagssumme. Näheres in italienischer Sprache beim Reichsanzeiger.
Schiffe.
Kanada. 17. Juni 1912. Der Deputy Minister of the
Naval Service Herr G. J. Desbarats in Ottawa wird bis zum 17. Juni d. J.
Angebote entgegennehmen für ein Schiff zum Schütze der Fischerei an der
Pazifischen Küste. Einzelheiten über den gewünschten Schiffstyp können bei dem
Genannten erfragt werden. Das Schiff ist zu möglichst baldigem Zeitpunkte nach
Esquimault, H. M. C. Dockyard, zu liefern. Das Datum der Lieferung ist in den
Angeboten anzugeben sowie ferner, für welchen Preis zwei Schiffe der fraglichen
Art geliefert werden. Es ist ein Alternativ-Angebot zulässig für den Betrieb des
Schiffes mit schweren Diesel-Oelmaschinen; indessen müssten diese Maschinen den
2 cycle reversible type aufweisen und für den Gebrauch von Texas- und sonstigem
schweren Oel geeignet sein. Scheck über 10000 Dollar ist dem Angebot beizufügen.
Näheres beim Reichsanzeiger.
Eisenbahnmaterial.
Siam. Lieferung von a) 12400 Tons Schienen und b) 1355 Tons Kleineisenzeug für die siamesische Nordbahn. Bewerbungen um die
Lieferung a) müssen spätestens am 15. Juli d. J., Bewerbungen um die Lieferung
b) spätestens am 17. Juli d. J. jeweils vormittags 10 Uhr, beim
Eisenbahndepartement in Bangkok eingelaufen sein.
Die Spezifikation (in englischer Sprache) kann inländischen Interessenten auf
Antrag für kurze Zeit übergeben werden. Die Anträge sind an das Bureau der
„Nachrichten für Handel, Industrie und Landwirtschaft“, Berlin W. 8,
Wilhelmstr. 74 III, zu richten. Den Anträgen ist ein mit Aufschrift versehenes
Freikuvert beizufügen.
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