Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 238, Jahrgang 1880, Miszellen, S. 258 |
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Miscellen.
Miscellen.
Woolf'sche Maschine und Compound-Receiver-Maschine.
Prof. H. v. ReicheH. v. Reiche: Der
Dampfmaschinen-Constructeur. Erster Theil: Die Transmissions-Dampfmaschine * 187 S. in
gr. 8. Mit einem Atlas von 31 lithographirten Tafeln. (Aachen 1880. J. A. Mayer.) theilt in
seinem „Dampfmaschinen-Constructeur“ S. 67 die zweicylindrigen Dampfmaschinen
in Woolf'sche und Compound-Receiver-Maschinen und führt als Kennzeichen an für die erste
Gruppe, „daſs der Auslass aus dem kleinen und der Einlaſs in den groſsen Cylinder
von einer und der nämlichen Vorrichtung besorgt wird;... dann müssen die
Todtlagen beider Kolben mit einander zusammenfallen“Richtiger dürfen die Todtlagen nicht um einen beträchtlichen Winkel aus
einander liegen. – für die andere Gruppe, „daſs der Auslaſs
aus dem kleinen und der Einlaſs in den groſsenIm Buche ist in Folge Satzfehler „kleinen“ und „groſsen“
vertauscht. Cylinder durch gesonderte Absperrvorrichtungen
geleitet wird, zwischen denen also nothwendig ein Raum, der sogen. Receiver
bleibt;... dann brauchen die Todtlagen beider Kolben nicht zusammenzufallen,
sind vielmehr gewöhnlich um ¼ einer Kurbelumdrehung von einander
entfernt.“
Der hier gebrauchte Ausdruck „Compound-Receiver-Maschine“ erfährt im Berichte von Prof. R. Werner (Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, 1880 S. 355), als in seinen Bestandtheilen aus zwei für die
Meisten „unlesbaren“ und „unverständlichen“ Fremdwörtern gebildet,
eine scharfe Bemängelung, welche gerechtfertigt wäre, wenn die deutsche Sprache
selbst einen gleich bezeichnenden geläufigen Ausdruck besitzen würde, was noch nicht
der Fall ist. R. Werner erklärt allerdings bei der
Benennung „Zweicylindermaschine“ für das Woolfsche System mit um 90°
versetzten Kurbeln stehen zu bleiben; es unterliegt aber keinem Zweifel, daſs diese
Bezeichnung sprachlich völlig unrichtig ist.
Es ist allenfalls mit dem langjährigen Sprachgebrauch zu entschuldigen, wenn ein
(ohnehin meist unverstandenes) Fremdwort anders
gebraucht wird als in seiner Sprache, wie z.B. das Wort „Compound“; der
deutsche Ausdruck „Zweicylindermaschine“ hat entschieden eine allgemeine
Bedeutung und es ist unmöglich, denselben auf eine Sonderbedeutung einzuschränken,
welche Niemand darin vermuthen kann.
H. v. Reiche verwendet völlig richtig das Wort
Zweicylindermaschine (bezieh. Mehrcylindermaschine) als Gegensatz zur eincylindrigen
Maschine in allgemeinster Bedeutung (vgl. a. a. O. S. 30). Hingegen läſst sich ein
anderer Einwurf gegen den Ausdruck Compound-Receiver-Maschine erheben:
Unterscheidendes Merkmal der Compound-Receiver-Maschine gegen die Woolfsche (nach
v. Reiche) ist doch nur das Vorhandensein eines
Receiver; denn Compound d.h. zweicylindrigAuch im Englischen hebt man besonders hervor, wenn die Maschine mehr als zwei
Cylinder hat; man sagt z.B. three-cylinder-compound
engine, wenn der Dampf drei Cylinder nach einander
durchströmt. sind sie beide; man sage also nur Receiver-Maschine.
Soll aber „Compound“ in einem Gegensatz zu „Woolfisch“ gebraucht
werden, so kann dies zweckmäſsiger Weise doch nur in dem bisher in Frankreich und
Deutschland üblichen Sinne geschehen, nämlich mit Bezug auf die Kurbelstellung; dann
sind aber Woolfsche und Compound-Maschinen die Hauptabtheilungen und es zerfallen
die Woolfschen Maschinen in solche mit und und ohne Receiver; bei
„Compound-Maschine“ ist der Zusatz Receiver überflüssig, weil ein solcher
stets vorhanden sein muſs.
Diese Bezeichnungsweise ist bis heute die herrschende
und sollte nur einer besseren weichen. Es ist aber sehr fraglich, ob die neuere
Richtung, der nun auch v. Reiche angehört, nicht viel
ungleichartigere Dinge zusammenbringt als die ältere Bezeichnungsweise. Jedenfalls
gilt dies vom praktischen Standpunkte, sofern geltend gemacht werden kann, daſs der
so genannte Receiver der Woolfschen Maschine mit besonderer Steuerung im groſsen
Cylinder doch nur der Ueberströmungsraum zwischen den Steuerorganen ist, den man auf
keinen Fall gröſser zu machen braucht, als für den Dampfdurchgang und die Bewegung
des Steuerorganes erforderlich ist. Hingegen darf der Receiver der Compound-Maschine
im Interesse einer brauchbaren Dampfvertheilung nicht zu klein sein; er könnte
selbst unendlich groſs, aber nie als selbstständiges Organ gleich Null genommen
werden, was bei der Woolfschen Receiver-Maschine, bei welcher die schädlichen Räume
zwischen den Cylindern als Receiver dienen, etwas ganz gewöhnliches ist.
Ebenso dürfte bemerkt werden, daſs bei der Woolfschen Maschine, falls sie mit
günstigster Dampfvertheilung, d.h. ohne Druckabfall
beim Uebertritt im DiagrammHrabak (Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch,
1880 S. 130) nennt dieselbe „vollkommene Woolf'sche Maschine“; besser
wäre vielleicht „richtig gesteuerte Woolf'sche Maschine“. G. Schmidt gebraucht dafür die Bezeichnung
„abfallfreie Woolf'sche
Maschine“ oder „Woolf'sche Maschine mit
Doppelsteuerung“. arbeiten soll, ganz wesentlich andere und
nähere Beziehungen zwischen Receivervolumen und Zeitpunkt der Absperrung im groſsen
Cylinder auftreten, als bei der Compound-Maschine älterer Bezeichnung. Bei dieser
erhält für ziemlich beliebige Receiverdimensionen das Indicatordiagramm des kleinen
Cylinders stets die bekannte scharfe Spitze, sobald der präcise Füllungsgrad
(Absperrung ohne Drosselung gedacht) annähernd reciprok dem Volumen verhältniſs der
Cylinder genommen wird.Nach Hrabak „vollkommene
Compound-Maschine“ genannt. Es muſs aber bemerkt werden, daſs
die Spitze im Diagramm auch bei sehr unvollkommenen Compound-Maschinen, z.B.
mit gründlich verdorbener Receiver-Anordnung, erhalten werden
kann.
Zwischen Woolfsehen Maschinen mit und ohne Receiver sind die Unterschiede weit
weniger scharf als zwischen den Maschinen mit nahe 180° Kurbelstellung gegen jene
mit nahe 90° Kurbelstellung; – es handelt sich bei der Woolfschen Maschine mit
selbstständiger Steuerung des groſsen Cylinders eigentlich nur um die Ausfüllung
schädlicher Räume.
Rudolf Doerfel.
Treibriemen von W. Tennert in Berlin.
Der genannte Erfinder (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 10 244 vom 11. Januar 1880) wendet ein
eigenthümliches Verfahren zur Herstellung von Treibriemen an. Aus einer Haut wird
ein spiralförmiger Streifen geschnitten, welcher dann durch Walzen und Ausziehen
gerade gestreckt wird. Das nun folgende Zusammennähen zweier solcher Streifen
geschieht in der Weise, daſs in deren Ränder mit einem Pfriemen schräge Löcher
gestochen werden, durch welche man den Nähfaden zieht. Die Stiche treten nur auf der
Innenseite hervor. Diese Seite wird mit Leinwand beklebt, worauf die beiden Streifen
zusammengeklappt und auch am zweiten Rand in gleicher Weise zusammengenäht werden.
Der fertige Riemen ist auf beiden Seiten vollständig glatt. Damit derselbe sich nie
wieder krumm ziehe, werden nur immer zwei nach entgegengesetzten Seiten aufgerollte
Streifen (also gewissermaſsen concave und convexe) mit einander verbunden.
Universal-Schraubenschlüssel.
Bei dem nebenstehend gezeichneten Schraubenschlüssel von Alb.
Wagner in Radevormwald (* D. R. P. Kl. 87 Nr. 10394 vom 13. Februar 1880) ist das
Untermaul durch die Schraube a ersetzt.
Textabbildung Bd. 238, S. 259
Neuerungen an Telephonen und Mikrophonen.
M.
Dumoutier in Paris (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 9457 vom 5. Juli 1879) patentirte einen
Elektromagnet für Telephone. In demselben liegt unterhalb eines stählernen
Hufeisenmagnetes ein Spulenpaar auf einer verticalen Achse, die beim Anziehen einer
auf einer Trommel aufgewickelten Schnur in Umdrehung versetzt wird; die dabei in den
Spulen erzeugten Wechselströme lassen ein Läutewerk ertönen; beim Loslassen der
Schnur zieht eine Feder in der Trommel diese unter Aufwickeln der Schnur in ihre
frühere Lage zurück und dabei ertönt das Läutewerk abermals. Nach oben sitzt auf dem
einen Schenkel des horizontal liegenden Hufeisens der Kern einer dritten Spule,
welche äuſserlich noch mit einem Eisendrahte umwickelt ist; der Eisendraht steht
durch ein Stück weiches Eisen mit dem andern Pole des Hufeisens in Verbindung und
gestattet diesem, ebenfalls inducirend auf die Windungen der Spule zu wirken.Gleichen Zweck verfolgten auch Siemens und
Halske in Berlin bei ihren im Deutschen Reich unter Nr. 2355 vom
14. December 1877 patentirten Telephonen und Telephonrufern; vgl. Zetzsche: Handbuch der Telegraphier Bd. 4 S.
108. Das freie Ende des Kernes dieser Spule liegt der Mitte der
Telephonplatte gegenüber.
G. H. Bliss nahm ein in den Besitz der Signal Telephone Corporation übergegangenes
amerikanisches Patent auf einen Telephonrufer, der nach dem Scientific American, 1880 Bd. 42 S. 376 in Boston zur Verwendung kommen
sollte. Dieser Rufer soll es ermöglichen, von mehreren in dieselbe Telephonlinie
eingeschalteten Abonnenten stets nur einem ein Rufsignal zu geben. Dazu erhält jeder
Abonnent eine Uhr, die etwas rascher läuft als der Regulator in der Centralstation
und welche von diesem mittels eines elektrischen Stromes in jeder Minute einmal
richtig gestellt wird. In den Uhren der Abonnenten sind nun Umschalter angebracht,
welche für gewöhnlich den Elektromagnet der Rufglocke aus der Linie ansschalten und
ihn nur einmal in jeder Minute eine Zeit lang in die Leitung einschalten. Während
dieser von der Zahl der in derselben Leitung liegenden Rufglocken abhängigen Zeit
kann daher ein von der Centralstation abzusendender Strom den Ruf auf der einen Rufglocke ertönen lassen. Uebrigens wird eine
Batterie aus blos einem einzigen Elemente verwendet, deren Strom zwar für eine
Rufglocke ausreichend stark ist, nicht aber für zwei derselben.
F. A. Gower und C. Roosevelt in
Paris (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 9135 vom
8. Febr. 1879) patentirten die in diesem Journal 1879 232 377 bereits erwähnte Form des Gower'schen Telephons und einige Abänderungen daran. Bei der einen liegt
der Haupttheil der an der Telephonplatte sitzenden Zungenpfeife horizontal, also
parallel zur schwingenden Platte. In einer andern ist das horizontale Pfeifenrohr
nicht an der Platte, sondern an der Wandung des die Platte umschlieſsenden
Behälters, zwischen der Platte und dem halbkreisförmigen Stahlmagnete. In einer
dritten sind zwei Pfeifen angewendet, eine an der Platte und eine an der Wandung. Um
die Pole möglichst dem Mittelpunkte der Platte zu nähern, wird anstatt des
halbkreisförmigen Magnetes mit nach dem Mittelpunkte hin gerichteten Enden auch ein
O-förmiger angewendet, bei welchem die Elektromagnetkerne äuſserlich auf die
einander sich nähernden Schenkel des Elektromagnetes aufgesetzt sind und in der
Richtung dieser Schenkel fortlaufen.
Aug.
Ladendorf in St. Andreasberg i. Harz
(* D. R. P. Kl. 21 Nr. 8863 vom 30. Januar 1879)
verwendet für medicinische Zwecke im Mikrophon anstatt der Kohlenstäbchen (vgl. 1878
229 149, Taf. 14 Fig. 16) eine an beiden Enden in
feine Spitzen auslaufende und mit diesen in Vertiefungen zweier Messingstücke
gelagerte Achse, auf welcher gut centrirt ein leicht bewegliches, horizontal
liegendes Rädchen sitzt. Von dem untern Messingstücke läuft eine Metallzunge aus und
berührt ein Blatt über den viereckigen Rahmen, dessen eine breitere Seite die beiden
Messingstücke trägt, gespanntes Pergamentpapier, das nach dem Aufkleben mit Gummi
arabicum bestrichen ist, wodurch es sich straff zusammenzieht. Das Blatt übernimmt
die Schwingungen von einem chirurgischen oder medicinischen Instrumente und pflanzt
sie zu dem Rädchen und seiner Achse fort, so daſs sie zufolge der dadurch
veranlaſsten Aenderungen der Stromstärke in einem Telephon hörbar werden.
Karl
Varey in Paris (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 9261 vom 22. October 1878) bringt das
Mikrophon-Kohlenstäbchen (vgl. 1878 229 149, Taf. 14 Fig.
16) in einem geschlossenen Kästchen von verschiedener Form unter einer Platte aus
Eisen, Glimmer u.s.w. an, damit nur die durch das Mundstück auf die Platte
gelangenden und von ihr der Luft im Kästchen mitgetheilten, vom Sprechen
herrührenden Schallschwingungen auf das Kohlenstäbchen wirken sollen, während
sonstige jene Schwingungen störende Bewegungen und Stöſse der Luft, welche andern
Geräuschen entstammen, vom Kohlenstäbchen fern gehalten werden, das gesprochene Wort
also reiner wiedergegeben wird.
Gleichzeitig ist in dem nämlichen Apparat eine kleine Batterie angebracht, welche den
elektrischen Strom erzeugen soll, der, durch die Vibration des Kohlenstäbchens
modificirt, die Fortleitung der Töne in diesen Apparaten vermittelt. Handelt es sich
darum, Worte auf groſse Entfernungen zu „telephoniren“, so vermehrt man die
Intensität und Energie des Apparates durch Hinzufügung einer kleinen Inductionspule,
welche neben die Batterie gestellt wird.
E–e.
Ein Stück altes Eisen.
Ein kleines Stück Eisen, welches unter dem nach New-York gebrachten Obelisken in
Egypten gefunden wurde, hatte nach Wendel (Iron, 1880 Bd. 15 S. 227) folgende Zusammensetzung:
Eisen
98,738
Kohlenstoff
0,521
Schwefel
0,009
Silicium
0,017
Phosphor
0,048
Mangan
0,116
Kobalt and Nickel
0,079
Kupfer
0,102
Calcium
0,218
Magnesium
0,028
Aluminium
0,070
Schlacke
0,150
––––––––
100,096.
Die Analyse bestätigt, daſs dieses Stückchen Eisen durch den
catalonischen Proceſs gewonnen wurde, unter starker Anwendung von Kalk als
Fluſsmittel.
Ueber das Gerben mit Eisensalzen.
Statt, wie früher (1878 227 86.
185. 229 180) angegeben, zur Herstellung der Eisenlösung
einer kochenden Lösung von Eisenvitriol Salpetersäure zuzusetzen, verwendet man nach
F.
Knapp in Braunschweig (D. R. P. Kl. 28 Zusatz Nr. 10518 vom 25. December 1879)
besser äquivalente Mengen von Schwefelsäure und Natronsalpeter. Das Gerben mit
dieser das Natron als integrirenden Bestandtheil enthaltenden Eisenlösung geschieht
in der früher angegebenen Weise. Auſserdem erfolgt die Gerbung mittels des
Niederschlages, welchen Eiweiſskörper, z.B. die des Blutes, mit dieser Lösung
hervorbringen.
Zur Herstellung von Gummiwaaren.
H.
Gerner in New-York (D. R. P. Kl. 39 Nr. 10450 vom 30. November 1879) macht den
Vorschlag, Kautschuk und Guttapercha vor dem Vulkanisiren mit Kampher zu versetzen.
Ein Gemisch von gleichen Theilen Kampher, Kautschuk und Schwefel, auf 127 bis 160°
erhitzt, soll ein sehr dauerhaftes und dehnbares Product geben. – Um Hartgummiwaaren
zu bleichen, sollen sie in ein Bad von Alkohol, Säuren oder Chlor gebracht
werden.
Verwandlung eines gewöhnlichen photographischen Bildstockes in
ein schraffirtes Cliché.
Ch. G.
Petit in Paris (D. R. P. Kl. 57 Nr. 10337 vom 30. November 1879) nimmt von dem
Chromgelatinebild einen Abdruck aus weiſsem Wachs, überzieht diesen mit Graphit und
ritzt nun mittels einer Gravirmaschine parallele Linien ein. Die Spitze verschont
hierbei alle groſsen Vertiefungen und ritzt in die erhabenen Stellen um so breitere
Ritzen ein, als das sticheiförmige Werkzeug höhere Lagen des Wachses durchdringt.
Eine zweite Reihe von Einschnitten durchkreuzt die erste und entfernt an diesen
Stellen alle Licht undurchlässige Substanz, so daſs man nunmehr von der so
vorbereiteten Form einen zu typographischem Druck geeigneten Bildstock nehmen
kann.
Herstellung von Lack aus Nitrocellulose.
H.
Parkes in Birmingham (D. R. P. Kl. 39 Nr. 10210 vom 29. October 1879) will zur
Herstellung von Lacken u. dgl. Nitrocellulose in Kampher und
Vierfach-Chlorkohlenstoff allein oder in Verbindung mit Gummi, Harzen und Oelen
lösen.
Absorption strahlender Wärme in Gasen.
Nach Versuchen von E. Lecher und J. M. Pernter (Wiener akademischer Anzeiger, Juli 1880 S. 135) ist die
Absorption strahlender Wärme durch Wasserdampf unmeſsbar klein. Für Gase ist bei
Atmosphärendruck die Stärke der durch eine Gasschicht von 310mm Länge gehenden Strahlung, die eintretende = 100
gesetzt, folgende:
Luft
99,8
Kohlenoxyde
93,3
Kohlensäure
92,3
Aethylen
51,8.
Ueber Bitterwässer.
H. Quincke tadelt in der Deutschen medicinischen Wochenschrift, 1880 Nr. 35 mit Recht den Unfug,
welcher augenblicklich mit Bitterwässern getrieben wird. Angefangen hat dieses
niedrige Reclamenwesen vor einigen Jahren mit der Einführung des
Hunyadi-Janos-Wassers und andere Wässer folgten. Die Zusammensetzung der drei
verbreitetsten Wässer ist folgende:
Milligramm im Liter
Hunyadi Janos-Wasser
Franz Josef-Quelle
FriedrichshallerWasser
Feste Bestandtheile
4780
5223
2524
Kohlensaures Natron
48
85
–
Kohlensaures Magnesia
–
–
52
Kohlensaurer Kalk
55
–
01
Schwefelsaures Natron
2255
2305
606
Schwefelsaures Kali
12
–
19
Schwefelsaures Magnesia
2235
2474
514
Schwefelsaurer Kalk
–
135
134
Chlornatrium
170
–
794
Chlorkalium
–
393
Chlormagnesium
–
174
–
Kohlensäure
52
41
69
Statt der 5 bis 6 mal so theuren Wässer sollte man daher
einfach ein künstliches Gemisch dieser Salze verwenden, deren Lösung nicht
schlechter schmeckt als das natürliche, an Kohlensäure ebenso arme Bitterwasser.
Einfluſs einiger Salze und Alkaloide auf die Verdauung.
Nach Untersuchungen von L. Wolberg (Pflüger's Archiv, 1880 Bd.
22 S. 291) hemmen Salze die Verdauung, namentlich schwefelsaures Natrium und Borax;
dann folgen Chlorkalium, salpetersaures Natrium, schwefelsaures Kalium,
schwefelsaures Ammonium, Chlornatrium, salpetersaures Kalium, am wenigsten
salpetersaures Ammonium und Chlorammonium. Ammoniumsalze wirken aber in kleinen
Mengen, unter 4g, stärker hemmend als
gleichsäurige Kalium- und Natriumverbindungen, in gröſseren Mengen viel schwächer.
Bei gleichen Basen hemmen am stärksten die Sulfate, während die Chloride und Nitrate
keinen erheblichen Unterschied zeigen. Chinin beschleunigt die Verdauung, Morphium,
Strychnin, Dipitalin, Narcotin und Veratrin schwächen sie.
Zur Verfälschung des Branntweins.
R. Konetschke berichtet in der Wiener medicinischen Presse, 1880 Nr. 34, daſs der Branntwein jetzt mit
groſsen Mengen gewöhnlicher Soda versetzt werde, um ihm einen schärferen Geschmack zu geben. Wenn
man nur einen kleinen Schluck eines solchen Branntweins trinkt, soll man sofort ein
starkes Brennen im Schlünde, der Speiseröhre und im Magen spüren, die Verdauung soll
durch ein einziges Gläschen auf Wochen hinaus zu Grunde gerichtet werden. – Die
Angaben klingen sehr unwahrscheinlich, verdienen aber in so fern Beachtung, als es
sich voraussichtlich um einen andern Zusatz handelt.
Herstellung von Bromäthyl.
Als ein vorzügliches Anästheticum empfiehlt L. Turnbull
in der Pharmaceutischen Centralhalle, 1880 S. 339 das
Bromäthyl. Zur Herstellung desselben übergieſst er 3 Th. Bromkalium mit 8 Th.
Schwefelsäure und 4 Th. Wasser, fügt nach dem Abkühlen 2 Th. Alkohol hinzu und
destillirt. Es gehen 2,5 Th. Bromäthyl über, welche unter etwas Wasser aufgefangen,
dann mit Kaliumbicarbonat geschüttelt und nochmals rectificirt werden. Die Bildung
des Bromäthyls geht nach folgender Formel vor sich: KBr + H2SO4 + C2H5OH = KHSO4 + H2O + C2H5Br.
Zur Herstellung groſser Mengen empfiehlt es sich, statt Bromkalium Eisenbromür zu
nehmen, welches durch Uebergieſsen von Eisendrehspänen mit Wasser und Brom gewonnen
wird.
Die dem Boden durch Alkalien entziehbaren Humusstoffe.
Nach Grandeau hängt die Fruchtbarkeit eines Bodens von
der Menge der Pflanzennahrungsmittel ab, welche der durch Ammoniak ausziehbare Humus
desselben enthält, da der letztere den mineralischen Bodenbestandtheilen ihre
Nährstoffe entzieht und sie den Pflanzenwurzeln übermittelt, so daſs eine
landwirthschaftlich rentable Pflanzenproduction beim Fehlen jener Humussubstanzen
überhaupt nicht möglich ist. – Nach den Untersuchungen von O. Pitsch (Landwirthschaftliche Versuchsstationen, 1880 Bd. 26 S. 1) ist
der Humusgehalt eines Bodens allerdings sehr wesentlich für seine Fruchtbarkeit;
seine Bedeutung für verschiedene Böden ist aber eine sehr verschiedene, so daſs die
Grandeau'sche Theorie nicht zutrifft.
Zur Untersuchung des schwefelsauren Chinins.
Die deutsche Pharmacopöe schreibt zur Prüfung des Chininsulfates vor, daſs man 2g Sulfat mit 20cc Wasser von 15° ausziehen und 5cc der
erhaltenen Lösung mit 7cc Ammoniakflüssigkeit von
0,96 sp. G. vermischen soll, worauf bald eine völlig klare Flüssigkeit entstehen
muſs. Diese von Kerner angegebene Probe wurde später
von demselben dahin erweitert (1880 236 432), daſs er die
zur Lösung der ausgeschiedenen Alkaloide erforderliche Menge Salmiakgeist
volumetrisch bestimmt.
O. Hesse zeigt nun in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 1517, daſs nach
der ersten Kerner'schen Probe allerdings ein Gehalt von mehr als 1 Proc.
Cinchonidinsulfat erkannt werden kann, wenn dieses dem Chininsulfat nachträglich
zugemischt wurde, nicht aber, wenn es mit demselben gleichzeitig krystallisirte, wie
es beim käuflichen Chininsulfat eben der Fall ist. Es nimmt dabei eine Form an, in
welcher es dieser Probe entgeht; Hesse hat Fabrikate
untersucht, welche bei einem Gehalte von 9 bis 13 Proc. Cinchonidinsulfat die
officinelle Chininprobe noch recht gut bestanden. Auch das neuere Verfahren Kerner's ist unbrauchbar, weil das Cinchonin, frisch
gefällt, sich leichter in Ammoniak löst als Chinin.
Da das Cinchonidinsulfat 6 Mol. oder 13,7 Proc. Krystallwasser und das Chininsulfat
in seiner Verbindung mit diesem Salz, wie wir sie in dem käuflichen Chininsulfat
annehmen müssen, anscheinend ebenfalls 6 Mol. Wasser enthält, während das chemisch
reine Chininsulfat mit 8 Mol. = 16,17 Proc. Wasser krystallisirt, so folgt daraus,
daſs der Gehalt des Chininsulfates an Cinchonidinsulfat auf dessen procentischen
Krystallwassergehalt zurückwirken muss. In der That findet man, daſs, je reiner ein
käufliches Chininsulfat ist, desto mehr sich dessen Wassergehalt der Zahl von 16,17
nähert, vorausgesetzt, daſs dasselbe vollkommen trocken, dabei aber noch
unverwittert ist.
Allerdings trifft man im Handel selten ein noch unverwittertes und dabei reines oder
annähernd reines Chininsulfat an; meist ist der Krystallwassergehalt auf etwa 15,3
Proc. gesunken. In diesem Falle erkennt man jedoch die Verwitterung erst mit dem
Mikroskop, während, wenn der Krystallwassergehalt noch weiter, etwa auf 14,4 Proc.,
gesunken ist, man dieselbe schon mit unbewaffnetem Auge oder mit der Loupe erkennen
kann.
Synthese der Citronensäure.
Während Grimaux und Adam
(1880 237 335) zur Synthese der Citronensäure in das
Dichloraceton drei Cyangruppen einführten und diese in Carboxylgruppen umwandelten,
so daſs man die Citronensäure als Tricarboxylderivat des Isopropylalkoholes ansehen
könnte, hat A. Kekule (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1880 S. 1686) den Diäthyläther der Acetyläpfelsäure in
ätherischer Lösung mit Natrium behandelt und auf das Product Bromessigsäureäther
einwirken lassen. Der neben Bromnatrium gebildete Aether wurde mit alkoholischem
Kali verseift, aus den gebildeten, in Alkohol unlöslichen Salzen ein Bleisalz
dargestellt und dieses mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Die so erzeugte Säure ist
anscheinend Citronensäure.
Zur Kenntniſs des Buchenholztheeres.
C. Hell (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1880 S. 1709) hat die sich aus dem Buchenholztheere abscheidende weiſse,
krystallinische Masse (1878 229 386) untersucht. Dieselbe
besteht vorwiegend aus einem bei 46 bis 47° schmelzenden Paraffin und enthält auſser
einem höheren Alkohol der Fettreihe eine der Cerotinsäure nahestehende Fettsäure,
Lignocerinsäure genannt, H.C24H47O2, welche bei 80° schmilzt.
Ueber sechsfach methylirtes Benzol.
Bei seiner Untersuchung über die Umwandlung des Anilins in Toluidin durch Einwirkung
einer sehr hohen Temperatur auf chlorwasserstoffsaures Methylanilin fand A. W. Hofmann, daſs hierbei aus dem trimethylirten
Phenylammoniumjodid fünffach methylirtes Anilin, C6(CH3)5NH2, und Kohlenwasserstoffe, namentlich
sechsfach methylirtes Benzol, C6(CH3)6, entstehen.
Inzwischen ist nun die von Hofmann und Martius aufgefundene Methode der Methylirung der
Phenylgruppe im Anilin Gegenstand der industriellen Verwerthung geworden, indem eine
Reihe prachtvoller Farbstoffe, welche von Meister, Lucius
und Brüning in Höchst seit einiger Zeit unter dem Namen „Ponceau“ in
den Handel gebracht werden, aus Naphtoldisulfosäuren mit Cumidin entstehen, dieses
Cumidin aber durch Behandlung von Xylidinchlorhydrat mit Methylalkohol bei hoher
Temperatur unter Druck in glasirten Autoclaven dargestellt wird.
Wird nun nach A. W. Hofmann (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1880 S. 1729) salzsaures Xylidin mit Methylalkohol
längere Zeit auf eine Temperatur von 250 bis 300° erhitzt, so ist das Hauptproduct
der Reaction das salzsaure Salz eines Cumidins vom Siedepunkt 225 bis 226°, welches
alle Eigenschaften des durch directe Methylirung aus dem Anilin gewonnenen zeigt.
Allein die Reaction bleibt bei der Bildung von Cumidin nicht stehen, es bilden sich
höher methylirte Basen, zumal vierfach methylirte, und es entsteht selbst, obwohl in
kleiner Menge, das schön krystallisirte, fünffach methylirte Anilin. Von den
gleichzeitig in erheblichen Mengen gebildeten Kohlenwasserstoffen hat Hofmann zunächst das sechsfach methylirte Benzol rein
dargestellt. Es schmilzt bei 163° und siedet bei 253°.