Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 210 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Ein neues Material für permanente Magnete. In Heft 7
d. Elektrotechn. Zeitschr. 1923 berichtet E. Gumlich von
Versuchen an Eisen-Manganlegierungen hinsichtlich der Bedingungen der Herstellung
besseren Materials für permanente Magnete. Nach den Versuchen von E. Gumlich ist es
nämlich möglich, durch Legierung von Eisen und Mangan bei geeigneter thermischer
Behandlung doppelt so hohe Krercitivkräfte zu erzielen, als in Wolfram- oder
Chromstahl und damit wieder eine erhöhte Leistung des als permanenten Magneten
verwandten Materials. Dessen Remanenz ist nämlich maßgebend für die Leistung, wozu
noch seine Krercitivkraft hinzukommt. Nach weiteren Beobachtungen sinkt aber die
wahre Remanenz von Legierungen von Eisen mit Mangan, so daß eine Erzeugung
leistungsfähiger permanenter Magnete aus diesem Material praktisch nicht möglich
ist. In der Annahme, sie durch Zusatz anderer Metalle wieder zu heben, wurden
weitere Versuche angestellt und zwar zuerst durch Zusatz von etwa 35v. H. Co, da
nach Erfahrungen anderer Forscher eine 35prozentige Fe – Co – Legierung einen um etwa 10 v. H. höheren
Sättigungswert besitzt als reines Eisen.
Die Firma Fr. Krupp, A.-G., Essen, stellte nun drei Reihen von je sechs Proben her,
die einen C-Gehalt von 0,7–0,8 v. H., 1,0–1,1 v. H., 1,2–1,4 v. H. haben sollten mit
je etwa 3 v. H., 5 v. H., 6 v. H., 7 v. H., 9 v. H., 11 v. H. Mn. Diese drei Reihen
wurden dann ergänzt durch drei Legierungen mit etwa 4 v. H. Mn. bei verschiedenem
C-Gehalt. Nach den ersten Ver. suchen ergaben sich die besten Ergebnisse bei 4–5 v.
H. Mn; später kamen noch Versuche mit Zusatz von Cr hinzu.
Die Proben selbst wurden in einem mit käuflichem N gefüllten kippbaren Härteofen
gehärtet und fielen, nachdem sie – Stunde lang auf erreichter Härtungstemperatur
belassen worden waren, innerhalb eines Bruchteiles einer Sekunde in die unter dem
Ofen befindliche Härtungsflüssigkeit (sprudelndes Wasser, später gekühltes Oel). Die
Bestimmung der Koerzitivkraft erfolgte mit dem Magnetometer und der ungescherten
Remanenz im Joch, die etwas kleiner ist als die wahre Remanenz.
Hinsichtlich der Härtung tauchte die Frage auf, ob diese im Wasser derjenigen in
gekühltem Oel vorzuziehen sei. Die Proben hatten bei Härtungstemperaturen zwischen
850° und 900°, andere bei 950° eine so hohe Koerzitivkraft, wie sie bei der
Wasserhärtung nicht erhalten werden konnte, dafür sinkt aber mit steigender
Härtungstemperatur die Remanenz bei der Oelhärtung sehr erheblich und ergibt den
günstigsten Wert bei 850°.
Hinsichtlich der Abhängigkeit der Koerzitivkraft vom Co-Gehalt des Materials ergibt
sich, daß ein solcher von etwa 10 % fast noch unwirksam ist. Die Koerzitivkraft ist
zwar reichlich so hoch wie bei den Cr- und W-Stählen, aber die Remanenz infolge des
hohen Mn-Gehaltes außerordentlich niedrig und wächst erst zusammen mit der
Koerzitivkraft sehr stark mit steigendem Co-Gehalt. Die mikrographische Aufnahme
zeigt infolge des hohen C- und Mn-Gehaltes stark reustenitisches Gefüge, seine
Bildung wird erst bei 22 v. H. und besonders bei 33 v. H. Co verhindert.
Für einen brauchbaren Magneten ist eine hinreichende Haltbarkeit, d.h. geringe
Empfindlichkeit gegen Erschütterungen und Erwärmungen eine Hauptbedingung. Dieser
wurde das Material unterzogen und zeigte sich gegen Erschütterungen fast
unempfindlich, wies keine Aenderung durch Lagern auf, war vielmehr nach dieser
Richtung den Cr-Stahlmagneten erheblich überlegen.
Ein guter permanenter Magnet darf ferner nur einen geringen Temperaturkoeffizienten
haben, und er war denn auch bei den untersuchten Proben gleichwertig dem bei guten
W- und Cr-Stählen; doch kann an eine praktische Verwertung des Anlassens bei
Mn-Co-Stählen weniger gedacht werden als bei reinen C- und Cr-Stählen. Günstige
Erfolge zeitigten auch Versuche mit 5 v. H. Cr-Zusatz, eine Verbesserung durch
Cr-Zusatz die Legierungen mit 22 v. H. und 33 v. H. Co. Als beste erwies sich eine
solche mit etwa 1,1 v; H. C, 3,5 v. H. Mn, 36 v. H. Co und 4,8 v. H. Cr.
Nach den Untersuchungen hinsichtlich der Stärke von Stab- und Hufeisenmagneten aus
dem neuen Material können bei einem schlecht geschlossenen Hufeisenmagneten die
Schenkel aus dem neuen Material viel kürzer genommen werden als beim Cr- oder
W-Stahl, wodurch Material, Gewicht und Raum gespart werden kann. Die Firma Krupp
stellte dann auf Grund der Versuche zur weiteren Orientierung 2 Hufeisenmagnete,
von denen der eine aus Wolframstahl (0,66 v. H. C, 0,77 v. H. Mn, 5,4 v. H.
Wo), der andere aus 1,12 v. H. C, 1,54 v. H. Mn, 3,4 v. H. Cr und 20,7 v. H. Co
bestand. Die Versuche ergaben je nach den Bedingungen einen Gewinn von 20–100 v. H.
durch das neue Material. Seine Herstellung hat die Gußstahlfabrik Friedr. Krupp A. –
G. Essen übernommen aber infolge des hohen Preises des Co bis jetzt noch nicht
durchführen können.
Solche Ferrometalle dienen allgemein nur für Spezialzwecke und werden meist durch
gemeinsames elektrisches Ausschmelzen aus Eisenerz mit dem betreffenden Metalloxyd
erhalten. Das Ferromangan stellt man nach dem 32. Jahrgang d.
Jahrbuchs für angewandte Naturwissenschaften (Verlag Herder & Co.,
Freiburg i. Br.) schon lange her und zwar durch gemeinsames Verhütten von Mangan
(Braunstein) mit Eisenerzen. Ein Zusatz von Wolfram bei der Stahlgewinnung verleiht
dem Stahl ähnliche Eigenschaften wie Mangan. Heute stellt man das Ferrowolfram in
elektrischen Ofen her, früher gab man ihm einen Gehalt von 75–85 v. H. Wolfram und
erhielt eine äußerst strengflüssige Masse, die nicht aus dem Ofen herausfloß,
sondern von Zeit zu Zeit ausgeräumt werden mußte. Bei dem heutigen Verfahren enthält
das Ferrowolfram nur 50–60 v. H. Wolfram und man kann nun in ununterbrochenem
Betrieb arbeiten, denn es ist verhältnismäßig leichtflüssig und fließt selber aus
der Schmelzrinne des Ofens heraus, wodurch das Verfahren billiger wird.
Dr. Bl.
Herstellung von hoch verdichtetem Sauerstoff aus verflüssigtem
Sauerstoff. Zur Herstellung von hochverdichtetem Sauerstoff, wie er zum
Versand auf größere Entfernungen für die autogene Metallbearbeitung sowie für
sonstige Zwecke benötigt wird, verfährt man bekanntlich in der Weise, daß der aus
verflüssigter Luft durch Rektifikation gewonnene gasförmige Sauerstoff in Behältern
gesammelt und aus diesen einem Kompressor zugeführt wird, der das Gas auf 150 at
verdichtet und in Stahlflaschen preßt. Man hat auch bereits vorgeschlagen, aus
verflüssigtem Sauerstoff, wie er zu Sprengzwecken im Bergbau Verwendung findet,
hochverdichteten Sauerstoff herzustellen, indem man den verflüssigten Sauerstoff
durch äußere Wärmezufuhr verdampft und das Gas von einem Kompressor ansaugen läßt
und schließlich verdichtet. Nach einem neuen Verfahren (D. R. P. 362186) der
„Vulkan“-Gesellschaft für Hütten- und Bergwerkbedarf m. b. H. in Berlin
läßt sich aus verflüssigtem Sauerstoff jedoch auch ohne Anwendung eines Kompressors
hochverdichteter Sauerstoff gewinnen, indem man das verflüssigte Gas unmittelbar in
einem Hochdruckbehälter, an den eine Stahlflasche angeschlossen werden kann, zur
Verdampfung bringt. Der Druckbehälter muß aus einem Material bestehen, das
hinreichend isoliert, um eine zu stürmische Vergasung zu verhüten, anderseits aber
eine genügende Wärmeleitfähigkeit besitzt, um eine allmähliche Verdampfung des in
den Behälter eingefüllten verflüssigten Sauerstoffs zu bewirken. Durch die
Verdampfung des verflüssigten Gases entsteht in dem Druckbehälter sowie in der mit
ihm verbundenen Stahlflasche ein ständig wachsender Druck, bis der gesamte flüssige
Sauerstoff verdampft ist. Sobald die gewünschte Druckhöhe erreicht ist, was mit
Hilfe eines Manometers leicht festgestellt werden kann, wird die Verbindung der
Stahlflasche mit dem Druckbehälter gelöst. Das neue Verfahren gestattet somit in
einfachster Weise überall da, wo verflüssigter Sauerstoff vorhanden ist,
hochverdichteten Sauerstoff zu erzeugen, ohne daß hierzu wie bisher ein besonderer Kompressor
erforderlich ist. Das Verfahren ist natürlich auch für andere Gase, wie Stickstoff
oder Wasserstoff, anwendbar.
Sander.
Die Dinpassungen und ihre Anwendung. Wie bei den Gewinden
erwies sich auch die Normung der Passungen im Maschinenbau namentlich im Kriege, wo
es galt, die in den verschiedensten Werkstätten gefertigten Einzelteile mit
Rücksicht auf schnellen Zusammenbau und leichte Ersatzmöglichkeit unbedingt
austauschbar zu erhalten, als eine dringende Aufgabe. Gegenüber den Gewinden lagen
die Verhältnisse insofern anders, als weite Kreise überhaupt noch nicht nach
Passungen unter Verwendung von Grenzlehren gearbeitet hatten und nur der
Werkzeugmaschinenbau, Kraftfahrbau und andere hochqualifizierte Zweige des
Maschinen- und Apparatebaues nach Grenzlehren fabrizierten. Für die Zwecke dieser
Kreise gab es das recht gut durchgearbeitete Schlesinger-Loewe-Passystem, die
Systeme von Reinecker, Kirsch und andere.
Aufgabe des gleich bei Gründung des NDI im Jahre 1917 geschaffenen
Passungsausschusses war es, ein einheitliches deutsches Paßsystem „die
Dinpassungen“ zu schaffen. Diese Arbeit ist nun zum Abschluß gebracht und
der Normenausschuß der Deutschen Industrie – Anschrift: Dinorm, Berlin NW. 7,
Sommerstraße 4a – hat aus diesem Anlaß das Dinbuch 4 „Die Dinpassungen und ihre
Anwendung“ von Obering. K. Gramenz herausgegeben, um den vielseitigen
Wünschen der Industrie nach einer zusammenfassenden Uebersicht über das Gebiet der
Passungen zu entsprechen.
Das Buch gliedert sich in vier Hauptteile, Einführung in die Dinpassungen, Wahl des
Paßsystems, Dinpassungen in der Praxis, Lehren.
Der erste Hauptabschnitt ist der Einführung in die
Dinpassungen gewidmet. Er enthält die Wiedergabe der Normblätter über die
Grundbegriffe nebst erläuterndem Text, behandelt die Frage der Nullinie, ferner die
Paßeinheit (eine Paßeinheit – 0,005\cdot \sqrt[3]{D}), die ja die Grundlage für den
Aufbau des Paßsystems ist. Es folgen Angaben über die verschiedenen Gütegrade und
Sitze, wobei der Verfasser auf die Gründe eingeht, die für diese oder jene
Entscheidung maßgebend waren. Auch die Kurzzeichen, die Passungsangaben auf
Zeichnungen sowie die Tolerierung von Längenmaßen werden behandelt. Die Abschnitte
Preßsitz und Schrumpfsitz lassen erkennen, daß die Normung dieser festen Sitze wegen
der Verschiedenheit der Bedürfnisse recht schwierig ist.
Wahl des Paßsystems ist der zweite Abschnitt
überschrieben. Im Vordergrund steht die Frage „Einheitsbohrung oder
Einheitswelle“. Der Verfasser ist mit Erfolg bemüht, an verschiedenen
Beispielen die Vorteile und Nachteile beider Systeme darzulegen und kommt, nachdem
er die Frage von verschiedenen Gesichtspunkten aus, wie
konstruktive Notwendigkeiten,
Beschaffungs- und Instandhaltungskosten für Werkzeuge,
Bearbeitungskosten,
Verhältnisse beim Zusammenbau und Ausführung von
Ausbesserungsarbeiten,
Versuchsausführungen,
untersucht hat, zu dem Schluß, daß beim Vergleich der beiden
Systeme je nach der Art der Fabrikation ein geringes Uebergewicht des einen über das
andere System möglich ist. Ferner behandelt er kurz diejenigen Vorschläge, die
einen Versuch darstellen, die Vorteile des Einheitsbohrungssystems und des
Einheitswellensystems in einem gemischten System zu vereinigen, nämlich das
Verbundsystem, das Tauschlehrsystem, die Zweibohrungssysteme sowie das System der
Laufsitzwelle als glatte Welle.
Der umfangreiche dritte Abschnitt beschäftigt sich mit den Dinpassungen in der Praxis. Recht wertvoll sind die zahlreichen
Passungsbeispiele, geordnet nach Gütegraden und Sitzen sowie nach Fertigungsgebieten
mit Zeichnungen aus der Praxis. Auch die Tolerierung der Normteile und die
Kugellagerpassungen werden in diesem Abschnitt behandelt. Um der Frage, der in den
einzelnen Fabrikationszweigen anzuwendenden Paßsystemen näherzukommen, sind von
führenden Fachleuten Richtlinien für die Wahl des Paßsystems aufgestellt, die in
Form von grafischen Uebersichten mit erläuterndem Text wiedergegeben werden.
Wohl zum ersten Male wird in größerem Umfange vor der breiteren Oeffentlichkeit das
Problem der Tolerierung der Lochentfernungen behandelt. Ausgehend von den
Vorarbeiten unter Führung von Herrn Dr.-Ing. e. h. Kühn
werden Richtlinien für die Tolerierung der Lochentfernungen aufgestellt, die in die
Form von einfachen Formeln gekleidet sind.
Daß die Umstellung auf die Dinpassungen durchaus nicht mit unüberwindlichen
Schwierigkeiten verknüpft ist, ist durch Tatsachen schon wiederholt bewiesen. Der
Verfasser beschränkt sich daher nur auf die Wiederlegung der häufigsten
Einwände.
Die Einführung der Dinpassungen in die Praxis macht recht erfreuliche Fortschritte.
Deutlicher als alle Worte sprechen die Zahlen in einer Tabelle über den Anteil der
Dinlehren an der gesamten Erzeugung führender Lehrenfabriken. Man kann wohl heute
diesen Anteil sicher mit 90 % schätzen. Ein glänzender Erfolg der deutschen
Normungsarbeit!
Sehr zu begrüßen ist es, daß der Verfasser sich nicht nur mit der theoretischen Seite
der Passungsfrage, sondern im vierten Abschnitt auch mit den Lehren selbst beschäftigt. Hervorgehoben seien besonders die Abschnitte
über die Bedeutung der einheitlichen Bezugstemperatur von 20°, die Beschränkung auf
die Normaldurchmesser, die Benennungen der Lehrenarten sowie die Bezeichnung der
einzelnen Lehren. Ein Abteilungsplan der verschiedenen Lehrenarten zeigt den
Zusammenhang zwischen den Lehrenarten ausgehend vom internationalen Urmeter. Weiter
folgen die Abmaße für die Arbeits- und Abnahmelehren sowie ihre Toleranzen. An Hand
von mehreren grafischen Darstellungen legt der Verfasser den Zusammenhang
Arbeitslehre – Prüflehre – Abnahmelehre dar und zeigt, daß die Lehrentoleranzen nach
Größe und Lage so gegeneinander abgestimmt sein müssen, daß die Abnahmelehren auch
noch die Fehler berücksichtigen, die beim Messen mit Arbeitslehren infolge der
Herstellungstoleranzen und der Abnützung entstehen.
Schließlich werden die Einstellringe für Reibahlen sowie die Schleifzugaben für
vorgedrehte Wellen behandelt, Fragen, die zwar aus dem Gebiet der Passungen im
engeren Sinne heraustreten, die aber für den, der im Betriebe nach Passungen zu
arbeiten hat, wichtig sind und deren Erörterung daher an dieser Stelle zweckmäßig
erscheint.
Auch im Ausland wird natürlich viel an der Passungsfrage gearbeitet. Aus den kurzen
Berichten erkennt man, daß die zwischen den Systemen der verschiedenen Länder
bestehenden Unterschiede nicht so erheblich sind, daß hierdurch die Austauschbarkeit
der Teile nach einem System gegen solche nach einem anderen System ernstlich in
Frage gestellt wäre, wenn nur die Lage der Nullinie, die Bezugstemperatur und das
Maßsystem (Zoll – Millimeter) einheitlich sind.
Das Dinbuch 4 wird nicht zu den Büchern gehören, die man einmal durchfliegt und dann
beiseite legt, denn es füllt eine tatsächlich vorhandene Lücke aus, so daß man es
häufiger zur Hand nehmen wird, um über diese oder jene Frage erneut Rat zu holen.
Durch die Arbeiten des Passungsausschusses ist das ganze Gebiet in seiner
Vielseitigkeit und Breite aufgerollt worden, so daß es selbst dem in der Praxis
stehenden und mit einem der bisherigen Paßsysteme vertrauten Ingenieur schwer fällt,
sich in den vielen neuen Fragen und der umfangreichen Literatur zurechtzufinden. Um
so mehr gilt dies für den Lernenden, der die verschiedenen Begriffe, wie
„Einheitswelle“, „Einheitsbohrung“, „Sollmaß“,
„Istmaß“ usw. in sich aufnehmen soll. Ihm fehlt für das Erfassen der
grafischen Darstellungen, die fast jede Erörterung über Passungen begleiten und
deren Verständnis unbedingt notwendig ist, jede Grundlage. Hier ist das Dinbuch 4
der Führer. Aber es bietet nicht nur eine vorzügliche Einführung in die
Dinpassungen, sondern behandelt auch darüber hinaus eine Fülle von Problemen, die
bei der modernen Massenfertigung auftauchen. Das Dinbuch 4 dürfte daher selbst dem
erfahrenen Fachmann ein willkommener Berater und somit gleich wertvoll für den
Lernenden wie für den in der Praxis stehenden Ingenieur sein.
Von Herrn Professor Spalckhaver, dem Obmann der
Normenkommission des Hamburger Bezirksvereines deutscher Ingenieure gehen uns
folgende Ausführungen zu:
Bei allen Normungsarbeiten, auch bei der Festsetzung der
Bezeichnungen, Formeln und Einheiten ist im Auge zu behalten, daß der Zweck dieser
Arbeiten die Förderung der Werte erzeugenden Arbeit ist. Diese Förderung geschieht
durch alle Mittel, welche die Arbeit, sei es Hand- oder Kopfarbeit, erleichtern.
Betrachtet man nun die Gegenüberstellung des physikalischen und des technischen
Maßsystems, Zeitschrift Maschinenbau 1923, Heft 9, Seite Nr. 64/65, so ist es nach
den Kämpfen um die Frage Kraft-Maße zu begrüßen, daß man der Technik nun die Einheit
der Kraft als „dritte Grundeinheit“ gelassen hat,
die für den ganz überwiegend mit anschaulichen Begriffen arbeitenden Techniker
entschiedene Vorzüge hat. Weniger erfreulich ist es aber, daß eine Reihe allgemein
gebräuchlicher und eingebürgerter Bezeichnungen für das physikalische Maßsystem
beschlagnahmt und damit der Technik entzogen werden soll. Dagegen ist aufs schärfste
Einspruch zu erheben. Ebenso sollten die neugewählten nach den Namen von Forschern
gebildeten Bezeichnungen allgemein abgelehnt werden.
Es ist zu bedenken, daß Aenderungen wissenschaftlicher Maßsysteme nicht nur für die
Uebergangszeit Unbequemlichkeiten, Erschwerung der Arbeiten, Gelegenheiten zu
vielfachen Mißverständnissen und große Kosten verursachen. Darüber hinaus sind die
neuen Vorschläge, da sie wenig Aussicht auf allgemeine
Einführung haben, geeignet, den Zugang weiter Volkskreise zu den technischen
Wissenschaften zu erschweren. Das verstößt gegen den ersten Grundsatz der Normung
und ist besonders in der heutigen Zeit wirtschaftlicher Not wenig angebracht.
Wollen nun schon die Vertreter der Physik durchaus ein neues Maßsystem mit neuen
Bezeichnungen haben, so soll ihnen das unbenommen bleiben, aber sie sollen den
Technikern ihre eingebürgerten Bezeichnungen lassen. Das ist schon aus dem Grunde
nötig, weil hier die Zahl der Beteiligten, die umlernen müßten, um das Vielfache
größer ist, als diejenige des kleineren Kreises der Physiker und weil darüber hinaus
das technische Maßsystem im ganzen Volk angewendet wird. Wenn man bedenkt, daß
jetzt, 50 Jahre nach Einführung des kg als Gewichtseinheit in Deutschland noch immer
nach Pfund eingekauft wird, kann man sich vorstellen, wie lange es dauern würde, bis
sich das Kil statt des kg eingeführt haben würde. Wir Ingenieure müssen aber Wert
darauf legen, daß unsere Berufssprache von dem Volke, für das und mit dem wir
arbeiten, also in erster Linie von den Werkmeistern und Arbeitern ohne Schwierigkeit
verstanden wird, und das wird mit den neuen Bezeichnungen nicht der Fall sein.
Wenn man sich darauf beruft, daß in dem Einführungsgesetz des metrischen
Gewichtssystems das kg als Einheit der Maße erklärt wurde, so ist das eben
seinerzeit ein Fehler gewesen, der damals dem Auge der Ingenieure entgangen ist,
über den aber das Volk stillschweigend hinweggegangen ist, indem es das kg als
Einheit des Gewichtes gebraucht.
In bezug auf die Namengebung können wir eine scharfe Kritik leider nicht
unterdrücken. Es scheint uns ebenso gegen die Ehrfurcht vor dem Andenken der
bedeutenden Forscher, die man zu ehren beabsichtigt wie gegen das Sprachgefühl zu
verstoßen, wenn man ihre Namen so verstümmelt, wie es mit 1 Helm, 1 New, 1 May usw.
geschieht.
Ebenso lehnen wir die Ausdrücke das Kil und das Ton ab.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht verfehlen, auch gegen die von Fremdwörtern
abgeleiteten Abkürzungen kcal für die Wärmeeinheit und h für die Stunde statt W E
und st von neuem Einspruch zu erheben. Die letzten Ausdrücke wurden bis vor wenigen
Jahren ohne irgend welche Schwierigkeiten oder Mißverständnisse gebraucht. Man
sollte aber nur dann ändern und die mit solchen Umstellungen verbundenen
Unbequemlichkeiten und Mühen der Allgemeinheit zumuten, wenn entweder erhebliche
Mißstände abzuschaffen oder große Vorteile zu gewinnen sind.
Schließlich ist zu bedenken, daß durch die Einführung dieser neuen Einheiten und
Namen nicht nur für die Uebergangszeit ein Zustand der Verwirrung, der
Mißverständnisse und Fehlerquellen geschaffen wird, sondern daß dauernd Studierende
und Schüler mit einer Mehrarbeit beim Eindringen in die Wissenschaft belastet
werden, die unfruchtbar bleiben und nur als Ballast betrachtet
werden muß. Es ist richtiger, wenn die Physiker ein neues wissenschaftlich
aufgebautes Maßsystem nötig haben, daß sie sich ein solches unter Schonung der für
die Technik und vom Volk bereits gebrauchten Namen zurecht machen und dabei nach
Möglichkeit eine glatte Verbindung mit dem technischen Maßsystem herstellen.
Die Techniker haben mit dem bisherigen technischen Maßsystem gut arbeiten können; in
den selteneren Fällen, in denen die Aufgabe die Berücksichtigung sonst
vernachlässigter Einflüsse (Drehung und Wendung der Erde) erfordern, werden die
Ingenieure den Anschluß an die theoretische Physik schon zu finden wissen. Der Geist
der Normung verlangt Erleichterung und nicht Erschwerung der Arbeit, und ferner Verlegung der
schwierigeren geistigen Arbeit an die Stellen, denen die
Erledigung am leichtesten fallen muß; also des Entwerfens vom Betriebe in das
Konstruktionsbüro, des Sichumstellens auf neue Begriffe und Namen von der
technischen Allgemeinheit auf die geringere Zahl der physikalischen und technischen
Theoretiker.
Bezeichnungen für Einheiten mechanischer Größen nach den
Vorschlägen des A.E.F.
(Ausschuß für Einheiten und Formelgrößen).
Textabbildung Bd. 338, S. 214
Bezeichnungen nach den Vorschlägen
des A. E. F.; Physikalisches Maßsystem cm g s; Technisches Maßsystem m Kil s;
Jetzt gültige Bezeichnungen für das Techn. Maßsystem m kg sek; Kraft; Masse;
Arbeit; Drehmoment; Leistung; Spannung (Zug, Druck); Neue Namen; Phys; Techn;
der Stein; das Kil; das Ton; das Newton; das Helmholtz; das Mayer; das Lionard;
das Archimed; das Prony; das Bar; das Pez; das Atmo; das Toricelli.
Vor etwa 3 Jahren hat man eingeführt:
1. für die Wärmeeinheit kcal statt WE;
2. für die Zeitmaße h, m, s statt st, min, sek.
Diese Abkürzungen widerstreiten den Grundsätzen der
Sinnfälligkeit und Volkstümlichkeit. Wie unbequem solche Neuerungen sind, wenn sie
obigen Grundsätzen widersprechen, zeigt folgende Zusammenstellung von Abkürzungen
für „Wärmeeinheit“, ausgelesen aus Büchern unserer führenden Techniker und
Zeitschriften
für Wärmeeinheit
WEoderkcal
Cal, cal, kal, Kal.
Die Beschreibung einer Dampfmaschine mit den neuen Bezeichnungen würde lauten: Eine
Dampfmaschine hat eine Leistung von 100 Pferdestärken (PS); diese sind gleich 7500 Prony
(Pron) oder 7500 Mayer je Sekunde \left(\frac{\mbox{May}}{\mbox{s}}\right) oder gleich 7500 Kilmeter je Sekunde
\left(\frac{\mbox{Kil m}}{\mbox{s}}\right); dabei ist ihr Drehmoment 600 Archimed (arch.); das Schwungrad wiegt 3000
Kil; sein Beharrungsvermögen beträgt 300 Newton (New) und hat bei n Umlaufen je
Minute eine Energie von 450000 Mayer (May) aufgespeichert. Der Druck im
Schieberkasten beträgt 7 Atmo (at).
Bei dem auf Seite 201 dieser Zeitschrift veröffentlichten Aufsatz des Herrn
Oberingenieur Brandt über: „Angewandte Abwärmeausnutzung“ handelt es sich um ein Referat
des vom gleichen Verfasser in Nummer 48/49 Jg. 1922 d. Zeitschrift: „Die
Wärme“ erschienenen Aufsatzes: „Beitrag zur
angewandten Abwärmeausnutzung“.