Titel: | Die wichtigsten Forschungsarbeiten von W. Nusselt zur Bestimmung des Wärmeüberganges. |
Autor: | Schmolke |
Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 173 |
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Die wichtigsten Forschungsarbeiten von W. Nusselt
zur Bestimmung des Wärmeüberganges.
Von Ing. Schmolke,
Berlin.
SCHMOLKE, Die wichtigsten Forschungsarbeiten von W.
Nusselts.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß eine Aufklärung des Wärmeüberganges von
heißeren an kältere Körper für Kondensatoren, Kühler, Wärmekraftmaschinen,
Heizungsanlagen aller Art usw. von größter Bedeutung ist. Indessen läßt es sich
ebensowenig leugnen, daß die rechnerische Behandlung dieses Problems große
Schwierigkeiten verursacht. Sie wurde von verschiedenster Seite in mannigfacher
Weise versucht, aber noch 1909 konnte Dalby in seiner Abhandlung „Heat
transmission“ die Ansicht vertreten, daß es unmöglich sei, eine Darstellung
der sich im Dampfkessel abspielenden Vorgänge auf mathematischer Grundlage zu geben.
Dennoch brachte gerade das genannte Jahr einige dem erwähnten Gelehrten noch
unbekannte Veröffentlichungen aus deutscher Feder, die einen bahnbrechenden
Fortschritt darstellten. Es sind dies die als Forschungsarbeiten auf dem Gebiete des
Ingenieurwesens erschienenen Betrachtungen W. Nusselts über die Wärmeleitfähigkeit
von Isolierstoffen sowie den Wärmeübergang in Rohrleitungen. Seit jener Zeit ist der
an letzter Stelle Genannte in München, Dresden und späterhin in Karlsruhe
unermüdlich bestrebt gewesen, zahlreiche mit dem gekennzeichneten Problem im
Zusammenhang stehende Fragen einer Lösung näher zu bringen. Eine Reihe
ausgezeichneter Arbeiten liegt vor, die in maßgebenden Kreisen die gebührende
Anerkennung gefunden haben. Leider aber sind vielen in der Praxis stehenden
Ingenieuren die Grundlagen der Theorie des Wärmeüberganges noch recht wenig bekannt,
wie folgendes Beispiel lehrt:
Unter der Wärmeübergangszahl a versteht man die in der Stunde auf einer
Flächeneinheit bei einem Temperaturunterschied von 1° zwischen zwei Körpern
verschiedenen Wärmegrades übergehende Anzahl von Kalorien. Sie ist, sofern es sich
um die Kühlung einer heißen Wand durch eine an ihr entlang strömende Flüssigkeit
handelt, abhängig von deren Geschwindigkeit w, wie Joule schon in den sechziger
Jahren des vergangenen Jahrhunderts feststellte. Seit jener Zeit versuchten
verschiedene Forscher diese Abhängigkeit zahlenmäßig anzugeben. Beispielsweise
sprach Mollier die Beziehung α – 300 + 1800 √w aus für den Fall, daß die in Frage
kommende Flüssigkeit Wasser ist. Ernstlich bestritten wurde der Einfluß von w auf α
fast niemals. Dessenungeachtet versuchte in neuester Zeit Preußler in zwei
während der Jahre 1920 und 1921 erschienenen Veröffentlichungen, diese von
wissenschaftlicher Seite nahezu ausnahmslos anerkannte Auffassung umzustoßen. Er
wurde von Nusselt widerlegt, und dieser beseitigte gleichzeitig noch eine Anzahl
weiterer inzwischen in Praktikerkreisen aufgetretener Unklarheiten. Hierher gehört
die Ansicht, daß man die Heizfläche recht lang machen und dem Gas oder der
Flüssigkeit möglichst viel Zeit lassen müsse für den Wärmeaustausch. Die Form, in
welcher die Berichtigung derartiger, schwer auszurottender Irrtümer erfolgte, ist
als mustergültig zu bezeichnen. Nusselt betrachtet zu diesem Zwecke ein
Röhrenbündel, welches innen von Luft durchströmt, außen von Dampf erhitzt wird und
dessen Temperatur überall to° sei. Es ist nun der
Wasserwert W der stündlich die Röhren durchfließenden Luft proportional der
Strömungsgeschwindigkeit w, so daß er gleich c1w
gesetzt werden kann. Bei BeachtungBeachtnng dieser Voraussetzung ergibt sich aus der Definition des Wertes a sofort
C1wdt – α (t0 –
t) df, und durch Integrieren erhält man – \mbox{ln}\,(t_0-t)=\frac{\alpha\,f}{c_1\,w}+C. Hierbei ist df ein
Flächenelement, an welchem die Lufttemperatur t herrscht. Beim Eintritt in das
Rohrsystem möge t = t1 sein, während f = 0 ist.
Diese Beziehung genügt zur Bestimmung der unbekannten Konstanten. Man kann schreiben
C = – In (t0 – t1).
Führt man diesen Wert in das Resultat der Integration ein, so folgt nach einfacher
Umformung t=t_0-(t_0-t_1)\,e\,\frac{-\alpha\,f}{c_1\,w}. Wird nunmehr die
Lufttemperatur beim Austritt aus dem Röhrenkessel t2
genannt, so ergibt sich entsprechend t_2=t_0-(t_0-t_1)\,e\,\frac{-\alpha\,F}{c_1\,w}, woraus man sofort den Erhitzungsgrad
(t_2-t_1)=(t_0-t_1)\cdot \left(1-e\,\frac{-\alpha\,F}{c_1\,w}\right) sowie die ausgetauschte Wärme Q=c_1\,w\,(t_0-t_1)\cdot \left(1-e\,\frac{-\alpha\,F}{c_1\,w}\right) findet. Nun ist auf
experimentellem Wege ermittelt worden, daß α = c2w0,788 gesetzt werden darf. Benutzt man diese Beziehung, so folgt durch
Differentiation der vorhergehenden Gleichung \frac{d\,Q}{d\,w}=c_1\,(t_0-t_1)\,\left[1-e\,\frac{-c_2\,F}{c_1\,w^{0,214}}\,\left(1+\frac{0,214\,c_2\,F}{c_1\,w^{0,214}}\right)\right].
Dieser Ausdruck ist für jeden Wert von w positiv. Er beweist daher, daß unter
allen Umständen der Wärmeaustausch mit steigender Geschwindigkeit wächst. Ferner
sieht man, daß die Ansicht, man müsse der Luft hinreichend Zeit zur Wärmeaufnahme
lassen, falsch ist, denn bei Steigerung von w ist der Aufenthalt des Gases in den
Röhren immer kürzer. Wird der Querschnitt der letzteren verengt ohne Veränderung der
Luftmenge und Heizfläche, indem man der Leitung beispielsweise keine runde, sondern
eine rechteckige Gestalt gibt, so wächst Q sowie (t2
– t1) infolge der Zunahme von w. Man erkennt also,
daß auch die Vorstellungen irrig sind, die bei manchen Praktikern über den Einfluß
der Heizflächenform bestehen. Es läßt sich sogar zeigen, daß bei gleichbleibender
Luftmenge infolge einer Verminderung des Durchmessers der Wärmeübergang wegen der
vermehrten Geschwindigkeit steigt trotz des Kleinerwerdens der Heizfläche.
Außer der Zahl α spielen bei der Betrachtung der Wärmeüberganges noch zwei andere
Begriffe eine wichtige Rolle. Es sind dies die Wärmeleitzahl λ sowis die
Wärmedurchgangszahl k. Den Zusammenhang dieser Größen mit α lehrt nachstehende
Betrachtung: Es sei die Temperatur zweier durch eine planparallele Wand getrennter
Räume t1 und tII.
Der Wärmegrad der dem einen Raum zugewendeten Seite der Wand möge t1, der der anderen Seite t2 genannt werden. Demnach ist im Beharrungszustand Q = α1 (tI – t1) Z = α2 (t2 – tII) Z, wenn Z
die Zeit, a1 und a2
die entsprechenden Wärmeübergangszahlen sind. Nennt man jetzt die durch eine Schicht
der Wand vom Querschnitt 1 und der Dicke 1 bei einem Temperaturunterschied von 1 °
hindurchfließende Wärmemenge λ, so kann man schreiben Q=\frac{\lambda}{\delta}\,(t_1-t_2)\,Z, sofern δ die
Stärke der die beiden Räume trennenden Wandung ist. Hieraus ergibt sich durch
Vereinigung mit den vorhergehenden Ausdrücken unter Elimination von t1 und t2 die Formel
Q=\frac{1}{\frac{1}{\alpha_1}+\frac{\delta}{\lambda}+\frac{1}{\alpha_2}}\,(t_{\mbox{I}}-t_{\mbox{II}})\,Z. Der auf der der rechten Seite der Gleichung auftretende Bruch wird als
Wärmedurchgangszahl k bezeichnet. In analoger Weise findet man für ein Rohr von der
Länge l, dem Innenradius r1 und dem äußeren
Halbmesser r2 den Wert k=\frac{1}{\frac{1}{\alpha_1\,r_1}+\frac{1}{\alpha_2\,r_2}+\frac{\mbox{ln}\,\frac{r_2}{r_1}.}{\lambda}}. Ist in dieser
Beziehung λ groß, sowie r2 und r1 wenig verschieden, so kann der dritte Summand des
Nenners vernachlässigt werden, was zur Folge hat, daß der praktisch wichtige
Wärmedurchgang allein von α abhängt. Der Ermittlung dieses Wertes gelten daher vor
allem die Bemühungen Nusselts.
Bevor auf dessen Forschungen näher eingegangen wird, sei eine kurze Uebersicht der
älteren Arbeiten gegeben, die dasselbe Stoffgebiet zum Gegenstand haben. Nach Joule
stellte Weiß bereits 1862 durch Versuche an Dampfkesseln fest, daß der
Wärmeaustausch von dem Produkte aus Dichte und Geschwindigkeit der Gase abhängt.
Reynolds fand 1874 bei Rohrleitungen die übergehende Wärme proportional der ersten
Potenz der sekundlichen Gasmenge. Ser kam 1888 zu der Formel k=3604\,\sqrt[3]{w}. Henry und
Carcanagues nahmen in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts
bemerkenswerte Versuche an Lokomotivkesseln bzw. Messingrohren vor, während einige
Zeit danach Perry wiederum die Angaben von Reynolds bestätigte. Hierauf folgten
theoretische Betrachtungen über den Wärmedurchgang aus der Feder von Boussinesq bzw.
Goldschmidt, denen sich Veröffentlichungen von Jordan und Josse anschlössen.
Letzterer ließ Luft von geringer Spannung durch ein Rohr strömen und fand, daß der
Wärmeübergang bei sinkendem Druck eine Verminderung erfuhr. Etwa gleichzeitig gab
Nusselt einen wertvollen Bericht über die experimentelle Feststellung der
Wärmeleitzahl bei Isolierstoffen bekannt. Seine Untersuchungen bestätigten die
Annahme, daß die in der Sekunde durch die Flächeneinheit hindurchgehende Wärmemenge
dem Temperaturabfall für die Längeneinheit senkrecht zur Fläche verhältnisgleich
ist. Kurz nach dieser als 63./64. Forschungsheft erschienenen Arbeit erfolgte die
Herausgabe der epochemachenden Abhandlung betreffend den Wärmeübergang in
Rohrleitungen. Die darin beschriebenen Untersuchungen wurden an einem von Gas
durchflossenen Messingrohr vorgenommen. Es zeigte sich nach eingetretener Turbulenz
ein starkes Anwachsen des Wärmeaustausches mit der Geschwindigkeit. Ferner wurde die
überraschende Beobachtung gemacht, daß der Wärmeübergang wesentlich mit der
spezifischen Wärme des Gases cp und in geringerem Maße mit dessen Wärmeleitfähigkeit
zunimmt. Der Einfluß der Zähigkeit erwies sich als unbedeutend. Das Ergebnis der im
89. Forschungsheft gebrachten Arbeit ließ sich durch die Formel d=15,9\,\frac{\lambda\,w}{d^{0,214}}\,\left(\frac{w\,cp}{\lambda}\right)^{0,786}
zusammenfassen, in der λw die Wärmeleitfähigkeit des
Gases in unmittelbarer Nähe der Wand und d der Rohrdurchmesser ist. Diese Gleichung
befand sich, wie Leprince-Ringuet später nachwies, im besten Einklang mit den
erwähnten Versuchen von Jordan. Sie wurde ferner auch durch Holmboe und Sonnecken
experimentell bestätigt. Schon das Jahr 1910 brachte eine weitere wertvolle
Feststellung. Nusselt bewies zu jenem Zeitpunkt, daß die Wärmeübergangszahl auch von
der Länge des Rohres abhängt. Sie ist beim Eintritt einer Flüssigkeit in dasselbe am
größten und strebt einem tiefsten Grenzwert zu. Unter Berücksichtigung dieses
Forschungsergebnisses, das sich durchaus mit den damals von Rietschel und Gröber
angestellten Untersuchungen in Einklang bringen ließ, kam Nusselt zu der Beziehung
\alpha=\frac{18,86\,\lambda\,w}{d^{0,16}\,L^{0,054}}\,\left(\frac{w\,\varrho\,cp}{\lambda}\right)^{0,786}, in der L die Länge, ρ die Dichte ist. Er glaubte nunmehr zur
Feststellung eines Grundgesetzes des Wärmeüberganges schreiten zu dürfen. Im Jahre
1915 veröffentlichte er eine allgemein gültige Gleichung für die Abkühlung eines
Körpers in einem zweiatomigen Gas, welche durch Versuche bestätigt wurde und sich
beispielsweise auch in Uebereinstimmung befand mit den kurz zuvor von Nusselt
bekanntgegebenen Resultaten einer Prüfung des Wärmeüberganges in der Gasmaschine. In
unermüdlicher Fortarbeit wurde im folgenden Jahre die Oberflächenkondensation des
Wasserdampfes einer theoretischen Betrachtung unterworfen. Es ergab sich für
lotrecht stehende Rohre die Wärmeübergangszahl \alpha_m=\frac{4}{3}\cdot \sqrt[4]{\frac{r\,\gamma^2\,\lambda^3}{4\,\eta\,H\,(t_d-t_w)}}, sofern r die
Verdampfungswärme, γ das spezifische Gewicht des Kondensates, λ dessen
Wärmeleitzahl, η dessen Zähigkeitszahl, tw und td die Wandbzw, die Dampftemperatur
sowie H die Höhe der dem Austausch der Wärme dienenden Fläche ist. Bei wagerechter
Anordnung gilt \alpha_m=0,8024\,\sqrt[4]{\frac{2\,r\,\gamma^2\,\lambda^3}{3\,\eta\,d\cdot (t_d-t_w)}}, wobei d den Rohrdurchmesser bezeichnet. Eine vollständige
Durchsicht des gesamten vorliegenden Materials, zu dem inzwischen von
Poensgen, Kammerer, Hilliger, Binder, Nicholson u.a. mehr oder weniger brauchbare
Beiträge geliefert wurden, veranlaßte Nusselt 1917 zur Aufstellung eines etwas
abgeänderten Ausdruckes für die mittlere Wärmeübergangszahl in Rohrleitungen. Er
lautet \frac{\alpha_m\,d}{\lambda_m}=0,03622\,\left(\frac{d}{L}\right)^{0,054}\,\left(\frac{d\,w\,\gamma_m\,cp_m}{\lambda_m}\right)^{0,786}. Es würde zu weit führen, näher auf die Entwicklung aller dieser
Formeln einzugehen, indessen sei wenigstens ein charakteristisches Beispiel für die
geistreiche Lösung eines technisch wichtigen, der mathematischen Behandlung schwer
zugänglichen Problems gegeben.
Es möge zu diesem Zweck die Bestimmung des Wärmeaustausches im Berieselungskühler
durch Nusselt dienen. Der Gedankengang ist folgender: Ueber eine Kühlfläche von der
Breite 1 strömt in der Zeiteinheit die gleichmäßig verteilte Wassermenge G. Es
bildet sich eine Flüssigkeitshaut, für deren Erhitzung die Geschwindigkeit w des
abwärts rieselnden Wassers von Wichtigkeit ist, da infolge des Fließens ein
Wärmetransport stattfindet. Die rechnerische Bestimmung von w wäre somit die erste
Voraussetzung für die Beantwortung der gestellten Frage. Sobald dieser Wert gefunden
wurde, liegt die Möglichkeit vor, unter Benutzung der Theorien Fouriers den
Temperaturverlauf in der Wasserhaut und schließlich die ausgetauschte Wärme Q bzw.
die Zahl α festzustellen. Die gesuchte Geschwindigkeit ergibt sich folgendermaßen:
Da man annehmen kann, daß an der Kühlfläche die Reibung dem Gewicht der dort
haftenden Flüssigkeit das Gleichgewicht hält, so unterliegt w nur dem Einfluß des
Abstandes y von der Wand. Die Schubspannung τ nimmt, wenn y eine Vergrößerung dy
erfährt, um \frac{d\,\tau\,d\,y}{d\,y} zu. Diese Zunahme muß dem Wassergewicht γdy entsprechen, so daß man
schreiben kann \frac{d\,\tau}{d\,y}+\gamma=0. Andererseits ist \tau=\eta\,\frac{d\,w}{d\,y}\,(1.), wenn η die Zähigkeit
bedeutet. Führt man diesen Wert in die erste Gleichung ein, so erweist sich eine
zweimalige Integration als nötig, um w zu ermitteln. Man erhält w=-\frac{\gamma\,y^2}{\eta\,2}+C_1\,y+C_2\,(2.). Die
unbestimmte Konstante C2 wird gefunden auf Grund der
Forderung, daß für y = 0 auch w verschwindet. Es folgt hieraus C2 = 0. Andererseits muß an der Oberfläche der
Wasserhaut τ = 0 sein, was zur Folge hat, daß \frac{d\,w}{d\,y} ebenfalls gleich Null wird,
wie ein Blick auf Formel 1 lehrt. Das kann aber gemäß Beziehung 2 nur dann der Fall
sein, wenn C_1=\frac{y}{\eta}\,y_0 ist, wobei y0 die Dicke der
Wasserhaut bezeichnet. Beide Festwerte sind somit bestimmt, und man hat einen
Ausdruck für w erhalten, den man zur Ermittlung der herabfließenden Wassermenge
verwerten kann. Für letztere gilt G=\int\limits_0^{y_0}\,\gamma\,w\,d\,y. Führt man hiein w=\frac{\gamma}{\eta}\,\left(y\,y_0-\frac{y^2}{2}\right)\,(3.) ein, so
ergibt sich G=\frac{y^2\,{y_0}^3}{3\,\eta} und y_0=\sqrt{\frac{3\,\eta\,G}{\gamma^2}}\,(4.). Diese Beziehungen finden nachstehend bei der
Feststellung des Temperaturverlaufes Anwendung.
Betrachtet man jetzt ein Prisma innerhalb der Wasserhaut von der Grundfläche ab
cd und der Höhe 1, so wird die Temperatur t im Innern desselben eine Funktion des
Abstandes y von der Wand und der Entfernung x von der Oberkante sein. Es treten
daher im Folgenden partielle Differentialgleichungen auf im Sinne der klassischen
Theorie Fouriers. Ihr zufolge ist die durch ein Flächenelement in der Umgebung eines
wärmeabgebenden Körpers strömende Kalorienzahl verhältnisgleich dem
Temperaturverlauf senkrecht zu dessen Wandung. Es wäre somit die in der y-Richtung
durch Fläche ab dem Prisma zugeführte Wärme -\lambda\,\frac{\partial\,t}{\partial\,y}\,d\,x, wenn λ wieder die vom Stoff
abhängige, durch die Temperatur wenig beeinflußte Wärmeleitzahl bezeichnet. Das
negative Vorzeichen deutet an, daß der Wert t mit zunehmendem Abstand von der Wand
sinkt. Aus Fläche c d tritt eine Wärmemenge aus, die sich von der eintretenden durch
den Wert -\lambda\,\frac{\partial^2\,t}{\partial\,y^2}\,d\,y\,d\,x unterscheidet. Weiterhin gelangen infolge der
Abwärtsbewegung des fließenden Wassers, dessen spezifische Wärme c sei, in Richtung
x durch die Fläche ad cwγtdy Kalorien in das betrachtete Volumenteilchen, während
die dasselbe durch Fläche bc verlassende Wärmemenge um c\,w\,\gamma\,\frac{\partial\,t}{\partial\,x}\,d\,x\,d\,y größer ist.
Wenn der Beharrungszustand erreicht wurde, ändert sich die Zahl der im Prisma
enthaltenen Kalorien nicht, das heißt, es muß -\lambda\,\frac{\partial^2\,t}{\partial\,y^2}+c\,w\,\gamma\,\frac{\partial\,t}{\partial\,x}=0 sein. In diesen Ausdruck wird
jetzt w gemäß Formel 3 eingeführt und man erhält die partielle Differentialgleichung
\frac{c\,\gamma^2}{\eta}\,\left(y\,y_0-\frac{y^2}{2}\right)\,\frac{\partial\,t}{\partial\,x}=\lambda\,\frac{\partial^2\,t}{\partial\,y^2}\,(5), deren Lösung die Bestimmung des Temperaturverlaufes gestattet. In
meisterhafter Weise behandelt Nusselt das vorliegende mathematische Problem.
Es werden zunächst in den Ausdruck 5 die Werte z=\frac{y}{y_0} sowie s=\frac{\lambda\,\eta\,x}{c\,\gamma^2\,{y_0}^4}
eingeführt. Dadurch erhält man eine Differentialgleichung, bei deren rechnerischer
Verwendung drei Bedingungen zu beachten sind. An der Oberkante der Wand, d.h. für s
= 0, muß t gleich der Temperatur t1 des noch kalten
Wassers sein. Setzt man ferner voraus, daß die Kühlfläche überall den gleichen
Wärmegrad t0 besitze, so wäre t = t0 für z = 0. Wird weiterhin noch der an der
Oberfläche des Wassers stattfindende Austausch von Wärme vernachlässigt, so ergibt
sich für z = 1 die Forderung \frac{\partial\,t}{\partial\,z}=0. Führt man schließlich noch den Wert
\mu=\frac{t_0-t}{t_0-t_1} ein, so nimmt die vorliegende Gleichung die Form \left(z-\frac{z^2}{2}\right)\,\frac{\partial\,\mu}{\partial\,s}=\frac{\partial^2\,\mu}{\partial\,z^2}\,(6) an und es
lauten, wie man leicht erkennt, die Grenzbedingungen s = 0, μ = 1; z = 0, μ = 0; z =
1, \frac{\partial\,\mu}{\partial\,z}=0. Wird Beziehung 6 in Differenzform geschrieben, so folgt durch eine
Umwandlung einfachster Art \Delta\,\mu=\frac{1}{z-\frac{z^2}{2}}\,\frac{\Delta^2\,\mu}{\Delta\,z^2}\,\Delta\,s. Dieser Ausdruck bietet, wenn man eine Kurve s
= s1 in einem μz-Diagramm kennt, die Möglickkeit, eine
weitere s-Linie für s = sx + Δs einzutragen. Ohne
Mühe läßt sich nämlich der Wert \frac{\Delta^2\,\mu}{\Delta\,z^2}=\frac{\Delta\,\left(\frac{\Delta\,\mu}{\Delta\,z}\right)}{\Delta\,z} finden. Man geht zu diesem Zweck auf der
gegebenen s-Kurve um Δz nach rechts und links, wobei sich μ um Δ1 μ und Δ2 μ ändern
möge. Durch dies Verfahren ergibt sich, wie man leicht erkennt, als der gesuchte
Quotient \frac{\Delta_2\,\mu-\Delta_1\,\mu}{\Delta\,z^2}. Nusselt berechnet nun μ in Abhängigkeit von z sowie s und
vereinigt die gefundenen Werte in einer Zahlentafel. Diese leistet wichtige Dienste
bei der Bestimmung von α.
Zur Feststellung dieser Zahl sucht man zunächst eine Gleichung für die vom Wasser
aufgenommene Wärme. Es ergibt sich sofort Q=\int\limits_0^{y_0}\,c\,w\,\gamma\,(t-t_1)\,d\,y. Führt man in diesen Ausdruck
die Werte μ, z sowie w und y0 gemäß den Formeln 3
und 4 ein, so folgt Q=G\,c\,(t_0-t_1)\,3\,\int\limits_0^1\,\left(z-\frac{z^2}{2}\right)\,(1-\mu)\,d\,z. Andererseits gilt Q = Gc (to – t1) φ, sofern
\varphi=\frac{t_2-t_1}{t_0-t_1}=3\,\int\limits_0^1\,\left(z-\frac{z^2}{2}\right)\,(1-\mu)\,d\,z ist. Endlich besteht die oben abgeleitete Beziehung Q=G\,c\,(t_0-t_1)\,\left(1-e\,\frac{-\alpha\,H}{G\,c}\right).
Es wäre also \varphi=1-e\,\frac{\alpha\,H}{G\,c}, und man fände \alpha=\frac{G\,c}{H}\,\mbox{ln}\,\frac{1}{1-\varphi}. Zur Berechnung von φ dient die erwähnte
Zahlentafel der μ = Werte. Der letzte, durchaus nicht sehr verwickelte Ausdruck gibt
die Lösung der gestellten Aufgabe.
Die Vornahme auf den ersten Blick recht einfach erscheinender praktischer Versuche
zur Bestimmung von α macht oft den Aufwand von viel Sorgfalt erforderlich, wie
nachstehendes Beispiel zeigen dürfte: Es handele sich darum, den für die
Heizungstechnik sehr wichtigen Wärmedurchgang bei einer ebenen Wand zu finden, an
welcher ein Luftstrom von anderer Temperatur entlang fließt. Dahin zielende
Prüfungen sind von Recknagel und Wierz veranstaltet worden, während Frandte und
Latzko die Frage lediglich auf Grund theoretischer Betrachtungen zu klären suchten.
Auch Nusselt unternahm die Lösung der Aufgabe mit Hülfe einer Versuchseinrichtung,
deren Schaffung durch Bereitstellung von Mitteln seitens des Verbandes der
Zentralheizungsindustrie e. V., Berlin, ermöglicht wurde. Deren Anordnung war
nachstehende: Ein von einem 17 PS-Nebenschlußmotor angetriebener Ventilator drückte
durch einen Diffussor in einen Windkessel Luft. Diese entströmte dem Behälter
wiederum durch eine rechteckige Düse, an die sich ein Kanal anschloß, der einen Teil
der Luft an der Versuchswand vorbeileitete und die Herstellung eines parallelen
Gasstromes ermöglichte. Ein Abschnitt der Wandung wurde durch eine Kupferplatte
gebildet, die einen Wasserkasten abschloß, dessen Inhalt ein Rührer in lebhafte
Bewegung setzte. An der Rückwand des Kastens befand sich eine elektrische
Heizvorrichtung, die von einer Akkumulatorenbatterie Strom erhielt. Die
Durchwirbelung des Wassers hatte eine recht gleichmäßige Plattentemperatur zur
Folge, zu deren Messung neun an der Oberfläche eingelassene Thermoelemente dienten.
Die an den Luftstrom abgegebene Wärme ist Q = Q1 –
Q2 – Q3. In dieser Formel bezeichnet Q1 die durch Spannungs- und Strommesser zu
bestimmende, zum Zweck der Heizung zugeführte elektrische Energie. Q2 ist der Wärmeverlust abzüglich der durch die
Reibung des Rührwerkes zugeführten Kalorienzahl. Q3
bezeichnet schließlich die von der Platte durch Strahlung abgegebene Wärme, die sich
nach dem Stefan-Bolzmannschen Gesetz bestimmen läßt. Während die Prüfungen
vorgenommen wurden, war die Temperatur der Wand tw =
50°, die der Luft te = 20°. Es ergab sich somit eine
Differenz tw – te =
30°, und nach der Gleichung Q = α (tw – te) F, in der F die Oberfläche der Kupferplatte ist,
ließe sich die Wärmeübergangszahl berechnen. Nusselt fand die Beziehung α = 6,14w0,780 + 4,60e–0,6w. Für die
Luftgeschwindigkeit w = 15 m sek –1 betrug der
Strahlungsverlust nur 4 v. H. der an die Luft abgegebenen Wärme. Der obige Ausdruck
läßt sich bei praktischen Rechnungen noch wesentlich vereinfachen. Sofern w geringer
als 5 m sek –1 ist, genügt die Gleichung α = 5,0 +
3,4 w, während bei höheren Luftgeschwindigkeiten das zweite Glied der ursprünglichen
Formel vernachlässigt werden kann. Nicht unerwähnt möge es bleiben, daß eine Rauhung
der Kupferplatte mit Hülfe eines Sandstrahlgebläses eine Zunahme der
Wärmeübergangszahl um 5 v. H. zur Folge hatte, während eine Glättung der bei den
Versuchen mit der angelaufenen unbearbeiteten Walzhaut versehenen Oberfläche ohne
bemerkenswerte Wirkung blieb. Nähere Angaben bezüglich der an letzter Stelle
genannten Tatsachen dürfte die nächste Zukunft bringen.
Ueberdies stehen wichtige Veröffentlichungen in Betreff des Wärmeüberganges in der
Verbrennungskraftmaschine durch Nusselt bevor. Dieser berichtete bereits am 29. Juni
d. J. auf der Dieselmaschinen-Tagung des V. d. I. über Versuche, welche die Klärung
des erwähnten Problems zum Ziele hatten. Sie liegen zum Teil schon geraume Zeit
zurück. So wurde bereits oben erwähnt, daß schon 1914 Ergebnisse von Prüfungen
bekannt geworden sind, die Nusselt an kugelförmigen Bomben ausführte, deren innere
Oberfläche einmal geschwärzt und einmal vergoldet war, um den Einfluß von
Wärmeleitung und -strahlung von einander zu trennen. Er gelangte damals zu dem
Ergebnis, daß die Wärmeübergangszahl dem Temperaturunterschied zwischen Gas und Wand
keineswegs verhältnisgleich ist. Ferner wurde festgestellt, daß α von der seit
Beginn der Abkühlung des Gases verflossenen Zeit abhängt. Die Gasstrahlung spielt
eine kleinere Rolle, als ihr meist zugeschrieben wurde. Der Bekanntgabe der letzten
Forschungsergebnisse in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure wird man
mit besonderer Spannung entgegensehen, da gerade in allerneuster Zeit sehr wertvolle
Arbeiten erschienen sind oder vorbereitet wurden, die sich mit demselben Thema
beschäftigen. Es sei vor allem auf die recht beachtenswerten Veröffentlichungen
Eichelbergs hingewiesen, die voraussichtlich noch der Herbst des laufenden Jahres
bringen dürfte.