Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Bl. |
Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 81 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Bauart der neuen Großgüterwagen der Deutschen
Reichsbahn. (Baurat Laubenheimer in der
Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft 20. 2. 23) Der Vortragende zeigte
zunächst, bis zu welchen Leistungen die Amerikaner ihre Eisenbahnfahrzeuge, mit
denen die großen Massentransporte bewältigt werden, gesteigert haben, und führte in
Lichtbildern den größten amerikanischen Güterwagen von 108,9 t Ladegewicht und die
zu diesen Wagen gebaute größte Güterzuglokomotive der Welt (1 D + D + D 2) von 75,4
t Zugkraft vor, die sich beide bei der Virginian-Eisenbahn-Gesellschaft im
Betriebe befinden.
Der Redner ging alsdann auf die Konstruktionsgrundlagen für die neuen Großgüterwagen
der Deutschen Reichsbahn ein, die größere spezifische Belastungen nötig machen, als
es bislang bei uns üblich war. Mit dem bisherigen 7,5 t Raddruck und 3,6 t Belastung
pro lfd. m. läßt sich überhaupt kein für die prakt. Verwendung brauchbarer
Großgüterwagen bauen. Ein 50-t-Wagen würde dabei rund 20 m lang werden.
Bei den neuen Entwürfen wurde deshalb ein Raddruck bis zu 10 t und eine
Längenbelastung von 6,5 t/m zugelassen, die später gemäß dem Lastenschema der für
die zukünftigen Brückenberechnungen gütigen Lastenzüge N und E auf 8 t/m erhöht
werden soll.
Unter diesen Voraussetzungen ließ sich ein 50-t-Großgüterwagen von nur 12 m
Gesamtlänge entwerfen, wobei ein Kasteninhalt von 64 cbm. erreicht wurde. Die
Wagenverkürzung konnte durch die größere Profilausnutzung erreicht werden, weil
sämtliche Großgüterwagen im Interesse der Vermeidung der unproduktiven Selbstkosten
ihrer Benutzer als Selbstentlader gebaut sind, wodurch die bisherige Abhängigkeit
von den niedrigen Wagenborden für die Handentladung fallen konnte. Hierdurch entfiel
zugleich auch die Forderung der Kippfähigkeit der Wagen, die für Drehgestellwagen
beim Kippen über Kopf starke konstruktive Schwierigkeiten verursacht hätte.
Die zulässige Umgrenzungslinie der Wagen (Transitprofil), wurde in Anbetracht der
vielen noch bestehenden unzureichenden Profile der Privatanschlüsse zunächst noch
nicht voll ausgenutzt; die größte Konstruktionshöhe über s. o. wurde bei den ersten
Entwürfen zunächst auf 3,75 m über S. O. beschränkt.
Die Unabhängigkeit in der Bemessung der Kastenwandhöhe gab die konstruktiv sehr
erwünschte Möglichkeit, auch bei den Flachbodenselbstentladern trotz der Türen den
Obergurt durchziehen zu können, der bekanntlich bei 20 -t -Wagen durch die Tür
unterbrochen wird, wodurch der bisherige 20-t -Wagen starke Einbuße an Festigkeit,
die bei den künftigen Wagen durch besondere konstruktive Maßnahmen behoben werden
soll, erlitt.
Trotzdem machte die Forderung einer guten Kastensteifigkeit, bei dem großen
Todgewicht und bei der hohen Schwerpunktlage Schwierigkeiten, weil eine gute
Selbstentladung die teilweise Oeffnung der Seitenwände erforderlich macht, wodurch
der Wagenkasten an Längsversteifung bedeutende Einbuße erfährt. Trotzdem ist es
gelungen, auch diese Frage auf verschiedene konstruktive Weise zu lösen. Zur
Versteifung der Wagenkasten ist eine Mittelwand eingezogen, wodurch gleichzeitig die
Möglichkeit geschaffen wurde, bestehende Bunkeranlagen, die vielfach nur eine Länge
von 6 m besitzen, auch ohne Vergrößerung bei den 50-t-Wagen benutzen zu können, in
dem man zwei Teilentladungen vornimmt.
Dem endgültigen Verwendungszweck der Großgüterwagen entsprechend werden künftig zwei
Bauarten der Großgüterwagen erforderlich werden:
1. Reine Selbstentlader mit feststehendem Sattel für die
Pendelzüge des Großmassenverkehrs und
2. Flachbodenselbstentlader für die freizügige allgemeine
Verwendung.
Von den zunächst zur Ausführung kommenden 200 Großgüterwagen, die für 10 Züge von je
20 Wagen mit 1000 t Nutzlast gedacht sind, werden 2 Züge mit reinen Selbstentladern
und 8 Züge mit Flachbodenselbstentladern, jeder Zug mit einer eigenen Wagenbauart,
gebildet, um aus den Betriebserfahrungen mit diesen verschiedenen Konstruktionen die
Konstruktionsunterlagen für die künftigen beiden Einheitsbauarten zu gewinnen.
Von den reinen Selbstentladern werden zurzeit zwei Typen, Bauart Talbot, Aachen, mit
feststehendem Sattel von 45° und Bauart Waggonfabrik Uerdingen, die einen
gebrochenen Sattel von 60° und 45° Neigung hat, gebaut. Während der Talbotwagen ein
Drehgestellwagen mit dem bekannten Fachwerk (Diamond) – Drehgestell ist, das sich
besonders gut zur Erprobung des Kugellagers von Fichtel und Sachs in
Schweinfurt und des sphärischen Rollenlagers, der S. K. F. - Norma Berlin eignet,
stellt der Uerdinger Wagen in seiner Achsenanordnung einen ganz neuen Typ dar. Er
ist der erste für den öffentlichen Verkehr bestimmte vierachsige Güterwagen ohne
Drehgestelle. Er besitzt vielmehr freie Lenkachsen, deren Federanordnung durch ein
System von Längsausgleichhebeln und einem Querausgleichhebel ausgebildet wurde, und
hierdurch eine theoretische Auflagerung des Wagens auf drei Punkten erzielt, wodurch
eine wesentliche Gewichtsersparnis und billige Unterhaltung gegenüber der
Drehgestellbauart erreicht wird, während die Standsicherheit des Wagens in
Gleiskrümmungen mit Kurvenüberhöhungen gewahrt bleibt und die Entgleisungsgefahr
ausgeschlossen wird.
Die bisherigen Versuche mit dem Münchener Ausstellungswagen, Flachbodenselbstentlader
der Waggonfabrik Uerdingen, der dieselbe Anordnung hat, hatten keine Anstände
ergeben.
Bei den Flachbodenselbstentladern, die wahlweise als gewöhnliche Güterwagen mit
flachem Boden oder als Selbstentlader für Schüttgüter verwendet werden können, sind
zwei Abarten zu unterscheiden.
Bei der ersten muß der Sattel (Eselsrücken) vor der Beladung aufgerichtet werden,
während er bei der zweiten Art sich erst im Augenblick der Entladung selbsttätig
bildet.
Nach der ersteren Art sind die Flachbodenselbstentlader, Bauart Uerdingen, Bauart
Malcher der Oberschlesischen Eisenbahn - Bedarfs - A.-G. in Gleiwitz und Bauart
Waggonfabrik Steinfurt in Königsberg entworfen worden. Während der Malcher-Wagen
auch ohne Drehgestelle nur mit Lenkachsen gebaut wird, hat der Steinfurt-Wagen eine
Achsenanordnung in einem Lenkgestell, das gewissermaßen ein Mittelding zwischen
freien Lenkachsen und einem normalen Drehgestell darstellt. Nach der zweiten Art
sind die Flachbodenselbstentlader der Bauarten Linke- Hoffmann- Werke Breslau,
Fried. Krupp A.-G. Lowa Essen-Ruhr, Orenstein & Koppel A.-G. Berlin und
Rheinmetall Düsseldorf entworfen worden.
Sämtliche vorstehenden Wagen sind in ihren Entwürfen rein deutscher Natur ohne fremde
Vorbilder im Gegensatz zu den neuen englischen Großgüterwagen, die nur amerikanische
Kopien darstellen. Nur ein Typ der deutschen Entwürfe, der Flachbodenselbstentlader
Bauart Talbot ist einem in Amerika weit verbreiteten Typ nachgebildet worden.
Sämtliche Großgüterwagen, die nur in luftgebremsten Zügen fahren werden, erhalten je
2 normale Bremszylinder der Kunze-Knorr-Güterbremse, die so geschaltet sind, daß
beim leeren Wagen nur ein Bremszylinder (bei einem Eigengewicht des Wagens über 23
t) bzw. nur die 6-Kammer eines Zylinders (bei einem Eigengewicht unter 23 t) auf
alle vier Achsen wirken, während beim beladenen Wagen alle vier Kammern beider
Zylinder bremsen, wodurch es ermöglicht wurde, beim leeren und beladenen Wagen
annähernd den gleichen Bremsprozentsatz zu erreichen. Im übrigen ist jeder Wagen mit
einer Handbremse versehen, die nur auf zwei Achsen wirkt und nach amerikanischem
Vorbild nur als Verschiebebremse zu benutzen ist.
Der Umstand, daß die Großgüterwagen zunächst nur in geschlossenen Pendelzügen,
losgelöst von dem übrigen Verkehr laufen werden, gibt die erwünschte Gelegenheit,
zwei wichtige wagentechnische Neuerungen zu erproben, die selbsttätige
Mittelkupplung und Kugel- bzw. Rollenlager.
Die jetzige Schraubenkupplung, die nur eine zulässige Belastung von 14 t hat und
schon bei den heutigen Zugbelastungen vielfach ein Strecken der Spindel und eine
dadurch herbeigeführte Ungangbarkeit der Kupplung erleidet, würde bei einer
Vollauslastung des Großgüterwagenzuges gänzlich versagen, zumal sie heute schon
außerordentliche Unterhaltungskosten, die für das laufende Jahr zu mindestens 12
Milliarden Mark veranschlagt werden können, erfordert. Versuchsweise werden deshalb
bei 100 Großgüterwagen die bekannte Scharfenberg-Kupplung der Scharfenbergkupplung
A.G. Berlin W 15 und die amerikanische Willisonkupplung, welche von der
Kunze-Knorr-Bremse A.-G. Berlin-Lichtenberg gebaut wurden, zugleich mit der neuen
Uerdinger Ringfeder von 28 bzw. 50 t Belastungsfähigkeit erprobt werden. Die
Möglichkeit zum Kuppeln der Wagen mit der normalen Schraubenkupplung ist bei beiden
Bauarten vorhanden.
Die versuchsweise Einführung von Kugel- und Rollenlagern hat neben dem hierdurch
erzielten geringeren Zugwiderstande hauptsächlich den Zweck, ein Heißlaufen und
dadurch bedingtes längeres Ausfallen dieser hochwertigen Wagen zu vermeiden. Zurzeit
betragen die Heißläufer der Deutschen Reichsbahn jährlich rund 250000 Stück, was
eine jährliche Unterhaltung von rund 15 Milliarden Mark verursacht, ohne daß hiervon
sämtliche Verluste infolge der hierdurch verursachten Betriebsstörungen erfaßt sind.
Von den ersten Großgüterwagenzügen sollen zwei mit Gleitlagern, einer mit Kugel- und
7 mit Rollenlagern ausgestattet werden, um mit den verschiedenen Konstruktionen
eingehende Vergleichs-Versuche anstellen zu können.
Zum Schlüsse knüpfte der Redner an ein Wort Dr. Walter Rathenaus an, der in seinem
Vorwort zu den „Massengüterbahnen“ sagte: „daß das Prinzip der
Staatsbahnen mit seinen großen und anerkannten Vorzügen nicht die Eigenschaften
verbindet, die den freikonkurrierenden Industrien anerzogen sind: Lust zur
Initiative und automatischen Anpassung an die Bedürfnisse der Gesamtheit, ist
evident.“ Diese Bemerkung ist heute nicht mehr zutreffend. Wer die Fülle der
Probleme überblickt, die heute die Deutsche Reichsbahn beschäftigt, muß wohl
zugeben, daß hier eine Lust zur technischen und wirtschaftlichen Initiative
vorhanden ist, wie sie kaum bei einer anderen Eisenbahnverwaltung, auch bei keiner
privaten Gesellschaft, zurzeit angetroffen wird. Auch diese Tatsache ist ein Beweis
dafür, daß das ernste Streben nach produktivem Schaffen und der feste Wille zum
Wiederaufbau nicht gebrochen ist und auch trotz aller Gegenmaßnahmen unserer Feinde
auf die Dauer nicht gebrochen werden kann.
Leistung des Großkraftwerkes Zschornewitz-Golpa.
Bekanntlich verwertet dieses Werk die umfangreichen Braunkohlenfelder bei Golpa und
diese Braunkohlenenergie wird zu elektrischem Strom umgewandelt nach Berlin
geleitet. Beschleunigt wurde der Bau des Werkes durch den Ausbruch des Krieges, da
damit die Herstellung großer Mengen Kalkstickstoff notwendig wurde. Es sollten
damals 500000000 kW/std. bei 60000 kW Spitzenleistung jährlich für die
Kalkstickstoffabrikation zur Verfügung gestellt werden; dazu noch 250000000 kW/std.
jährlich zwecks Erzeugung von Salpetersäure, also einschliellich des
Selbstverbrauches des Werkes und der Grube 830000000 kW/std. pro Jahr. Um diese
Ansprüche befriedigen zu können steigerte man die Leistungsfähigkeit der Anlagen auf
180000 KVA, entsprechend rund 130000 kW.
Im März 1915 begann der Bau und im Dezember selben Jahres die Stromlieferung.
Das Werk hat heute eine von der 1900 m entfernt liegenden Braunkohlengrube kommende,
in einem Brecherhause am Kraftwerk endende Kettenbahn, vier Kesselhäuser mit 9 je
100 m hohen Schornsteinen und das senkrecht angelehnte, über 200 m lange
Turbinenhaus mit dem am nördlichen Ende errichteten Transformatoren- und Schalthaus.
Vor der Längsfront jenes befinden sich 11 Kühltürme mit der Rückkühlanlage und den
Klärteichen. Der Ausbau weist 64 Kessel von je 500 qm Heizfläche auf und 8
Turbodynamos von je 16000 kW, wodurch das Golpa-Werk, das größte einheitliche
Dampfkraftwerk der Welt darstellt und heute nach Aufstellung eines weiteren
Turbaggregates eine Leistungsfähigkeit von 143000 kW aufweist, die bald mit
Indienststellen eines zehnten Aggregates auf 158000 kW steigen wird.
Das Werk sollte von Anfang an dazu dienen, Berlin mit elektrischer Energie zu
versorgen, und das ist nun teilweise durchgeführt, indem unter Anwendung einer
Spannung von 110000 Volt erhebliche Energiemengen durch eine 132 km lange
Fernleitung nach der Reichshauptstadt geliefert werden. Seit dem Jahre 1919 wird die
Fernleitung aus drei an eisernen Masten verlegten Aluminiumleitungen von 120 qmm
Querschnitt gebildet. Die Masten selbst sind in Abständen von 250 m gestellt und
haben eine Höhe von durchschnittlich 25 m über Erdboden. Die Fernleitung mündet in
der Nähe des Kraftwerkes Rummelsburg in einem besonderen Transformatoren- und
Schalthause, und hier wird ihre Spannung von 110000 Volt auf 6000 Volt herabgesetzt,
nämlich auf die Betriebsspannung des Kraftwerkes, (s. Klingenberg auf S. 65 der
Betriebswissenschaften von G. Sümer, Verlag des Ver. dtsch. Ing., Berlin).
Dr. Bl.
Kraftwagenbetrieb mit Teerölen. Von der
Wärmekraftgesellschaft in Wiesbaden werden bereits seit längerer Zeit Versuche
angestellt, statt Benzin und Benzol die billigeren Teeröle mit einem Siedepunkt bis
zu 300° zum Betrieb von Kraftwagenmotoren zu verwenden. Ueber die hierbei erzielten
Betriebergebnisse macht Berlit in der Zeitschrift des
Vereins Deutscher Ingenieure interessante Angaben. Die hochsiedenden Teeröle müssen
durch die heißen Abgase des Motors stark vorgewärmt werden, worauf sie in einem mit
Wasser beheizten Pallasvergaser zerstäubt werden. Um das Kühlwasser möglichst auf
Siedetemperatur zu erhalten, wird die Menge des umlaufenden Wassers verringert. Es
entsteht so in den Zylindermänteln ein Dampf-Wassergemisch, das nach der
Kondensation des Dampfes im Kühler den Zylindermänteln wieder zugeführt wird. Zum
Anlassen des Motors wird Benzol benutzt; sobald der Motor nach einigen Minuten gut
warm geworden ist, wird auf – Teeröl umgeschaltet. Dieses Verfahren hat sich so gut
bewährt, daß seit März 1922 bereits drei 5-t-Lastwagen in Wiesbaden dauernd mit
Teeröl betrieben werden. Für einen ungestörten Betrieb sind erforderlich möglichst
heiße Zylinderwandungen, gute Vorwärmung von Brennstoff und Gemisch sowie
zuverlässige Zündung. Um zu verhüten, daß bei zu niedriger Kühlwassertemperatur
Fehlzündungen oder unvollkommene Verbrennung des Oeles eintreten, hat es sich als
zweckmäßig erwiesen, parallel zum Hauptvergaser einen kleinen Benzolvergaser
einzuschalten, der erforderlichenfalls auch dann in Betrieb bleibt, wenn der
Teerölvergaser voll arbeitet. Es wurden noch mehrere neue Oelvergaser ausprobiert,
die eine Verminderung des Oelverbrauches erstreben.
Die Zylinder wurden nach je 2000-km-Fahrt nachgesehen, doch konnten dabei keine
schädlichen oder den Betrieb störenden Oelabscheidungen wahrgenommen werden; auch
der Schmierölverbrauch war normal. Man darf somit die mit dem Teerölbetrieb
verbundenen Schwierigkeiten als praktisch überwunden bezeichnen. Wenn auch die
Bedienung des Motors mehr Sorgfalt verlangt als bei Verwendung von Benzol, so
ermöglicht der Teerölbetrieb auf der anderen Seite die Erzielung erheblicher
Ersparnisse. Die drei Versuchswagen verbrauchten im Mittel für je 100 km Fahrt 24 l
Benzol und 75 1 Teeröl, während die gleichen Wagen sonst für dieselbe Fahrtleistung
82–84 1 Benzol verbrauchten. Bei warmem Wetter beträgt der Benzolanteil 12–15 v. H.
vom Gesamtverbrauch an Brennstoff, bei kaltem Wetter steigt er auf über 20 v. H. Die
Ersparnis an Brennstoffkosten beträgt 50–70 v. H. gegenüber reinem Benzolbetrieb.
Neben Phenolöl aus Urteer, dessen anderweitige Verwendung bisher Schwierigkeiten
bereitete, wurde zu den Versuchen ein Rückstandöl (Siedegrenzen 120–300°) benutzt,
das bei der Auswaschung des Benzols aus dem Leuchtgas nach dem Abdestillieren des
Motorenbenzols hinterbleibt. Dieses Oel konnte im Sommer auch dann benutzt werden,
wenn es bis zu 20 v. H. Naphthalin enthielt. (Zeitschr. V. Dt. Ing. 1923, S.
42–43).
Sander.
Die Kohlenvorkommen und der Kohlenbergbau Chinas. In einer
groß angelegten Abhandlung bringt in der Zeitschrift „Glückauf“, Nr. 41–44,
Bergassessor Dr. M. Brücher (Schanghai), der frü(ere Bergwerksdirektor der
Schantung-Eisenbahngesellschaft, ein umfassendes Bild der chinesischen
Kohlenreichtümer und des heutigen Standes des Kohlenbergbaus im Reiche der Mitte.
Seitdem vor etwa einem halben Jahrhundert Richthofen die Aufmerksamkeit der Welt auf
die geradezu gewaltigen Kohlenschätze Chinas hingelenkt hat, ist nur verhältnismäßig
weniges geschehen, um eine geologische Erforschung dieses an Bodenschätzen so
überaus reichen Landes durchzuführen. Richthofens Werk ist darum auch heute noch
immer unentbehrlich, zumal die ungeheueren Lößüberlagerungen im Norden Chinas, die
Lateritdecken und die tropische Pflanzendecke im Süden allen geologischen
Beobachtungen stark hinderlich im Wege stehen. Es ist daher, nicht allein vom
fachmännischen Standpunkte aus, sehr zu begrüßen, wenn Dr. M. Brücher auf Grund
seiner langjährigen praktischen Erfahrungen im chinesischen Steinkohlenbergbau uns
ein Bild des derzeitigen Standes des Bergbaus in Südostchina gibt. Zunächst gibt
Brücher einen kurzen Abriß der bergwerklichen Zustände in China, die noch sehr im
Argen liegen und schildert dann kurz die Geologie der Vorkommen, die Transport- und
Arbeiterverhältnisse auf Grund der verschiedenen, uns heute vorliegenden Schätzungen
und Teilberechnungen, dann kommt Brücher zu dem Ergebnis, daß die Gesamtschätzung
von rund 1000 Milliarden Tonnen Kohlenvorrat, d.h. also einer Kohlenmenge, die den
heutigen Weltbedarf auf 1000 Jahre hinaus zu decken
vermag, kaum zu hoch gegriffen sein wird. Die
Kohlenförderung Chinas betrug im Jahre 1913 rund 14,5, 1916 etwa 16 und 1920 19,5
Millionen t. Die jetzige Kohlenförderung Chinas veranschlagt M. Brücher auf etwa 20
Millionen t, wovon etwa 6 Millionen t Anthrazit und die restlichen 14 Millionen t
gasreiche Kohlen sind. China führt immer noch rund 1 Million t Kohle aus Japan ein
und rund 0,5 Millionen t aus anderen Gebieten (Australien, Südafrika usw.).
Die weiter folgende Besprechung der einzelnen Kohlenfelder Chinas findet in
einer interessanten Uebersichtskarte eine klare und übersichtliche Illustration. Die
Einzelgebietsbesprechungen enthalten kurze Angaben über die chemische
Zusammensetzung der Kohlen, über Selbstkosten, Besitzverhältnisse, Fördermengen,
Transportverhältnisse u.a. Die ganze Abhandlung ist darum auch für den Fachmann noch
besonders wertvoll, weil sie vielerlei Material beibringt, das man sonst nur weit
verstreut in der Literatur anfinden könnte, oder aber solches, was er als völlig
neu, dankend zur Kenntnis nimmt. Insofern bildet diese Brüchersche Arbeit auf lange
hinaus wieder ein Richtmal für unsere Kenntnis ostasiatischer
Wirtschaftsverhältnisse. (Glückauf 1922 Nr. 41–44.)
Si.
Textabbildung Bd. 338, S. 84
Textabbildung Bd. 338, S. 84
Keillochhämmer für Steinbruchbetrieb. Um Blöcke aus
Granit, Grauwacke, Sandstein, Marmor und dergl. zu zerlegen, treibt man in der
beabsichtigten Bruchlinie eine Reihe von Löchern in das Gestein zur Aufnahme von
Keilen, mit deren Hilfe die Blöcke in Richtung der Keillochreihe gesprengt werden.
Da die Herstellung der Keillöcher von Hand mühsam und teuer ist, hat man versucht,
die Druckluft, die sich im Steinbruchbetrieb gut bewährt hat, auch zum Antrieb von
Keillochhämmern zu verwenden, und mit der Zeit brauchbare Preßlufthämmer geschaffen,
die heute in vielen Betrieben ständig angewandt werden. Da die Schneide dieser
Meißel mit einer Anzahl von Rillen versehen ist, mußten sie nach Verschleiß auf
ziemlich dünnen Schmiergelscheiben nachgeschliffen werden, die schnell verschließen
und den Betrieb nicht unwesentlich verteuerten. Außerdem mußte das konische
Einsteckende der Meißel durch Schmieden aufgestemmt und genau nach Maß abgedreht
werden. Wesentlich einfacher und billiger sind die neuen Meißel, die der
Steinbruchbesitzer Kind einführte. Auf seinen Vorschlag wurde der Meißelhalter so
gestaltet, daß man einen gewöhnlichen Flachstahl von 25 mal 40 mm Querschnitt, so
wie ihn die Walze liefert, verwenden kann und damit das Aufschmieden und
Nacharbeiten des Einsteckendes erspart. Eine weitere Vereinfachung bringt die
Demag-Duisburg mit einer Meißelschärfvorrichtung, bei der die Rillen des Meißels
nicht mehr geschliffen zu werden brauchen, sondern mittels Setzhammer und
Profilschrottmeißel im Gesenk geschmiedet und nach Verschleiß wieder angeschärft
werden können. Mit dieser Vorrichtung können die Meißel von jedem Schmied leicht
hergestellt werden, außerdem gestattet ihre glatte Form eine Ausnutzung des
Meißelstahls bis fast auf den letzten Rest. Der Preßlufthammer selbst ist dem rauhen
Steinbruchbetrieb angepaßt und besteht daher aus nur drei beweglichen Teilen. Da er
nur 10 kg wiegt, ist er bequem zu handhaben, so daß der Arbeiter bei seiner
Anwendung nicht übermäßig ermüdet. Im gewöhnlichen Gestein leistet dieser Hammer
etwa das fünffache, in Marmor sogar das 12fache der Handarbeit. Er bildet also ein
Hilfsmittel zur Verringerung der Gesteinunkosten eines jeden Steinbruchs.
Chilesalpeter für Deutschland. Die deutsche Regierung hat
die freie Einfuhr von. 200000 t Chilesalpeter genehmigt. Vor dem Kriege brauchte
Deutschland jährlich 900000 t Natriumnitrat, während des Krieges deckte es seinen
Bedarf durch Anfertigung synthetischen Nitrats und seitdem bezog es aus dem Auslande
nur 20000 t. Jetzt veranlassen wohl die gesteigerten Herstellungskosten des
synthetischen Natriumnitrats und die Geldentwertung zu gesteigertem Kauf im Auslande
und „The Electrical Review“, London, vom 15. Sept. gibt eine Erörterung
wieder in einer Sitzung der „British Association“, in welcher J. A. Harter
darauf hinwies, daß Deutschland 1913 nur 90000 t Stickstoff erzeugte, heute aber
290000 t anfertige und bald 500000 t erzeugen könne. Damit habe es aber für eine
etwaige Kriegszeit einen Ueberfluß an Rohstoffen zur Herstellung von Explosiv- und
Düngemitteln.
Da ist denn in dieser Hinsicht sehr interessant eine kleine Abhandlung von Camille
Matignon in „Chemie et Industrie“ (siehe „Journal du Four Electrique“
vom 1. Sept. und die „Auslands-Nachrichten d. S.S.W.“ vom 30. Sept. 1922) über die „Augenblickliche Lage der Stickstoffabrikation in
Deutschland.“ Der Verf. zeigt die Anstrengungen des Deutschen
Reiches, um sich in Zukunft von der Verwendung ausländischen Salpeters (aus Chile
und Norwegen) unabhängig zu machen. Am Ende dieses Jahres würde es durch seine
Cyanamid- und Ammoniakwerke, seine anderen Einrichtungen zur Herstellung chemischer
Substrate bei der Gewinnung von stickstoffhaltigen Dungmitteln eine große Rolle
spielen und gegen 500000 t stickstoffhaltiger Erzeugnisse aufweisen. Erzeugten doch
die badischen Werke allein 300000 t Stickstoff zur Herstellung künstlichen
Ammoniaks, allerdings zur Zeit nur die Hälfte ihrer Leistungsfähigkeit an Cyanamid.
Mit seinen 400000 t Stickstoff würde aber Deutschland mehr als die Hälfte des
gesamten Vorkriegsverbrauchs auf der Erde (692000 t) herstellen. Dadurch würde es
aber nicht nur die Forderungen seiner Landwirtschaft decken können, sondern auch
vermöge des Tiefstandes seiner Mark eine erste Exportkraft für Stickstoffdünger
werden. Dazu sind einzelne deutsche Werke von erheblich höherer Leistungsfähigkeit,
als sie es vor dem Kriege waren, und namentlich sind in Deutschland an
Cyanamidwerken zu erwähnen:
1. Die Knappsackwerke bei Köln, die der A.-G. für
Stickstoffdünger gehören und ein in der Nähe gelegenes reiches Braunkohlenlager als
Kraftquelle zum Betriebe ihrer Dampfturbinen verwenden. Ihre Jahresleistung wird zu
100000 t angegeben.
2. Die bayrischen Werkevon Troftberg und Margarethenberg,
die Eigentum der bayrischen Stickstoffgesellschaft sind. Sie nutzen die Wasserkraft
der Alz, eines Nebenflusses des Inn, ihre Betriebsstation, welche die nötige Kraft
liefert, ist Tacherting, ihre Jahresleistung beträgt 33000 t.
3. Von den zwei bedeutenden Werken der Reichsregierung aus der Kriegszeit ist nur
deutsch geblieben das Werk zu Piesteritz bei
Wittenberg a. E. in Sachsen, das seine Kraft aus der dortigen Braunkohle bezieht und
eine Jahresleistung von 200000 t aufweist. Das andere Werk in Oberschlesien, zu
Chorzow bei Königshütte und Beuthen, ist polnisch geworden, es lieferte jährlich
120000 t.
4. Von den kleinen Werken ist deutsch nur noch das von Borkendorf bei Schneidemühl (gehört den Mitteldeutschen Stickstoffwerken),
welches nur jährlich 16000 t lieferte, dagegen ist polnisch geworden das Werk zu
Mühlthal bei Bromberg in Posen, welches die Wasserkraft der Brahe zur Erzeugung von
Elektrizität benutzt und ebenfalls jährlich eine Leistung von 16000 t aufwies.
Zu den deutschen Werken kommen noch die mit Wasserkraft betriebene Cyanamidanlage am
Rheinufer Waldshut (Baden), erbaut von der
Deutsch-Schweizer-Gesellschaft Lonza im Kriege mit einer Jahresleistung von 33000 t,
und die Werke der Gesellschaft „Alexander -Wackerwerke“, durch Wasserkraft
betrieben, mit jährlich 20000 t, sowie eine kleine Anlage der Lonza-Gesellschaft in
Schlesien mit einer etwa 10000 Pferdestärken entsprechenden Leistungsfähigkeit.
Camille Matignon erwähnt auch, daß die bayrischen Werke sowie die Anlagen zu Westegeln (Knappsack) ihre Leistungsfähigkeit infolge
staatlicher Zuschüsse stark vergrößert haben und so Deutschland nach seinen
Erkundigungen auf ein Maximum der Herstellung von 550000 bis 600000 t Cyanamid
rechnen könne, allerdings bei voller Inanspruchnahme der Anlagen, wozu eine
Gesamtkraft von 322000 Pferdestärken gehört (500 kg Stickstoff in einem
Kilowattjahr).
Dr. Bl.
Manganerz in der Republik Panama ist zwar schon seit etwa
dem Jahre 1879 bekannt, doch war der Abbau bislang immer nur ein sehr geringer und
es sind – wenn auch wiederholt –, so doch stets nur kleinere Mengen zur Verladung
gelangt. Im Jahre 1916 wurde dann ein größeres Vorkommen von Manganerzen bei San
Blas Point in der Mandingo-Bucht gefunden und daraus rund 23000 t 52prozentiges
Manganerz nach den Vereinigten Staaten verschickt. Das größte Erzlager ist im
Boqueron-Tale in der Nähe von Nombre de Dios mit einem schätzungsweisen Erzvorrat
von 150000 t aufgeschlossen. Das dortige Erz enthält 0,5 bis 1 % Kupfer, man kann es
infolgedessen nur in der Stahlindustrie verwenden, nicht aber zu chemischen Zwecken,
etwa zu Trockenbatterien, wie man zuerst erhoffte. Die Inhaberin dieses
Erzvorkommens im Boqueron-Tale ist die Panama Manganese Company. Man hofft,
technische Verfahren ausfindig zu machen, um den Kupfergehalt des Erzes
abzuscheiden, wodurch man den Verkaufswert des Erzes auf 25 Dollar pro 1 t loco
Erzeugerstätte bringen könnte. In den letzten Jahren fanden zwar keine Verladungen
von derartigem Erz statt, doch soll der Versand im Laufe des Jahres 1923 wieder
aufgenommen werden. (Chem.-Ztg. 1923, Nr. 7.)
Si.
Gewinnung von reinem Stickstoff aus Generatorgas. Die
Stickstoffindustrie benötigt zur Herstellung sowohl von Kalkstickstoff als auch von
synthetischem Ammoniak große Mengen von reinem Stickstoff, der namentlich frei von
Sauerstoff sein muß. Früher gewann man den Stickstoff vorwiegend durch Rektifikation
von verflüssigter Luft, doch erfordert dieses im übrigen sehr brauchbare Verfahren
bei den riesigen Stickstoffmengen, die die außerordentlich vergrößerten Werke tagtäglich
verarbeiten, zu umfangreiche Apparaturen; auch vermögen die Anlagen zur
Verflüssigung und Zerlegung der Luft den häufig auftretenden Schwankungen im
Gasverbrauch nicht rasch genug zu folgen. Aus diesem Grunde ist man überall da, wo
es sich um die Verarbeitung von großen Stickstoffmengen handelt, dazu übergegangen,
den Stickstoff aus Verbrennungsgasen herzustellen. In der Regel geht man dabei von
Generatorgas aus, das mit eitler genau bemessenen Luftmenge verbrannt wird, so daß
die Abgase nur aus Kohlensäure und Stickstoff bestehen, welche beiden Gase sich auf
einfache Weise von einander trennen lassen. Während es unschwer gelingt, die
Verbrennung des Generatorgases so durchzuführen, daß die Abgase praktisch frei von
Sauerstoff und Kohlenoxyd sind, hat es sich aber gezeigt, daß die im Generatorgas
enthaltenen Schwefelverbindungen zugleich mit der Kohlensäure nur unvollkommen
entfernt werden können und eine unerwünschte Verunreinigung des Stickstoffs
darstellen, namentlich, wenn dieser für die katalytische Herstellung von Ammoniak
Verwendung finden soll. Nach dem D. R. P. 306302 der Badischen Anilin- und
Sodafabrik gelingt die Herstellung von Stickstoff in hinreichender Reinheit in der
Weise, daß man das Generatorgas zunächst mit einem geringen Luftüberschuß verbrennt
und dann in das heiße Verbrennungsgas kleine Mengen reinen Wasserstoffs einführt.
Hierbei wird sowohl der überschüssige Sauerstoff verbrannt, als auch werden die
schwer absorbierbaren Schwefelverbindungen auf diese Weise in Schwefelwasserstoff
verwandelt, der dann zusammen mit der Kohlensäure leicht durch Absorption mit Wasser
oder Natronlauge auch ohne Anwendung von Ueberdruck entfernt werden kann. Zum Schluß
wird der Stickstoff noch von etwaigen geringen Kohlenoxydmengen gereinigt, worauf er
zur Ammoniaksynthese Verwendung finden kann.
Sander
Wasserdichter Apparat zur Wahrnehmung von Flugzeugschall.
Als im Verlauf des Weltkrieges vielfach feindliche Flieger als Gegenwirkung gegen
die deutschen Unterseeboote eingesetzt wurden, wurde ein Apparat nötig zur
Wahrnehmung des Flugzeugschalles vom U-Boot aus und zwar sollte das Hörorgan an der
Spitze eines Sehrohres befestigt werden können, der Empfänger mußte nach dem
Auftauchen der Sehrohrspitze sofort betriebsklar sein und die Empfindlichkeit der
Höreinrichtung wenigstens der des bloßen Ohres gleichkommen. Daher ließen sich für
das Abhören und die Richtungsbestimmung von Flugzeugschall weder Trichter noch
Hörschläuche anwenden, auch keine Luftleitungen, da ja der obere Schaft des
Sehrohres innen fast völlig von Lichtstrahlen ausgefüllt wurde. Es paßten alle
Schallempfänger nur Mikrophone und Telephone, deren Zuleitungsdrähte gerade ohne
Störung der Lichtstrahlen innerhalb des Sehrohres möglich war. Solche
Schallempfänger konnte man gegen einen äußeren Wasserdruck von 10 Atm. wasserdicht
herstellen und mußte einen Röhrenverstärker hinzunehmen, wobei zur Erzielung
möglichst großer Lautstärken der Empfänger auf die Hauptfrequenzen abzustimmen war.
Als Empfangsverstärker kam nur eine der normalen Typen der Wellentelegraphie in
Betracht, und man wählte für die Versuche einen Zweiröhrenverstärker mit
Doppelgitterröhren von Siemens & Halske.
Als Mikrophonempfänger benutzte man die von Brömser konstruierten Mikrophone mit etwa
25 bis 30 mm Durchmesser, einer 0,1–0,2 mm starken Kohlemembran und einer in
geringem Abstande gegenüberstehenden Kohleelektrode. Das Mikrophon arbeitet im
Bereich der Sprechfrequenzen praktisch verzerrungsfrei und wurde in den Empfänger
eingebaut, wie es E. Lübcke in Nr. 3 der Ztschr. f. prakt. Physik auf S. 100 im
Bilde angibt. Die äußere, hier am Wasser angrenzende Membran war ein 0,05–0,1 mm
starkes Bronze- oder Kupferblech und durch starke konzentrische Wellen versteift.
Diese Membran führte in Luft Amplituden von etwa 0,2–0,3 mm aus, legte sich aber bei
größeren Amplituden und höherem äußeren Druck gegen ein mit einer Anzahl enger
Löcher versehenes Widerlager von der gleichen Form an. Diesem gegenüber, etwa 0,1 mm
entfernt, stand das Brömsermikrophon und empfing bei Bewegung der äußeren gewellten
Membran diese durch den Luftraum.
Als Telephonempfänger dienten die Systeme von 1000-ohmigen Kopffernhörern, deren
Membrane unmittelbar an die Luft bzw. das Wasser grenzten, ebenfalls gegen den
äußeren Wasserdruck abgestützt und glatte Eisenmembranen von 0,1–0,2 mm Stärke
waren.
Die Versuche selbst wurden an Land durchgeführt, und die Apparate wegen der geringen
Tragweite des Schalles von Seeflugzeugen und der dadurch bedingten geringen
Reichweite der Hörapparate nicht in U-Boote eingebaut, sondern am flachen Strande
etwa 50–80 cm über dem Boden aufgestellt. In großen Schleifen und 5–200 m Höhe
überflogen die Seeflugzeuge die Apparate, deren Abstand von ihnen mit einem
Entfernungsmesser festgestellt wurde. Die Mikrophonempfänger erwiesen sich als
unbrauchbar, da sie die volle Wirkung des Verstärkers nicht gestatteten, und
entstehende Mikrophongeräusche den aufgenommenen Schall störten. Störungsfrei
arbeiteten die Telephonempfänger und gestatteten weitgehendste Verstärkung bis zu 8
bis 10 m/sek. Windstärken. Die Reichweite der Apparate war geringer am Strand als an
Land, wo reflektierende Flächen wirkten, die dort fehlten. Das unbewaffnete Ohr
konnte, je nach der Entfernung, ein Seeflugzeug auf 400–4000 m feststellen und die
höheren Töne des Flugzeugschalles traten mehr hervor als die tieferen. Diese Töne
nahmen die Telephonempfänger gut auf und wurden auch nach der Verstärkung, durch den
Kopffernhörer charakteristisch erkennbar wiedergegeben. Die höheren Töne vernahm man
wesentlich lauter als die tieferen, wenn das Flugzeug nur wenig entfernt und das
brummende Motorgeräusch deutlich hervortrat. Der Flugzeugschall wurde demnach nicht
naturgetreu, sondern verzerrt, aber doch charakteristisch erkennbar wiedergegeben.
Die Reichweite des Apparates mit Telephonempfänger war der des unbewaffneten
menschlichen Ohres gleich und lag im allgemeinen innerhalb der oben angegebenen
Grenzen.
Dr. Bl.
Apparat zur Umformung von Wasserschall in Luftschall und
umgekehrt. Treffen Schallwellen auf die Grenzschicht zweier Medien, so
tritt im allgemeinen nur ein Teil der Schallenergie aus dem ersten in das zweite
Medium über, der Rest wird reflektiert. Dabei ist das Verhältnis der übergehenden
Schallenergie zu der auf die Trennungsfläche auffallenden abhängig von den
physikalischen Eigenschaften der beiden Medien und dafür entscheidend das Produkt
aus Fortpflanzungsgeschwindigkeit und Dichte, genannt der Ausbreitungs- oder
Wellenwiderstand der ebenen Welle. Die Wellenwiderstände für Luft und Wasser sind 1
: 3600, und es können im günstigsten. Falle nur l ‰ der Schallenergie aus dem einen
in das andere Medium übertreten.
Nun erfordert die Unterwasserschalltechnik Empfänger, die auf direktem Wege ohne
elektrische Einrichtung (Mikrophone, Telephone u. ä.) den Schall aus dem Wasser in
die Luft übertragen sollen, also Apparate mit nennenswertem Wirkungsgrad. Zum Bau
solcher geben in Nr. 3 der Ztschr. f. techn. Physik 1923 auf S. 93–99 W. Hahnemann,
H. Hecht und H. Lichte ihre Versuche an, die zu einem Apparat zur Umformung von
Wasser- in Luftschall und umgekehrt führten, Nach ihrer Beschreibung genügte dazu
ein Metallrohr von einigen Zentimetern Durchmesser, das an dem einen Ende durch eine
Membran abgeschlossen ist und sich in dem Schallfelde des Wassers befindet. Das
andere Ende des beliebig langen Rohres läge an dem Ohr des Beobachters. Aber die als
Schallantenne wirkende Membran stößt auf der einen Seite an das schallharte Wasser,
auf der anderen an die schallweiche Luft, also hier geringen, dort großen
Widerstand. Für die Membran ließen sich aber auf beiden Seiten gleiche Verhältnisse,
also gleiche Widerstände schaffen, wenn in dem zum Ohre führenden Verbindungsrohr
ein dicht schließender, beweglicher Kolben angebracht wäre. Dieser ließe sich unter
Ausgleich des statischen Druckes allmählich immer mehr der Membran nähern und
dadurch die Abstimmung der Membran auf die Schallschwingung im Wasser erhöhen.
Es ergab sich schließlich ein System aus zwei miteinander gekoppelten Gebilden,
einer Membran und einem Tonraum. Dessen beide Teilräume wurden durch das Luftvolumen
zwischen Membran und Kolben einerseits und das anschließende Leitungsrohr
andererseits gebildet, wobei ein Verbindungsloch im Kolben die Schwingungsöffnung
darstellt. Die Membran ist das schallaufnehmende Gebilde und entspricht dem
Antennen- oder Primärkreis der Funkentelegraphie, das Tonraumgebilde aber dem
Detektor- oder Sekundärkreis und liefert die Nutzenergie. Dämpfung, Abstimmung und
Kopplung von Membran und Tonraum lassen sich so wählen, daß ein nennenswerter
Energieentzug möglich ist. Da die beiden Teilräume des Tonraumes von verschiedener
Größe sind, so wirkt der Tonraum praktisch fast wie ein Helmholtzscher Resonator.
Ein solcher einfacher Empfänger besteht aus der Membran und dem Helmholtzschen
Resonator, empfängt seine Schallenergie aus dem freien Medium Wasser und gibt sie an
das freie Medium Luft ab. Solche Empfänger lassen sich für technische Anwendungen
bis zu 20 % Wirkungsgrad bauen, und so ist in ziemlich befriedigender Weise die
Aufgabe der direkten Uebertragung des Schalles von Wasser nach Luft gelöst.
Dr. Bl.