Titel: | Polytechnische und Zeitschriften-Schau. |
Autor: | W. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 80 |
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Polytechnische und
Zeitschriften-Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische und Zeitschriften-Schau.
Wärmekraftmaschinen und Brennstoffe.
Synthetische Herstellung von Benzin. Die Benzinausbeute
aus dem gewonnenen Erdöl verringert sich immer mehr. Deshalb ist man besonders in
Amerika bestrebt, durch das sogenannte Crackingverfahren auf künstlichem Wege Benzin
herzustellen. Dieses Verfahren arbeitet aber nicht sehr wirtschaftlich. Bei uns wird
nun versucht, Braunkohlenteer für die synthetische Herstellung des Benzins zu
verwenden. Der Braunkohlenteer wird dabei in Gegenwart von Wasserstoff bei hohem
Druck erhitzt, wobei der Wasserstoff sich dem im Braunkohlenteer enthaltenen
Kohlenwasserstoffen chemisch angliedert. Auf diese Weise wird Benzin als leichter
Kohlenwasserstoff gewonnen. Die Bedeutung dieses Verfahrens beruht nicht allein
darauf, daß es einen einheitlich zusammengesetzten Brennstoff liefert, im Gegensatz
zu den bekannten Erdöldestillaten, bei Jenen alle zwischen zwei bestimmten
Temperaturen überdestillierende Kohlenwasserstoffe als Benzin bezeichnet werden,
sondern auch darauf, daß man aus Braunkohlenteer außer Benzin auch andere leichte
Kohlenwasserstoffe, z.B. Leuchtöl herstellen kann.
Neue Verbrennungskraftmaschine. Wie die Zeitschrift
Mechanical Engineering, Dezember 1919, mitteilt, ist der neue Hvid-Motor, der mit
schweren Brennstoffen betrieben werden kann, hauptsächlich für landwirtschaftliche
Zwecke bestimmt. In seiner Wirkungsweise entspricht er dem bekannten Brons-Motor. Er
kann ohne Hilfsbrennstoff angelassen werden und verdichtet die angesaugte Luft auf
30 at, wodurch eine Verdichtungstemperatur von 450 bis 550° C entsteht. Der
Brennstoff wird durch ein gesteuertes Ventil mit geringem Luftzusatz in den Zylinder
eingeführt und sammelt sich auf einer unter der Ventilöffnung hängenden offenen
Pfanne. Bei 76 mm Zylinderbohrung und 114 mm Hub ist die Maschinenleistung etwa 1,5
PS bei 1100 Uml/min. Der Brennstoffverbrauch soll bei Petroleumbetrieb und
Normalleistung nur etwa 195 gr/PS-st betragen und auch bei Ueberlastung auf 3 PS
nicht über 210 gr/PS-st zunehmen.
W.
Brennstoffvergasung.
Vorbehandlung von backender Kohle für die Gewinnung des
Stickstoffes nach dem Mondgasverfahren. Versuche im großen Maßstabe haben
gezeigt, daß die weitaus meisten deutschen Kohlenarten, besonders die Ruhrkohlen mit
wenigen Ausnahmen, zur Vergasung in den bekannten Mondgasgeneratoren ungeeignet
sind. Besonders die stickstoffreiche Kohle ergibt den schwierigsten Betrieb und die
verhältnismäßig schlechteste Ausbeute an Ammoniak. Es ist dieses auf die große
Backfähigkeit der Kohle zurückzuführen. Der im Generator zuletzt aufgegebene
Brennstoff bildet eine hohe Schicht teigiger, für das Gas völlig undurchlässiger
Masse. Das Gas bricht sich infolgedessen Bahn unter Bildung breiter Spalten und
Löcher, deren Wände und Ränder eine hohe Temperatur haben, bei welcher sich das etwa
gebildete Ammoniak zum großen Teil wieder zersetzt. Versuche, der Spaltbildung durch
vermehrte Stocharbeit entgegenzutreten, haben sich als aussichtslos erwiesen.
Es ist deshalb zweckmäßig, die Kohle vor ihrer Vergasung so weit von ihren das Backen
hervorrufenden Bestandteilen zu befreien, daß ein störendes Backen nicht mehr
auftritt. Bei einem Verfahren von Ehrhardt & Sehmer, G. m. b. H., in Saarbrücken wird nach dem D. R.
P. Nr. 301602 die Teeraustreibung durch langsames Erwärmen bis auf etwa 450° C
erreicht. Eine bis auf diese Temperatur geschwelte Kohle hat ihre Backfähigkeit
ganz oder zum größten Teil verloren. Die genaue Höhe der Endtemperatur ist
naturgemäß je nach der Herkunft der Kohle verschieden. Eine höhere Temperatur ist im
allgemeinen unzweckmäßig, es sei denn, daß auf die Gewinnung des ganzen Teergehaltes
und sonstige Entgasungserzeugnisse Wert gelegt wird. Die bei Schweltemperaturen bis
zu 450° ausgeschiedenen Stickstoffmengen sind ganz unwesentlich, erst bei einer
Temperatur von etwa 500° beginnt die Ammoniakbildung in höherem Maße. Man bekommt
also einerseits stickstofffreie Schwelerzeugnisse und erspart bei ihrer getrennten
Abführung die Behandlung auf Ammoniakgewinnung; anderseits wird durch die
Austreibung des Stickstoffes im Generatorschacht statt in der Retorte infolge des
dort vorhandenen Wasserdampfes die Ammoniakbildung günstig beeinflußt.
Es wurde schon vorgeschlagen, bei Mondgaserzeugern in dem Beschickungsschacht eine
teilweise Entgasung des Brennstoffes herbeizuführen. Dieses geschah jedoch im
wesentlichen zum Zwecke der Teerzersetzung, indem die Schweldämpfe durch die
glühende Brennstoffschicht geleitet wurden. Die Teeraustreibung ging nicht so weit,
daß durch sie ein Backen vermieden wurde, auf dieses sollte vielmehr durch einen
besonders hohen Dampfzusatz eingewirkt werden. Erfahrungen im Betriebe haben aber
gezeigt, daß bei den meisten deutschen Steinkohlen und dem für die Ammoniakausbeute
günstigsten Dampfzusatz ein störendes Backen stets eintritt, und daß eine weitere
Steigerung des Dampfzusatzes unwirtschaftlich ist. Die für das hier beschriebene
Verfahren erforderliche teilweise Entgasung der Kohle kann in beliebiger Weise mit
oder ohne besondere Feuerung vorgenommen werden. Der wirtschaftliche Betrieb wird
sich im allgemeinen ergeben, wenn die Entgasung in bekannter Weise innerhalb oder in
unmittelbarer Nähe des Gaserzeugers in Retorten und durch die fühlbare Wärme der
heißen Klargase erfolgt.
W.
Flugmotoren.
Ueberbemessung, Vor- und Ueberverdichtung bei Flugmotoren.
Bekanntlich wird in größerer Höhe die Leistung der Flugmotoren erheblich kleiner, da
sie in Luft von geringerer Dichte arbeiten. Es sinkt das Gewicht des beim Saughube
in den Zylinder eintretenden Sauerstoffes, und dieser ist nicht mehr imstande,
dieselbe Menge des Betriebsmittels zu verbrennen wie in Bodennähe. Diese
unerwünschte, Erscheinung wird dadurch verstärkt, daß die Saugwirkung, welche die
einströmende Luft auf den Brennstoff im Vergaser ausübt, nicht in dem gleichen Maße
wie ihre Dichtigkeit abnimmt, denn der Rauminhalt und mit ihm die Geschwindigkeit
der angesaugten Luft bleibt nahezu unverändert. Die Folge davon ist, daß sich ein
überreiches Gas-Luftgemisch bildet und der thermische Wirkungsgrad des Motors
geringer wird. Man kann den Einfluß der Flughöhe auf das Mischungsverhältnis
vermindern, indem man die Oeffnung der Vergaserdüse oder die dort wirksame Druckhöhe
ändert, beispielsweise den Druck im Schwimmergehäuse von dem Druck im Ansaugrohre
abhängig macht. Auch setzt man dem bereits fertigen Gemische noch etwas Luft zu, die
hinter dem Mischraume in die Saugleitung tritt. Es läßt sich jedoch hierdurch nur
erreichen, daß der Leistungsabfall nicht allzuschnell vor sich geht, sondern etwa
verhältnisgleich der Verdünnung der Luft fortschreitet. Will man ihn in noch
weitergehendem Maße vermeiden, so empfiehlt es sich, die Verdichtung des Gemisches
zu
steigern. Zu dieser Maßnahme darf man aber nur in größerer Höhe schreiten. In
Bodennähe tritt bei Motoren mit Ueberverdichtung die Gefahr der Selbstzündung auf.
Um sie zu vermeiden, muß dort die Luftzufuhr gedrosselt werden. Bei weiterer
Vergrößerung der Flughöhe reicht die stärkere Kompression nicht aus, um einen
Leistungsabfall zu verhindern, da sich das zu ebener Erde übliche
Verdichtungsverhältnis von 4,8 nur bis etwa 6,6 steigern läßt. Wirksamer ist daher
die Vorverdichtung der Verbrennungsluft in Kreiselgebläsen. Durch eine derartige
Einrichtung läßt sich erreichen, daß der Motor in den verschiedensten Höhenlagen
Luft von unverändertem Druck erhält. Eine mit der Ueberverdichtung oft vereinigte
Maßnahme ist die Ueberbemessung des Zylinders. Dieser bekommt größere Ausmaße als
den Triebwerksteilen entspricht. Hierdurch wird die Gefahr hervorgerufen, daß zu
ebener Erde die Leistung der Maschine zu stark für das Getriebe wird. Man muß also
wiederum in geringen Höhen abdrosseln. Weniger schädlich als die zu starke
Anreicherung des Gemisches mit Brennstoff ist der ungünstige Einfluß, den die
niedrige Lufttemperatur bei Hochflügen auf die Gemischbildung ausübt. Jedenfalls
empfiehlt sich reichliche Vorwärmung der angesaugten Luft. Nicht unerwähnt möge es
bleiben, daß auch der mechanische Wirkungsgrad eines wenig anpassungsfähigen Motors
in großer Höhe sinkt. Die Drehzahl wird dort nämlich trotz der Abnahme der bei einem
Hube geleisteten Arbeit nicht geringer infolge des kleineren Widerstandes am
Propeller. Infolgedessen bleibt die Leerlaufleistung bei Verminderung der
Gesamtleistung gleich, so daß die erwähnte Folge für den mechanischen Wirkungsgrad
eintritt.
Schmolke.
Gastechnik.
Braunkohlenteer aus Gasgeneratoren. F. Schulz und V. Kabelac
berichten über eingehende Untersuchungen der Zusammensetzung des Generatorteers aus
verschiedenen Sorten böhmischer Braunkohle. Die drei untersuchten Teere entstammten
1. einem Mondgasgenerator, 2. einem Kerpely-Generator, 3. einem gewöhnlichen
Treppenrostgenerator und hatten folgende Zusammensetzung:
1.
2.
3.
Dichte bei 20° C
1,054
1,035
1,048
Dichte bei 35° C
1,047
1,018
1,038
Stockpunkt
+ 33°
+ 34°
+ 31°
Flammpunkt (offener Tiegel)
122°
133°
132°
Zündpunkt (offener Tiegel)
144°
159°
153°
Viskosität (Englergrade) bei 50° C
28
35
44,5
Viskosität (Englergrade) bei 100° C
2,0
2,2
2,5
Kohlenstoff v. H.
80,2
81,5
83,1
Wasserstoff „ „
8,9
8,6
8,9
Sauerstoff „ „
9,1
8,1
6,6
Schwefel „ „
0,9
0,8
0,5
Stickstoff „ „
0,3
0,5
0,5
Asche „ „
0,6
0,5
0,4
Oberer Heizwert WE
9143
9450
9117
Unterer Heizwert „
8664
8986
8636
Die Teere zeigen also trotz verschiedener Kohlensorten und verschiedenartiger
Generatoren in ihrer Zusammensetzung keine großen Abweichungen. Der Teer aus dem
Mondgasgenerator enthält über 30 v. H. Wasser, der aus den beiden anderen
Generatoren dagegen unter 10 v. H. Wasser, dessen Hauptmenge im Laboratorium durch
wiederholtes Erwärmen auf 90° und nachfolgendes Abkühlen bis zur Erstarrung
abgeschieden werden kann. Das Wasser enthält Phenole und Schwefelwasserstoff und
kann daher nicht in öffentliche Gewässer abgelassen werden. Beim Versetzen des Teers
mit dem vierzigfachen Volumen Normalbenzin wurden bei Teer 1 49,3 v. H., bei Teer 2
35,1 v. H. und bei Teer 3 sogar 53,8 v. H. asphaltartige Stoffe ausgeschieden,
von denen die Hauptmenge in heißem Benzol, der Rest in heißem Chloroform löslich
waren. Die Teere ließen sich mit Mineralölen nicht verdünnen, denn auch beim
Vermischen mit Petroleum und Gasöl enstand eine asphaltartige Schmiere. Dagegen
lösten sich die Teere vollständig in heißem Alkohol und auch in leichtem Benzin,
wenn die Extraktion mehrmals wiederholt wurde. Der Paraffingehalt bei 0° nach der.
Methode von Holde wurde zu 3,1 bis 6,8 v. H.
ermittelt.
Die Destillation der Teere lieferte folgendes Ergebnis: Der Siedebeginn liegt
zwischen 215 und 225°, bis 290° gehen etwa 30 v. H. farbloses Oel über, das sich
rasch bräunt. Im Kolben bleibt hartes Pech vom Schmelzpunkt 80° zurück, das bei
weiterem Erhitzen auf 400° (im Pech gemessen) zersetzt wird; dabei erhält man neben
paraffinhaltigem Oel etwa 20 v. H. Koks. Das Kracköl von Teer 1 hatte einen
Stockpunkt von 11°, einen Flammpunkt von 81° und eine Viskosität von weniger als
vier Englergraden; es enthielt 3,9 v. H. Paraffin vom Schmelzpunkt 52°.
Das bei der ersten Destillation bis 290° übergehende Vorlauföl hatte einen
unangenehmen Geruch, es enthielt neben geringen Mengen organischer Säuren Phenole,
Stickstoffbasen, ungesättigte, gesättigte sowie aromatische Kohlenwasserstoffe. Bei
nochmaliger Destillation gingen von 185 bis 250° 39 y. H., bis 290° weitere 37 v. H.
des Oeles über, während 22 v. H. Rückstand blieben. Die Fraktionen bräunten sich
allmählich und nahmen beim Schütteln mit verdünnter Natronlauge stark Sauerstoff
auf, wobei sich die Lauge erst blutrot, dann braun und schließlich schwarz färbte.
Beim Schütteln des Oeles mit konz. Schwefelsäure wurden 62 v. H., beim Schütteln mit
verdünnter Natronlauge 36 v. H. des Oeles gelöst. Die Phenole sind zum Teil in
heißem Wasser löslich, bei einer zweiten Extraktion des Oeles mit stärkerer
Natronlauge gingen weitere Mengen Phenole in Lösung, wobei wiederum Sauerstoff
aufgenommen wurde. Danach wurden die Stickstoffbasen mit verdünnter Schwefelsäure
ausgeschüttelt, sie bildeten ein schwarzes Oel von pyridinartigem Geruch. Das von
Phenolen und Basen befreite Oel enthalt viel ungesättigte Kohlenwasserstoffe und
reagiert infolgedessen sehr stark mit konz. Schwefelsäure. Eine Raffination war
daher nur mit einer Säure von weniger als 80 v. H. Gehalt möglich. Die
Gesamtausbeute bei der Raffination betrug 38,4 v. H. Rohphenole, 33,7 v. H. Gelböl
(spez. Gewicht 0,908), 14,5 v. H. Gasöl, 2 v. H. Stickstoffbasen, 1,7 v. H. Grünöl,
1,3 v. H. Säuregoudron und 7,4 v. H. Verlust. Ueber die Zusammensetzung der Phenole
machen Verfasser noch weitere interessante Angaben, auf die hier nur verwiesen sei.
(Chem. Zentralbl. 1919, II, S. 26 bis 30).
Sander.
Schiffsmaschinenbau.
Schiffsturbinen mit Zahnrad-Vorgelege. (Marine Geared
Turbines.) Walker, R. Proceedgs North-East Coast Inst. of
Engineers 1919, 19. Dez. (Entwicklungs-Uebersicht der Anwendung von Zahnrad-Turbinen
auf Kriegs- und Handelsschiffe.)
D.
Norwegischer Motorschiffbau. In Norwegen ist man von den
Vorteilen des Motorschiffes für Handelsschiffahrt so überzeugt, daß man die Absicht
hat, nur noch solche Schiffe zu bauen. Die Aufträge auf Motorschiffe haben sich so
vermehrt, daß die Motoren nicht rechtzeitig geliefert werden können. In Norwegen
kommt nur eine Schiffswerft für den Bau von Motorschiffen in Betracht, die jedoch
mit großen Schwierigkeiten in der Materialbeschaffung zu kämpfen hat. Die
norwegischen Reeder sind daher gezwungen, ihre Aufträge in anderen
Ländern zu vergeben. So werden zurzeit für norwegische Rechnung in Dänemark 10
und in Holland 13 Motorschiffe gebaut. Für die in Holland hergestellten Schiffe
liefert die Motorenfabrik Werkspoor in Amsterdam
sechszylindrige Viertaktmaschinen. Die Schiffe haben 6000 bis 10000 t
Wasserverdrängung. Zehn davon werden als Doppelschraubenschiffe gebaut mit 3000 bis
4200 PSi. Damit ergeben sich Fahrgeschwindigkeiten
von 12½ bis 13 Knoten. Die in Dänemark in Bau befindlichen Schiffe erhalten Motoren
der Firma Burmeister & Wain in Kopenhagen.
Motorschiff Mississippi. Es ist eines der ersten
Motorschiffe, welche auf einer englischen Werft erbaut wurden. Eine fünfjährige
Betriebserfahrung mit diesem Schiff zeigt, daß der Brennstoffverbrauch nicht mit der
Zeit zunimmt, wie dies bei Dampfschiffen der Fall ist. Außerdem arbeiten die
Hauptmaschinen nach fünfjähriger Betriebsdauer besser als am Anfange. Das
Motorschiff „Mississippi“ besitzt zwei Hauptmaschinen mit einer
Gesamtleistung von 3600 PSi. Die
Sechszylindermaschinen haben 670 mm ⌀ und 1000 mm Hub. Die minutliche Drehzahl
beträgt 115. Das für Fahrten zwischen London und Baltimore bestimmte Schiff ist im
Besitze der Atlantic Transport Co.
Die fünfjährigen Betriebserfahrungen führten zu verschiedenen Verbesserungen der
Maschinenanlage. Die Kolben der Hauptmaschinen wurden ursprünglich mit Oel gekühlt,
wie dies auch bei dem Motorschiff „Selandia“ und zwei anderen Motorschiffen
der Fall war. Diese Kühlungsart arbeitete betriebsicher, war aber auf die Dauer zu
kostspielig. Man ging daher zur Wasserkühlung über. Das hierzu notwendige
Frischwasser wurde einem besonderen Tank entnommen und zur Rückkühlung wieder n
diesen zurückgeleitet.
Zum Antrieb der Hilfsmaschinen waren anfangs zwei Vierzylinder-Dieselmaschinen
vorgesehen. Die Leistung jeder Maschine betrug 320 PSi. Jede Dieselmaschine war mit einer Dynamomaschine und zugleich mit einem
zweistufigen Luftkompressor gekuppelt. Zur Erzeugung der hochgespannten
Einspritzluft war an den Hauptmaschinen nur ein einstufiger Hochdruckkompressor
angeordnet. Es hat sich aber gezeigt, daß die Hilfsmaschinenanlage zu klein bemessen
war. Deshalb wurden die Hilfskompressoranlagen von den beiden Dieselmaschinen
getrennt und durch zwei weitere Dieselmaschinen angetrieben von je 200 PSi Leistung. Die Drehzahl der beiden neuen
Vierzylindermaschinen ist 230 i. d. Min., während die beiden älteren
Dieselmaschinen mit 200 Umdr. i. d. Min. arbeiten.
Für alle sonstigen Hilfsmaschinen wird beim Motorschiff „Mississippi“ zum
Antrieb elektrischer Strom verwendet. Elektrischer Strom dient auch zum Kochen und
Heizen. Auch die Kühlwasserpumpen der Hauptmaschinen werden elektrisch angetrieben.
Diese Anordnung hat aber den Nachteil, daß bei Störungen in der Stromversorgung die
Hauptmaschinen stillgesetzt werden müssen, wie dies wiederholt der Fall war. Während
der Fahrt oder im Hafen ist aber stets nur eine Dieselmaschine im Betrieb, so daß
die zweite Dieseldynamo bei Störungen möglichst bald Strom liefern kann.
Die wirtschaftliche Ueberlegenheit der Motorschiffe gegenüber Dampfschiffen kommt
besonders bei langen Seereisen zum Ausdruck. Trotzdem hat sich gezeigt, daß auch bei
der kurzen Fahrt zwischen London und Baltimore das Motorschiff „Mississippi“
seinem Schwesterschiff dem Dampfer „Missouri“ wirtschaftlich überlegen ist.
Auch die „Missouri“ ist für Fahrten zwischen London und Baltimore
bestimmt.
MotorschiffMississippi
DampferMissouri
Länge
370 Fuß
370 Fuß
Breite
50 „
50 „
Tiefgang
31 „
31 „
Ladefähigkeit
6500 t
6150 t
Täglicher Brennstoffverbrauch
11 „
40 „
Heizer und Maschinisten
15
42
Brennstoffkosten
(Oel 4 £, Kohle 2 £ die Tonne)
44 £
80 £
Die Ladefähigkeit des Motorschiffes ist also um 350 t größer als die des
Dampfschiffes mit den gleichen Abmessungen, obwohl die Tankanlagen beim Motorschiff
so groß bemessen sind, um Treiböl für die Reise Baltimore bis London und zurück
aufnehmen zu können. Trotzdem das Motorschiff eine größere Anzahl gut ausgebildeter
Maschinisten verlangt als das Dampfschiff, so werden doch bei dem geringeren
Personal wöchentlich 50 £ an Löhnen gespart. Die Ersparnisse beim Motorschiff sind
somit jährlich 2500 £ an Lohn für Maschinisten, 6500 £ Brennstoff kosten und 7000 £
jährlicher Mehrverdienst durch die größere Ladefähigkeit. Somit ergibt sich ein
jährlicher Gesamtüberschuß gegenüber dem Dampfschiff von 16000 £. Diese Summe stellt
ungefähr 10 v. H, der Baukosten des Motorschiffes dar. (The Motor Ship and Motor
Boat 1919, S. 59 bis 60.)
W.