Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 286 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Fabrikorganisation und Werkstattstechnik.
Umstellung auf Friedensindustrie. Das Reichswerk in
Spandau hat ein mit Preisen von 10000, 5000, 3000 und 2000 M ausgestattetes
Preisausschreiben erlassen für vollständig durchgearbeitete Vorschläge für die
Aufnahme neuer Fertigungsgebiete.
Arbeitsverhältnisse im Kohlenbergbau. Auf der
Hauptversammlung der Harpener Bergbau A.-G. in
Dortmund machte der Generaldirektor, Bergrat Klein, sehr interessante Mitteilungen
über die Arbeitsverhältnisse im Bergbau. Im November 1918 begann ein besonders
starker Rückgang in der Förderleistung, der bis zum April 1919 andauerte. Der große
Streik im April brachte bei der Harpener Gesellschaft einen Ausfall an Förderung von
227000 t, er bedeutete für die Arbeiterschaft einen Lohnausfall von rund 5 Mill. M,
für die Gesellschaft einen Betriebsverlust in ungefähr der gleichen Höhe. Nach der Beilegung des
Streikes ist allmählich eine geringe Besserung eingetreten. Im September hat die
Förderleistung ungefähr 75 v. H. des letzten Friedensjahres betragen. Der
Durchschnitt der Arbeiterlöhne ist gegenüber dem letzten Friedensjahre um mehr als
350 v. H. gestiegen, der Lohnaufwand für die geförderte Tonne ist von 6,18 M auf
über 30 M im September gestiegen. Es ist besonders interessant, daß die Erhöhung der
eigentlichen Betriebs- und Materialkosten in fast genau dem gleichen Verhältnis
geblieben ist; sie betragen nach wie vor rund 50 v. H. des Lohnaufwandes. Dagegen
sind die gesetzlichen Aufwendungen für Steuern und soziale Versicherung, sowie die
freiwilligen Aufwendungen ganz erheblich gestiegen. Sie haben im letzten
Friedensjahre 11,9 v. H., im abgelaufenen Geschäftsjahre dagegen 26,7 v. H.
betragen.
Stahlhalter. Die massiven Arbeitsstähle für Drehbänke,
Hobel- und Stoßmaschinen, die in der Werkstatt verwendet werden, erfordern bei den
heutigen hohen Materialpreisen eine sehr erhebliche Kapitalanlage, die zum großen
Teil unbenutzt daliegt. Nach Feststellungen, die in dem „Praktischen
Maschinen-Konstrukteur“ (1919, Heft 41) veröffentlicht werden, hatten bei
einer Stichprobe in einer Werkstatt die verschiedenen Drehstähle eines einzigen
Drehers Gewichte bis zu 75 kg. Da der gewöhnliche Werkzeugstahl heute etwa 3 M/kg,
Schnelldrehstahl etwa 30 M/kg kostet, sind also in diesen Stählen ganz erhebliche
Summen festgelegt. Man ist daher mehr als früher heute dazu übergegangen,
Stahlhalter zu verwenden, in welche kurze Arbeitsstähle von geringem Querschnitt
eingesetzt werden, die zunächst einfach infolge ihrer Abmessungen ein geringeres
Materialgewicht beanspruchen und außerdem in bedeutend geringerer Zahl erforderlich
sind, weil sie in die Stahlhalter in jeweils entsprechender Weise eingesetzt werden
können. Auch ist die Herstellung dieser kleinen Einsatzstähle sehr viel einfacher,
da eine Formschmiedearbeit fortfällt und im wesentlichen nur Schleifarbeit
erforderlich ist. An Stahlhaltern sind im allgemeinen für jede Maschine nur drei
erforderlich, nämlich ein gerader, ein rechts- und ein linksgekröpfter.
Voraussetzung für eine zweckentsprechende Verwendung von Stahlhaltern ist freilich
eine durchaus sichere und erschütterungsfreie Befestigung des Einsatzstahles in dem
Halter, weil sonst leicht Erzitterungsmarken und andere Ungenauigkeiten bei dem
Werkstück auftreten; indessen kann diese Forderung bei modernen Stahlhaltern als
gelöst betrachtet werden.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Rechenschieber zum Einstellen der Werkzeugmaschine auf höchste
Leistung. Um die höchste Spanleistung aus einer Werkzeugmaschine
herauszuholen, gilt es, die Schnittgeschwindigkeit nicht nur dem Arbeitstoffe,
sondern auch der Spandicke und dem Vorschub anzupassen. Es gibt für jede Bank einen
wirtschaftlichsten Spanquerschnitt. Wird dieser zu gering bemessen, so wird die Bank
nicht voll ausgenutzt, bei zu großem Spanquerschnitte wird die Bank überlastet und
erleidet unzulässige Abnutzungen. Das merkt zwar der Arbeiter am Geräusche seiner
Maschine und mit dem Gefühl, er weiß aber nicht, wenn die Maschine ruhig läuft, ob
sie wirklich bis zur vollen Leistungsfähigkeit belastet ist. Zu hohe
Schnittgeschwindigkeiten bewirken ein rasches Stumpfwerden der Schneide. Zur
richtigen Bestimmung der die Spanleistung beeinflussenden Größen:
Schnittgeschwindigkeit, Spantiefe und Vorschub für verschiedene Metalle hat Willy
Hippler, Betriebsoberingenieur in Düsseldorf, einen
Rechenschieber gebaut, dessen Anwendung an einigen Beispielen in den untengenannten
Aufsätzen besprochen wild. (Werkzeugmaschine 1919, Heft 26 und Uhlands
deutscher Werkzeugmaschinenbau 1919, Heft 13.)
Einiges über Flächenschliff. Unter diesem Titel
veröffentlicht Emil Zopf eine Beschreibung der bekannten
Flächenschleifmaschine der Diskuswerke in Frankfurt a. M.
Die Maschine eignet sich wegen der in dem Schleifscheibenbelag befindlichen
zickzackförmigen Rillen besonders zur Abnahme großer Spanmengen. Interessant ist in
dem Aufsatze die Messung des Luft-Unter- und Ueberdruckes an den gegenüberliegenden
Rändern der Schleifscheibe mit und ohne Schutzhaube. Der Unterschied im Luftdruck
entsteht in ähnlicher Weise wie beim Zentrifugalgebläse infolge der hohen
Geschwindigkeit der Schleifscheibe durch die Schleuderkraft der in den eben
erwähnten Rillen befindlichen Luft. An einer Maschine mit einer Scheibe von 500 mm
wurden bis 30 mm Wassersäule Ueberdruck an der einen Außenseite, bis 25 mm
Wassersäule Unterdruck auf der anderen Außenseite der Scheibe gemessen. Bei einer
Schleifscheibe von 700 mm ergaben sich 27 und 19 mm Wassersäule Ueber- und
Unterdruck. Dieser beachtenswerte Druckunterschied bewirkt einen kräftigen
Luftumlauf in den Rillen von innen nach außen, dadurch eine gewisse Kühlung des
Werkstückes und ein genügendes Fortspülen der Schleifspäne. (Werkzeugmaschine 1919,
Heft 27.)
Nietlose Verbindungen eignen sich in vielen Fällen zur
Verbindung von Blechen, Stangen usw. bei kleinen Massenartikeln, wenn die
vorstehenden Nietköpfe stören würden und die Anforderung an die Festigkeit der
Verbindung nicht zu hoch gestellt wird. Abb. 1–4 zeigen einige Beispiele, die ohne weitere Erklärung
verständlich sein dürften. (Werkstattstechnik 1919, Heft 14).
Textabbildung Bd. 334, S. 287
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 334, S. 287
Abb. 2.
Textabbildung Bd. 334, S. 287
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 334, S. 287
Abb. 4.
Beleuchtung von Drehbänken und Automaten. Mittel zur
Erzeugung guter Arbeit sind gute Arbeitskräfte, gute Maschinen und gute Beleuchtung.
Dieser wird in Deutschland noch nicht die gebührende Bedeutung zugemessen. Bei der
Bestimmung der Beleuchtungsstärke wird es praktisch eine Grenze geben, bei der eine
weitere Steigerung der Beleuchtungsintensität keine nennenswerte Steigerung der
Erzeugung mehr erzielt. Die Feststellung dieser Grenze ist wichtig, um einen
günstigen Wirkungsgrad der Beleuchtungsanlage zu gewährleisten. In Chikago hat man
Messungen der Beleuchtungsstärken in größerem Maßstabe durchgeführt und Steigerungen
der Gesamterzeugung einer Maschinenfabrik durch richtige Ausnützung und Verteilung
der Beleuchtung von 8 bis 27 v. H., in einem anderen Werke von 30 bis 100 v. H.
feststellen können. In anderen Werken schätzte man die Mehrerzeugung auf mindestens
15 v. H. Die Mehrausgaben für Beleuchtung betrugen in keinem Falle mehr als 5 v.
H.
Die zweckmäßigste Beleuchtung ist diejenige, welche eine ausreichende
Schattenwirkung hervorruft, und so das Werkstück und seine Umgebung mit der nötigen
Körperlichkeit erkennen läßt. Störende Spiegelung und zu scharfe Schatten sind zu
vermeiden. Dazu eignet sich zerstreutes Licht von einer geringen Flächenhelle, wie
sie durch mattierte Glühbirnen, opalüberfangene Glocken und richtig gewählte
Reflektoren erzielt wird. Die Beleuchtung darf sich nicht nur auf das eigentliche
Werkstück und Werkzeug beschränken, sondern muß auch die zur Bedienung der Maschinen
nötigen Griffe und Hebel mit genügender Deutlichkeit erkennen lassen. Die
Beleuchtungsintensität muß mit der Feinheit und Genauigkeit der verlangten Arbeit
steigen und auch um so größer sein, je dunkler die Farbe des Gegenstandes ist.
Hartgummi z.B. erfordert eine stärkere Beleuchtung als Aluminium oder Zink.
In einer Werkstatt mit einer größeren Anzahl von Drehbänken und Automaten wird man
eine allgemeine Beleuchtung verwenden, die durch richtigen Abstand und Höhe der
Beleuchtungskörper störende Schatten von Transmissionen und Riemen vermeidet. Am
besten scheint sich die halbindirekte Beleuchtung für diese Zwecke zu eignen. Bei
Einzelplatzbeleuchtung muß die Glühlampe so in dem Reflektor sitzen, daß der
Arbeiter nicht unmittelbar in die Lampe selbst zu sehen braucht und geblendet wird.
Betriebe mit Einzelbeleuchtung dürfen daneben die Allgemeinbeleuchtung nicht
vernachlässigen, wenn diese dann auch schwächer sein darf. Die Allgemeinbeleuchtung
soll die starken Schatten der Einzelbeleuchtung aufhellen. Die regelmäßige Reinigung
der Beleuchtungskörper und die dauernde Instandhaltung der Anlage ist
selbstverständlich notwendig, um den guten Wirkungsgrad der Anlage zu erhalten.
(Werkzeugmaschine 1919, Heft 20.)
Preger.
Wärmekraftmaschinen und Brennstoffe.
Der „Liberty“-Brennstoff. Im amerikanischen Heere
ist für Kraftwagen und andere Motoren ein als besonders gut gerühmter Brennstoff
verwendet worden, über dessen Zusammensetzung bisher genaues nicht bekannt war. Man
nahm bisher an, daß es sich um ein Gemisch von Benzin, Benzol und etwas Petroleum
handelt, wobei vielleicht in dem Benzol noch geringe Mengen Naphthalin gelöst wären.
Das amerikanische Bureau of Standards hat jetzt einen amtlichen Bericht über
Versuche und Erfahrungen mit diesem „Liberty“-Brennstoff veröffentlicht, in
dem gesagt wird, daß er aus Stoffen, die in den Vereinigten Staaten reichlich
vorhanden sind, durch ein Destillationsverfahren gewonnen wird. Der Brennstoff ist
nahezu färb-, geruch- und geschmacklos, sein spezifisches Gewicht läßt sich
innerhalb der Grenze von 0,73 bis 0,83 beliebig ändern, die Verdampfbarkeit ist
günstig, Motoren springen ohne besondere Vorkehrungen leichter an, als mit den
gegenwärtig verfügbaren Benzinsorten.
Vergleichsversuche an einem Lastwagenmotor mit „Liberty“-Brennstoff und
gewöhnlichem Motorbenzin ergaben für den „Liberty“-Brennstoff sowohl eine
höhere Leistung als auch einen geringeren spezifischen Brennstoffverbrauch. Als
Mängel werden angeführt, eine gewisse Neigung der Zündkerzen zur Verrußung sowie das
kristallisieren des Brennstoffes bei –11° und das dadurch hervorgerufene Verstopfen
der Leitungen. Indessen soll dieser Mißstand bereits beseitigt sein. (Autotechnik
1919, Heft 1914.)
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Schnellzuglokomotiven mit getrennten Triebwerken. Vor etwa
zehn Jahren genügten noch für die Förderung schwerer Schnellzüge die 2 B- und 2 B
1-Lokomotiven. Diese werden zurzeit überhaupt nicht mehr gebaut, da man nur
noch Lokomotiven mit mindestens drei gekuppelten Achsen für den Schnellzugdienst
verwendet. Durch Vergrößerung der Achslast ist es nicht mehr möglich, die Zugkraft
zu steigern, da man bereits hier bei 16 und 18 t angelangt ist. Durch die Steigerung
der Zahl der gekuppelten Achsen wächst aber die Reibung des Triebwerkes.
Deshalb wurde bereits vorgeschlagen, eine Hilfstriebachse zu verwenden, die von den
Schienen abhebbar auszuführen ist. Die Vorspannachse mit geringem
Triebraddurchmesser hat die Aufgabe, beim Anfahren und Befahrung starker Steigungen
in Tätigkeit zu treten. In Nordamerika hat man bereits im Jahre 1900 versucht, das
Reibungsgewicht vorübergehend zu erhöhen. Diese Anordnung war nur an Lokomotiven
möglich, die vor und hinter den gekuppelten Achsen je eine Laufachsengruppe hatten.
Auf diese Weise konnte ein Teil des Gewichtes der Laufachsengruppe von den
Kuppelachsen übernommen werden. Ebenso hat man versucht, die Drehgestellachsen mit
einem ausrückbaren Vorgelege durch eine besondere Dampfmaschine anzutreiben.
Textabbildung Bd. 334, S. 288
Abb. 1.
In der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure 1919, S. 765 bis 771 schlägt nun
Dr. Sanzin vor, zwei vollständig getrennte Triebwerke zu
verwenden. Das Haupttriebwerk mit zwei oder mehr gekuppelten Achsen besitzt Räder
mit großem Durchmesser. Es ist hauptsächlich für dauerndes Fahren mit großer
Geschwindigkeit bemessen. Das Hilfstriebwerk mit ebenfalls zwei oder mehr
gekuppelten Achsen arbeitet nur beim Anfahren und auf stärkeren Steigungen mit. Bei
größeren Fahrgeschwindigkeiten läuft das Hilfstriebwerk leer. Die unveränderlich
belasteten Trieb- und Kuppelräder des Hilfstriebwerkes bleiben stets auf den
Schienen. Der Durchmesser der Räder des Hilfstriebwerkes ist so gering bemessen, als
es mit Rücksicht auf die Höchstgeschwindigkeit der Lokomotive noch möglich ist. Der
Kessel wird mit Rücksicht auf den Dampf verbrauch zweier Triebwerke sehr reichlich
zu bemessen sein. Der Abdampf beider Triebwerke wird zum gemeinsamen Blasrohr
geleitet, wodurch die Zugwirkung erhöht wird. Lokomotiven mit doppelten Triebwerken
vermögen große Zugkräfte auszuüben, können aber auch für sehr hohe
Fahrgeschwindigkeiten ausgebildet werden. Sie sind deshalb geeignet, Strecken mit
stark wechselnden Neigungsverhältnissen ohne Maschinenwechsel zu durchfahren.
Textabbildung Bd. 334, S. 288
Abb. 2.
In Abb. 1 bis 4 sind
solche Lokomotiven mit doppeltem Triebwerk dargestellt. Abb. 1 entspricht einer 2 B B-Lokomotive. Sie vermag eine 2 D-Lokomotive
zu ersetzen, die für hohe Geschwindigkeiten nicht gut geeignet sein dürfte. Abb. 2 stellt eine Lokomotivbauart mit zwei
gekuppelten Achsen im Haupttriebwerk dar. Solche Lokomotiven sind für Strecken geeignet,
wo neben langen ganz ebenen Strecken auch Strecken mit stärkeren Steigungen
vorkommen. Für Strecken mit mittleren Steigungen ist die Bauart nach Abb. 3 geeignet. Hier sind im Haupttriebwerk drei
gekuppelte Achsen und im Hilfstriebwerk zwei gekuppelte Achsen angeordnet. Diese
Lokomotiven der Bauart 1 B C ersetzen Lokomotiven der Bauart 1 E, die als
Schnellzuglokomotiven nicht mehr in Betracht kommen. In Abb. 4 ist eine 1 CC-Lokomotive dargestellt, mit der die größte Zugkraft
erreichbar ist. Eine Lokomotive dieser Bauart ist imstande, bei 14 t Achsdruck
Schnellzüge mit Belastungen von 1000 t auf wagerechter Strecke bis 100 km/st. zu
fördern.
Textabbildung Bd. 334, S. 289
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 334, S. 289
Abb. 4.
Bei den hier beschriebenen Lokomotiven sind keine Triebgestelle, ähnlich wie bei der
Mallet – Lokomotive vorhanden. Wie aus Abb. 1 bis 4 entnommen
werden kann, ist es für den Zusammenbau der Lokomotiven mit getrennten Triebwerken
jedenfalls vorteilhaft, das Hilfstriebwerk nach rückwärts zu legen. Das
Hilfstriebwerk wird bis zu einer Fahrgeschwindigkeit arbeiten, die nur halb so groß
ist, wie die Höchstgeschwindigkeit. Bei höherer Geschwindigkeit ist das
Hilfstriebwerk auf Leerlauf geschaltet, so daß hierbei das Hilfstriebwerk die
Zugkraft der Lokomotive nicht verkleinert.
W.
Materialkunde.
Gitter-Metalle. Bei den neuen „Gitter-Metallen“
wird eine Vergütung eines Grundmetalles durch die Einlagerung von solchen
Zusatzstoffen erreicht, die auf gewöhnlichem Wege mit einem Metalle nicht in
homogene Verbindung zu bringen sind. Das bekannte Gießverfahren erlaubt nicht,
Körper aus Metallen mit Zusatzstoffen herzustellen, da beim Gusse stets eine
Trennung der spezifisch leichteren und schwereren Stoffe erfolgt.
Nach einem, dem Braunschweiger Hüttenwerk in
Braunschweig-Melverode patentierten Verfahren wird der Auf- und Abtrieb der
Zusatzstoffe beim Einlagern in Metalle vermieden und der in feinstverteiltem
Zustande befindliche Zusatzstoff gleichmäßig in das Metall eingebettet. Die
Zusatzstoffe werden also im fertigem Metallkörper gewissermaßen durch ein Raumgitter
gehalten, und üben in gleichmäßiger Verlagerung ihre eigentümlichen Wirkungen
aus.
Das Verfahren ermöglicht als einziges die Herstellung grafitierter Metalle in allen
Formen, besonders für Lagerungszwecke.
Die grafitierten Gitter-Lagermetalle haben als Preßmetalle trotz der eingelagerten
Zusatzstoffe sehr hohe Festigkeit und eine bislang unerreichte Gleitfähigkeit.
Sie stellen die einzigen Lagermetalle dar, denen man eine selbstschmierende
Eigenschaft zusprechen kann. Diese Grafitierung der Metalle ist nicht
gleichbedeutend mit der im Kriege vielfach versuchten, aber nur in Einzelfällen
genügenden Grafitölschmierung. Gitter-Lagermetalle bewähren sich selbst bei
unterbrochener Oelzufuhr und verhindern selbst beim Trockenlaufen das sogenannte
Fressen der Wellen, deren Oberfläche keinesfalls in Mitleidenschaft gezogen
wird.
Volkswirtschaftlich bedeuten die Gitter-Lagermetalle eine bedeutsame Neuerung. Unter
völliger Ausschaltung ausländischer Rohstoffe bieten die Gitter-Lagermetalle ein
Erzeugnis, das die besten kupfer- und zinnreichen Friedens-Weißmetalle und Bronzen
an Güte weit übertrifft.
Das Versuchsfeld für Maschinenelemente der technischen Hochschule zu Berlin hat bei
grafitiertem Aluminium im Vergleich zu Phosphorbronze als höchstwertigem Gleitmetall
bei hohen Drucken folgende Ergebnisse festgestellt, wobei bedeuten:
p = Flächenpressung in at,
v = Gleitgeschwindigkeit
m/sek.,
p • v
= Produkt aus Flächenpressung und Gleitgeschwindigkeit,
t = Beharrungstemperatur der
Welle, gemessen in einer zentrischen Bohrung.
p
v
p • v
t bei
grafitiertemAluminium
t bei
Phosphor-bronze
50
0,63
31
32
43
1,05
52
36
51
2,1
105
49
67
2,7
136
52
78
75
0,63
47
36
46
1,05
79
41
55
2,1
157
56
72
2,7
205
63
81
100
0,63
63
37
56
1,05
105
44
69
2,1
210
60
86
2,7
272
70
100
Textabbildung Bd. 334, S. 289
Bei Versuchen mit unterbrochener Schmierung wurde die Aluminiumschale mit einer
Pressung von 15 at bei 1,05 m/sek. Gleitgeschwindigkeit belastet. Nachdem der
Beharrungzustand mit Sicherheit erreicht war – mit 29 Grad –, wurde der Schmierring
festgehalten, so daß kein Oel mehr hinzugeführt wurde. Wie aus der Abbildung
ersichtlich ist, stieg die Temperatur langsam auf 36 Grad und überschritt diese
Grenze nicht mehr. Zum Vergleich ist ein ähnlicher Versuch mit einer Bronzeschale
eingetragen, die mit gleicher Gleitgeschwindigkeit, aber nur mit 9,5 at Pressung
lief. Hier stieg die Temperatur von 36 Grad auf 48 Grad, also trotz der geringen
Belastung weit höher. Der Reibungswiderstand, gemessen am Stromverbrauche des
Elektromotors, stieg bei Aluminium von 1,55 Amp. auf 1,8 Amp., bei Bronze von 1,5
Amp. auf 2,3 Amp. und vorübergehend bis auf 5 Amp. Die zurückgebliebene dünne
Oelhaut hielt bei der Aluminiumschale eine Stunde vor, ohne daß irgendwelche
Störungen auftraten. Der gleichmäßige Verlauf von Temperatur und Stromstärke läßt
darauf schließen, daß das Lager noch sehr viel länger ohne Oelzufuhr laufen
kann.
Diese, in langer Versuchsdauer gewonnenen Ergebnisse sind durch die Erfahrungen in
gewerblichen Betrieben vollkommen bestätigt worden.
Gastechnik.
Zerstörung der Gas- und Wasserleitungen in gipshaltigem
Lehmboden. P. Medinger berichtet über
interessante Untersuchungen, die er gelegentlich der Korrosion einer neu verlegten
Wasserleitung durch „Spongiose“ angestellt hat, um die Ursache der
Auffressung der Röhren aufzuklären. Die gußeisernen Röhren waren an der Außenseite,
namentlich an den Flanschen stark zerfressen und teilweise durchlöchert. Die
Untersuchung eines frisch entnommenen Stücks der zerstörten Leitung ergab, daß das
Eisen fast gar nicht oxidiert, sondern in Form von metallischem Eisen vorhanden war.
Das Eisen befand sich jedoch in pulverförmigem Zustande und an den korrodierten
Stellen waren über 60 v. H. des Eisens herausgelöst, während die Nebenbestandteile
(Kohlenstoff, Silizium, Phosphor und Schwefel) auf fast den achtfachen Betrag
angereichert waren, und zwar, mit Ausnahme des Kohlenstoffs, in Form ihrer
Sauerstoffverbindungen. Die zerstörten Rohre lagen in dichtem, gelbgrauem Lehm, der
von Gipsnestern durchsetzt war und außerdem Kalziumbikarbonat enthielt. Die Versuche
des Verfassers bestätigen die Vermutung, daß die rasche Zerstörung der Leitungsrohre
auf Lokalströme zwischen dem Eisen und dem darin enthaltenen Graphit zurückzuführen
ist. Obwohl die Potentialspannung zwischen Eisen und Graphitkohle, die zu 0,6 Volt
ermittelt wurde, wesentlich unterhalb der Zersetzungs Spannung des Wassers (1,68
Volt) und der einer Gipslösung Hegt, so ist eine dauernde Strombildung, wie
Verfasser nachgewiesen hat, doch möglich. Merkwürdigerweise werden diese schwachen
Ströme durch Zusatz eines Salzes selbst von höchster Zersetzungsspannung zum Wasser
beträchtlich verstärkt; eine Erklärung für diese Erscheinung wurde bisher noch nicht
gefunden. Vielleicht ist die Verstärkung der Stromstärke bei Zusatz von Gips auf die
dadurch bewirkte Vermehrung der stromtransportierenden Ionen zurückzuführen. Von
großer Bedeutung ist ferner die Wirkung des Gipses auf die Dissoziation der freien
Kohlensäure im Wasser, denn mit der Dissoziation der freien Kohlensäure steigt und
fallt, wie Verfasser schon bei früheren Untersuchungen festgestellt hat, die
Aggressivität eines Wassers gegenüber Eisen. Durch den Zusatz von Gips nimmt die
Dissoziation des Kalziumbikarbonats ab, die der freien Kohlensäure dagegen zu, so
daß die Wasserstoffionenkonzentration des Wassers größer wird und damit auch seine
Aggressivität wächst. Der in dem Lehmboden enthaltene Gips wirkt somit
beschleunigend auf die Zerstörung der Rohrleitung und die im Lehm vorhandene
Kohlensäure spielt dabei eine Hauptrolle. Auch der Mangel von Luftsauerstoff ist von
großem Einfluß, denn bei Luftabschluß kann sich auf dem Eisen keine schützende
Rostschicht bilden und die Potentialdifferenz Graphit-Eisen bleibt dauernd höher.
Hierzu kommt, daß der Lehm bekanntlich Salze und Feuchtigkeit hartnäckig zurückhält,
so daß die Rohre dauernd unter dem zersetzenden Einfluß der Elektrolyse stehen. Die
raschere Korrosion des Eisens bei Luftabschluß hat Verfasser durch vergleichende
Versuche einwandfrei nachgewiesen; wegen der Ausführung dieser Versuchsreihen und
ihrer zahlenmäßigen Ergebnisse sei auf das Original verwiesen. Zusammenfassend läßt
sich folgendes über die Ursache der Zerstörung der eisernen Rohre feststellen: Die
Lokalströme Graphit – Eisen verstärken die Rosttendenz des Gußeisen. Die
Korrosion schreitet ununterbrochen fort, da der Lehm Wasser und Salze hartnäckig
festhält. Der wechselnde Elektrolyt wirkt in demselben Sinne, indem er die
Entstehung von Gleichgewichtszuständen verhindert, Die Gegenwart freier Kohlensäure
verstärkt sowohl die Lösungstension des Eisens als auch die Wirkung der Lokalströme
bedeutend, zumal durch gleichzeitig vorhandenen Gips die Dissoziation der
Kohlensäure und damit die Wasserstoffionenkonzentration verstärkt wird. Durch den
Mangel von Luftsauerstoff bleiben die wirksamen Potentialspannungen bedeutend höher
als bei Luftzutritt, Auf Grund dieser Ergebnisse hat Verfasser zur Verhütung der
Spongioseerscheinungen vorgeschlagen, die Rohre dort, wo man sie in Lehm zu verlegen
gezwungen ist, mit sandigem, porösem Erdreich zu umgeben und auch die Gräben bis
oben hin mit porösem Boden aufzufüllen, um der Luft Zutritt zu gestatten. (Journal
f. Gasbelchtg. u. Wasserversorg., Bd. 61, S. 73–76, 89–91.)
Sander.
Wirtschaft.
Die Frühjahrs-Mustermesse in Leipzig wird künftig in zwei
getrennten Teilen stattfinden: die allgemeine Mustermesse in der Zeit vom 29.
Februar bis 6. März 1920 und davon abgezweigt die Technische Messe als selbständige
Veranstaltung in der Zeit vom 14. bis 20. März 1920.
Rationalisierung des Eisenbahnfrachtverkehrs. Zur
Vereinfachung und Beschleunigung der Personenzugabfertigung macht
Regierungsbaumeister Schröder in der
„Verkehrstechnischen Woche“ (1919, Heft 21) den Vorschlag, die
Gepäckstücke, die in dem Packwagen mitgeführt werden, schon vor der Zugabfertigung
in kleinen Karren von etwa 120 cm Länge und 80 cm Breite zu ordnen und zu verladen,
die dann von dem Gepäckhandwagen aus in den Gepäckwagen eingeschoben werden können.
Dieses Verfahren würde die Haltezeiten der Züge wesentlich verkürzen und dadurch dem
Publikum und der Bahnverwaltung sehr erhebliche Ersparnisse bringen. Der Verfasser
errechnet eine jährliche Ersparnis von rund 500000 M an Gehältern und Material für
die Verwaltung. Dieser Ersparnis ständen die Kosten für die Beschaffung der Karren
gegenüber.
Die Schwächen dieses Vorschlages liegen auf der Hand: Neben der Schwierigkeit der
Verwaltung dieser Karren scheint besonders die geringe Ausnutzungsmöglichkeit des
Gepäckwagenraumes gegen diesen Vorschlag zu sprechen. Immerhin wird namentlich da,
wo der Verkehr kleine Stücke in größeren Mengen umfaßt, also z.B. im Milchverkehr
und im Postverkehr, das Verfahren erhebliche Vorteile bringen können.
Der Gedanke wird dann von Regierungsbaumeister Wentzel in
der gleichen Zeitschrift (1919, Heft 32) weiter ausgebaut und die Verwendung von
„Normalkästen“ zur Versendung von kleinstückigen Gütern aller Art, wie
Ziegel, Briketts, aber auch Schüttgut, wie Kartoffeln, Kohlen, Kies u. dergl.
angeregt. Solche Kästen, die übrigens im Ortsverkehr und für bestimmte Zwecke (z.B.
Ziegelversand, Müllabfuhr u. dergl.) bereits in Verwendung sind, würden von
besonderem Vorteil sein, wo die Güter nochmals umgeladen werden müssen, z.B. von
einem zubringenden Pferdefuhrwerk oder Lastkraftwagen auf Kleinbahnwagen und von
dort auf die Vollbahn und umgekehrt. Die Beladung der Kästen durch den Versender
würde außerdem eine erhebliche Schonung des Versandgutes bedeuten, ferner wäre der
Bezug von Teilen einer ganzen Wagenladung sehr vereinfacht.
Die Beschaffung und Verwaltung dieser Kästen, die natürlich als Normalkästen gebaut
werden müßten, würde zweckmäßig eine Zentralstelle, am besten wohl die Staatsbahnverwaltung
übernehmen. Die Benutzung könnte gegen Miete und Pfand erfolgen.
Der sehr beachtenswerte Vorschlag ist für eine Einführung um so mehr geeignet, als
Versuche zunächst in ganz beschränktem Umfange und auf beschränkten Gebieten gemacht
werden können, ohne daß eine allgemeine Einführung sogleich notwendig ist.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
ReichsbundDeutscher Technik. Der Hauptvorstand wird in der zweiten
Hälfte des Januar 1920 einen 14tägigen verwaltungswissenschaftlichen Kursus in
Berlin veranstalten, um Technikern, die sich in der staatlichen Verwaltung oder im
öffentlichen Leben betätigen oder betätigen wollen, die erforderlichen
Grundkenntnisse zu vermitteln und eine Anleitung für zweckmäßige Weiterbildung zu
geben.
Als Gebühren sollen erhoben werden: Eine Einschreibegebühr von 20 M (Einzelmitglieder
des R. D. T. 10 M), außerdem für Vorlesungen bis zu 4 Stunden 10 M (Mitglieder 5 M),
bis 6 Stunden 15 M (Mitglieder 7,50 M), bis 14 Stunden 20 M (Mitglieder 10 M).
Sämtliche Vorlesungen 150 M (Mitglieder 75 M). Die Vorlesungen werden nach einem
noch festzulegenden Stundenplan in der Zeit von 9 Uhr vormittags bis 7 Uhr
nachmittags abgehalten werden.
Als Lehrkräfte werden hervorragende Hochschullehrer und Männer aus der
Verwaltungspraxis tätig sein, die es verstehen, ihre Belehrungen in eine leicht
verständliche Form zu kleiden, und unbeschadet wissenschaftlicher Gründlichkeit die
praktische Anwendung des Vorgetragenen in erster Linie berücksichtigen.
Um eine Uebersicht über die Beteiligung zu gewinnen, wird hierdurch um Voranmeldung
bis zum 15. Dezember gebeten, die für den Anmeldenden zunächst unverbindlich ist.
Vorangemeldeten Teilnehmern wird die Einschreibegebühr erlassen.
Anmeldungen sind mit dem Vermerk „Betr. Verwaltungskursus“ an die
Hauptgeschäftsstelle des Reichsbundes Deutscher Technik, Berlin W 35, Potsdamer
Straße 118c, zu richten.