Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 142 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Wirtschaft.
Die Arbeitschauuhr als Hilfsmittel der Psychotechnik.
Unser wirtschaftlicher Wiederaufbau erfordert sorgfältigste Heranziehung aller im
Volke vorhandenen geistigen und körperlichen Kräfte. Die Erkenntnis, daß jeder
an die richtige Stelle gestellt werden muß und an dieser Stelle seine Kräfte in der
ergiebigsten Weise nutzbar machen muß, führte einesteils zur wissenschaftlichen
Betriebführung, andererseits zum Versuch, die Frage der Berufsberatung auf
wissenschaftlicher Grundlage zu fördern unter Heranziehung der praktischen
Psychologie. Vorbereitend waren die Arbeiten von Münsterberg,
der zuerst die in der amerikanischen Industrie erprobten Verfahren der experimentell
psychologischen Untersuchung von Berufsarbeitern sammelte und in ein System zu
bringen suchte, sowie durch Piorkowski, der den
Beziehungen zwischen den psychologischen Anforderungen der Berufe und den
psychologischen Eigenschaften der Einzelmenschen nachging. Neuerdings hat Moede Untersuchungsmethoden zur Berufseignung für
Kraftfahrer und andere im Verkehrsbetrieb handwerklich tätige Berufsklassen
ausgebildet. Welche Bedeutung diesen Untersuchungen auch für andere Zwecke der
Technik beigemessen wird, geht aus dem Umstände hervor, daß der Berliner
Bezirksverein des Vereins deutscher Ingenieure einen Ausschuß für Psychotechnik
gegründet und der Hauptverein deutscher Ingenieure andere Bezirksvereine
aufgefordert hat, ebenfalls der Frage solcher Gründung näher zu treten. Wenn sich
die psychologische Untersuchung der gewerblichen Kräfte bisher in Deutschland nur
langsam entwickeln konnte, so lag der Grund zum Teil an dem Fehlen erprobter, für
verschiedenartige Untersuchungen geeigneter Meßvorrichtungen, die es ermöglichten,
in übersichtlicher Form und von Beobachtungsfehlern frei, die Prüfungen
durchzuführen und in verwertbarer Form festzuhalten. Diese Lücke will die Arbeitschauuhr von Dr. Poppelreuter, dem Leiter der Nervenstation für Kopfschußverletzte in Köln
ausfüllen, und sie dürfte in der Tat, nach den bisher im dortigen Betriebe gemachten
Erfahrungen, weitgehend in der Industrie zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit
beitragen.
Die Arbeitschauuhr dient in erster Linie der selbsttätigen Verzeichnung der „Arbeitkurven“ für geistige, körperliche und
praktisch werktätige Arbeiten, um die psychischen allgemeinen und besonderen
Eigenschaften der Kopfschuß verletzten im Vergleich zu den Leistungen der Normalen
zu bestimmen. Ihre Verwendungsfähigkeit erstreckt sich aber über die ursprünglichen
Ziele hinaus auf die Leistungsmessung und Leistungssteigerung des Industriearbeiters
im allgemeinen.
Die Arbeitschauuhr wird an den Arbeitsplatz derart angeschlossen, daß sie durch
Auslösung elektrischer Stromschlüsse beim Beginn und Ende gleichartiger
Einzelarbeit, zum Beispiel Stanzen von Löchern, Drehen von Normalteilen,
Zusammensetzen von Scharnieren, einen auf einem endlosen gleichmäßig vorwärts
bewegten Papierstreifen steigenden und fallenden Schreibstift betätigt.Vergl. Heibertshausen, „Die praktische und theoretische Bedeutung der
Arbeitskurven“. Z. d. V. d. I. 1918 S. 533. Die
verzeichneten Kurven sind entweder Arbeitsmengen kurven, die in ihren Ordinaten die
in der Zeiteinheit geleisteten Einzelarbeiten darstellen oder
Stückarbeitszeitkurven, die die zur Ausführung gewisser abgeschlossener
Arbeitsleistungen nötigen Zeiten wiedergeben. Die Stückarbeitzeitkurve stellt die
zum Bohren von je sechs Löchern eines Arbeitstückes nötige Zeit dar und läßt
Einübung und Ermüdung erkennen; die Arbeitmengenkurve stellt die Anzahl
Einzelarbeiten (Stanzen von Löchern) dar, die in je einer Arbeitstunde
fertiggestellt sind, und läßt die Regelmäßigkeit der Arbeit, insbesondere auch die
eingelegten Pausen erkennen.
Die Arbeitschauuhr gibt die mechanischen Unterlagen zu umfassenden Feststellungen
betreffend die Auswahl der Begabten in der Berufsberatung, der Lehrlingsausbildung und der Arbeitsüberwachung.
Es seien zunächst die in der Nervenstation für Kopfschußverletzte in Köln-Lindenthal,
der Ursprungstätte der Arbeitschauuhr mit Erfolg eingeführten Verfahren und
Einrichtungen, so weit hierfür die Arbeitschauuhr Verwendung findet, kurz
gestreift. Zuerst wird die allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit geprüft, und
zwar die Handkraft am Kraftmesser durch wiederholtes Oeffnen und Schließen der Hand
unter Spannung einer Feder, die Geschicklichkeit durch Ausschneiden von Sternen,
beides unter Verzeichnung von Arbeitkurven mittels der Arbeitschauuhr. Bei der
voraufgehenden allgemeinen Prüfung der geistigen Fähigkeiten ist bemerkenswert die
Verzeichnung der Rechenkurve auf Grund der Lösung von Rechenaufgaben, die auf Tafeln
vorgedruckt sind, indem das Entnehmen der Tafeln vom Vorratstapel und deren Ablegen
auf den Fertigstapel aufgezeichnet wird. Es folgt die allgemeine technische
Arbeitprüfung durch Tischlern einer einfachen Probekiste und die besondere
Arbeitprüfung durch Einreihung in die mit verschiedenen Arbeitsmaschinen
ausgerüstete Industriehalle. Hier werden die Arbeitkurven genommen, die sich aus den
fortlaufenden Arbeiten beim Ausstanzen von Löchern, beim Zusammensetzen von
Scharnieren, beim Drehen von kleinen Normalteilen, beim zusammengesetzten Bearbeiten
von Teilen an der Revolverbank ergeben. Die Kurven liefern ein Bild über die
Schnelligkeit der Arbeit, über die Einlegung von Pausen, die Gewöhnung, die
Ermüdung, die Gleichmäßigkeit der Arbeit, wobei allemal natürlich die Genauigkeit
und Richtigkeit mit in Rechnung gezogen werden muß. Und zwar verzeichnen sich die
Kurven ohne Zutun und gleichzeitige Inanspruchnahme des Prüfenden, der die durch
elektrische Uebertragung betätigten Schauuhren an seiner Beobachtungsstelle zu
beliebiger Zeit verfolgen und davon Schaubilder verarbeiten kann. Während so die dem
Arbeiter verdeckte Arbeitschauuhr ein objektives Bild des
Verhaltens des Arbeiters zum Zweck seiner Prüfung bietet, die seine Geeignetheit für
diese oder jene Arbeiten dartut, ermöglicht die offene
Aufstellung von Arbeitschauuhren an der Arbeitstätte dem Arbeiter, sich selbst auf
den Arbeitvorgang einzustellen. Gerade in dieser Form der Anwendung hat die
Arbeitschauuhr überraschende Erfolge gezeigt. Der Arbeiter lernt das günstigste
Tempo finden, das ihm bei zweckmäßig eingelegten Pausen die höchste Leistung ohne
Ermüdung zu erreichen ermöglicht. Er sieht den Einfluß einer Veränderung der
Arbeitbedingungen zum Beispiel Stumpfwerdens seiner Werkzeuge und kann rechtzeitig
auf Abhilfe dringen; die Selbstbeobachtung vermehrt sein Interesse an der Arbeit und
läßt ihn gewissermaßen den ihm selbst verborgenen psychologischen Vorgang des
Arbeitens prüfend und gestaltend selbst miterleben.
Die hier im engen Rahmen gefundenen günstigen Ergebnisse lassen die Einführung der
Arbeitschauuhr in die Industrie aussichtsvoll erscheinen.
Dringender ertönt der Ruf nach mustergültigen Lehrwerkstätten, verbunden mit
einheitlich anerkannten Werkschulen. Wenn man zum Beispiel von einer großen
schweizerischen Firma hört, daß sie in 42 Klassengruppen 625 Lehrlinge von 35
Lehrern unterrichten läßt, wofür jährlich 80000 frs. bezahlt werden, und daß sie
ihre Lehrlinge für 16 verschiedene Einzelberufe ausbildet, so erkennt man die
Nützlichkeit einer einwandfreien, durch die Arbeitschauuhr ermöglichten Prüfung der
Leistungsfähigkeit. Auf Grund der Schaubilder wird die Richtung der Begabung
deutlicher festgelegt werden können. Man wird den Lehrling rechtzeitig, falls seine
Begabung für den gewählten Beruf nicht ausreicht, darüber hinausgeht oder in andere
Richtung weist, zum Uebergang in einen anderen Beruf bestimmen. Die dem weiter
fortgeschrittenen Lehrling sodann zugänglich gemachte Schauuhr bildet aber auch für
ihn selbst einen ständigen Ansporn und Prüfstein. Er weiß, wie die Kurve des
gelernten Arbeiters aussieht, der er sich annähern soll; er sieht, wie er bei Ueberhastung
unregelmäßig und mit vorzeitiger Ermüdung oder ungenau arbeitet und stellt seine
Arbeit nach einer bestimmten, der günstigsten Leistung entsprechenden Kurve ein.
Eine Anstalt in großem Maßstabe nach dem Plan von Dr. Poppelreuter mit einem Grundstock von einer halben Million wird zurzeit in
Bonn eingerichtet. Sie soll in erster Linie dazu dienen, die durch Krankheit, Unfall
usw. beschädigten Arbeitskräfte durch Vorausschickung einer psychologisch ärztlichen
Prüfung für die geeignetste Form der Betätigung auszuwählen und sie in dieser bis zu
einem gewissen Grade der praktischen Verwendbarkeit vorzubereiten. Sie wird ferner
nach den Vorschlägen des Begründers durch Einstellung normaler Arbeitskräfte ergänzt
werden müssen, um bei Ausbildung neuer Prüfungsverfahren, Arbeiten und Einrichtungen
immer einen Maßstab an die zu erstrebenden höchsten Leistungen aufrecht zu erhalten
und durch Herstellung nützlicher Gegenstände Fühlung mit der Industrie zu behalten
und die Kosten des Unterhaltes herunterzuziehen. Die Errichtung einer solchen
größeren Musteranstalt für schwierigere Fälle wird aber nicht ausschließen, daß in
größeren Industriezentren Tochteranstalten für kürzere ständige Untersuchung von
Arbeitkräften eingerichtet werden, deren Nutzen sich durch planmäßige Sichtung der
Arbeiter für die Industrie reichlich bezahlt machen wird. Unabhängig davon dürfte es
für größere industrielle Firmen wertvoll sein, selbst in Verbindung mit den
Lehrlingswerkstätten solche Schauuhren aufzustellen, zumal der Preis nach der
heutigen für Massenherstellung durchgebildeten Form sich in mäßigen Grenzen
hält.
Auch in den Werkstätten selbst kann die Schauuhr wesentliche Vorteile bringen, und
zwar weniger als Ersatz der unbeliebten Stoppuhr, als vielmehr zur Selbstkontrolle
des Arbeiters beim Einlernen neuer Arbeitsvorrichtungen, sofern er durch Akkord,
Prämien oder Gewinnanteil am Erfolg seiner Arbeit beteiligt ist. Er sieht
gewissermaßen ständig das Bild seines Schaffens in seinem ganzen Verlauf – nicht
erst in seinem Endergebnis – vor sich. Er wird, statt einfach drauf los zu arbeiten,
oder sich von der augenblicklichen Stimmung bezüglich des Arbeitstempos leiten zu
lassen, sein Tempo so einstellen, daß er einesteils mit Sicherheit Ausschuß
vermeidet, daß er andererseits nicht ermüdet. In dieser Hinsicht besteht ein
wesentlicher Fortschritt gegenüber Taylor, in dessen
Anweisungen und Untersuchungen wir immer nur von der Schnelligkeit der Arbeit, nicht
von ihrer Genauigkeit hören. Nun steht aber die Genauigkeit bei den meisten Arbeiten
im umgekehrten Verhältnis zur Schnelligkeit; die Arbeitschauuhr ermöglicht, durch
Einstellung des Arbeiters auf die Selbstbeobachtung, hier den Ausgleich zu schaffen.
Im übrigen ist das System der Arbeit-Selbstbeobachtung und
Einstellung durch die Arbeitschauuhr wie das Taylorsystem anwendbar auf die
einfachste. wie auf zusammengesetzte Arbeiten.
So bietet die Arbeitschauuhr einen gewissen Abschluß der die neue Industriewirtschaft
bestimmenden Maßnahmen zur höchsten Steigerung der industriellen Gesamtleistung.
Während die Typisierung den Unternehmer, die Normalisierung in erster Linie den
Konstrukteur angeht, während das Taylorsystem dem Betriebsingenieur und dem Meister
neue Aufgaben zuweist, wendet sich die Arbeitschauuhr an den Arbeiter selbst.
Sie sucht in noch höherem Maße wie das vernünftig angewendete Taylorsystem die
Interessen des Arbeiters mit denen des Arbeitgebers zu vereinigen durch Erzielung
bester Arbeit mit geringsten Mitteln unter Ermöglichung der besten Bezahlung.
Neumann, Bergisch-Gladbach.
Einheitliche Elektrizitätversorgung in England. Ein großzügiges Projekt ist wäährend
des Krieges in England in Angriff genommen worden im Hinblick auf den von Jahr zu
Jahr steigenden Kohlenbedarf der Industrie sowie unter Berücksichtigung der
Tatsache, daß die Kohlenlager Großbritanniens nach den vorliegenden amtlichen
Schätzungen voraussichtlich schon in 300 Jahren erschöpft sein werden, hat der zu
Beginn des Krieges eingesetzte Ausschuß für Kohlenerhaltung bei der Regierung die
Schaffung einer einheitlichen Versorgung des ganzen Landes mit elektrischem Strom
vorgeschlagen. An Stelle der jetzigen systemlosen Krafterzeugung durch zahlreiche
kleine Werke sollen 16 Großkraftwerke errichtet werden, die durch Fernleitungen das
ganze Land mit elektrischem Strom versorgen sollen. Die von dem Ausschuß für
Kohlenerhaltung ausgearbeitete Denkschrift berechnet, daß durch diese Maßnahme statt
der bisher zur Krafterzeugung alljährlich verbrauchten 80 Mill. t Kohle im Werte von
800 Mill. Mark künftig nur 25 Mill. t Kohle im Werte von 250 Mill. Mark erforderlich
wären, so daß sich also jährlich eine Ersparnis von 560 Mill. Mark ergeben würde.
Durch Ausnutzung der bisher nicht gewonnenen Nebenprodukte der Kohle glaubt man
diese Ersparnisse sogar noch ganz beträchtlich vergrößern zu können. Die 16
Kraftwerke sollen Maschineneinheiten von mindestens 20000 PS erhalten und außerhalb
der Städte an Wasserstraßen angelegt werden. Die Kohle soll unter Gewinnung
sämtlicher Nebenprodukte zunächst verkokt werden und das hierbei erzeugte Gas sowie
der Koks zur Stromerzeugung dienen. Ferner sollen, um die Belastung der Kraftwerke
möglichst gleichmäßig zu gestalten, wichtige elektrochemische Beiriebe in der
Nachbarschaft der Kraftwerke angesiedelt werden.
Ein derartiger Zusammenschluß von mehreren großen Werken zu einem gemeinsamen Netz
besteht der „Chemischen Industrie“ zufolge bereits im Nordosten des Landes,
so daß dort trotz wenig entwickelter Industrie die Stromkosten für die kW/st nur
etwa 4 Pfennige betragen, während in dem industriereichen Lancashire die kW/st auf
8–16 Pf. zu stehen kommt. Die 16 Kraftwerke sind als private Unternehmungen gedacht,
die jedoch der Aufsicht eines staatlichen Elektrizitätsamtes unterstehen sollen.
Sander.
Die Vorbildung unserer Verwaltungsbeamten. Seit
Jahrzehnten fordert der Verein deutscher Ingenieure die Beseitigung des
Juristenmonopols in der staatlichen und kommunalen Verwaltung. Früher sind alle
Versuche in dieser Hinsicht an dem starren Widerstand der Bureaukratie gescheitert,
die sich grundsätzlich ablehnend verhielt. In der Hoffnung, daß jetzt neben vielen
anderen auch dieses längst veraltete Vorrecht beseitigt werde, hat der Verein
deutscher Ingenieure der jetzigen Regierung seine Wünsche zur Reform der Vorbildung
unserer höheren Verwaltungsbeamten erneut unterbreitet. Die allgemein
bemerkenswerten Vorschläge lauten wie folgt:
1. Die Auslese und Ausbildung der höheren Verwaltungsbeamten für den Dienst in den
deutschen Staaten, in den kommunalen Körperschaften und in vielen anderen Verbänden
entsprach schon seit langem nicht mehr den durch die allgemeine Entwicklung in
Deutschland veränderten und gesteigerten Forderungen; sie wird in Zukunft den von
Grund aus veränderten staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen auch
nicht im entferntesten Rechnung tragen können.
2. Diese allgemein empfundene Rückständigkeit erscheint als eine Folge der
künstlichen Beschränkung in der Auslese der Bewerber und als Ergebnis der gesetzlich
beschützten Einseitigkeit eines einzigen Hochschulfachstudiums.
3. Es ist verfehlt, den ganzen Nachwuchs nur dem Kreise derjenigen jungen Leute
zu entnehmen, welche die erste juristische Prüfung bestanden haben. Um die Auslese
ergiebiger und die wissenschaftliche Vorbereitung unserer Führerschaft in der Nation
lebensfrischer zu gestalten, müssen die Akademiker aller Hochschulen zu der Laufbahn
in der höheren Verwaltung und der Diplomatie zugelassen werden; entgegenstehende
gesetzliche Schranken, namentlich des preußischen Gesetzes vom 10. August 1906, sind
schnellstens zu beseitigen.
4. Es ist unbedingt zu fordern, neben den aus der Universität hervorgegangenen
Anwärtern auch solche aufzunehmen, welche sich staatswissenschaftlichen Studien im
Geiste des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts gewidmet haben. Das Studium
an den Technischen Hochschulen, an Handelshochschulen, an Landwirtschaftlichen
Hochschulen usw. sollte deshalb gleichfalls als Grundlage der wissenschaftlichen
Befähigung anerkannt werden, sofern die für den eigenartigen Beruf der Verwaltung
erforderlichen Kenntnisse erworben sind.
5. Akademiker aller Berufsklassen sollen zu den höheren bisher fast ausschließlich
von Juristen bekleideten Aemtern im Staats- und Kommunaldienst dann gelangen, wenn
sie entweder in ihrem Wirkungskreis hervorragende, in jahrelanger Tätigkeit erprobte
Verwaltungsbefähigung nachweisen oder der jeweils für höhere Verwaltungsbeamte
geltenden praktischen Ausbildung sich unterworfen haben.
6. Um bereits jetzt Kräfte, die in dem weit versprengten freien Berufe der Technik
tätig sind, sich aber für den Dienst in der höheren Verwaltung eignen, zu erkennen
und richtig einzuschätzen, sind besondere Einrichtungen für richtige Auswahl zu
treffen; eine solche glauben wir mit folgender Forderung vorschlagen zu können:
Auch die Provinzen, Kreise und Gemeinden wie überhaupt alle öffentlichen
Körperschaften sollen gehalten sein, die Amtsstellen ihrer allgemeinen Verwaltung
nicht wie bisher nur den Akademikern der Juristenschule, sondern so weit überhaupt
akademische Schulung verlangt wird, grundsätzlich den Akademikern aller Hochschulen
zugänglich zu machen.
Wir erachten es als besonders erstrebenswert, daß technisch-wirtschaftlich geschulte
und in der Gemeindeverwaltung erfahrene Kräfte häufiger zu dem Amte des
Bürgermeisters berufen werden und daß mit allen Mitteln auf die Gemeinden eingewirkt
wird, in ihren Stellenausschreibungen die Möglichkeit der Bewerbung nicht auf die
Akademiker der Juristenschule zu beschränken.
Handbuch der technisch-wissenschaftlichen und
technisch-wirtschaftlichen Vereine und Verbände Deutschlands. Der deutsche
Verband technisch-wissenschaftlicher Vereine will in jedem Jahr ein Handbuch der
technisch-wissenschaftlichen und technisch-wirtschaftlichen Vereine und Verbände
herausgeben. Um einwandfreie Angaben über die einzelnen Vereine bringen zu können,
hat der deutsche Verband an alle die Vereine, deren Anschriften er kennt, einen
Fragebogen zur Ausfüllung gesandt. Da aber naturgemäß eine Reihe von
technisch-wissenschaftlichen und technisch-wirtschaftlichen Vereinen dem deutschen
Verband unbekannt geblieben sind, richtet er an alle die Vereine und Verbände, denen
der Fragebogen nicht zugegangen ist, die Aufforderung, von seiner Geschäftsstelle.
Berlin NW. 7, Sommerstr. 4 a, einen Fragebogen einzufordern und ihn nach Ausfüllung
an den deutschen Verband zurückzugeben, damit dieser das von ihm beabsichtigte
Handbuch möglichst lückenlos herausgeben kann.
Die landwirtschaftliche Maschinenindustrie klagt über
den Mangel an gut ausgebildeten Maschineningenieuren. Es wäre zu wünschen, daß auch
an unseren Technischen Hochschulen die Studierenden zum Studium der
landwirtschaftlichen Technik, mehr als bisher geschehen, angeregt würden.
Aqua, Ausstellung für Wasserversorgung, wird in der Zeit
vom 6. bis 25. September in den Ausstellungshallen am Zoo stattfinden.
Hüttenwesen.
Richtlinien für die Erforschung der Formveränderung bildsamer
Körper, insbesondere des Arbeitsbedarfs beim Walzen. Der Arbeitsverbrauch
ist auf Bildsamkeit, Geschwindigkeit, Walzendurchmesser, Form und Lage der
Querschnitte vor und nach dem Walzen als Veränderliche zu beziehen. Die Gestalt der
Formänderung wird durch Reibung und Wärmeaustausch, nicht aber durch Bildsamkeit und
Geschwindigkeit beeinflußt. Blockanfang und Blockende erfordern ganz andere
Walzarbeit, als die Stabmitte. Rutschungskegel treten bei Formänderungen nicht auf.
Die Lage der freien und der den Stoff begrenzenden Oberfläche übt auf die Größe des
Arbeitsbedarfs großen Einfluß aus. Das Walzen wirkt auch noch auf das ausgetretene
Stabende ein (Voreilung). K. Rummel, der über diese
Grundlagen in Stahl und Eisen (1919, S. 237, 285) berichtet, gibt dort noch
Richtlinien für die weiteren Versuche, die zur Aufklärung des Kraftbedarfs an Walzen
unternommen werden müssen. Sie betreffen die Theorie des bildsamen Zustandes, den
Kraftlinieneinfluß, die Definition der Bildsamkeit, die Ermittelung des
Arbeitsbedarfs beim Walzen, die Reibungsverhältnisse in den Walzenlagern und
Großversuche an Betriebswalzwerken.
Die Verwertung von Abwärme. Nach Versuchen von A. Pratt (The Foundry Mai 1918) läßt sich die Verwertung der
Abhitze industrieller Ofenanlagen für niedrige, verwendbare Temperaturunterschiede
wirtschaftlich gestalten. Von grundlegender Bedeutung ist dabei, daß nur durch
erhöhte Gasgeschwindigkeit eine bessere Wärmeausnutzung gewährleistet wird. In
Amerika sind seit 1913 Abhitzekessel zur Dampferzeugung in Betrieb genommen. Die
Leistungssteigerung betrug bei verschiedenen Ausführungen durchschnittlich 12 v. H.
der normalen Leistung der Kessel. (Stahl und Eisen 1919, S. 390.)
Hochfrequenz-Induktionsofen. Ein
Hochfrequenz-Induktionsofen, bei dem der Eisenkern der bisherigen Induktionsöfen
überflüssig gemacht wird, ist in der Zeitschrift Chem. and Met. Ing. (1918, 1.
August, S. 156. Ref. Stahl und Eisen 1919, S. 480) beschrieben. Es müssen etwa 20000
Perioden-sek. verwendet werden. Der Ofen wird mit Einphasenwechselstrom betrieben.
Man erreicht damit Temperaturen bis 1600°. Er eignet sich zur Erhitzung von
Salzbädern zum Härten von Stählen. Mit einem 20 kW-Ofen soll eine zylindrische Masse
von 15 × 30 cm in 40 Minuten auf 1600 ° erhitzt werden.
Magnetische Eigenschaften von Mangan und Manganstählen.
Die ferromagnetischen Eigenschaften, die das Mangan zuweilen aufweist, rühren von
eingeschlossenem Wasserstoff her. Die Suszeptibilität der Manganstähle wird durch
den Mangangehalt nur wenig beeinflußt, beträchtlich dagegen durch den
Kohlenstoffgehalt, Auch Zusatz von Nickel, Chrom und Wolfram vergrößert sie. Trotz
seines Dimagnetismus erhöht auch Kupfer die Suszestibilität des Manganstahles
ziemlich beträchtlich. Silizium macht bei einem Gehalt von 6 v. H. den Manganstahl stärker
ferromagnetisch. Dieser siliziumhaltige Stahl zeigt die Eigentümlichkeit, daß sich
seine magnetischen Eigenschaften mit der Zeit ändern, und zwar wird der spezifische
Magnetismus innerhalb einiger Jahre von 4 bis 5 v. H. auf den von reinem Eisen von
nahezu 50 v. H. erhöht. (Bardenhauer, Hatfield, Cheneveau
und Geneau, Stahl und Eisen 1919, S. 391.)
Breitflanschträger mit gleichdicken Flanschen. A. Schriewer beschreibt in Stahl und Eisen (1919, S. 465,
497) ein Verfahren zur Herstellung von Breitflanschträgern mit vollkommen parallelen
Flanschen und die dazugehörigen Walzwerkseinrichtungen. Letztere bestehen in einem
Walzgerüst und lassen sich in dem Gesamtplan einer vorhandenen 900 er oder 950 er
Straße mit vier Gerüsten ohne große Umänderungen einbauen. Es ist möglich geworden,
den früheren Kantapparat durch ein Nebengerüst zu ersetzen, oder durch geeignete
Vorkalibrierung auch das letztere zu vermeiden.
Bruch von Gießpfannengehängen. O. Senssenbrenner (Stahl und Eisen 1919, S. 213) weist an Hand gesammelten
Materials von Bruchstücken auf die Notwendigkeit hin, daß eine maßgebende Stelle mit
der planmäßigen Untersuchung gebrochener Gußpfannengehänge betraut wird und
Richtlinien für die Herstellung solcher Gehänge aufgestellt werden.
Loebe.
Wärmekraftmaschinen und Brennstoffe.
Der zukünftige Benzinbedarf. Der Benzinmangel hat sich in
Deutschland während des Krieges besonders fühlbar gemacht. Die Hoffnung auf eine
baldige Besserung nach dem Friedensschlüsse ist aber gering. Die Schwierigkeiten
werden weiter bestehen bleiben, da der Benzinverbrauch stetig zunimmt. Anfangs
betrachtete man das Benzin als ein fast wertloses Nebenprodukt der Oelgewinnung. Die
zunehmende Verbreitung des Automobil- und Flugwesens und die wachsende Verwendung
von Explosionsmotoren in Schiffahrt und Industrie ließen das Benzin als
hervorragenden Brennstoff erscheinen. Da die Explosionsmotoren noch lange Zeit ihre
herrschende Stellung beibehalten werden, wird der Verbrauch weiterhin beträchtlich
steigen. In England nahm der Benzinverbrauch von 204000 t im Jahre 1911 auf 428000 t
im Jahre 1916 zu, in Deutschland von 195000 t im Jahre 1911 auf 130000 t im ersten
Halbjahr 1914. Am stärksten stieg der Verbrauch in den Vereinigten Staaten von
Amerika. Die folgende Tabelle gibt die Entwicklung in den letzten 20 Jahren wieder
(in Millionen Liter).
Erzeugung
Eigenverbrauch
Ausfuhr
1899
1080
1000
80
1904
1100
1100
100
1909
1980
1800
180
1914
5600
4800
800
1915
6700
5600
1100
Durch die außerordentliche Zunahme der Explosionsmotoren ist der große
Benzinverbrauch entstanden. Die Anzahl der Automobile in den Vereinigten Staaten ist
von 10000 im Jahre 1899 auf 3 Millionen im Jahre 1917 gestiegen. Im Jahre 1917 waren
außerdem dort etwa 30000 Motorboote, 45000 Benzinmotoren für industrielle und 30000
für landwirtschaftliche Zwecke vorhanden. Nach dem Kriege wird Amerika nur in der
Lage sein, seinen eigenen Bedarf zu decken. Die amerikanischen Oelquellen dürften
jetzt auf dem Höhepunkt ihrer Produktionsfähigkeit an leichten Oelen angelangt sein,
denn je länger die Oelquellen ausgenutzt werden, desto schwereres Oel liefern sie.
Der Benzingehalt des amerikanischen Erdöles ist gering, der höchste Gehalt ist
25 v. H., das Kaliforniafeld enthält nur 2,5 v. H., das
Feld an der Goldküste nur 3 v. H. Die europäischen Bohrstellen sind durch den Krieg
in ihrer Produktion mehr oder weniger stark behindert worden. Auch hier ist der
Benzingehalt gering. Für Galizien rechnet man 5 bis 20 v. H., für Baku 2 bis 10 v.H.
und für Celle 0 bis 5 v. H. (Chemische Industrie 1919, S. 17.)
W.
Erzeugung von Oelgasunter unter gleichzeitiger Gewinnung von
Benzin. Zur Erzeugung von karburiertem Wassergas verfuhr man bisher in der
Weise, daß man in einen mit Schamottesteinen ausgesetztem Wärmespeicher, der durch
die Verbrennung der beim Warmnblasen des Wassergasgenerators gebildeten
Generatorgase auf hohe Temperatur erhitzt wurde, Oel einspritzte, das hierbei neben
dem sogenannten Oelgasteer eine große Menge gasförmiger Kohlenwasserstoffe lieferte.
Andererseits ist es bekanntlich möglich, hochsiedende Mineralöle durch sogenannte
„destruktive Destillation“ in Retorten oder Röhren, die mit Katalysatoren
gefüllt und von außen beheizt sind, in leichtflüchtige, benzinartige
Kohlenwasserstoffe zu zerlegen. Eine Kombination dieser beiden Verfahren wird durch
einen von Ph. Porges und H. Strache angegebenen Apparat (DRP. 301801, Kl. 26 a) ermöglicht, und zwar
benutzen die Erfinder das beim Warmblasen des Wassergasgenerators entstehende
Generatorgas zur Beheizung der Retorten, in denen das Mineralöl der
Zersetzungsdestillation unterworfen wird, und sie mischen das hierbei entstehende
Oelgas dem Wassergas bei, das auf diese Weise karburiert wird.
Um eine möglichst große Ausbeute an benzinähnlichen Flüssigkeiten zu erzielen, muß
die Temperatur der Zersetzungsretorten genau innegehalten werden. Dies wird in der
Weise erreicht, daß ein Teil der aus dem Wassergasgenerator entweichenden
Warmblasegase vermittels einer regelbaren Umgangöffnung direkt in den Schornstein
geleitet wird, ohne vorher die Retorte zu umspülen. Um andererseits die Retorte
nicht nur während der nur 1 bis 2 Minuten dauernden Warmblaseperiode der
Wassergasanlage, sondern auch während der Gasperiode beheizen zu können, wird die
Retorte mit einem Wärmespeicher umgeben, der während des Warmblasens die Wärme
aufnimmt und während der Gasperiode seine Wärme allmählich an die Retorte abgibt.
Hierdurch kann auch der für die Wassergaserzeugung notwendige Dampf vorgewärmt
werden In die erhitzte Retorte wird nun Oel eingespritzt und das entweichende
Gemisch von Oelgas und Dampf wird zunächst durch Kühlung von den Dämpfen befreit,
worauf das Oelgas dem Wassergas beigemischt werden kann. Die in den Kühlern
kondensierten Oele werden wiederholt in die heiße Retorte gespritzt, um eine
möglichst große Ausbeute an Benzin und Gas zu erzielen; auf diese Weise kann
schließlich die gesamte Menge des angewandten Oeles in Benzin und Gas zerlegt
werden.
Die Kühlung des Oelgases wird stufenweise vorgenommen, indem zunächst bei einer
wesentlich höheren Temperatur als 100° die hochsiedenden Anteile (Teerdämpfe) des
Oelgas-Dampfgemisches kondensiert und die hierauf in dem Oelgasgemisch noch
enthaltenen Teertröpfchen in einem Teerscheider beseitigt werden. Durch weitere
fraktionierte Kondensation werden sodann die bei mittlerer Temperatur siedenden
Kohlenwasserstoffe zusammen mit dem Wasserdampf kondensiert. Die hierbei
abgeschiedenen Oele sind infolge ihres geringeren spezifischen Gewichtes leicht von
dem Wasser zu trennen und werden zusammen mit dem bei der ersten Kondensationsstufe
abgeschiedenen Teer von neuem in die heiße Retorte eingeführt, wo sie eine weitere
Menge Benzin und Gas liefern. Die niedrig siedenden, benzinähnlichen
Kohlenwasserstoffe schließlich werden durch Kühlung des Oelgases auf die Temperatur
der umgebenden Luft abgeschieden.
Außer Mineralöl kann auch Teeröl sowie Steinkohlenteer selbst dieser Operation
unterworfen werden, wobei eine Spaltung in niedrig siedende Kohlenwasserstoffe
(Benzol) und Gase (Methan) eintritt. Als Katalysator zur Füllung der Retorten kann
Eisenoxyd verwendet werden, das im Laufe des Betriebes seine Wirksamkeit verliert,
jedoch durch gelegentliches Ueberleiten eines heißen Luftstromes regeneriert werden
kann.
Sander.
Gastechnik.
Ueber die Gewinnung von Seife aus Teerölen. Die
hochsiedenden Braunkohlenteeröle fanden bisher nur als Heizöle und gelegentlich als
Schmieröle Verwendung, alle Versuche, sie in wertvollere Stoffe umzuwandeln,
schlugen fehl. Nach Untersuchungen von Harries, Koetschau
und Fonrobert kann man jedoch die ungesättigten Anteile
dieser Oele durch Einwirkung von Ozon in Fettsäuren verwandeln, die zur Herstellung
von Seife dienen können. Beim Einleiten von Ozon in Gasöl erhält man zunächst ein
dickes, braunes öliges Ozonid, das durch Behandeln mit Wasserdampf und nachfolgendes
Erhitzen mit Kali Säuren liefert, deren Lösungen in Alkali nur schwach schäumen.
Wenn man diese Säurelösungen aber ein zweites Mal mit Ozon behandelt, erhält man
Lösungen von gutem Schaumvermögen und angenehmem Geruch. Aehnlich wie
Braunkohlenteeröle verhalten sich auch die aus bituminösem Schiefer gewonnenen
Oele.
Bei Versuchen in größerem Maßstabe wurden drei hintereinander geschaltete Woulfesche Flaschen benutzt, die je 3 kg Oel enthielten.
Der Sauerstoff-Ozonstrom enthielt etwa, 70 g Ozon in 1 m3 Gas und hatte eine Geschwindigkeit von 500 l in der Stunde. Das Oel
absorbiert anfangs das Ozon recht lebhaft, später langsamer. Das so gebildete Ozonid
wurde mit Wasserdampf behandelt, hierauf mit Aetzkalilösung versetzt und nochmals
mit Wasserdampf behandelt. Die dunkelbraune Seifenlösung wurde nach zweimaligem
Ausschütteln mit Benzol neutralisiert und sodann nochmals mit Ozon behandelt, wobei
sie eine hellere Farbe annimmt. Nach Zersetzung der entstandenen Ozonide und
Peroxyde wurde die Lösung im Vakuum zur Trockene eingedampft, wobei eine spröde
feste Seife erhalten wurde, die jedoch rasch Wasser aus der Luft anzieht und eine
braungelbe Schmierseife bildet. Diese unerwünschte Eigenschaft wurde indessen durch
Umwandlung der Kaliseife in Natronseife beseitigt.
Ein Teil des angewandten Gasöls bleibt auch bei der zweiten Ozonisierung
unangegriffen; er wurde im Vakuum destilliert und lieferte bei nachfolgender
Behandlung mit konzentrierter Schwefelsäure ein fast farbloses hochwertiges
Paraffinöl. Auf Grund dieses Befundes wurden weitere Versuche im Großen im
Ozonwasserwerk der Stadt Wiesbaden ausgeführt, die ebenfalls ein günstiges Ergebnis
hatten. Die aus Braunkohlenteeröl hergestellte Kaliseife wurde von verschiedenen
Firmen der Leder- und Textilindustrie mit gutem Erfolg verwendet. (Chemiker-Zeitung,
41 Jahrg., S. 117 bis 119.)
Ueber Kohlenbrände und Kohlenlagerung macht Direktor Kuckuck bemerkenswerte Mitteilungen. In dem neuen Gaswerk
der Stadt Heidelberg werden die ankommenden Kohlen
zunächst gebrochen, hierauf durch ein Becherwerk auf 24 m Höhe gefördert und
schließlich mittels einer Abwurfvorrichtung in ein Schrägtaschensilo, Bauart Rank, abgeworfen. Der Silo faßt im ganzen etwa 6000
t, die einzelnen Taschen haben in der Schräge 27 m Länge und in der Lotrechten
gemessen 6 m Höhe. Eines Tages zeigten sich in drei verschiedenen Taschen des Silos
Temperaturerhöhungen von 25 bis über 100°, und zwar nicht etwa an der tiefsten
Stelle, sondern merkwürdigerweise ziemlich an der Oberfläche der Kohlensäule.
Offenbar hatten sich, da beim Abwerfen die grobstückige Kohle nach unten rollt,
während der feine Gries oben liegen bleibt, an der Stelle des Uebergangs von der
Feinkohle zur Grobkohle sogenannte Nester gebildet, in denen der Brandherd lag. Die
Ursache der Erhitzung und nachfolgenden Entzündung, wobei 1200 t Kohlen verbrannten,
ist in dem Oxydationsprozeß zu suchen, dem jede Kohle an der Luft mehr oder weniger
unterliegt. Bei den minderwertigen Kohlen mit hohem Griesgehalt, wie sie infolge des
Krieges vielfach geliefert wurden, ist die Neigung zur Entzündung besonders
groß.
Die Verhütung von Kohlenbränden ist in der gegenwärtigen Zeit des Kohlenmangels
besonders wichtig. Mit gutem Erfolg hat man die Silos luftdicht verschlossen, um den
Zutritt des Luftsauerstoffs zu verhindern. Diese Methode wird zum Beispiel im
Gaswerk Plauen benutzt, wo man regelmäßig etwa drei Monate nach gänzlicher Füllung
der einzelnen Taschen etwa 6 m unter dem Oberrand der Taschen eine starke Erwärmung
der Kohle beobachtete, die sich in kurzer Zeit bis zur Entzündung steigerte, wenn
die Taschen nicht sofort völlig entleert wurden. Die nähere Untersuchung dieses
Vorkommnisses ergab, daß sich an der bezeichneten Stelle stets Kohlengriesnester
gebildet hatten, die einen Raum von mehreren m3
einnahmen und, sobald sie freigelegt wurden, mit heller Flamme zu brennen begannen.
Ferner zeigte sich, daß die Entzündung nicht allein auf die starke Entmischung der
Kohle beim Füllen der Silotaschen zurückzuführen ist, sondern daß auch
Luftströmungen in größerem Umfange im Innern der Taschen auftreten. Aus diesem
Grunde wurde einmal die bei dem Füllen der Silotaschen angewandte Methode geändert,
ferner wurde die Entstehung von Luftströmungen unmöglich gemacht, indem oberhalb der
Taschen eine Decke mit mehreren Einfüllklappen eingespannt wurde. Die Bildung von
Griesnestern läßt sich in der Weise vermeiden, daß man möglichst große Kohlenmengen
auf der ganzen Breite des Silos schnell herabstürzen läßt. Durch die große
Geschwindigkeit der herabstürzenden Kohlenmenge (8 bis 9 t) kann sich der Gries
nicht mehr an den oberen Stellen absetzen, wie dies beim Einfüllen kleiner, langsam
herabrollender Kohlenmassen der Fall ist, sondern er wird überall gleichmäßig
verteilt. Durch zweckmäßige Anordnung der Füllklappen, die auf mechanischem Wege
betätigt werden, werden die Silotaschen vollkommen gefüllt und infolgedessen sehr
gut ausgenutzt. Die Füllklappen werden nach beendigter Füllung der Taschen gut
verschmiert, so daß ein nahezu vollkommener Luftabschluß der Taschen erreicht wird.
Durch Untersuchung der in den Taschen enthaltenen Luft wurde festgestellt, daß in
den ersten sechs Monaten nach der Füllung der Sauerstoffgehalt der Luft von 21 auf
8,4 v. H. sank und daß die Temperatur im Innern der Kohle keine wesentliche Erhöhung
gegenüber der Außentemperatur aufwies. (Journal f. Gasbeleuchtung, Bd. 60, S. 433
bis 437.)
Sander.
Personliches.
Zum Rektor der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg für das Amtsjahr
1919/1920 ist der Geheime Bergrat Prof. Dr. E. Jahnke
gewählt worden.