Titel: | Rechts-Schau. |
Autor: | W. Dietze |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 77 |
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Rechts-Schau.
Rechts-Schau.
Die Haftung des Maschinenverkäufers wegen Mängel der
Maschine. Die Haftung des Maschinenverkäufers wegen Mängel der verkauften
Maschine bestimmt sich ausschließlich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen
Gesetzbuches (§§ 459 ff. b. BGB.), da das Handelsgesetzbuch hierfür keine besonderen
Bestimmungen getroffen hat. Nach diesen Bestimmungen des BGB. haftet der
Maschinenverkäufer für alle erheblichen Mängel und Fehler der Maschine zur Zeit der
Uebergabe – des Gefahrüberganges –, ferner dafür, daß sie zu dieser Zeit die
zugesicherten Eigenschaften hatte; letzteren Falles kommen auch unerhebliche Mängel
der Maschine in Betracht. Liegen derartige Mängel der Maschine vor, so kann der
Käufer Rückgängigmachung – Wandelung des Kaufvertrages oder Herabsetzung der
Kaufpreissumme – Minderung entsprechend dem wahren Werte der Maschinen von dem
Verkäufer verlangen. Schadensersatz wegen Nichterfüllung kann er dann beanspruchen,
wenn Eigenschaften der Maschine zugesichert waren oder der Maschinenverkäufer einen
Fehler der Maschine arglistig verschwiegen hatte. Kennt der Käufer das Fehlen dieser
Eigenschaften bei Vertragsabschluß, so kann er diese Rechte nicht geltend machen.
Nimmt der Käufer eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so stehen
ihm die Ansprüche auf Wandelung, Minderung bzw. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält.
Bemerkenswert ist das Urteil des Reichsgerichtes vom 23. 11. 1915 in dieser Hinsicht,
das sich mit der Frage beschäftigt, ob durch eine Verkaufsbedingung, wonach außer
der kostenlosen Verbesserung aller innerhalb zweier Jahre nach dem Kauf nachweislich
durch fehlerhaftes Material oder mangelhafte Ausführung entstandener Schäden
„weitergehende Verpflichtungen des Lieferanten ausgeschlossen sind“,
jedes Wandelungsrecht des Käufers beseitigt wird. Nach dem dieser Entscheidung zu
Grunde liegenden Sachverhalt kaufte die Klägerin, die ein Kaffeehaus und eine
Wirtschaft betrieb, von der Beklagten, einer großen und bekannten Maschinenfabrik
drei für ihren Wirtschaftsbetrieb bestimmte Registriermaschinen. In den gedruckten
Bedingungen der beklagten Maschinenfabrik hieß es unter anderem: „Die
Maschinenfabrik leistet bei richtiger Behandlung des Apparates eine Garantie für
die Dauer von zwei Jahren und verbessert kostenlos innerhalb dieser Frist alle
Schäden, welche nachweislich durch fehlerhaftes Material oder mangelhafte
Ausführung entstehen, wenn der Käufer die Kasse zur Reparatur nach der Fabrik
sendet“.
Bei der Benutzung der gelieferten Kassen ergaben sich fortgesetzt Anstände, denen die
beklagte Maschinenfabrik teils an Ort und Stelle, teils in ihrer Fabrik abzuhelfen
suchte. Die Klägerin drohte der Beklagten mehrfach, daß sie die Kassen nicht
behalten werde, stellte sie schließlich endgültig zur Verfügung und erhob Klage
auf Feststellung, daß sie mit Recht von dem Kaufvertrage zurückgetreten sei, sowie
auf Verurteilung der Beklagten zur Zurücknahme der drei Kassen. Der Klage wurde von
sämtlichen Instanzen stattgegeben.
Das Reichsgericht nimmt in diesem Urteil an, daß der Ausschluß des dem Käufer
gesetzlich zustehenden Wandlungsrechtes bei derartigen Kaufverträgen zwischen dem
Maschinenverkäufer und seinem Abnehmer in den Lieferungsbedingungen klar und
unzweideutig zum Ausdruck kommen muß, was jedenfalls völlig zutreffend ist, da diese
Vertragsbedingung eine sehr wesentliche und in die Rechte des Käufers erheblich
einschneidende ist. Ferner hebt das Reichsgericht als Grundsatz hervor, daß der
Käufer regelmäßig keinen Anspruch auf Nachbesserung bei Mängeln der verkauften Sache
gegen seinen Käufer hat, von welchem Grundsatze nur dann eine Ausnahme eintritt,
wenn zwischen den Vertragsteilen ausdrücklich eine besondere Vereinbarung
dahingehend getroffen worden ist, daß der Verkäufer der Maschine zur nachträglichen
Beseitigung von hervorgetretenen Mängeln und Fehlern an dieser berechtigt sein
solle. Wenn jedoch die Fehler der Maschine derartig sind, daß sie trotz aller
Verbesserungsversuche des Maschinenverkäufers ein gesichertes Funktionieren auf die
Dauer unmöglich machen, so hat der Käufer auf alle Fälle das ihm sonst regelmäßig
zustehende Recht auf Rückgängigmachung des ganzen Kaufes – auf Wandelung.
Dr. Werneburg, Rechtsanw., Cöln a.
R.
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Einfluß des Krieges auf schwebende Verträge (Kupfer). Die
Klägerin war nach einem im Februar 1914 geschlossenen Vertrag verpflichtet, der
Beklagten auf Abruf 10000 kg Kupferdraht zu liefern, die bei Kriegsbeginn erst zum
kleinen Teil geliefert waren. Zur Herstellung des Kupferdrahtes benötigte die
Klägerin das aus Amerika zu beziehende Elektrolytkupfer. Ihre gesamten
Kupferbestände wurden alsbald beschlagnahmt. Im Januar 1915 einigten sich die
Parteien, daß die Lieferung des restlichen Kupferdrahtes bis zum Friedensschluß mit
England hinausgeschoben sein solle. Im Juli 1915 und Mai 1916 erklärte die Klägerin,
überhaupt nicht mehr liefern zu wollen und erhob, als die Beklagte widersprach,
Feststellungsklage, daß sie zur Lieferung nicht verpflichtet sei. Das Reichsgericht
als Revisionsinstanz hat in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 1918 nach dem
Klageantrage erkannt: Die Befreiung des Schuldners, die durch die Notwendigkeit der
Leistungsverschiebung nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts infolge des Krieges
eintrete, müsse auch Platz greifen, wenn während des Krieges eine Einigung über
spätere Lieferung stattgefunden habe, es sei denn, daß nach dem Willen der Parteien
die Leistung nach dem Kriege ohne Rücksicht auf irgendwelche infolge des Krieges eingetretenen
Aenderungen der Verhältnisse unter allen Umständen erfolgen solle. Durch den
Eintritt neuer Feinde, besonders Amerikas, habe der Krieg einen Umfang und eine
Bedeutung erlangt, die Anfang 1915 noch nicht vorauszusehen war. Namentlich sei nun
auch der Handel Deutschlands nach dem Kriege betroffen. Gesteigerte Nachfrage nach
Rohstoffen, Lieferungsschwierigkeiten insbesondere durch Mangel an Schiffsraum
würden die Verhältnisse vollständig umwälzen. Zum Neuaufbau des Handels mit dem
Auslande würde der deutsche Kaufmann eines außerordentlichen Maßes von Mut,
Kraft und Ausdauer bedürfen. Seine Unternehmungslust und Kraft würden gelähmt
werden, wenn er durch alte aus der Zeit vor dem Kriege stammende, unter anderen
Verhältnissen abgeschlossene Verträge gebunden wäre, allein schon durch die
Ungewißheit, in welchem Umfange seine Mittel durch jene Ungewissen Verhältnisse in
Anspruch genommen würden. (Aus D. J.-Z. 1919, Heft 1/2 S. 98.)
W. Dietze.