Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 777 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundschau.
Der Kampf um das geeignete Stromsystem für Bahnen
scheint sich mehr und mehr zu Gunsten des Einphasenstromes zu entscheiden.
Gleichstrom scheidet von vornherein aus, da die zur Verminderung der
Zuleitungskosten nötige hohe Spannung von 10000 bis 80000 Volt mit Gleichstrom
praktisch nicht erzeugt, werden kann. Der Drehstrom bereitet der Erzeugung von
Hochspannung nicht mehr Schwierigkeiten als der Einphasenstrom, kompliziert aber die
Zuführung namentlich in den Weichen und erfordert viel mehr Masten und
Isolatoren.
In der E. T. Z. Heft 42, 33. Jahrgang, beschreibt Dr.-Ing. R. von Cauwenberghe eine Wechselstromlokomotive der französischen Südbahn,
bei der es sich um eine Linienspannung von 12000 Volt, 16⅔ Perioden,
Einphasen-Wechselstrom handelt.
Die Lokomotive hat drei Trieb- und zwei Laufachsen. Ueber jeder Triebachse steht auf
der Lokomotive ein Einphasenserienmotor zu 500 PS, der Antrieb geschieht durch
Zahnräder. Die Zahnräder treiben eine hohle Welle, in der mit viel Spiel die
Radachse läuft. Hohle Welle und Rad sind durch eine sogen. Universalkupplung
miteinander verbunden, wodurch die Räder, gegenüber Motor und Lokomotive, große
Beweglichkeit besitzen, ohne das Zusammenarbeiten der Zahnräder zu stören.
Der Serienmotor ist gewählt worden, weil er sich den Traktionsverhältnissen
vorzüglich anpaßt. Große Anfahrmomente, 2,5 bis 3fache des normalen, sind mit ihm
leicht zu erreichen. Bei starker Belastung sinkt seine Drehzahl, während das
Drehmoment steigt. Allerdings geht der Motor auch bei Entlastung durch, was beim
Befahren von Gefällen vorkommen könnte, in diesem Fall tritt aber natürlich die
Bremsvorrichtung in Tätigkeit. Eine Energierückgabe ins Netz findet beim Bremsen
statt der Motor wird dann fremd erregt. Die Energierückgabe trägt zur Verbesserung
des gesamten Wirkungsgrades nicht unwesentlich bei. Die Regulierung der Drehzahl
dieser Motoren geschieht durch Spannungsänderung mit Hilfe eines Drehtransformators,
also stetig ohne Stufen. Der Drehtransformator liegt mit seinem Drehkörper im Joch
des Haupttransformators, welcher zur Heruntertransformierung der 12000 Volt
Linienspannung auf die Motorspannung dient. Hier wird das Feld des
Haupttransformators zur Erzeugung der Zusatzspannung benutzt. Die beiden
Haupttransformatoren sind mit ihren Drehtransformatoren in Reihe geschaltet und
erlauben stetige Spannungsänderungen zwischen 200 und 760 Volt.
Die Motoren tragen außer ihrer Erregerwicklung eine Kompensationswicklung, die aus
zwei gleichachsigen parallelen Zweigen besteht; die beiden Zweige haben verschiedene
Selbstinduktion und verschiedenen ohmschen Widerstand. Damit wird einerseits die
Aufhebung des Ankerfeldes erreicht, und andererseits ein nur in den zwei Zweigen der
Kompensationswicklung fließender Ausgleichstrom erzielt, welcher in den
kurzgeschlossenen Windungen des bewegten Ankers eine der
Transformatorspannung entgegengesetzte Spannung induziert und damit eine gute
Kommutierung möglicht macht. Für schwierige Fälle beim Anfahren können die Bürsten
der Motoren kurzgeschlossen werden, diese laufen dann als Repulsionsmotoren an, was
für die Kommutation vorteilhaft ist. Dabei wird der eine Zweig der
Kompensationswicklung frei. Die drei freigewordenen Zweige werden einander parallel
geschaltet, um die Motoren zu gleichmäßigem Anlauf zu zwingen, denn die kleinste
Geschwindigkeitsdifferenz ruft in diesem Kreise Ausgleichströme hervor, welche die
Differenz aufzuheben suchen.
Der Aufsatz in der E. T. Z. enthält einen Aufriß der Lokomotive, Abbildungen des
Motors, des Transformators, der Universalkupplung sowie ein Schema der gesamten
Schaltung.
v. Kleist.
––––––––––
Ueber die Gasturbine hielt Hans
Holzwarth aus Mannheim auf der 53. Jahresversammlung des Deutschen Vereins
von Gas- und Wasserfachmännern in München 1912 einen Vortrag, dem wir folgendes
entnehmen.
Die theoretisch möglichen Lösungen der Gasturbinenfrage sind die Explosionsturbine
mit Vorverbrennung, die von Holzwarth eingeführt ist, und
die Verbrennungsturbine. Bei der Explosionsturbine werden dem Laufrade die
Verbrennungsgase eines in Explosionskammern intermittierend zur Entzündung
gebrachten Gasluftgemisches durch ein Ventil zugeführt; im Laufrade wird dann die
verfügbare Energie der expandierenden Verbrennungsgase in kinetische Energie
umgesetzt. Die Bewegung der Luft und die Aufladung der Kammern mit Gasgemisch
geschieht durch Gebläse. Der Aufwand an Gebläseenergie beträgt etwa 10 bis 20 v. H.
der verfügbaren Energie der Turbine.
Bei der Verbrennungsturbine werden dem Laufrade durch Düsen dauernd Verbrennungsgase
eines in der Verbrennungskammer ununterbrochen zur Verbrennung kommenden
Gasluftgemisches zugeführt Das Druckgefälle wird durch ein Gebläse erzeugt, dessen
Energieaufwand bis auf 60 v. H. der verfügbaren Energie der Turbine steigen kann.
Hierin liegt ein großer Nachteil der Verbrennungsturbine. Weiterhin wird, da die
Verbrennungsturbine nicht mit den 1500° bis 2000° heißen Verbrennungsgasen betrieben
werden kann, Wasser verdampft, um das Temperaturgefälle von maximal 2000° bis auf
450° hierdurch auszunutzen, während nur das Gefälle von 450° bis zur
Ausgangstemperatur als Wärmegefälle in der Verbrennungsturbine ausgenutzt wird; das
hierbei entstehende Dampfgasgemisch greift aber die Metalle stark an.
Gegen die Explosionsturbine wurde besonders geltend gemacht, daß ihr Wirkungsgrad
durch das wechselnde Druckgefälle, welches die zur Energieumsetzung dienende Düse zu
verarbeiten habe, ungünstig beeinflußt werde. Die Versuche von Holzwarth haben jedoch ergeben, daß eine Düse im eigentlichen Sinne bei
der Explosionsturbine gar nicht unbedingt nötig ist. Er verwendet eine planparallele
Austrittsöffnung, deren Wirkungsgrad unabhängig vom Druckgefälle und höher als der
einer Düse ist. Der weitere Vorwurf gegen die Explosionsturbine, daß das Laufrad die
schwankende Strahlgeschwindigkeit ungünstig ausnutze, ist theoretisch wohl
berechtigt, wird in der Praxis jedoch durch andere günstige Faktoren so aufgehoben,
daß der Wirkungsgrad der Explosionsturbine dem der Dampfturbine – ähnliche
Verhältnisse vorausgesetzt – nicht wesentlich nachsteht. Bei Versuchen mit einer
Gasturbine in Käferthal wurden Wirkungsgrade von 20 bis 24 v. H. nachgewiesen, so
daß die Möglichkeit der Konkurrenz auch mit der Gaskolbenmaschine gegeben ist. In
der nachstehenden Figur ist ein vergleichendes Schaubild gegeben. Als Abszissen sind
die Prozente der Belastung im Verhältnis zur effektiven Nennleistung an der Welle
aufgetragen, als Ordinaten die effektiven Wirkungsgrade.
Die Angaben über die Gaskolbenmaschine sind dem Aufsatze von Hubert Hoff über „Kraftversorgung der Hüttenwerke“ in der
Zeitschrift „Stahl und Eisen“ 1911 und 1912 entnommen.
Der Wirkungsgradkurve der Dampfturbine wurden 10 at Dampfeintrittsspannung, 250°
Dampftemperatur, 90 v. H. Vakuum und ein Kesselwirkungsgrad bei Gasheizung von 0,70
v. H. zugrunde gelegt.
Textabbildung Bd. 327, S. 778
Belastung; a = Gasturbine, b =
Hoff-Düdelingen, Gasmessung mit Stauscheibe, Betriebsversuch. c = 1200 PSe Gasmessung mit Gasometer, Paradeversuch. d =
Wincotte-Brüssel, 1000 KW, Gasmessung mit Stauscheibe. Betriebsversuch. e =
Dampfturbine, 1000 KW, 10 at, 250° C, 90 v. H. Vak., Kessel 0,70.
Die Wirkungsgradkurve der Gasturbine ist so weit aufgetragen, als bisher Messungen
vorliegen. Ihr Verlauf ist, ähnlich wie bei der Dampfturbine, flacher als bei der
Gaskolbenmaschine und insofern verhältnismäßig günstiger. Die Unterschiede im
Verlauf der Wirkungsgradkurven beruhen auf den verschiedenen Regelungsmethoden, die
sich daraus ergeben, daß die Gasturbine eine wesentlich größere Zahl von
Verbrennungsräumen erhält als die Gaskolbenmaschine. Dadurch ist es nämlich bei der
Gasturbine möglich, die Leistung durch Ab- und Zuschaltung von Verbrennungsräumen zu
regeln, wodurch sich ein flachere Wirkungsgradkurve ergibt als bei der für
Gaskolbenmaschinen hauptsächlich üblichen Regelung durch Drosselung der
Gasluftmenge. Da nun die durchschnittliche Belastung der Hüttenwerke zwischen 40 und
50 v. H. liegt, so müssen die Aussichten für eine Kraftmaschine, die hierbei noch
etwa 18 v. H. Wirkungsgrad ergibt, sehr günstig sein, wie auch aus der Betrachtung
des Diagrammes hervorgeht.
Für die Praxis kommt als Hauptmoment noch die Wirtschaftlichkeit in Frage, die sich
aus den Aufwendungen für Tilgung, Zinsen, Putz- und Schmiermaterial,
Reparaturen und Wartung ergibt. Diese betragen in Hüttenwerken für
Gaskolbenmaschinen etwa 245 v. H. und für Dampfturbinen nur etwa 55 v. H. des
Aufwandes für den Brennstoff. Ueber die Gasturbine, die sich ja erst in der
Entwicklung befindet, liegen noch keine Betriebszahlen vor. Nach den bisherigen
Erfahrungen wird sie sich jedoch bezüglich Abnutzung usw. nicht wesentlich von der
in dieser Beziehung so sehr günstigen Dampfturbine unterscheiden.
Als Betriebsmittel kommen für die Gasturbine dieselben Gase in Betracht wie für die
Gaskolbenmaschine. Eine sichere Zündung, welche bei letzterer durch die Regelung der
Kompressionshöhe erfolgt, wird bei der Gasturbine durch Regelung der Wandtemperatur
erreicht. Ueber die Verwendung flüssiger Brennstoffe liegen noch keine Versuche vor,
doch erscheint dieselbe bei gleicher Durchführung wie bei den Diesel-Motoren außer Zweifel.
Für kleine Leistungen ist von Holzwarth eine Oelturbine
für 200 PS bei 3000 Umdrehungen i. d. Min. entworfen, von der ein Wirkungsgrad von
etwa 16 v. H. entsprechend dem von Automobilmotoren zu erwarten ist. [Journal für
Gasbeleuchtung und Wasserversorgung 28. September 1912.]
Dipl.-Ing. Ritter.
––––––––––
Kraftwirkung im Gleichstrom-Magnetfelde mit Anwendung auf
Elektromagnete. Ein vom elektrischen Strom oder sonstwie erzeugtes
konstantes magnetisches Feld stellt bekanntlich einen im Raum verteilten
Arbeitsvorrat dar. Es ist leicht zu zeigen, daß die in der Raumeinheit (cm3) vorhandene Energie ausgedrückt werden kann
durch die Formel: E_1=\frac{1}{20}\,A\,w\,.\,B, wo B die Induktion in Cgs
Einheiten bedeutet, und Aw die Ampèrewindungen,
die nötig wären, um B auf 1 cm Länge durch das Material
zu treiben, das sich in dem betreffenden cm3 Raum
befindet. Der Energievorrat E1 erscheint dabei in Erg. Die gesamte Feldenergie könnte man ausdrücken
durch E=\frac{1}{20}\,\int\limits_0^V\,A\,w\,.\,B\,.\,d\,v
(Erg.). Um die Kraft, die in diesem Felde in bestimmter Richtung auf ein Stück Eisen
oder eine stromdurchflossene Spule wirkt, zu berechnen, kann man folgendermaßen
vorgehen: Man denkt sich das Stück Eisen in der betr. Richtung um ein kleines Stück
Δs verschoben. Es sei die gesamte Feldenergie vor
der Verschiebung gleich B, nach der Verschiebung gleich
E + ΔE, ΔE bedeutet den
kleinen Energiezuwachs des Feldes infolge der Verschiebung. Es mußte also bei der
Verschiebung eine Arbeit geleistet worden sein, die nur unter Kraftwirkung vor sich
gehen konnte. Nehmen wir an, die Kraft am Anfang der Bewegung sei P, am Ende P + ΔP, dann
gibt uns der Mittelwert dieser Kraft mal dem Wege die dem Felde zugefügte
Arbeitsmenge an:
\frac{2\,P+\Delta\,P}{2}\,.\,\Delta\,s=(E+\Delta\,E)-E oder
P+\Delta\,P/2=\frac{\Delta\,E}{\Delta\,s}
Denken wir uns nun die Verschiebung As unendlich klein,
dann erhalten wir:
P=\frac{d\,E}{d\,s}
Die Formel
E_1=\frac{1}{20}\,A\,w\,.\,B zeigt deutlich, wo der Hauptsitz
der Energie im magnetischen Felde ist, nämlich dort, wo bei derselben Induktion B die meisten Aw zur
Erregung derselben nötig sind. Darüber gibt uns jede Eisenmagnetisierungskurve
Aufschluß. Um z.B. 10000 Linien auf 1 cm Länge im Eisen zu erzeugen, brauchen wir
etwa 8 Aw, während in der Luft auf 1 cm Länge bei derselben Induktion 8000 Aw nötig
wären. Die Energie in diesem Fall ist in der Luft f. d. cm3 1000 mal so groß wie im Eisen.
Textabbildung Bd. 327, S. 779
Fig. 1.
Um mit Hilfe der obigen Formel die Kraft zu berechnen, mit der ein Hufeisenmagnet M seinen Anker A anzieht,
machen wir folgende Annahmen: Das gesamte Feld befinde sich im Eisen des Magneten
M und im Anker A,
außerdem in der Luft zwischen den Polschuhen des Magneten und dem Anker, wie Fig. 1 andeutet. Die Kraftlinien in der Luft treten
senkrecht aus dem Eisen und verlaufen in der Luft parallel zueinander. Wie wir
gesehen, braucht man nur mit der in der Luft aufgehäuften Energie zu rechnen, da die
im Eisen sehr klein dagegen ist. Das, das Luftfeld umfassende Volumen ist gleich 2 f
∙ s, wo f den Polschuhquerschnitt in qcm und s den Abstand in cm bedeutet. Die Energie ist dann
gleich E=\frac{1}{20}\,A\,w\,.\,B\,.\,2\,f\,.\,s (Erg.). Die
Kraft, mit der der Anker von den Polschuhen angezogen wird, ist:
2\,P=2\,\frac{d\,E}{d\,s}=\frac{1}{20}\,2\,f\,\left(B\,.\,s\,.\,\frac{d\,A\,w}{d\,s}+A\,w\,.\,s\,\frac{d\,B}{d\,s}+A\,w\,.\,B\,\frac{d\,s}{d\,s}\right)
B haben wir in der Luft als parallel verlaufend
angenommen, was mit Konstanz gleichbedeutend ist, dasselbe gilt natürlich auch für
die dazugehörigen Aw;
\frac{d\,A\,w}{d\,s} und \frac{d\,B}{d\,s}
sind also gleich 0, es bleibt: P=\frac{1}{20}\,A\,w\,f\,.,B
(Dynen) die Kraft f. d. Pol.
Um diese Formel in die bekannte Maxwellsche Form zu
bringen, führen wir A\,w=\frac{B}{0,4\,\pi\,\mu} ein, wo μ die Permeabilität (in Luft 1) bedeutet.
P=\frac{B^2\,f}{8\,\pi\,\mu}; in Luft
P=\frac{B^2\,f}{8\,\pi}.
Diese von Maxwell angegebene Formel
gilt also nur, wenn die Induktionslinien zueinander parallel verlaufen.
In Heft 42, XXX. Jahrgang der Zeitschrift für Elektrotechnik und Maschinenbau (Wien)
berechnet Franz Kraus, Wien, die von einem Strome J (Ampère) in Z Windungen
erzeugte gesamte Feldenergie E:
E=\frac{1}{20}\,J\,.\,Z\,.\,N (Erg.), wo N die gesamte Kraftlinienzahl des Feldes bedeutet. Weiter findet er, daß
die Kraft im Felde auf ein Stück Eisen ausgedrückt werden kann durch
P=\frac{1}{20}\,J\,.\,Z\,.\,\frac{d\,N}{d\,s}. Diese Formel
für P ergibt sich nach unserer obigen Ableitung sehr
einfach:
P=\frac{d\,E}{d\,s}=\frac{1}{20}\,Z\,J\,.\,\frac{d\,N}{d\,s},
da J und Z hier konstant vorausgesetzt sind.
In oben erwähntem Aufsatze von Kraus finden wir außer
diesen zwei Hauptgleichungen nebst ihren Ableitungen mehrere Berechnungen üblicher
Formen von Elektromagneten nebst Skizzen und Andeutung, wie der Streuung Rechnung zu
tragen ist.
In diesen Beispielen ließ sich N leicht als Funktion von
s darstellen und zwar als eine Funktion, deren
Aenderung nach dem Wege \left(\frac{d\,N}{d\,s}\right) auch
wieder eine sehr einfache Wegfunktion bildet.
Die Kraft im Felde ist immer in der Richtung, in der die gesamte Feldenergie nach
Verschiebung verkleinert würde; da nun die Hauptenergiemenge im Luftraum sich
befindet, so bemerken wir auch im allgemeinen die magnetische Kraft auf
Verkleinerung dieses Luftraumes gerichtet, während die Kraftlinienzahl (bei
konstantem J. Z) einem Maximum zustrebt.
v. Kleist.
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Eine neue Blei-Zink-Aufbereitung in Kreuth bei Bleiberg
(Kärnten). Um die Jahreswende 1911/12 ist von der Bleiberger Bergwerksunion (Sitz Klagenfurt) ein
großes Werk fertiggestellt worden: die Zentralaufbereitung in Kreuth bei Bleiberg
(Oberkärnten). Diese neue Aufbereitungsanstalt verdient aus verschiedenen Gründen
das Interesse eines jeden Technikers. Der Beton,
insbesondere auch der Eisenbeton, ist bei dem Bau
weitgehend in Anwendung gekommen. Die zahlreichen Sümpfe für Schlämme, Trüben,
Betriebswasser und Becherwerke, die Rinnensysteme um die Rundherde, der
Zwischenboden in den beiden Herdwäschen, auf welchem die oberen Herdreihen stehen,
dann endlich die Behälter für die Fertigprodukte bestehen alle aus dem genannten
Material. Man trug sich sogar mit dem Gedanken, die ganzen Spitzkastenreihen in
Eisenbeton zu konstruieren, gab jedoch diese Idee mit Rücksicht auf die
Schwierigkeit etwa nötig werdender Abänderungen wieder auf, und wohl mit Recht. Das
stufenförmig abgesetzte Gebäude ist mit stark geneigten, durch Glasrippen
unterbrochenen Pultdächern gedeckt, eine Form, die durch die starken Schneefälle
bedingt wird. Ein konstruktiv etwas heikler Punkt ist wohl immer die unmittelbare,
starre Verbindung eines hohen Fördergerüstes mit
einer Gebäudemauer, denn in ersterem sind mehr oder minder starke Schwingungen
unvermeidlich und diese können im Laufe der Zeit unangenehm auf die Mauer einwirken.
Es dürfte sich wohl empfehlen, bei sehr nahe an Gebäuden
gelegenen Förderschächten die Träger der Abzugsbühne nicht starr mit der Mauer zu
verbinden (einzubetonieren), sondern nur auf dieselbe aufzulagern.
Das größte Interesse bietet die neue Anlage selbstverständlich für den
Aufbereitungsfachmann. Die terrassenförmige Anordnung
ist, begünstigt durch das gebirgige Terrain, in vollkommenster Weise durchgeführt
und es sind daher maschinelle Transportmittel ausschließlich für den
Rückwärtstransport von Zwischenprodukten nötig. Dem verschiedenen Charakter der Erze
entsprechend ist die ganze Anlage in zwei gleichartige,
durchlaufende Systeme geteilt, von denen das nördliche für bleiisches, das
südliche für zinkisch-bleiisches Hauwerk bestimmt ist. Durch Einbau großer
Vorratstaschen zur Aufnahme von etwa 600 Hunten Hauwerk als oberste Etage ist die
sonst so unangenehm fühlbare Abhängigkeit zwischen Förderung
und Aufbereitung so gut wie ausgeschaltet. Außerdem sind auch in der Grube
zwei große Hauwerksbehälter vorgesehen. Durchweg ist es streng vermieden, einmal
angereicherte, einen höheren Halt aufweisende Produkte wieder mit ärmeren Zeugen zu
vermengen und zusammen weiter zu verarbeiten. Das Hauwerk, das Grubenklein und die
Zwischenprodukte werden in scharf gesonderten Abteilungen
aufbereitet und nicht nur jede dieser Abteilungen, sondern auch jede Unterabteilung
wird separat angetrieben. Im ganzen stehen acht
Drehstrommotoren von insgesamt etwa 200 PS Nennleistung in Verwendung. Die neue
Kreuther Aufbereitung ist darauf berechnet, 250 t Hauwerk in zehn Stunden zu
verarbeiten.
In der Verscheidung gelangt die Handarbeit in ausgedehntem
Maße zur Anwendung: es sind vier doppelseitig zu bedienende, rotierende Klaubtische
von 5 m ∅ aufgestellt, welche in sehr zweckmäßiger Weise von außen angetrieben
werden. Man hört übrigens in neuerer Zeit öfter die Ansicht, es ließe sich die
Handarbeit aus der Aufbereitung entfernen. Dies wird aber wohl kaum je der Fall
sein, im Gegenteil. Durch die allzustarke Einschränkung der
Handarbeit ist im Aufbereitungswesen in neuester Zeit sicher schon sehr
viel an Substanz und Kosten verloren gegangen. Vorsetzmaschinen bürgern sich offenbar in der Aufbereitungstechnik immer
mehr ein; auch in dieser neuen Aufbereitung sind solche vertreten, und zwar von 23
mm Korngröße ab. Es wurde sogar davon gesprochen, noch weiter in der Korngröße
hinaufzugehen, nämlich bis über 30 mm. Es scheinen also die verschiedenen Nachteile
der Vorsetzmaschinen nicht allzusehr ins Gewicht zu fallen. In dem Setzmaschinensaal
ist auf das Vorhandensein genügend starker Reserven
Bedacht genommen.
Aeußerst interessant und nachahmenswert ist die Art und Weise, wie die Bleiberger
Bergwerksunion die für ihre Zwecke geeignetste Herdtype feststellte. Es wurde
nämlich zu diesem Zwecke in einem alten Waschwerk eine Versuchsaufbereitung eingerichtet, in welcher man über drei Jahre lang folgende neueren Herde laufen ließ:
Kruppscher Grusonwerk-Herd, Kruppscher Ferraris-Herd, Schmallenbach-Herd,
Marchegger Schüttelherd, Humboldtscher Schüttelherd, Humboldtscher Schnellstoßherd (seit Winter 1909/10).
Es ist ohne weiteres klar, daß dieser langjährige, selbst
ausgeführte Versuchsbetrieb der Bleiberger-Bergwerksunion eine viel bessere
Beurteilung der verschiedenen Herde ermöglichte, als eine verhältnismäßig
kurzdauernde Probeaufbereitung eines kleinen Hauwerkquantums in einer Fabrik für
Aufbereitungsmaschinen oder auch in mehreren solchen Anstalten. Am besten
bewährten sich die Schüttelherde der Maschinenfabrik Humboldt und der Marchegger Maschinenfabrik,
doch wurde bei dem letzteren Typ der große Raumbedarf als unangenehm empfunden. Die
Schlammwäsche wurde im ganzen von der Spezialfirma Humboldt in Kalk bei Köln gebaut, während die ganze übrige Anlage von der
Bleiberger Bergwerksunion in eigener Regie gebaut und montiert wurde. (Pläne der
neuen Aufbereitung und ein Stammbaum des Aufbereitungsvorganges finden sich, nebst
einer kurzen Beschreibung, in folgender Broschüre: Der Franz-Joseph-Stollen und die damit zusammenhängenden Betriebsanlagen in
Bleiberg. Erinnerung an die Durchschlagsfeier 24. Juni 1911. Klagenfurt 1911, Verlag
der Bleiberger Bergwerksunion. Ueber neuere Herde vergleiche „Glück Auf“ 47. Jahrgang 1911, Seite 337 ff.)
v. Reitzenstein.
–––––
Kabel in langen oberirdischen Fernsprechleitungen. Während
es bisher im allgemeinen noch möglich war, die Fernsprechleitungen für den großen
Verkehr auch in den Großstädten oberirdisch über die Dächer zu führen, muß jetzt im
größeren Umfange zur Verlegung von Kabeln übergegangen werden. So sind kürzlich als
erste längere Einführungskabel größerer Leistungsfähigkeit folgende Kabel
fertiggestellt worden:
Berlin nach Staaken bei Spandau (20 km) zur Entlastung
einer stark besetzten oberirdischen Linie nach dem Westen, Hannover, Köln usw. mit
74 Doppeladern von 2 mm ∅.
Berlin, Hauptfernsprechamt nach Frankfurter Allee (5 km)
zur Entlastung der Linie nach Schlesien mit 52 Doppeladern von 2 mm ∅.
Frankfurt (Main) nach Höchst (13 km) mit 74 Doppeladern
von 1,2 mm und 24 Doppeladern von 1,7 mm ∅.
Hamburg nach Wandsbek (7 km) mit 48 Doppeladern von 2 mm
∅.
In sämtlichen Kabeln sind nach dem Prinzip von Dieselhorst-Martin je zwei Doppelleitungen zu einer Viererleitung
verseilt, die ihrerseits zu einer dritten Fernsprechverbindung benutzt werden kann.
Die Doppelleitungen sind zur Herabminderung der Dämpfung mit Pupinspulen
ausgerüstet. Die Viererleitungen sollen gleichfalls zum Teil demnächst pupinisiert
werden. In ihrer Dämpfung entsprechen etwa die Leiter von
1,2
mm
∅
einer
gewöhnlichen
Freileitung
von
1,5 mm,
1,7
mm
∅
„
„
„
„
1,9 mm,
2
mm
∅
„
„
„
„
2,3 mm.
Die Kabel sind sämtlich von der Firma Siemens & Halske hergestellt worden.
F. L.
––––––––––
Der Verein deutscher Brücken- und Eisenbau-Fabriken (Sitz
Berlin) hat am 26. X. d. J. unter zahlreicher Beteiligung seiner Mitglieder in
Düsseldorf seine VIII. ordentliche Hauptversammlung abgehalten.
Ueber die Marktlage des verflossenen Geschäftsjahres (1. Juli 1911 bis 30. Juni 1912)
führte der Vorsitzende folgendes aus:
Die Nachfrage nach Eisenbauten aller Art war im abgelaufenen Geschäftsjahr groß.
Die vermehrten Anfragen der Industrie bedingten einen Absatz an diese, wie er seit
Bestehen des Vereins nicht erreicht worden ist. Der Bedarf der Behörden ist von rd.
20 Millionen Mark des Vorjahres auf rd. 30 Millionen Mark in diesem Jahre
gestiegen.
Der Auftragseingang und die Erzeugung erreichten im Berichtjahre die Höhe von je rd.
435000000 kg, während im Vorjahre 401000000 kg versandt und 384000000 Kilogramm an
Konstruktionen hereingenommen wurden, gegen eine Erzeugung von rd. 344000000 kg in
1909/10 und 309000000 kg in 1908/09.
Der Auftragsbestand der Werke ist befriedigend, die Preise sind aber noch immer sehr
gedrückt. Auch das Ausfuhrgeschäft war in dem Berichtjahr sehr rege, aber viel
umworben, so daß die Gewinne daraus zu wünschen übrig ließen. Der Wert der Ausfuhr
stellte sich auf rund 17 Millionen Mark.
Das öffentliche Verdingungswesen hat in diesem Jahre die gleichen maßlosen
Unterbietungen wie in den Vorjahren gezeitigt, und die Versuche des Vereins, bessere
Preise zu erzielen, waren bisher erfolglos.
Der Verein wird sich zusammen mit dem Stahlwerksverband an der „Internationalen
Baufach-Ausstellung zu Leipzig 1913“ beteiligen. In einem eigenen
Ausstellungsgebäude werden diese beiden Verbände den Besuchern einen Ueberblick
geben über die Herstellung des Eisens und seine Verwendung im Bauwesen.
Die von dem Verein in großzügiger Weise in Angriff genommenen Versuche mit
Eisenkonstruktionen werden fortgesetzt.
Die große Versuchsmaschine, die größte ihrer Art, ist in diesem Jahre fertig gestellt
worden und in einem vom Verein erbauten besonderen Gebäude auf dem Gelände des Kgl.
Materialprüfungsamtes zu Berlin-Lichterfelde untergebracht (s. D. p. J. 1911, Bd.
326, S. 168).
Am 27. August d. J. fand der erste größere Versuch mit einem Druckstab von 7 m Länge
statt. Weitere Versuche sind in Vorbereitung. Mit der Maschine können Stäbe bis zu
15 m Länge einem Druck von 3000000 kg oder einem Zug von 1500000 kg ausgesetzt
werden.
Die Ergebnisse der Versuche werden durch die Fachzeitschriften der Oeffentlichkeit
übergeben.
Das ganze Unternehmen gewinnt an Bedeutung durch die Förderung, die es durch die
preußischen Ministerien, durch den Stahlwerks-Verband, durch den Verein deutscher
Ingenieure und die Jubiläumsstiftung der deutschen Industrie, sowohl durch Hergabe
von Geld wie durch die Beteiligung ihrer hervorragendsten technischen Kräfte
erfährt.
Der Verein hat sich mit der Errichtung der Maschine und den dauernd vorzunehmenden
Versuchen, die mit großen Geldopfern verbunden sind, ein besonderes Verdienst um
Wissenschaft und Industrie erworben.
––––––––––
Explosion einer Dampfturbine. In der Sozial-Technik Heft
20 berichtet Gewerbeassessor Jantze über einen
Unfall, das Zerspringen des Schaufelrades einer kleinen Dampfturbine, dem leider
auch ein Menschenleben kostete.
Die von einer Berliner Firma gelieferte Turbine leistete etwa 8 PS und diente zum
Antriebe eines Ventilators mit 350 Umdrehungen i. d. Min. Die Umlaufzahl der Turbine
war mit 3500 angegeben. Die ursprünglich vorgesehene Zahnradübertragung wurde sehr
bald unbrauchbar und mußte von den Turbinenlieferanten durch eine Riemenübertragung
ersetzt werden. Die Durchmesser der beiden Riemenscheiben waren 77 und 775 mm,
Riemenbreite 6 cm.
Bei der hohen Geschwindigkeit lief der Riemen sehr häufig ab, das war auch an dem
Unglückstage geschehen, und ehe noch der Maschinenwärter, wie gewöhnlich, das
Dampfventil schließen konnte, zersprang das Schaufelrad der Turbine, sprengte das 22
mm starke Gehäuse und durchschlug eine starke Betondecke. Dem Aufseher wurde durch
ein Sprengstück der Schädel zerschmettert, so daß er nach zwei Stunden starb.
Wie sich herausstellte, hatte die Sicherheitsvorrichtung der Turbine versagt. Sie
bestand aus einem Kolbenschieber, der durch Federdruck geschlossen werden sollte
sobald seine Arretierung bei Ueberschreiten der noch zulässigen Geschwindigkeit
durch eine mitrotierende Schwungmasse ausgelöst würde.
Der Unfall beweist, daß man sich auf derartige Sicherheitsvorrichtungen nicht
verlassen kann. Die beste Sicherheit ist immer eine solide einwandfreie Konstruktion
der Uebertragungsorgane und vor allem der Turbine selbst. Im vorliegenden Falle
scheint aber die Konstruktion nichts weniger als einwandfrei gewesen zu sein. Der
Radkranz war unverhältnismäßig schwer, dagegen die Dicke der Scheibe zu gering und
nach der Nabe zu nur wenig verstärkt. Die Nabe selbst war besonders schwach und noch
weiter durch drei achsiale Schraubenlöcher von 5 mm Durchmesser geschwächt. Das
Material der Scheibe war Bronze, Stahl hätte größere Sicherheit geboten.
Die Bruchfugen der Scheibe gehen denn auch durch alle drei Schraubenlöcher. Ohne
diese Bohrungen, die sicher einen schweren konstruktiven Fehler darstellen, wäre
wohl das Unglück nicht eingetreten.
Aus all dem ergibt sich für den Käufer, daß es angezeigt ist, auch selbst kleinere
Turbinen von bewährten Firmen zu beziehen, deren Erfahrungen technisch einwandfreie
Konstruktion und Ausführung und damit die größte Betriebssicherheit verbürgen.
Kff.
–––––
Ueber Großkraftwerke und Energieverteilung unter besonderer
Berücksichtigung der oberen Spannungen bis 150000 Volt sprach
Regierungsbaumeister a. D. Bartel im Verein Deutscher
Maschinen-Ingenieure. Unter der Annahme, daß ganz Deutschland mit elektrischer
Energie für Licht, Kraft und den Betrieb der Vollbahnen einheitlich versorgt werden
soll, wurde die Leistung der Kraftwerke für Norddeutschland auf 7 Millionen KW, die
zu erzeugenden KW-Stunden auf 14000 Millionen geschätzt. Die Bahnen benötigen allein
6 Millionen KW und
12000 Millionen KW-Stunden. Da Norddeutschland größere Wasserkräfte nicht besitzt,
müßten die Werke als Dampfkraftwerke errichtet werden.
Die vorhandenen Energiequellen sind hauptsächlich Braunkohle und Torf, und deren
Nutzung in Großkraftwerken von mindestens 50000 KW Leistung würde die wirtschaftlich
günstigste Stromerzeugung darstellen.
Der Vortragende ging dann ausführlicher auf die Gewinnung des Torfes ein und zeigte
den Entwurf eines Werkes von 50000 KW für Torffeuerung. Die Verwendung des Torfes zu
Kraftzwecken würde außerdem die jetzt nachdrücklich in Angriff genommene Besiedelung
der Moore unterstützen. Man könnte mit dem Torf allein den Stromverbrauch
Norddeutschlands einschl. Vollbahnen für 256 Jahre decken. Die übliche Bauart der
Hochspannungsfreileitungen in Deutschland wurde an den Ausführungen der
Ueberlandzentralen der Provinz Pommern, des Märkischen Elektrizitätswerkes und vor
allem an den Ausführungen der Leitungen des Elektrizitätsverbandes Gröda, 60000
Volt, und der A.-G. Lauchhammer, 100000 Volt, erläutert, und die Kosten f. d. km
Leitungslänge und für die Transformatorstationen gegeben.
An Hand theoretischer Untersuchungen wies der Vortragende nach, daß es zweckmäßig
wäre, für Licht, Kraft und Bahnen als obere Spannung 150000 Volt, als mittlere 15000
Volt einheitlich für Deutschland zu wählen.
Es stellen sich die Kosten der KW-Stunde an dem Kraftwerk auf 2 Pf., an den
Haupttransformatorstationen auf 2,6 Pf. und für die kleineren und kleinen Abnehmer
auf 7 bis 8 und 10 bis 13 Pf.
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In einem Vortrage, gehalten auf der XX. Jahresversammlung
des V. D. E. in Leipzig, entwickelt Zivilingenieur E. F.
G. Pein seinen Plan, an der Holsteinischen Westküste bei
Husum ein Flutwerk zu errichten. Danach soll dort eine
Anlage geschaffen werden, in der die lebendige Kraft der durch die Gezeiten in
Bewegung gebrachten Wassermassen des Meeres mittels Turbinen und Dynamos in
elektrische Energie umgewandelt wird.
Der Küste von Husum ist die Insel Nordstrand vorgelagert, so daß zwischen dem
Festland und der Insel ein von Süden nach Norden gerichteter Meeresarm gebildet
wird, welcher etwa 3 km breit und 6 km lang ist. Er, wie auch das ganze Wattenmeer,
zu dem er gehört, ist nur einige Meter tief, so daß leicht durch Deiche große
Wasserflächen vom offenen Meere abgesperrt werden können.
Die Lage zeigt ungefähr die nebenstehende Figur. Der 2800 m lange Damm, welcher die
Insel mit dem Festlande verbindet, ist schon vorhanden. Es soll noch ein 4300 m
langer Mitteldeich und ein 4200 m langer Süddeich aufgeführt werden, wodurch zwei
Becken entstehen: das Hochbecken (HB) von 620 ha und
das Niederbecken (NB) von 850 ha. Bei Husum beträgt der
Tidenhub, d.h. die Differenz zwischen Flut- und Ebbenhöhe im Mittel 3,3 m. Auf dem
Mitteldeich soll die Turbinenanlage errichtet werden. Die Turbinen sind so bemessen,
daß innerhalb sechs Stunden die Wasserhöhe des MB
von ihnen nur um 1,2 m erniedrigt wird, während das NB
in derselben Zeit um 0,8 m gefüllt wird. Das HB wird
durch ein Wehr im Süddeich bei Flut aufgefüllt, das NB
bei Ebbe geleert. Es ist also ein ununterbrochener Betrieb der Turbinen auf diese
Weise ermöglicht. Ganz konstant wird die Leistung natürlich nicht sein, da die
Drehzahl der Turbinen wesentlich vom Niveauunterschied der Becken abhängt. Um von
der veränderlichen Drehzahl in der Spannung der Dynamos unabhängig zu sein, sind
Gleichstromgeneratoren vorgesehen, deren Spannung durch Selbstregelung leicht
konstant gehalten werden kann. Bei 24-Stunden-Betrieb kann die Anlage im Mittel 6000
PS abgeben. Bei kürzerer Betriebsdauer steigt die Leistungsfähigkeit, weil der
Niveauunterschied der beiden Becken größer gehalten werden kann; bei
8-Stunden-Betrieb ist eine Leistung von 7200 PS möglich. Für weitere Uebertragungen
der elektrischen Energie müssen Gleichstrom-Wechselstrom-Umformer aufgestellt
werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 782
Am meisten interessiert an der Anlage wohl die Rentabilität und ihre
Konkurrenzfähigkeit mit bekannten Systemen der Kraftgewinnung. Wegen Raummangel
können wir hier die Rechnung nur andeuten. Die Anlage der Deiche ist mit 3,5
Millionen Mark veranschlagt, ihre Amortisation braucht nicht in Rechnung gestellt zu
werden, da das abgedeichte Gebiet zum selben Wert als Marschland zu.
landwirtschaftlichen Zwecken Abnahme findet. Die Aufstellung der Gebäude, die
Anschaffung und Aufstellung der zwölf Francis-Turbinen,
der sechs Gleichstrommaschinen, der drei Umformer, der Schaltanlage, der elektrisch
betriebenen Schützen sind zusammen mit 1250000 M veranschlagt. Dazu kommen noch
andere Unkosten im Betrage von etwa 750000 M, so daß die ganze Anlage 5,5
Millionenkosten würde. Eine Dampfturbinenanlage von 6000 PS kostet etwa 900000 M.
Bei heutigen Kohlenpreisen und bei Annahme der vorstehenden Zahlen zur Berechnung
des Strompreises zeigt es sich, daß bei einer Benutzungsdauer von etwa 2750 Std. im
Jahr der Preis f. d. KW/Std. in beiden Anlagen ungefähr gleich sein und 3 Pf.
betragen würde. Bei größerer Benutzungsdauer sinkt der Preis beim Flutwerk rascher
als bei der Dampfanlage, und zwar für beide geradlinig. Er beträgt bei 24stündigem
Betrieb 1,35 Pf. beim Flutwerk und 2,46 Pf. bei der Dampfanlage. Bei weniger als
2750 Stunden Betrieb im Jahre kehrt sich das Verhältnis rasch zu Gunsten der Dampf
anläge um.
Den Verbrauch elektrischer Energie eines Bezirkes kann man in zwei Teile zerlegen:
den durchgehenden, mindestens acht Stunden täglich dauernden, und den kurzzeitigen,
die Spitzen der Verbrauchskurve bildenden. Das Flutwerk würde zweckmäßig den ersten, die Dampf
anläge den zweiten Teil übernehmen. Bei solcher Anordnung ist eine Rentabilität wohl
zu erwarten, namentlich wenn der mit der Zeit sicher steigende Kohlenpreis in
Betracht gezogen wird.
Auch ist die Befriedigung nicht zu unterschätzen, die wir bei dem Gedanken empfinden
müssen, daß die, auf Kosten der Beweglichkeit unserer Mutter Erde sonst
verlorene Gezeitenreibung, wenn auch nur zum kleinen Teil, unseren
Kulturzwecken dienstbar gemacht werden könnte.
Eie E. T. Z. bringt den Vortrag in Heft 42 und 431912 mit einigen Karten,
historischen Daten und Plänen der Anlage sowie einer einleitenden Erläuterung der
Entstehung von Ebbe und Flut.
v. Kleist.