Titel: | VERSUCHE AN EINEM VERBRENNUNGSMOTOR. |
Autor: | Fritz L. Richter |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 710 |
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VERSUCHE AN EINEM VERBRENNUNGSMOTOR.
Von Dipl.-Ing. Fritz L. Richter in
Chemnitz.
(Schluß von S. 697 d. Bd.)
RICHTER: Versuche an einem Verbrennungsmotor.
Wegen der vorstehend besprochenen Fehlerhaftigkeit hat das Ergebnis der
Indizierung und die erfolgte Feststellung der Abgastemperatur keine allgemeine
Bedeutung. Gleiches gilt für die Wassermenge und ihre Wärmeaufnahme, weil es nicht
möglich ist, bei den Unterrichtsversuchen die Wassermenge in der hierfür
erforderlichen Sorgfalt einzuregeln.
Textabbildung Bd. 327, S. 710
Fig. 10. Leuchtgasverbrauch und thermischer Wirkungsgrad des
Verbrennungsmotors.
Textabbildung Bd. 327, S. 710
Fig. 11. Leuchtgasverbrauch des Verbrennungsmotors.
Es bleibt von allgemeiner Bedeutung der bei den Schulversuchen festgestellte
Brennstoffverbrauch und der thermische Wirkungsgrad bezogen auf die abgebremste
Nutzleistung. Die Fülle von Ermittlungen, die hierfür beim Betrieb mit Leuchtgas
gewonnen sind, sind in Fig. 10 und 11 wiedergegeben. Obwohl die einzelnen Werte stark
voneinander abweichen, läßt sich recht gut eine mittlere Linie angeben. Dieselbe
dürfte einmal dem mittelguten Betriebszustand des Motors und zweitens dem mittleren
Heizwert des Leuchtgases entsprechen. Der letztere wird gleichzeitig von den
Schülern bestimmt, so daß seine Verschiedenheit aus den Werten für den thermischen
Wirkungsgrad ausscheidet. Die Ermittlung erfolgt mit dem bekannten Junkersschen Kalorimeter. Im allgemeinen schwankt der
Wert für Leuchtgas zwischen 4000 und 4500 WE/cbm, bezogen auf 0° C und 760 mm Hg.
Die Bedeutung der Fig. 10 und 11 dürfte darin liegen, daß die Werte einem mittleren
Betriebszustand des Motors entsprechen und keine Parade versuche darstellen.
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Fig. 12. Brennstoffverbrauch und thermischer Wirkungsgrad des
Verbrennungsmotors.
Textabbildung Bd. 327, S. 710
Fig. 13. Brennstoffverbrauch des Verbrennungsmotors.
Fig. 12 und 13 zeigen
die gleichen Ergebnisse für den Betrieb des Motors mit Benzin, Spiritus und Sauggas.
Im letzteren Falle kann die Sauggasmenge nicht gemessen werden. Die Angabe bezieht
sich deshalb unmittelbar auf den Anthrazitverbrauch, so daß sowohl die Verluste im
Motor als diejenigen im Generator enthalten sind, also die gesamte Sauggasanlage
betrachtet wird. Die Feststellungen sind für Sauggas unzuverlässig, weil durch
unvermeidliche Stauungen im Schachtofen der Anthrazitverbrauch nur dann zuverlässig
bestimmt werden kann, wenn der Versuch über viele Stunden ausgedehnt werden kann.
Das ist aber beim Unterricht nicht möglich. Um die Brennstoffmenge einigermaßen
zuverlässig zu bestimmen, können nur Versuche bei voller Last vorgenommen werden.
Das bringen Fig. 12 und 13 zum Ausdruck. Der gleichzeitig von den Schülern mit dem Kalorimeter
bestimmte Heizwert des Sauggases schwankt zwischen 780 und 960 WE/cbm bezogen auf 0°
C und 760 mm Hg.
Der niedrige Wirkungsgrad für den Betrieb mit Benzin ergibt sich aus der
wesentlich verminderten Kompression, die durch Verkürzung der Kolbenstange (Fig. 1) hergestellt wird. Die für Benzin ermittelten
Heizwerte liegen zwischen 11000 und 9100 WE/kg, die für Spiritus ermittelten
zwischen 6100 und 4800 WE/kg. Betrieb mit Benzol habe ich nicht vorgenommen, auch
den Betrieb mit Spiritus nur sehr vereinzelt, weil ich wegen der erforderlichen
Aenderung der Kompression den Betrieb mit Benzin für den Unterrichtsbedarf vorziehe,
auch wenn Benzol heute eine höhere Bedeutung haben sollte.
Textabbildung Bd. 327, S. 711
Fig. 14. Kompressionsendspannung pc und
Verpuffungsspannung pv beim
Verbrennungsmotor.
Textabbildung Bd. 327, S. 711
Fig. 15. Kompressionsendspannung pc und
Verpuffungsspannung pv beim
Verbrennungsmotor.
Um die Schüler auf die verhältnismäßig hohen Spannungen, die in einem
Verbrennungsmotor eintreten, aufmerksam zu machen, lasse ich stets aus den
Diagrammen die Kompressionsendspannung und die Verpuffungsspannung messen. Natürlich
sind auch diese Feststellungen mit Rücksicht auf die fehlerhaften Angaben des
Indikators falsch. Indessen hat der Fehler hierauf keinen so bedeutenden Einfluß wie
auf die indizierte Leistung. Deshalb gebe ich die Mittelwerte der einzelnen
Feststellungen in Fig. 14 und 15 wieder. Es ist bezeichnend, daß die
Verpuffungsspannung völlig proportional mit der Nutzleistung ansteigt. Zur
Ermöglichung der Betrachtung zeigt schließlich Fig.
16 einen Satz Diagramme für die verschiedenen Brennstoffe, die allerdings
auch mit dem Indikator von Rosenkranz gewonnen sind.
Textabbildung Bd. 327, S. 711
Fig. 16.
nicht ausgeschrieben; p = 40 kg
Nutzleistung 9,6 PS Leuchtgas; Betrieb mit Benzin Nutzleistung 12 PS n = 242
l/Min. pm = 5,5 kg/qcm; Betrieb mit Spiritus Nutzleistung = 4,67 PS n = 235
l/Min. Betrieb mit Sauggas Nutzleistung = 8,7 PS n = 230 l/Min, pm = 4,63
kg/qcm
Die große Versuchszahl, die für Leuchtgasbetrieb vorliegt, ermöglicht eine
Betrachtung des Regelvorganges. Hierzu wird aus der vorgenommenen Messung von
Leuchtgas- und Luftverbrauch das Mischungsverhältnis berechnet und die Veränderung
desselben betrachtet. Das Ergebnis ist in Fig. 17
wiedergegeben. Die einzelnen Werte zeigen starke Abweichungen. Um zu zeigen, daß
diese Abweichungen ihren guten Grund haben, daß nämlich der Zustand des Motors sich
im Laufe der Zeit in ganz bestimmtem Vorgang verändert hat, habe ich die ersten, aus
dem Dezember 1909 stammenden Aufnahmen, und die letzten, aus dem November 1911
stammenden Aufnahmen, je für sich durch eine Kurve verbunden. Wie die Veränderung
des Mischungsverhältnisses überhaupt und ferner die Verschiebung der Einstellung im
Laufe der Zeit zustande kommt, geht aus der Darstellung des Einlaßdoppelventils in
Fig. 2 hervor. Durch Anwendung eines Spielraumes
beim oberen Gasventil auf der antreibenden Spindel unter einseitiger, aber nachgiebiger
Festlegung durch die untere Schraubenfeder wird für das obere Gasventil eine
Nachläufigkeit gegenüber dem Luftventil um 0,7 mm hervorgerufen, während der Regler
nur durch Veränderung einer Hebelübersetzung den Hub der beide Ventile antreibenden
Spindel verändert. Die Nachläufigkeit des Gasventils beim Anhub tritt
verhältnismäßig um so stärker in Erscheinung, je kleiner der Gesamthub ist.
Hierdurch ergibt sich die Aenderung des Mischungsverhältnisses in der Weise, daß das
Verhältnis Luft/Gas um so geringer wird, eine je höhere Leistung der Regler
einzustellen hat. Da durch Abarbeiten und Nachschleifen der Ventile in der
Nachläufigkeit des Gasventils eine Aenderung eintritt, ergibt sich eine Veränderung
des Mischungsverhältnisses im Verlaufe der Zeit.
Textabbildung Bd. 327, S. 712
Fig. 17. Mischungsverhältnis beim Verbrennungsmotor mit
Leuchtgasbetrieb.
Textabbildung Bd. 327, S. 712
Fig. 18. Höchste Zugkraft des Verbrennungsmotors (Fig. 1).
Diese Veränderung ist zufällig so ausgefallen, daß der Wert Luft/Gas für gleiche
Leistung immer geringer geworden ist und daß die Veränderung dieses Wertes in
Abhängigkeit von der Leistung ebenfalls abgenommen hat. Beides erklärt sich daraus,
daß durch das Einschleifen das obere kleine Gasventil mehr nach oben gerückt ist,
als das untere große Luftventil, daß also das Nacheilen des Gasventiles gegenüber
dem Luftventil im Laufe der Zeit geringer geworden ist. Der Regler stellt den
Gaseintritt und damit das Gasventil auf Gleichgewichtszustand ein. Für gleiche
Oeffnung des Gasventils ist die Oeffnung des Luftventils im Laufe der Zeit kleiner
geworden, also auch der Lufteintritt. Der Unterschied im Hub beider Ventile hat für
alle Belastungen den gleichen Wert, nämlich denjenigen des Nachlaufens des
Gasventiles. Der Regler verändert den Hub beider Ventile. Je kleiner der
konstante Wert des Unterschiedes im Hub ist, je geringer ist die Verschiebung im
Hubverhältnis bei verschiedenen Hüben, also bei verschiedenen Reglerstellungen und
Maschinenleistungen, je geringer ist also die Veränderung des
Mischungsverhältnisses.
Die Ausmessung der Fig. 2 stammt aus Dezember 1911.
Ob der Leuchtgasverbrauch durch die Aenderung zugenommen hat, läßt sich aus
vorliegendem Material nicht feststellen, da der Dichtezustand der Ventile sicherlich
stärker einspielt.
Tabelle 2.
Verbrennungsmotor. (Fig. 1 bis
4.)
Ueberlastungsversuche. Kurvenblatt Fig.
18.
Brennstoff
BremslastPkg
Dreh-momentMmkg
Drehzahlnl/Min.
NutzlastNPS
Leuchtgas2. Dezember
1910
0153045505152
0 10,6 21,1 31,7 35,2
36,0 36,8
252252253244240200 0
0 3,73 7,48 10,8 11,8
10,00
Benzin16. Dezember
1911
45485254565860
31,7 33,8 36,6 38,0 39,4
40,9 42,3
246242240238230150 0
10,9 11,5 12,4 12,75
12,75 8,60
Sauggas30. Juni
1910
37404244464850
26,2 28,4 29,8 31,2 32,6
34,0 35,5
244240240224220220 0
9,0 9,5 10,0 9,8 10,0
10,50
Spiritus23. Juni
1910Vormittag.Kolbenschmierungist ungenügend
205052545658
14,2 35,5 36,9 38,3 39,6
41,1
235222205175164 0
4,7 11,0 10,6 9,4
9,10
Spiritus23. Juni
1910Nachmittagmit reichlicherKolbenschmierung
606264666870
42,6 44,0 45,4 46,8 48,3
49,7
234233230214160 0
13,9 14,4 14,6 14,0
10,80
Sollen Verbrennungsmotoren wirtschaftlich günstig arbeiten, so müssen sie möglichst
an der Grenze ihrer Schleppkraft laufen. Diese Tatsache in Verbindung mit
derjenigen, daß die Motoren für gleiche Leistungen an sich teurer werden als andere
Kraftmaschinen, führt dahin, daß Verbrennungsmotoren die vorgeschriebene
Höchstleistung meist nur mühsam herzugeben vermögen. Mit Rücksicht auf die Bedeutung der
Höchstleistung eines Verbrennungsmotors habe ich diese durch Ueberlastungsversuche
festgestellt.
Das Ergebnis solcher Versuche habe ich in Tab. 2 und Kurvenblatt (Fig. 18) festgelegt. Man erkennt deutlich, wie
Sauggas die geringste und Spiritus die größte Höchstleistung aufweist. Für Benzin
ist die Höchstleistung wieder wegen der geringen Kompression auffallend gering. Man
erkennt aus der Art der Kurven, wie der Motor bei eintretender Ueberschreitung der
möglichen Last sehr schnell auf die Drehzahl Null übergeht. Da bei der Zündung unter
Einwirkung einer Federkraft von der Einleitung bis zur Verwirklichung ein freier Weg
in bestimmter Zeit durchlaufen wird, so setzt die Zündung zu früh ein, wenn die
Drehzahl gesunken ist. Von nun an muß sofortiges Absinken der Drehzahl
eintreten.
Beim Sauggasbetrieb sind die einzelnen Punkte in Fig.
18 nicht gut durch eine glatte Kurve zu verbinden. Diese Erscheinung hat
seine Ursache darin, daß der Motor sich im Generator selbst das verlangte Gas
herstellen muß. Der durch den Regler eingeleiteten stärkeren Saugkraft folgt der
Generator nicht unmittelbar, sondern erholt sich langsam für den neuen Zustand durch
andere Gaserzeugung. Wenn man deshalb die Belastung hier langsam steigert, so
erzielt man eine höhere Ueberlastungsfähigkeit, als bei schneller Steigerung. Diese
Erscheinung spricht sich auch bei der Art der Abweichung der Versuchspunkte aus. Sie
macht sich auch beim Anlassen stark bemerkbar, indem man beim Sauggasmotor auf
größere Schwierigkeiten stößt, wenn man unmittelbar nach dem Anlassen hoch belasten
will. Man muß ihn gewisserweise langsam auf die hohe Belastung einlaufen lassen. Das
Ankurbeln von Hand ist bei der vorliegenden Motorgröße bei Sauggasbetrieb kaum noch
durchführbar. Er wird deshalb mit Leuchtgas auf Drehzahl gebracht.
Die Feststellung der Höchstleistung für Spiritusbetrieb birgt noch eine
interessante Erscheinung. In Fig. 18 sind zwei
Kurven eingetragen, die außerordentlich voneinander abweichende Werte ergeben. Aus
Tab. 2 geht hervor, daß der schlechte Wert am Vormittag, der gute am Nachmittag
desselben Tages gewonnen ist. Ohne mein Wissen war die Oelzufuhr zum Zylinder am
Vormittag sehr sparsam eingestellt, aber keineswegs ganz abgestellt worden. Am
Nachmittag kennzeichnete sich der Betriebsfehler, indem der Motor schon bei einer
Bremslast von 45 kg, bei einem Drehmoment von 31,9 mkg stehen blieb. Die
Schleppkraft ging andauernd zurück. Sobald nun aber die Oelzufuhr zum Zylinder stark
eingestellt wurde, erholte sich der Motor sofort. Er gab dann am Schluß das
angegebene wesentlich bessere Ergebnis. Dieses Ergebnis zeigt als ein markantes
Beispiel, welche hohe Bedeutung die Zylinderschmierung auf den mechanischen
Wirkungsgrad hat und wie gewaltig die aus Kolbenreibung entstehenden Verluste werden
können. Solange ein Verbrennungsmotor aber hoch belastet ist, besteht scheinbar
keine Gefahr, daß er durch mangelhafte Zylinderschmierung sofort wesentlichen
Schaden erleidet, er bleibt lieber vorher stehen. Das Sparen mit Zylinderschmierung
bringt aber in nicht zu unterschätzender Weise Vergeudung an Brennstoff.
Tabelle 3.
Höchste Nutzlast des Verbrennungsmotors. (Fig. 1 bis 4.)
Kurvenblatt Fig. 18.
Saug-gas
Leucht-gas
Benzin
Spiritus
Maximales Drehmoment mkg
34
36
39
47
Nutzleistung für n = 235 PS
11,2
11,8
12,8
15,4
Maximales Drehmoment für 1 l Hubraum mkg/l
3,07
3,25
3,52
4,25
Die aus den Kurven Fig. 18 abzulesenden
Höchstleistungen sind in Tab. 3 noch zusammengestellt.