Titel: | SICHERHEITSVORRICHTUNGEN FÜR DAMPFFÖRDERMASCHINEN MIT HYDRAULISCHER REGELUNG. |
Autor: | Wintermeyer |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 326 |
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SICHERHEITSVORRICHTUNGEN FÜR DAMPFFÖRDERMASCHINEN
MIT HYDRAULISCHER REGELUNG.
Von Dipl.-Ing. Wintermeyer,
Südende-Berlin.
WINTERMEYER: Sicherheitsvorrichtungen für Dampffördermaschinen
usw.
Inhaltsübersicht.
Es wird die Entwicklung der Sicherheitsvorrichtungen für
Dampffördermaschinen mit hydraulischer Regelung gegeben, wobei die Konstruktionen
von Schwarzenauer, Schönfeld und Iversen besprochen werden.
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Die Sicherheitsvorrichtungen (Fahrtregler, Retardierapparate) für Fördermaschinen
haben in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, da sie das wirksamste
Mittel bilden, um Unglücksfälle, die durch die Unaufmerksamkeit des
Fördermaschinisten hervorgerufen werden, zu verhüten. Die ältesten
Sicherheitsvorrichtungen (von Römer, Baumann, Schlüter
usw.) wirken in der Weise, daß bei zu großer Geschwindigkeit während der Fahrt
bezvv. bei der Annäherung an die Hängebank oder beim Uebertreiben mittels
Fliehkraftreglers und Teufenzeigers ein Fallgewicht oder dergl. ausgelöst und
dadurch die Bremse zur Wirkung gebracht wird. Diese Sicherheitsvorrichtungen
auslösender Art haben den Nachteil, daß die Maschine mit einem plötzlichen Ruck
stillgesetzt wird und dadurch erheblichen Beanspruchungen ausgesetzt ist. Außerdem
bedeutet das Stillsetzen der Fördermaschine eine Betriebsunterbrechung.
Textabbildung Bd. 327, S. 325
Fig. 1.
Einen gewaltigen Fortschritt im Bau der Sicherheitsvorrichtungen für Fördermaschinen
brachte die Einführung des elektrischen Antriebes für Fördermaschinen mit sich. Der
zuerst von den Siemens-Schuckert-Werken auf den Markt
gebrachte Retardierapparat für elektrisch betriebene Fördermaschinen stellt eine
ideale Lösung der Aufgabe dar, einen bestimmten Verlauf der Fördergeschwindigkeit
bei allen Belastungen und bei jedem Hub ohne wesentliche Mitwirkung des Maschinisten
zu erzielen. Dieser Retardierapparat besteht in einem vom Teufenzeiger bewegten
Kurvenschub, der die jeweilige Lage des Steuerhebels während des ganzen Hubes
vorschreibt. Der Kurvenschub besteht meistens aus zwei auf gleicher Welle
angeordneten, von der Fördermaschine angetriebenen unrunden Scheiben; gegen eine von
diesen wird das eine Ende eines mit dem Steuerhebel verbundenen Hebels durch den
Maschinisten angedrückt. Die völlig sichere Wirkung dieser überaus einfachen
Vorrichtung beruht auf der Eigenschaft der elektrischen Fördermaschine, daß jedem
Ausschlag des Steuerhebels nach vorwärts oder rückwärts bei allen Belastungen eine
ganz bestimmte Voltzahl am Fördermotor und damit eine bestimmte Geschwindigkeit der
Fördermaschine entspricht. Während also bei der elektrischen Fördermaschine die
Aufgabe der Sicherung des Förderbetriebes mit einfachen Mitteln völlig gelöst ist,
ist ein Gleiches bei der Dampffördermaschine noch nicht der Fall. Dies hat seinen
Grund in der Eigenart des Betriebes mittels einer Dampfmaschine, insbesondere darin,
daß bei ihr der Bremse zum Stillsetzen der bewegten Massen eine viel größere Rolle
zufällt als bei einer elektrischen Fördermaschine. Die verschiedensten Wege sind
beschritten worden, um auch bei der Dampffördermaschine eine ideale
Sicherheitsvorrichtung zu erhalten und so den Vorsprung, den die elektrische
Fördermaschine sich erobert hat, wieder einzuholen.
Eine Gruppe dieser Sicherheitsvorrichtungen für Dampffördermaschinen verzichtet auf
den meist üblichen Fliehkraftregler (Regulator) und benutzt zur Sicherung der
Förderung ein Flüssigkeitsmittel. Von diesen Sicherheitsvorrichtungen mit
hydraulischer Regelung, die berufen zu sein scheinen, eine hervorragende Rolle unter
den Sicherheitsvorrichtungen für Dampffördermaschinen zu spielen, soll im folgenden
die Rede sein.
Einer der ersten, der auf die Wichtigkeit dieses Prinzips zur Sicherung einer
Förderanlage hingewiesen und Vorschläge gemacht hat, in welcher Weise ein Flüssigkeitsmittel zur
Einwirkung auf die Steuerung der Fördermaschine zu verwenden ist, ist E. Schwarzenauer gewesen.
Fig. 1 stellt eine Sicherheitsvorrichtung für
Dampfmaschinen mit hydraulischer Regelung von Schwarzenauer dar. Allerdings ist hier noch ein besonderer
Fliehkraftregler benutzt worden, und erst bei späteren Konstruktionen wirkt ein
hydraulisches Arbeitsmittel ohne Zutun eines Fliehkraftreglers auf die Steuerung der
Dampfmaschine ein. In Fig. 1 ist die Kolbenstange
1 mit dem Steuerhebel verbunden zu denken, so daß
der Kolben 2 jede Bewegung desselben mitmacht. Die
selbsttätige Steuerung tritt ein, sobald die je nach der Umlaufsrichtung der
Fördermaschine von dem einen Zylinderende nach dem anderen durch das Kapselwerk 3 gepumpte Flüssigkeit durch das Schließen des auf der
jeweiligen Druckseite liegenden Ventils 4 oder 5 eine solche Drucksteigerung erfährt, daß der Kolben
2 verschoben wird. Die Einstellung der Ventile
bewirkt der Regulator 6. Dessen Stellzeug wird
selbsttätig für die jeweilige Drehrichtung der Maschine umgeschaltet, beispielsweise
durch das auf der Scheibe 8 liegende Schleifstück 9. Läuft nun die Maschine so um, daß das Schleifstück
durch die Reibung nach rechts mitgenommen und dadurch die Stellstange 10 des Regulators nachdem rechten Arm des Hebels 11 verschoben wird, so wird, wenn der Regulator steigt,
durch den linken Arm des im Ventilgehäuse 12 liegenden
und durch einen Drehbolzen mit dem äußeren Hebel 11
verbundenen doppelarmigen Hebels 13 der Kegel des
linken Ventiles 4 gesenkt, also der
Durchflußquerschnitt verkleinert, während durch den rechten Arm des Hebels 13 das Ventil 5 weiter
geöffnet wird. Bei einer Bewegung des Kolbens durch den Maschinisten nach links
muß daher die verdrängte Flüssigkeit durch einen kleinen Querschnitt gepreßt werden.
Die Bewegung ist also erschwert und schließlich ganz gehindert, wenn der Regulator
das Ventil vollends schließt. Dann wächst auch der Flüssigkeitsdruck, schiebt den
Kolben nach rechts und bewirkt eine Steuerung auf langsameren Gang. Ein Ueberholen
dieser selbsttätigen Steuerung ist ohne weiteres möglich, weil dabei nötigenfalls
das linke Ventil sich öffnen würde, um Flüssigkeit nachströmen zu lassen.
Die erwähnte Konstruktion von Schwarzenauer hat eine
Bedeutung für die Praxis nicht bekommen, was aber wohl kaum auf Rechnung des ihr
zugrunde liegenden Prinzips zu setzen ist, da dieses Prinzip bei späteren
Weiterausbildungen sich als sehr brauchbar herausgestellt hat.
Textabbildung Bd. 327, S. 326
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 327, S. 326
Fig. 2a.
Zu diesen Weiterausbildungen gehört zunächst der Sicherheitsapparat von G. Schönfeld. Bei diesem (Fig.
2) ist der Teufenzeiger mit einem Zylinder b,
angefüllt mit gewöhnlichem Maschinenöl, ausgerüstet, in welchem sich der Kolben c bei jedem Förderzuge auf- oder abwärts bewegt. Beim
Aufwärtsgang. z.B. wird die verdrängte Flüssigkeit durch das Drosselorgan h und Umführung i in den
unteren Raum des Zylinders b unter einen bestimmten
Flüssigkeitsdruck gepreßt, welcher sich durch Rohrleitung r unter einen von einem Gewicht belasteten Kolben eines auf die Steuerung
einwirkenden Reglers fortpflanzt und den Kolben während des Förderzuges im
Gleichgewicht hält. Der Flüssigkeitsdruck ist abhängig von der in der Zeiteinheit
verdrängten Flüssigkeitsmenge bezw. von der Hubgeschwindigkeit des Kolbens c, die der Fördergeschwindigkeit entspricht und vom
Drosselquerschnitt. Der Drosselquerschnitt wird mittels unrunder Scheiben, gegen die
das Gestänge n anliegt, derartig verstellt, daß jeder
Korbstellung ein bestimmter Drosselquerschnitt und bei gleichbleibendem
Flüssigkeitsdruck auch eine bestimmte Fördergeschwindigkeit entspricht. Steigt
dieselbe in irgend einem Teile der Förderungsperiode über die vorgeschriebene
hinaus, so steigt auch die in der Zeiteinheit verdrängte Flüssigkeitsmenge des
Kolbens c, dementsprechend auch der Flüssigkeitsdruck
vor dem Drosselquerschnitt und unter dem Reglerkolben, so daß dieser im Sinne der
Füllungsverkleinerung ausschlagen muß. Dieser Ausschlag regelt sich infolge
Anbringung eines Puffers über dem Reglerkolben selbsttätig in der Weise, daß z.B.
eine Geschwindigkeitsüberschreitung von etwa 0,5 m über die höchste
Fördergeschwindigkeit nur einen Ausschlag von etwa 2 mm hervorruft und die Füllung
oder die Bremskraft um etwa 5 v. H. verändert, während dieselbe
Geschwindigkeitsüberschreitung über eine Fördergeschwindigkeit von etwa 0,3 m gegen
Ende der Förderung einen Ausschlag des Reglerkolbens von etwa 20 mm zur Folge hat
und die Bremse um etwa 50 v. H. anzieht.
Textabbildung Bd. 327, S. 327
Fig. 3.
Die Empfindlichkeit bezw. Verstellungskraft des Fahrtreglers Patent Schönfeld steigt also mit abnehmender
Fördergeschwindigkeit, eine Eigenschaft, die für die Sicherheit des Förderbetriebes
von großer Bedeutung ist.
Je nach Einstellung des Drosselquerschnittes des Drosselorganes h wird die für jeden Förderzug gewünschte höchste
Geschwindigkeit bestimmt, da jedem Drosselquerschnitt eine bestimmte
Fördergeschwindigkeit entspricht. Es kann also der Maschinist den Fahrtregler bequem
für Produktenförderung, Seilfahrt (Mannschaftsfahrung) und Seilrevision einstellen.
Fig. 2a gibt eine schaubildliche Darstellung des
Schönfeldschen Fahrtreglers wieder.
Wie schon erwähnt, spielt bei den Sicherheitsvorrichtungen für Dampffördermaschinen
auch die Ausbildung der Bremse eine hervorragende Rolle. Schönfeld führt seine Bremse mit selbsttätiger Druckregelung (D. R.
P.) in der aus Fig. 3 ersichtlichen Weise aus. Der
Druckregler besteht aus dem Gehäuse b, dem
Hilfsschieber c, dem entlasteten Steuerschieber e und der Feder f, die
gegen den Gehäusedeckel g gestützt den Hilfsschieber
c einseitig belastet. Auf der Abstufung desselben
ruht der reduzierte Dampfdruck, der dem Federdruck das Gleichgewicht hält, und zwar
besteht dieses Gleichgewicht nur dann, wenn der Kanal h
des Hilfsschiebers c in der Mitte über dem
Schieberlappen i des Steuerschiebers e steht. Denn wenn das Gleichgewicht in dieser Stellung
nicht bestände, so würde die Feder f den Hilfsschieber
c nach links verschieben, so daß durch den jetzt
geöffneten Kanal h Frischdampf in den Bremszylinder
strömen würde und zwar so lange, bis das Gleichgewicht zwischen Dampf- und
Federdruck wieder hergestellt ist. Würde umgekehrt der Dampfdruck größer als der
Federdruck sein, so würde der Hilfsschieber nach rechts geschoben und so lange Dampf
in den Auspuff strömen lassen, bis gleichfalls das Gleichgewicht wieder hergestellt
ist. Jeder veränderten Stellung des Steuerschiebers e
bezw. seines Schieberlappens i entspricht eine andere
Mittelstellung des Hilfsschiebers c bezw. seines
Kanales h, jeder anderen Mittelstellung entspricht eine
andere Federspannung und jeder anderen Federspannung ein bestimmter reduzierter
Druck. Ein Bewegen des Steuerschiebers e nach rechts
hat ein Nachfolgen des Hilfsschiebers c und ein
Ansteigen des Bremsdruckes zur Folge, umgekehrt entspricht einem Verschieben des
Steuerschiebers nach links ein Abnehmen des Bremsdruckes. Es entspricht also jeder
Bremshebelstellung unabhängig von Betriebsdampfschwankungen und von
Kondensationsverlusten ein bestimmter Bremsdruck.
Der Schönfeldsche Bremsdruckregler kann leicht an schon
vorhandenen Fördermaschinen nachträglich angebaut werden, was zahlreich ausgeführt
ist.
(Schluß folgt.)