Titel: | DAS MOLKEREIWESEN UND SEINE MODERNEN MASCHINEN. |
Autor: | H. Nolet |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 809 |
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DAS MOLKEREIWESEN UND SEINE MODERNEN
MASCHINEN.
Von Ingenieur H. Nolet.
(Fortsetzung von S. 793 d. Bd.)
NOLET: Das Molkereiwesen und seine modernen Maschinen.
Eine andere sehr einfache Kühlungsart von Milch und Rahm ist die mittels sogen.
Flächenkühlern (Fig. 8). Diese bestehen aus einer
Anzahl verzinnter Kupferröhren von dreieckigem Querschnitt, von denen je zwei mit
einer Breitseite gegeneinander gelötet sind. Durch die so innen gebildeten Kanäle
wird nun im oberen Teil Kühlwasser (Brunnenwasser) zwecks Vorkühlung von unten nach
oben gepumpt, während die untere Kühlfläche mit Sole gespeist wird, so die
Flüssigkeiten bis zu 2° C tiefkühlend. Aehnliche Kühler finden auch in Brauereien
und Brennereien Verwendung.
Zu der Art der Flächenkühler gehören weiter noch die Rundrohrkühler, welche statt aus
gewellten Kupferblechen aus aneinander gereihten runden Kupferröhren bestehen.
Erwähnt seien hier noch die äußerst einfachen, in mittleren und kleineren Molkereien
vielfach Verwendung findenden runden Berieselungskühler für Milch und Rahm, wie
solche in dem Gruppenbilde Fig. 9 dargestellt sind.
Als Kühlmedium dient hier ausschließlich Brunnenwasser von möglichst niedriger
Temperatur.
Die zur Förderung und Hebung von Milch, Rahm und Molke dienenden Pumpen zeigen
gegenüber den sonst gebräuchlichen und bekannten Typen hinsichtlich Konstruktion
bemerkenswerte Abweichungen. Die fast ausschließlich aus Messing oder Rotguß
hergestellten Pumpen vermeiden möglichst alle Ventile und Klappen, höchstens die
leicht zu reinigenden Kugelventile finden Anwendung.
Unter den völlig ventillosen Pumpen findet man sehr sinnreiche Konstruktionen, so die
in Fig. 10 abgebildete Drehkolbenpumpe, welche
hinsichtlich Einfachheit in Konstruktion und Wirkungsweise sowie bequemster
Reinigung wohl kaum noch überboten werden kann. Die doppeltwirkende
Astra-Drehkolbenpumpe besteht aus nur zwei beweglichen Teilen, nämlich dem aus
Messing resp. Rotguß hergestellten Kolben mit angegossener Kolbenstange und einer mit Bohrung
versehenen gußeisernen Kugel, welche sich in der Kurbelscheibe exzentrisch dreht.
Ein an der Kolbenstange befestigter Führungszapfen in der Bohrung der Kugel
verbindet beide Teile miteinander. Mit der Kurbelscheibe auf gemeinsamer Welle sitzt
der
Antrieb, bestehend aus Fest- und Losscheibe. Durch die exzentrische Bewegung der in
der Kurbelscheibe sitzenden Kugel erhält der Kolben nicht nur eine auf- und
niedersteigende, sondern gleichzeitig noch eine links- und rechtsdrehende Bewegung.
Der Kolben hat vier nach außen hin offene Kanäle, von denen zwei nach oben und zwei
nach unten verschlossen sind. Je zwei gleichartige Kanäle arbeiten miteinander
abwechselnd auf die Saug- und Druckleitung, was durch die Drehbewegung des Kolbens
erreicht wird.
Textabbildung Bd. 326, S. 810
Fig. 8.
Textabbildung Bd. 326, S. 810
Fig. 9.
Die nachstehende Skizze (Fig. 11) demonstriert die
Wirkungsweise der Drehkolbenpumpe in Aufwärts-(Stellung I) und Abwärts-(Stellung II)
Bewegung des Kolbens in eingehendster Weise, doch will ich die einzelnen Bewegungen
kurz an Hand der Skizze erläutern.
Textabbildung Bd. 326, S. 810
Fig. 10.
Der nach unten offene Kanal h (Stellung I) steht mit
seinem Schlitz der Saugöffnung c zu und füllt sich und
den zweiten nach unten offenen Kanal e mit Flüssigkeit.
Der Kolben geht nach oben, und die Kugel a in der
Exzenterscheibe b dreht den Kolben um etwa 90°, so daß
vor der Saugseite c jetzt der nach unten geschlossene
Schlitz g steht (Stellung II), während Schlitz e vor die Drucköffnung d
kommt. Der Kolben geht nieder und drückt die Flüssigkeit von e und h in die Druckleitung. Die Entleerung
der gefüllten Kanäle i und g nach der Drucköffnung d geschieht in
entgegengesetzter Bewegung des Kolbens, also bei dem Aufwärtsgehen. Das
beschriebene Spiel wechselt nun während des Betriebes dauernd ab, so daß die Pumpe
also doppeltwirkend arbeitet.
Ein wesentlicher Vorteil liegt bei dieser Pumpe noch darin, daß die zu fördernden
Flüssigkeiten, in diesem Falle Milch und Rahm, absolut keinen Erschütterungen,
Stößen und Schlägen usw. ausgesetzt sind, welche auf die Eigenschaften dieser beiden
Flüssigkeiten von nicht zu unterschätzendem Einfluß sind, denn bei Vollmilch und
Rahm würde die Schlag- oder Stoßwirkung eine gewisse Vorbutterung hervorrufen, die
die spätere Verarbeitung wesentlich beeinträchtigt. Das Auseinandernehmen der Pumpe
geschieht hier auf einfachste Weise. Das Kolbengehäuse ist nur über den Kolben
gestreift und unten mit einem Deckel, der auf einer Schraubenspindel befestigt ist,
abgedichtet. Die Schraubenspindel ruht unten am Fuße des Gestelles in einer Rast.
Durch Drehen des Knebels nach links oder rechts wird der Deckel fest- resp.
losgeschraubt. Ist der Deckel gelöst, so läßt sich das Gehäuse ohne weiteres
abziehen und der Kolben liegt zur bequemen Reinigung vollständig frei. Während bei
dieser Astra-Drehkolbenpumpe der Kolben von oben nach unten arbeitet, existiert noch
eine Konstruktion, wo der Kolben in umgekehrter Richtung arbeitet, was aber insofern
ein Nachteil ist, als beim Auseinandernehmen die im Gehäuse verbleibende Flüssigkeit
glatt in den Antrieb läuft.
Die Pumpen werden in sechs verschiedenen Größen für eine Leistung von 1500–9000
Std./l gebaut.
Ein weiterer im Molkereifach Verwendung findender Milchhebeapparat ist in Fig. 12 im Schnitt abgebildet. Auf die Konstruktion
dieser in verschiedenen Industriezweigen gebräuchlichen Pumpenart näher einzugehen,
dürfte sich, da
allgemein bekannt, erübrigen, nur sei auf die Vorrichtung hingewiesen, welche eine
während des Betriebes verstellbare Leistung der Pumpe gestattet. Dieser Vorteil ist
im Molkereifach insofern von Bedeutung, als man mit dieser Vorrichtung in der Lage
ist, das Zulaufrohr des Apparates stets mit Milch bedeckt zu halten, wodurch
verhütet wird, daß Mischung von Milch und Luft in den Pasteurisierapparat gelangt,
welche Schaum bilden würde und die Milch leicht anbrennen ließe.
Textabbildung Bd. 326, S. 811
Fig. 11.Stellung I Stellung II.
Textabbildung Bd. 326, S. 811
Fig. 12.
Nach diesen den verschiedensten Verwendungszwecken unterliegenden Hebeapparaten
wenden wir uns nun dem weiteren Gang der Butterfabrikation zu.
Der unter den kennengelernten Operationen gewonnene Rahm muß zunächst temperiert,
gesäuert und tüchtig gemischt werden. Zu diesem Zweck bedient man sich der
„Rahmreifer“. Eine recht charakteristische Konstruktion finden wir
in dem in Fig. 13 abgebildeten Astra Rahmreifer.
Dieser besteht aus einem innen gut verzinnten Kupferbassin, welches von einer
Holzverkleidung umgeben ist. In diesem Bassin bewegt sich eine hohle Schnecke,
ebenfalls aus verzinntem Kupferblech hergestellt, welche von außen her mittels
Riemen oder Handkurbel in drehende Bewegung gesetzt wird.
Der in den Rahmreifer gegebene, vom Tiefkühler mit etwa 4° C kommende Rahm muß jetzt
auf etwa 20° C angewärmt werden, damit die zugesetzten Reinkulturen mit dem Rahm in
richtige Reifung übergehen. Es wird zunächst also warmes Wasser vermittels einer
kleinen Rotationspumpe durch die hohle Temperierschnecke gedrückt und durch Drehen
derselben wird gleichzeitig eine innige Mischung vorgenommen. Auf diese Temperatur
muß nun der angesäuerte Rahm während verschiedener Stunden bis zur vollkommenen
Butterungsreife belassen werden. Zur Verbutterung darf der Rahm aber nur eine
Temperatur von 12–16° C haben, muß demnach wieder um einige Grade gekühlt werden,
was gleichfalls mit der Temperierschnecke bewirkt wird. Die Lagerung der Schnecke
befindet sich außerhalb des Bassins, und eine gut dichtende Stopfbuchse verhütet,
daß der Rahm mit der Schmierung in Berührung kommen kann. Die Aufstellung des
Rahmreifers erfolgt in der Nähe des zur weiteren Verarbeitung bestimmten Gerätes,
und zwar in erhöhter Stellung, damit der dickflüssige Rahm bequem an die weitere
Verarbeitungsstelle abfließen kann. In Fällen, wo die erhöhte Plazierung nicht
möglich ist, bedient man sich einer hydraulischen Hebevorrichtung unter dem
Rahmreifer, um so dem Rahm ein künstliches Gefälle zu geben.
Textabbildung Bd. 326, S. 811
Fig. 13.
Die Butterbereitung selbst, also das Verbuttern des Rahmes, das Kneten und Salzen,
wurde bis vor einigen Jahren in getrennten Geräten vorgenommen, und zwar das Buttern
in dem allgemein bekannten „Holsteiner Butterfaß“ (Fig. 14), das Kneten und Salzen auf einem Tellerkneter (Fig. 15). Diese Bearbeitung war nun in hygienischer Beziehung keineswegs
einwandfrei, da die Butter dem Butterfaß entnommen werden und auf den Tellerkneter
gebracht werden mußte.
Textabbildung Bd. 326, S. 812
Fig. 14.
Dieses Umladen wie auch das Wenden der Butter auf dem Kneter
brachte das Gut zu leicht und oft mit den Händen des Bedienungspersonals in
Berührung, und da wurde es mit großer Freude begrüßt, daß die Molkereitechnik eine
kombinierte Butter- und Knetmaschine auf den Markt brachte, welche eine neue
vereinfachte, hygienisch einwandfreie Arbeitsmethode schuf und der das Bergedorfer
Eisenwerk den heute allgemein gebräuchlichen Namen „Butterfertiger“
aufprägte. Bemerkenswert ist noch, daß der erste deutsche Butterfertiger vom
Bergedorfer Eisenwerk gebaut worden ist, wie dieses Werk überhaupt den regsten
Anteil an dem Ausbau der Molkereimaschinen genommen hat und die führende Stellung
auf diesem Gebiete einnimmt.
Textabbildung Bd. 326, S. 812
Fig. 15.
(Schluß folgt.)