Titel: | DER STAHL-KRAFTBAND-TRIEB MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG SEINER RENTABILITÄT. |
Autor: | R. Sproecke |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 550 |
Download: | XML |
DER STAHL-KRAFTBAND-TRIEB MIT BESONDERER
BERÜCKSICHTIGUNG SEINER RENTABILITÄT.
Von R. Sproecke,
Danzig.
SPROECKE: Der Stahl-Kraftband-Trieb mit besonderer Berücksichtigung
seiner Rentabilität.
Inhaltsübersicht.
Darlegung der anorganischen Eigenschaften des Stahlbandes und der
dadurch zulässigen Verminderung der Abmessungen und des Gewichts aller
Triebtheile.
Verfahren und Apparat zur Bemessung der Kraftbandlänge.
Konstruktive Ausführung des Stahlkraftbandes, sowie des
Stahlbandverbindungsschlosses und des Reibungsbelages der Kraftbandscheiben.
Schlüpfverlustbeseitigung und Wegfall des Nachspannens.
Gebrauchsfähigkeit des Stahl-Kraftband-Triebes in allgemeinen und speziellen
Fällen.
Vorzüge des Betriebsverhaltens und der fast kostenlosen
Unterhaltung.
Vergleichsprojekt eines Kraftband-, Riemen- und Seiltriebes.
Anschaffungskosten und Jahresunkosten einer Triebanlage bei Stahl-Kraftband-,
Riemen- oder Seilübertragung. Nachweis der rentablen Verwendung in bezug auf
betriebstechnische und betriebswirthschaftliche Punkte.
Wenn die Frage auftritt, Arbeitsmaschinen in zweckmäßigster Art einer
Kraftquelle anzuschließen, so lassen es neben anderen bedeutsamen Forderungen vor
allem rein wirthschaftliche Gründe geboten erscheinen, die höchstmögliche Ausnutzung
der aufgewendeten Energie bei einfachen sicheren Betriebsverhältnissen und
geringstem Kostenaufwand für Anlage und Betrieb herbeizuführen. Das Rüstzeug, mit
welchem der Konstrukteur heute an diese Aufgabe herantritt, ist mannigfaltig und
geschaffen durch zahlreiche wissenschaftliche Versuche sowie durch vielfache
praktische Ergebnisse. Obgleich nun in der Tat die Kraftübertragung hoch entwickelt
ist, sind dennoch die Fälle nicht selten, wo es besonders ingeniöser Mittel bedarf,
um den gegebenen Umständen voll und ganz gerecht zu werden, Beim Maschinenantrieb
mittels Riemen oder Seil begegnet der Konstrukteur zunächst der häufig erheblichen
Schwierigkeit, größere Verluste zu vermeiden, besonders bei Uebertragung von
bedeutenden Kräften. Vor allem aber ist es das Material der Treib- oder Zugorgane,
welches meisthin den Ansprüchen nicht genügt, selbst in allerbester Qualität und bei
sachgemäßer Anordnung. Nach dem Gesagten und nach dem allgemein in der Technik
herrschenden Streben, an und für sich unvollkommene Baustoffe durch andere, infolge
ihrer natürlichen Eigenschaften brauchbarere, zu ersetzen, ist es leicht erklärlich,
daß man mit der Zeit versucht hat, metallische Kraftübertragungsmittel zu schaffen.
Jedoch ist man lange Zeit über die Versuchsanwendungen solcher Elemente kaum
hinausgekommen. Von einer regelrechten Einführung kann erst die Rede sein, nachdem
es Eloesser gelungen ist, durch langwierige Versuche
einen betriebssicheren und auch sonst geeigneten Verschluß des Metallbandes zu
schaffen. In Verbindung mit dieser, für die praktische Verwendung des
Metallbandtriebes so wichtigen Neukonstruktion des Endverschlusses, trat weiter auch
die Verbesserung des Herstellungsmaterials als wesentlich hervor, so daß diese
beiden Faktoren für die Aufnahme der Stahlkraftbänder maßgebend wurden.
Wissenschaftliche Untersuchungen sowie der praktische Gebrauch dieser neuen
Uebertragungsvorrichtung führten bald zu Resultaten, welche trotz unliebsamen
Nebenerscheinungen bei den ersten Erprobungen darauf schließen ließen, daß die
Stahlkraftantriebe brauchbar und rentabel für die Kraftübertragung werden
könnten.
Nachdem jetzt einige Jahre verflossen sind, in denen sich das Stahlband vielfach
befriedigend eingeführt hat, dank den Bemühungen der ausführenden Gesellschaft (Eloesser-Kraftband-Gesellschaft m. b. H.,
Berlin-Charlottenburg), die erwähnten Nebenerscheinungen zu mildern oder zu
beseitigen, dürfte es von Interesse sein, das praktische Verhalten dieses
Maschinenelements kurz zu betrachten, um dadurch vielleicht Anregung zu weiterer
Vervollkommnung oder zu allgemeinerer Anwendung zu geben. Die nachfolgende
Besprechung soll daher hauptsächlich der Gebrauchsfähigkeit und Rentabilität der
Stahlbandtriebe gelten, soweit sich hierüber nach der bisherigen Verwendung in der
Praxis urtheilen läßt. In rein theoretischer Beziehung erscheint die beste
Ausnutzung bei der Energieübertragung durch das Stahlband ohne weiteres
gesichert.
Das eigentliche Uebertragungselement, ein schmales, dünnes, poliertes Stahlband, ist
in materialtechnischer Hinsicht ziemlich gleichmäßig herzustellen, somit auch in
gleichbleibender Güte gebrauchsfähig, mit dem besonderen Vorzug, daß das
beanspruchte Band sich nur wenig verändert, und somit eine Wartung hinsichtlich des
Nachspannens nicht erfordert. Hierdurch fallen aber alle jene unliebsamen
Betriebsstörungen weg, wie sie unsachgemäß gespannte Treibriemen und Treibseile nur
zu häufig herbeiführen. Ferner ermöglicht das im Verhältnis zum Riemen sehr dünne
Stahlband, die zu leistende Umbiegungsarbeit im Betriebe auf ein Minimum zu
beschränken, so daß eine wesentliche Schmälerung des Wirkungsgrades, wie sie beim
steiferen Leder der Riemen in Betracht, kommt, nicht eintritt. Weiterhin fällt für
die gleiche Kraftübertragung das Stahlband bedeutend schmäler aus als der
erforderliche Riemen. Hierdurch wird der Luftwiderstand auch geringer, was besonders
in Betracht kommt, wenn man berücksichtigt, daß die erforderlichen Stahlbandscheiben
auch geringere Breiten haben können als die Riemenscheiben. Hierzu kommt noch, daß
die Schwingungsamplitude des Bandes während des Laufens nur sehr gering ist. Durch
alle diese Umstände werden die bei sonstiger Uebertragung schwer zu vermeidenden
Verluste stark reduziert bezw. fast ganz beseitigt.
Versuche an der Kgl. Techn. Hochschule Charlottenburg, mit einem Stahlbandtrieb für
eine Uebertragungsarbeit von 146 PS, geleistet von einem 10 cm breiten und 0,5 mm
starken Stahlband, haben bei einer Geschwindigkeit von 61,5 m/Sek, und einer
Gesamtspannung (Achsdruck) von 200 kg nach Messungen von Prof. Kammerer einen
Wirkungsgrad von 99 v. H. ergeben. Der genannte Wirkungsgrad bezieht sich jedoch nur
auf das Uebertragungsorgan allein und dürfte sich in der Praxis nicht gleichartig
erreichen lassen; trotzdem werden aber stets wesentlich geringere Arbeitsverluste
auftreten als beim Riemen und Seil.
Die erhebliche Dehnbarkeit, mit der man bei allen Treib- oder Zugmitteln aus
Weichmaterial zu rechnen hat, gestattet auch nur, die Uebertragungsfähigkeit dieser
bis zu einer gewissen Grenze auszunutzen; besonders gilt dieses bei größeren
Leistungen. Mit wachsender Größe der zu übertragenden Kraft müssen also die
Dimensionen des Uebertragungselements gesteigert werden, was wieder eine
Vergrößerung der Scheiben nach sich zieht, sowohl in der Breite als auch im
Durchmesser. Letzteres wird auch nötig, wenn die Geschwindigkeit erhöht werden soll,
was sich seit längerer Zeit immer mehr als eine unabweisbare wirthschaftliche
Forderung erwiesen hat. Bekanntlich sind nun aber Erhöhung der Geschwindigkeit und
Vergrößerung des Scheibendurchmessers die hauptsächlichen Hilfsmittel zur Erzielung
einer günstigen Nutzspannung von Riemen und Seil. Von der Größe der Spannung hängt
aber auch der Wirkungsgrad genannter Organe ab. Wenn größere Scheiben mit höherer
Geschwindigkeit laufen, so treten erhöhte Beanspruchungen auf, die für die
benachbarten Lager und Wellen nicht förderlich sind und eventl. unerwünschte
Deformationen (Wellendurchbiegungen) der Getriebetheile herbeiführen können. Es ist
erkenntlich, daß der Wirkungsgrad des Uebertragungselements infolge vermehrter
Lagerreibung, Luftwiderstände usw. ungünstig beeinflußt wird, also nur beschränkt
erhöht werden kann.
Das Arbeitsvermögen des Stahlbandes ist dagegen weniger beschränkt, wie auch der
Wirkungsgrad durch Erhöhung der Uebertragungsgeschwindigkeit oder größere Bemessung
des Scheibendurchmessers nicht erheblich beeinflußt wird; für die Erzielung des
günstigsten Wirkungsgrades ist eine solche Erhöhung in manchen Fällen sogar
besonders nutzbringend. Es bleibt nämlich bei Steigerung der zu übertragenden Kraft
und der Geschwindigkeit das Stahlband noch ziemlich schmal.
Textabbildung Bd. 326, S. 552
Fig. 1.
Fig. 1 zeigt einen ursprünglich vorhandenen
Riementrieb für 250 PS, umgewandelt in einen Stahlbandtrieb. Besonders fällt das für
die gleiche Leistung bemessene schmale Stahlband gegenüber dem mitabgebildeten
ehemaligen Riemen auf. Wenn nun das Kraftband nur schmal ist, so bedarf es also auch
nur Bandscheiben von geringerer, achsialer Ausdehnung. Das leichtere Gewicht
derselben kann (auch bei großer Kraftübertragung und erhöhter Geschwindigkeit) auf
die Getriebtheile nicht sehr nachtheilig wirken; im Gegentheil werden
Belastungsschwankungen durch die Schwungwirkung der schmalen Bandscheiben in
günstigster Weise aufgehoben, was bezüglich der Gebrauchsfähigkeit des Stahlbandes
für elektrische Betriebe von besonderem Nutzen ist; auch lassen sich die Abmessungen
der Wellen und Lager, sowie die Lagerabstände bei Verwendung von
Stahlkraftbandtrieben sehr reduzieren.
Die minimale Dehnung des für das Stahlkraftband benutzten Materials verhindert, daß
Schlupfverluste im Betriebe auftreten, die ein Nachspannen erfordern: mithin bleibt
ein richtig gespanntes Band ohne weitere Spannungsregelung betriebsfähig.
Zur Bestimmung der richtigen Bandlänge bedient man sich am besten eines schmalen
Meßbandes; dieses wird entsprechend der Lage des späteren Kraftbandes um die
Triebscheibe gelegt. Die Bandenden werden nun mit einem Indikator verbunden, so daß,
nachdem man das Band mit der errechneten Kraft angespannt hat, diese auf der
Indikator-Meßtrommel abzulesen ist. Hierdurch kann man das Meßband auf die
erforderliche Spannung bringen; sobald dies erreicht ist, werden die Enden des
Bandes durchgeschnitten, und zwar so, daß sie scharf aneinanderstoßen. An jedem
Bandende wird dann noch eine Ecke abgeschnitten, was zur Kennzeichnung des richtigen
Maßes geschieht. Die beschriebene Meßvorrichtung, sowie die Anleitung zur richtigen
Handhabung, wird von der Eloesser-Gesellschaft zur
Verfügung gestellt; die vorstehende Meßmethode darf dabei als die einwandfreieste
bezeichnet werden. Ein derartig bemessenes Band bedarf sowohl zur Inbetriebnahme,
als auch zur betriebsbrauchbaren Verwendung keiner Nachspannung, unverkennbar ein
bedeutender Vortheil betriebstechnischer Art, herbeigeführt durch die Eigenschaften
des anorganischen Materials.
Die benötigte Reibung zwischen Scheibe und Band wird durch einen Korkbelag, welchen
man auf den Kranz der Scheibe bringt, erreicht. Dieser aufgekittete Korkstreifen
hält im Betriebe sehr gut, wird auch von Oel, Fett oder ähnlichen Substanzen nicht
angegriffen und verliert seine schlupfbeseitigen – de Wirkung auch bei längerer
Betriebsdauer nicht. Im weiteren führt der Korkbelag aber dazu, daß sich das Band
nicht erheblich abnutzt, lästige Geräusche vermieden werden und der Wirkungsgrad des
Stahlbandes erhöht und dauernd gleich erhalten wird.
Der zu erreichende Nutzeffekt des Stahlbandes bei der Uebertragung ist außer von den
angeführten Maßnahmen auch noch von der richtigen Verbindung der Bandenden abhängig,
welche zugleich die Betriebssicherheit beeinflußt. Weiter oben wurde erwähnt, daß
durch theoretisch und praktisch durchgeführte Ermittlungen ein einwandfreies
Bandschloß geschaffen wurde. Hier sei zur Vervollständigung hinzugefügt, daß sich
dieses Bandschloß (so lange es sachgemäß zur Ausführung gelangt) durchaus bewährt
hat und allen Beanspruchungen vollkommen genügt, was der Umstand erweist, daß selbst
die in den Jahren der Einführung gebrochenen Bänder nie an der Verbindungsstelle
versagt haben. Meisthin sind es nur unkontrollierbare, im Betriebe auftretende
Zusatzspannungen, welche das Band zum Bersten bringen; dies kann z.B. durch unrunde
Scheiben leicht eintreten. Das Stahl-Kraftband-Verbindungsschloß nach Eloessers Anordnung ist in Fig. 2 und 3 dargestellt. Es besteht aus zwei, dem
Scheibenumfang angepaßten Platten, die durch mehrere Schrauben zusammengepreßt
werden. Zwischen den Platten lagern die Bandenden, welche noch durch niedrig
temperierte Lötung verbunden sind. Die obere Platte hat nach jeder Seite in der
Längsrichtung verlängerte Wälzungsflächen; diese ertheilen dem, von der Scheibe
ablaufenden Bande allmählich wieder seine Laufrichtung, so daß eine Verletzung des
Bandes durch die häufige Richtungsänderung (aus dem gekrümmten Lauf von der Scheibe
zum geradlinigen bis zur anderen Scheibe und so weiter) nicht erfolgen kann, wie
diese leicht eintritt, wenn die oberen Plattenkanten scharfkantig sind, entsprechend
der Ausführung bei Riemenschlössern. Die geschilderte Verbindungsart wird entweder
an Stahlbändern für Triebe bei fliegend angeordneten Scheiben vollständig in der
Fabrik ausgeführt, oder es wird ein Bandende mit dem Schloß verbunden, so daß an der
Gebrauchsstelle nur noch Lötung und Verschraubung des zweiten Bandendes herzustellen
sind. Bedeutende Arbeitsverluste oder gar Brüche der Stahlbänder können bei
Anwendung der Eloesser sehen Verbindung nicht leicht
eintreten, sofern bei Ausführung des Verschlusses die nötige Sorgfalt beobachtet
wurde.
Textabbildung Bd. 326, S. 553
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 326, S. 553
Fig. 3.
Wie nicht genau runde Bandscheiben für das Stahlband ungünstig wirken und daher
vermieden werden müssen, so muß ferner auch dafür gesorgt werden, daß die
Wellenabstände an allen Stellen gleich sind. Denn infolge seiner natürlichen
Eigenschaften wird sich das Stahlband nicht so anschmiegen und einlaufen wie der
Lederriemen, sondern die Ungenauigkeit der Triebanlage aufnehmen und dadurch
Betriebsstörungen herbeiführen, sei es durch Bruch, Ablaufen oder durch
unregelmäßige Uebertragung. Hierbei sei auf die Notwendigkeit hingewiesen, die
Wellenlagerung konstruktiv so anzuordnen, daß sich die vorgesehenen Abstände durch
irgend welche Einflüsse nicht abnormal verändern können; denn derartige
Veränderungen sind die ärgsten Feinde des Stahlbandes in bezug auf störungsfreies
Verhalten im Betrieb.
(Schluß folgt.)