DIE TORSION DÜNNWANDIGER HOHLZYLINDER MIT
ZWISCHENSTEGEN.Von H. Lorenz in
Danzig.LORENZ: Die Torsion dünnwandiger Hohlzylinder mit
Zwischenstegen.Inhaltsübersicht.Es wird gezeigt, daß man durch Einführung von Einzelmomenten für
jede Zelle eines dünnwandigen Hohlzylinders mit Zwischenstegen aus den Ableitungen
der Formänderungsarbeit die Torsionsspannungen an allen Stellen ermitteln kann. Die
Rechnung wird durchgeführt für eine und mehrere Zwischenwandungen entsprechend dem
Fall eines Schiffes mit mehreren Decks sowie für eine Wand mit einer inneren
Verzweigung. Von Sonderfällen werden für die unverzweigte Zwischenwand diejenigen
einer überall konstanten Wandstärke sowie einer konstanten Spannung untersucht, und
schließlich noch die Bedingungen für spannungsfreie Zwischenwände abgeleitet.–––––
[Textabbildung Bd. 326, S. 497]
Fig. 1.Die Ermittlung der Spannungsverteilung in tordierten Prismen, Vollzylindern oder
starkwandigen Hohlzylindern gehört zu den schwierigeren Problemen der
Elastizitätstheorie, sofern die Querschnitte der genannten Körper von der Kreisform
abweichen. Handelt es sich dagegen um Hohlzylinder mit hinreichend kleiner
Wandstärke, so läßt sich die Berechnung leicht für jede Querschnittsform
durchführen. Schneidet man nämlich aus der Zylinderwand (Fig. 1) ein Element A B A' B' (Fig. 2) von der achsialen Länge d x mit den Wandstärken h
und h' längs A B bezw. A' B' heraus, denen die Schubspannungen τ
und τ' in den Tangentenrichtungen zur
Wandungskurve A A' bezw. B
B' entsprechen, so werden dieselben Schubspannungen auch in den
Normalschnitten A B und A'
B' zum Querschnitte herrschen. Alsdann erfordert das Gleichgewicht des
Elementes gegen achsiale Verschiebung, daßτ h d x = r' h' d xoder daß längs des ganzen Querschnittumfangsrh = r' h'. . . . . . . 1)ist. Die Torsionsspannung in einem
dünnwandigen Hohlzylinder ist also unabhängig von der Form der Wandungskurve
indirekt proportional der Wandstärke. Da dieselbe Beziehung auch für die
Wassergeschwindigkeit in einem geschlossenen Kanal von der veränderlichen Breite h gilt, so kann man die Schubspannungstrajektorien ganz
allgemein als Stromlinien auffassen und spricht dann wohl von einem hydrodynamischen
Gleichnis für unseren Spannungszustand.
[Textabbildung Bd. 326, S. 497]
Fig. 2.Um das Torsionsmoment zu erhalten, fällt man von einem beliebigen Pole
O der Querschnittsebene ein Lot l auf die Verlängerung des Elements d s der Wandkurve (Fig.
1), so daß in bezug auf Ooder nach Integration über den ganzen Umfang 5 mit
Rücksicht auf 1 . . .
2)wird, worin F die ganze von der
Wandkurve umschlossene Querschnittsfläche darstellt. Durch diese Formel 2 ist somit
die Spannung τ an jeder Stelle der Wandung unabhängig von der Lage des Poles O bestimmt.Endlich erhalten wir noch unter Einführung des Gleitmoduls G, des Verdrehungswinkels ∆ φ und des
Volumelementes d V = h ds
dx für die FormänderungsarbeitLmithin wegen 1 für die ganze Zylinderlänge x
. . 3)worin das Integral über den ganzen Umfang der Wandkurve zu
erstrecken ist.
[Textabbildung Bd. 326, S. 498]
Fig. 3.Die vorstehenden Formeln sind bekannt; sie wurden meines Wissens zuerst von R. Bredt 1896 veröffentlicht1)R. Bredt: Studien
zur Drehungselastizität. Zeitschr. d. V. d. Ing. 1896. S. 815,
sind indessen trotz ihrer leichten Verwendbarkeit unter Zuhilfenahme des Planimeters
für beliebige Wandkurven noch nicht in die Lehrbücher der Elastizitäts- und
Festigkeitslehre aufgenommen worden.Ueberdies versagen sie für den Fall, daß der Hohlkörper wie z.B. ein Schiff noch Zwischenwände besitzt, die vermöge ihrer Verbindung mit
der Außenwand an der Verdrehung teilnehmen werden und daher die Spannungsverteilung
beeinflussen müssen.Wir betrachten zunächst den einfachsten Fall eines Hohlzylinders mit einer Zwischenwand (Fig.
3), deren veränderliche Wandstärke h' sein
möge, während wir die der beiden Außenwände mit h1 und h2 bezeichnen; ihnen entsprechen die Schubspannungen
τ', τ1 und τ2. Alsdann erkennt man
nach Analogie von Fig. 2, daß längs jeder dieser
Wandstücke die Produkte τ' h', τ1h1, τ2h2 konstant sein
müssen, während das achsiale Gleichgewicht eines Elementes A1B1A' B' A2B2 der
Verzweigungsstelle 1 (Fig. 4) die Beziehungτ1h1– τ2h2 = r' h'. . . . . . . . 4)liefert. Bezeichnen wir weiterhin die Elemente der drei
Wandstücke mit d s', d s1 und d s2,
die Lote auf ihre Verlängerungen von einem beliebigen Pole O aus mit l', l1 und l2, so
wird das Torsionsmomentoder wegen Gl. 4Kehren wir mit den Grenzen des letzten Integrals sein
Vorzeichen um und beachten, daßdie doppelten Querschnittsflächen der
durch die Zwischenwand getrennten Zellen bedeuten, so folgt für das
Moment
[Textabbildung Bd. 326, S. 498]
Fig. 4.. . . . .
. 5)oder auch unter Zerlegung in zwei Momente,
. . . . . 6)deren jedes an einer Zelle angreift,
. . . . . . . . . . . 5a)Für die Formänderungsarbeit L
ergibt sich analog Gleichung 3
. 7)oder auch mit 6 bezw. 4, wonach
. . 6a)ist,
. 7a)In den drei Gleichungen 4, 5 und 7 treten nun. die vier Unbekannten τ1h1τ2h2, τ' h' und ∆ φ auf, während
in den beiden Formeln 5a und 7a außer und
noch der Verdrehungswinkel ∆ φ zu berechnen ist, so daß jedenfalls noch eine
weitere Beziehung bestehen muß.Diese ergibt sich nun durch partielle Differentiation der Arbeitsgleichung 7a
nach bezw. ,
woraus die Einzelverdrehungen ∆ φ1 und ∆φ2 der beiden ZellenMissing or unrecognized delimiter for \lefthervorgehen. Multipliziert man diese Ausdrücke mit
bezw. ,
so wird mit Rücksicht auf 7aeine Formel, die mit 5a nur vereinbar ist, wenn∆φ1 = ∆φ2 = ∆φwird. In der Tat muß jede Zelle um denselben Winkel verdreht
werden, wenn die Querschnittsform keine Verzerrung erleiden soll. Dann aber ergibt
sich durch Gleichsetzen der beiden Ausdrücke 8
. . 9)wodurch dann im Verein mit 5a die Momente
und
eindeutig bestimmt sind, aus denen sich mit 6 und 4 die Spannungen an jeder Stelle
berechnen lassen.
[Textabbildung Bd. 326, S. 499]
Fig. 5.
[Textabbildung Bd. 326, S. 499]
Fig. 6.
[Textabbildung Bd. 326, S. 499]
Fig. 7.Soll die Zwischenwand keine Schubspannung aufnehmen, so
muß wegen τ' = 0 in Gleichung 4 τ1h1= τ2h2 oder in 6sein, womit 9 übergeht in
. . . . 10)eine Bedingung, die ersichtlich ohne weiteres für
Zwischenwände erfüllt ist, die den Hohlkörper in zwei kongruente Hälften teilen. Mit
Wegfall der Zwischenwand wird F1 = F2, s1= s2,, h1= h2, womit Gleichung
10 zu einer Identität wird.Ist die Wandstärke durchweg konstant, so hat man aus 4 mit
h1 = h2= h'τ1 – τ2 = τ'. . . . . . . . . 4a)während 9 sich vereinfacht in
. . 9a)Soll ferner die Schubspannung überall
denselben Wert τ1= τ2= τ' = τ besitzen, so können sich innerhalb
der Einzelstrecken s1s2 und s' die Wandstärken nicht ändern, so zwar, daßh1 – h2 = h'. . . . . . . 4b)ist, während 5 in . .
. . . . 5b)und 9 in
9b)übergeht. Aus dieser Gleichung 9b und 4b berechnen sich die
Verhältnisse h1: h' und h2 : h', deren Quotient
dann h1: h2 ergibt und in 5b
eingesetzt bei vorgelegten Werten von und τ die Absolutwerte h1 und h2 liefert.Es bietet natürlich gar keine Schwierigkeiten, das vorstehende Verfahren auf Querschnitte mit mehreren Zwischen wändens', s'' usw. (Fig. 5
und 6) auszudehnen, wie sie bei Schiffen durch die übereinanderliegenden Decks bezw. den
Doppelboden usw. bedingt sind. Alsdann erhalten wir an Stelle von 4 mit
analogen BezeichnungenMissing or unrecognized delimiter for \leftund statt 5 mit den Querschnittsflächen F1F2. . . der
Einzelzellen
. . . . . . . . . 12)Entsprechend wird in diesem Falle die Formänderungsarbeit L mit den Einzelmomenten
. . .
nach 6
13)aus deren Ableitungen wegen der Uebereinstimmung aller
Verdrehungswinkel die Gleichungen
. . 14)hervorgehen, die mit
. . . . . . . 12a)gerade zur Bestimmung der Einzelmomente ausreichen, aus denen sich dann die
Produkte τ2, h1, τ2h2, τ3h3 usw. mit Gleichung 6
berechnen.Handelt es sich dagegen um eine Reihe in sich zurücklaufender
Zellen oder, was auf dasselbe herauskommt, um Verzweigungen der Zwischenwände selbst, die für sich dann Teile der
Querschnittsfläche umschließen, so werden auch diesen Einzelmomente entsprechen, die
aus der vorstehenden Entwicklung nicht ohne weiteres ersichtlich sind. Wir wollen
uns hierbei mit der Untersuchung des einfachsten Falles einer
Zwischenwand mit einer Verzweigung (Fig. 7)
begnügen, bei dem also sechs Strecken s1s2s' s'' s1' s2' mit den Wandstärken h
h2h' h'' h1' h2' mit den Schubspannungen τ1τ2τ' τ'' τ1' τ2' zu berücksichtigen sind. Aus der Figur erkennt man
schon, daß hierbeiτ'' h'' =
τ1 h1 – r2 h2 = r'' h''τ' h' =
τ2' h2' – τ1' h1' = r'' h''. . . . . . 15)oderτ1 h1 + r1' h1' = τ2 h2 +
r2' h2'. . . . .
. 15a)ist. Für das totale Torsionsmoment ergibt sich damit, wie
oben
. . . . . . . 16)wenn wir mit F1 die Zelle von der Außenwand s1 mit F2 die s2 und mit F' die von den Innenwandungen s1' und s2' begrenzte Zelle bezeichnen. Setzen wir dann noch,
,
. . . . .
16a)so wird wiederFür die Formänderungsarbeit L
ergibt sich weiter$$$$ 17)oder nach Elimination von τ'' h'
aus 15 sowie nach Einführung der Einzelmomente 16a
17a)Daraus bestimmen sich wieder die Einzelmomente wegen der gleichen Verdrehung der
Einzelzellen mit Hilfe der beiden Formeln
. . . . . 18)sowie mit 16b, wonach die Produkte rh sich aus 16a
ergeben.Sollen im Sonderfalle die beiden Zwischensteges' und s''keinen Spannungen unterworfen sein, so folgt aus 15 und
16aMissing or unrecognized delimiter for \leftSetzen wir dies in das Gleichungspaar
. . . . . . 18a)ein, so wird darausMissing or unrecognized delimiter for \leftoder nach Multiplikation mit F1 bezw. F2 und Additionwofür wir auch unter Wiedereinführung der Produkte τ1h1 und τ1' h1' sowie mit F1 + F2 + F' = F schreiben
dürfen
. . 18c)Das ist aber nichts anderes als die Bedingung der gleichen Verdrehung der nicht mehr
miteinander zusammenhängenden Hohlzylinder mit den Wandungen s1+ s2 bezw. s1' + s2', wie sich ohne
weiteres aus den Formeln 2 und 3 ergeben würde. Hierin liegt zugleich eine
erwünschte Kontrolle des ganzen Rechnungsverfahrens. Durch Division der beiden
Formeln 18b würden die Momente sich wegheben und eine geometrische Bedingung für den
Wegfall der Schubspannungen in den beiden Stegen s' und
s'' resultieren, die wir aber nicht erst
anzuschreiben brauchen.