Titel: | Eine neue hydraulische Steuerung. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 410 |
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Eine neue hydraulische Steuerung.
Eine neue hydraulische Steuerung.
Es ist bekannt, daß unter hohem Druck und hoher Temperatur arbeitende
Abschlußorgane jeder Art, wie Schieber, Ventile, Hähne und dergl., im Betrieb häufig
Schwierigkeiten verursachen, die um so größer sind, je größer die erforderlichen
Durchgangsquerschnitte derselben sind und je höhere Anforderungen an deren
Dichtigkeit gestellt werden müssen. Dazu kommt noch unter Umständen eine für die
Bewegung erforderliche bedeutende Leistung, die häufig nur unter Aufwand von
Uebersetzungen und Entlastungsvorrichtungen eine Bewegung des Abschlußorgans
erreichen läßt. Trotzdem versagen derartige Steuerungs- und Abschlußorgane im
kritischen Augenblicke gänzlich oder sie verursachen zum mindesten eine unliebsame
Betriebsstörung. Die Fälle sind für den im Betriebe stehenden Techniker so
zahlreich, daß von der Aufzählung solcher hier abgesehen werden kann.
Eine Vorrichtung, welche diesen Uebelständen gründlich abhilft und welche sich
bereits praktisch bewährt hat, ist im Folgenden beschrieben und durch die
beigegebenen Figuren erläutert.
In Fig. 1 ist eine sog. Vorsteuerung dargestellt, wie
sie im Zusammenhange mit einem hydraulischen Hebezylinder zum Anheben und Senken
bedeutender Gewichte benutzt werden soll. Diese allgemein gestellte Aufgabe hat im
Maschinenbau und besonders im maschinellen Betriebe der Theater eine hervorragende
Bedeutung. Der eiserne Vorhang z.B. sowie die Versenkungen, Gitterträger u. dergl.
müssen mit unbedingter Sicherheit zeitgerecht gehoben und gesenkt werden können,
wobei die Hub- bezw. Senkgeschwindigkeiten innerhalb weiter Grenzen veränderlich
sein müssen. Alle zur Lösung dieser Aufgabe bisher angewendeten Mittel haben nur
teilweise befriedigt.
Der vorliegende Erfindungsgedanke ist dem Bedürfnisse nach einer unbedingt sicheren
Funktion der Steuerung entsprungen; die durch Patent geschützte Vorrichtung ist im
Betriebe der maschinellen Anlage des Cölner Opernhauses entstanden, wo sie seit
längerer Zeit im Gebrauche ist und sich ebenso wie an verschiedenen anderen Stellen
glänzend bewährt hat.
Die Arbeitsweise des in Fig. 1 dargestellten
Kolbenschiebers ist folgende:
Textabbildung Bd. 326, S. 410
Fig. 1.
Der mit einer Reihe paralleler Längsschlitze oder einer großen Zahl enger Löcher
versehene Steuerschieber a bewegt sich in einem mit
drei Stutzen ausgerüsteten Gehäuse, in dem er durch Ledermanschetten und Stützringe
in üblicher Weise abgedichtet ist. Das Gehäuse besitzt zu beiden Seiten zwei
Federkammern b, und die gleichgroßen Federn sind
mit einer bestimmten Vorspannung in diese eingesetzt. Enge Röhrchen d führen vom Druckwasserzuflußrohr nach den an beiden
Seiten des Kolbenschiebers angeordneten und mit den Federkammern in Verbindung
stehenden Räumen, welche ihrerseits durch zwei dünne Röhrchen an die beiden Ventile
H1 bezw. H2 angeschlossen sind.
Soll jetzt der Steuerschieber a z.B. aus der
gezeichneten Mittelstellung heraus eine Bewegung nach rechts ausführen, so wird
einfach der Druckwasserabfluß bei H2 geöffnet, während H1 geschlossen bleibt. Wird H2 wieder geschlossen,
so geht der Schieber nach links in seine Mittellage zurück, was übrigens immer der
Fall sein wird, sobald beide Ventilchen H1 und H2 ganz geschlossen bezw. ganz offen sind oder
gleichgroße Durchflußquerschnitte geben. Wird H2 geschlossen und H1 teilweise oder ganz geöffnet, so führt der
Schieber eine Bewegung nach links aus und kommt je nach der Größe der Oeffnung in
H1 in seine linke
Totlage, wodurch der ungehinderte Zutritt von Druckwasser nach dem Hebezylinder
erfolgt. In der rechten Totlage wird die Verbindung des Hebezylinders mit dem
Abschlußrohr hergestellt. Alle Zwischenlagen des Kolbenschiebers lassen sich durch
Veränderung der Durchflußquerschnitte in den Ventilen H1 bezw. H2 herbeiführen. Wird das Ventil H1 oder H2 nur bis zu einem
gewissen Bruchteile seines Querschnittes geöffnet, so wird der Druck auf Grund der
fortwährend nachströmenden Flüssigkeit durch das Röhrchen d nur bis zu einem gewissen Grade sinken, und die Feder wird durch eine
Kraft zusammengepreßt, die dem Druckunterschiede beider Steuerkammern gleichkommt.
Sobald immer eine einseitige Druckverminderung infolge Veränderung des
Ventildurchganges eintritt, wirkt auf der andern Seite des Steuerschiebers ein
Ueberschuß an treibender Kraft, wodurch der Schieber spielend in jede beliebige Lage
gebracht werden kann. Die Feder ist so bemessen, daß bei der erforderlichen größten
Kolbenverschiebung die Federspannung dem einseitigen Kolbendruck gleich ist.
Die beiden Hähnchen oder Ventile H1 und H2 können auch zu einem einzigen Organ vereinigt
werden, das z.B. als Dreiweghahn eine sichere Einstellung des Querschnittes in sehr
präziser Weise gestattet.
Es ist einleuchtend, daß dieses Organ ebenso leicht auch zwangläufig mit den
Plungerbegrenzungen des Hebezylinders durch Gestänge oder durch Seilzüge in
Verbindung gebracht werden kann. Und endlich können die mit H1 und H2 verbundenen Röhrchen nach irgend einer beliebig
weit entfernten Stelle geführt werden, wodurch eine Fernstellvorrichtung von
unbedingter Sicherheit geschaffen wird. Solche Schieber sind für kleine Querschnitte
und Drücke ebenso sicher im Betriebe zu halten als für die größten
Durchgangsquerschnitte und die höchsten Drücke.
Die Versuche haben gezeigt, daß sich mittels der Ventile H alle erwünschten Kolbenstellungen leicht und sofort herstellen lassen,
so daß man es in der Hand hat, großen Wassermengen, natürlich auch Dampf- und
Gasmengen, welche unter hohen Drücken stehen können, leicht und schnell
veränderliche Abflußquerschnitte zu schaffen. Die Steuerung hat den Vorzug, daß sie
außer dem Kolben und den beiden Federn keinerlei bewegliche Teile besitzt.
In gleicher Weise kann das Grundsätzliche dieser Wirkung auf gewöhnliche
Absperrschieber übertragen werden, wie solche in Fig.
2 und 3 dargestellt sind.
Während Fig. 2 einen Schieber zeigt, der mit
Rücksicht auf die Federanordnung länger geschlossen als geöffnet ist und z.B. bei
der Feuerlöschregeneinrichtung für Theater Verwendung
gefunden hat, zeigt Fig. 3 einen Absperrschieber,
der meistens offen ist und z.B. bei Kanalbauten sehr tief eingesetzt werden kann, da
seine Steuerung durch Fernleitung erfolgt.
Die Wirkungsweise der Schieber in Fig. 2 und 3 beruht auf demselben Prinzip, wie dieses bei Fig. 1 erläutert wurde. Der Kolben wird durch
Wasserdruck gegen die Feder gepreßt und dadurch in Fig.
2 geöffnet. Die kleine Bohrung im Kolbenboden gestattet dem Wasser einen
Abfluß, so daß die zur Ueberwindung der Kolbenreibung angeordnete Feder im Stande
ist, bei geschlossenem Hahn den Kolben zu schließen. Der Absperrschieber in Fig. 3 ist auch geöffnet gezeichnet. Die Feder hält
den Kolben offen, solange das Ventil H4 geöffnet ist, oder bei y einen größeren Zufluß hat als der Zufluß bei der Stelle x.
Textabbildung Bd. 326, S. 411
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 326, S. 411
Fig. 3.
Wird dagegen das Ventil H4 geschlossen, so stellt sich über dem Kolben der volle Druck ein und der
Schieber schließt sich. Der Kolbenschieber in Fig. 2
enthält schließlich noch eine Pfeife, da sich dies in einigen Betrieben als
vorteilhaft herausgestellt hat.
Für hydraulisch betriebene Maschinen dürfte diesen Steuerungsorganen ein weites
Gebiet der Anwendung offen stehen.
Prof. E. C. Karch.