Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 237 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Versuche an Turbogeneratoren.
Vom Dampfkesselüberwachungsverein Berlin wurden in
letzter Zeit Versuche an mehreren großen Turbogeneratoren vorgenommen. Der erste
Versuch bezieht sich auf eine A. E. G.
Curtis-Dampfturbine mit einer Leistung von 4000 KW bei 1500 Umdr. i. d. Min.,
die mit einem Drehstromgenerator von 6000 Volt Spannung direkt gekuppelt ist. Das
Vakuum betrug im Betrieb 97–98 v. H. gegenüber dem garantierten Wert von 95 v. H.
Auch die Ueberhitzung im Betriebe war höher als diejenige, auf welche die
Garantiewerte bezogen wurden. Letztere sollten bei 12½ at Ueberdruck bei Vollast 6,5
kg, bei halber Last 7,2 kg f. d. KW/Std. betragen. Die bei dem Versuch erreichten
Dampf Verbrauchszahlen sind in Tab. 1 enthalten.
Tabelle 1.
Belastung
Vollast
¾ Last
½ Last
1. Dampfverbrauch kg/KW-Std.bezogen auf die effekt.
erzeugteEnergie abzügl. Erregerenergie
5,46
5,47
5,37
2. Dampfverbrauch kg/KW-Std.bezogen auf die nutzbare
Energieabzügl. Kondensationsenergie
5,55
5,57
5,51
3. Dampfverbrauch kg/KW-Std.wie unter 1 auf den
Dampfzustandder Garantie umgerechnet
6,08
5,99
5,98
Düsenstellung
2 Düsengeöffnet
1 Düsegeöffnet
alle Düsengeschl.
Auffallend bei diesen Resultaten ist, daß eine nennenswerte Aenderung im spezifischen
Dampfverbrauch bei Vollast und halber Last nicht aufgetreten ist. Der Grund liegt in
der Regelung durch Düsen, welche das völlige Konstanthalten des Anfangsdruckes bei
den verschiedenen Belastungen und damit eine gleiche Ausnutzung der Dampfenergie
ermöglicht. Die Umrechnung der erreichten Dampfverbrauchszahlen für die der Garantie
zugrunde gelegten Dampfzustände wurde in der Weise vorgenommen, daß für 1 v. H.
Aenderung des Vakuums eine Aenderung im Dampfverbrauch von 1,5 v. H. und für 6° C
Ueberhitzung eine Aenderung im Dampfverbrauch von 1 v. H. angenommen wurde.
Der zweite Versuch bezieht sich auf eine Zoelly-Dampfturbine von ebenfalls 4000 KW-Leistung bei 1000 Umdr. i. d. Min.,
welche mit einem Drehstromgenerator von 3000 Volt Spannung direkt gekuppelt ist. Für
12 at Anfangsüberdruck, 300° Ueberhitzung und 94 v. H. Vakuum waren 6,45 kg Dampf
für 1 KW/Std. ausschließlich Kondensationsenergie, bei dreiviertel Last 6,65 kg, bei
halber Last 7,35 kg und bei einviertel Last 8,85 kg. Bei den Versuchen betrug
die Ueberhitzung ∾ 290°, bei ein Viertel Last ∾ 275°; das Vakuum betrug bei Vollast
94,6 v. H. und stieg bei ein Viertel Last auf 96 v. H. Die unter diesen
Betriebsverhältnissen erreichten Dampfverbrauchszahlen sind in Tab. 2
zusammengestellt. Die Garantiewerte sind entsprechend den Dampfzuständen bei den
Versuchen umgerechnet und zwar so, daß für 6,4° Temperaturänderung eine Aenderung im
Dampfverbrauch von 1 v. H. in Anrechnung gebracht wurde.
Tabelle 2.
Belastung
Vollast
¾ Last
½ Last
¼ Last
Dampfverbrauch kg/KW-Std. bezogen auf die
Nutzleistung ausschließl. Kondensations- energie
6,67
6,97
7,40
9,50
Umgerechnet auf den der Garantie zugrunde
gelegten Dampfzustand
6,80
7,13
7,93
9,75
Der dritte Versuch bezieht sich auf eine kleinere A. E. G.
Curtis-Turbine von 800 KW bei 1600 Umdr., die mit zwei Gleichstrommaschinen
von 235 Volt Spannung direkt gekuppelt ist. Tab. 3 enthält die Ergebnisse des
Versuchs und die garantierten Dampfverbrauchszahlen.
Tabelle 3.
Belastung
Vollast
¾ Last
½ Last
Dampfverbrauch kg/KW-Std. bei 11,5 at Ueberdruck, 265°
Ueber- hitzung und 96 v. H. Vakuum
7,64
7,9
8,64
Garantiert mit 5 v. H. Toleranz
7,25
7,8
8,7
(Hilliger.) [Zeitschr. für
Dampfkessel- und Maschinenbetrieb 1911, S. 33–35 und 45–47.]
M.
Neue elektrische Lokomotiven für die die New
Haven-Bahn.
In gemeinsamer Tätigkeit der Ingenieure der Baldwin-Lokomotive-Works und der New
Haven-Eisenbahn-Gesellschaft wurde der mechanische Teil der neuen New Haven-Lokomotiven entwickelt, deren 13,2 m langes
Führerhaus auf zwei Drehgestellen ruht. Die miteinander unmittelbar gekuppelten
Drehgestelle tragen an ihren freien Enden die Zug- und Stoßvorrichtungen. Jedes
enthält zwei Treibachsen mit Rädern von 1600 mm und eine Laufachse mit 1065
mm Rädern. Das Führerhaus ruht nicht auf der Mitte der Drehgestelle in der üblichen Weise
mit Hilfe von Königszapfen, sondern wird an den Enden durch Gleitplatten getragen.
Der feste Radstand jedes Drehgestelles ist rund 2,1 m. Das gesamte Lokomotivgewicht
beträgt gegenwärtig 150 t, doch wird es zweifellos bei weiteren Lokomotiven dieser
Bauart wesentlich verringert werden.
Zum Antriebe dienen vier Motoren, die je in den Drehgestellrahmen fest über den
Triebachsen gelagert sind. Die Kupplung zwischen den Motoren und Treibachsen ist
nicht starr, sondern es wird mit Hilfe eines einfachen Zahnradvorgeleges ein
Mitnehmer angetrieben, dessen Arme unter Zwischenschaltung von Federn das Drehmoment
auf die Treibräder übertragen. Hierbei ist ein Federspiel des
Lokomotivuntergestelles mit den Motoren von 40 mm über oder unter der Achsmitte
zulässig. Zum Schutz gegen Geräusche sind auch zwischen die Zahnradsterne und den
Zahnradkranz Federn geschaltet. Der Fußboden ist in dem Führerhause über den Motoren
so hoch gelegt, daß letztere sich frei darunter bewegen können; nur an den Enden,
die zu Führerständen ausgebildet sind, liegt er tief.
Die Motoren, welche die Lokomotive befähigen, einen Güterzug von 1500 t Gewicht auf
ebener Strecke mit rund 56 km/Std. und einen Personenzug von 800 t Gewicht mit
einer Geschwindigkeit von 72,5 km/Std. zu befördern, entsprechen in ihrer Bauart den
bisher auf den New Haven-Lokomotiven verwendeten. Sie
werden beim Betriebe mit Gleichstrom in Gruppen von zweien in Reihe liegend mittels
Widerstand und Reihenparallelschaltung gesteuert. Beim Wechselstrombetrieb liegen
sämtliche Motoren parallel, und ihre Regelung geschieht durch Anlegen verschiedener
Spannungen, die einem mit Ausführungen versehenen Transformator entnommen werden.
Jeder Motor hat eine Stundenleistung von etwa 375 PS und eine Dauerleistung von rund
310 PS. Die Anfahrbeschleunigung des Personenzuges beträgt 0,10 m/Sek.
Auf dem Lokomotivdach sind zwei Scherenstromabnehmer für die Abnahme von einphasigem
Wechselstrom von 11000 Volt Spannung angeordnet. Ferner sitzen zwischen den
Triebrädern Kontaktschuhe zur Abnahme von 600 bis 700 Volt Gleichstrom von der
stellenweise vorhandenen dritten Schiene. Schließlich ist auf dem Dach auch noch ein
kleiner Scherenstromabnehmer für Gleichstrom angebracht, der an
Unterbrechungsstellen der dritten Schiene bei Kreuzungen usw. in Tätigkeit tritt.
(Storer.) [The Electric Journal 1910, S.
114–119.]
Pr.
Neue Turbine im Kraftwerk der Canadian Niagara Power
Company.
Eine sehr bemerkenswerte neue Turbine ist vor kurzem im Elektrizitätswerk der Canadian Niagara Power Company in Betrieb genommen
worden. Es handelt sich hierbei um den Ausbau des schon seit 1906 im Betriebe
befindlichen, für insgesamt elf Turbineneinheiten von je 10000 PS-Leistung
berechneten Wasserkraftwerkes, welches im Jahre 1906 zunächst mit drei von Escher, Wyß & Company in Zürich gebauten Turbinen
den Betrieb aufgenommen und zwei weitere, nach den gleichen Konstruktionszeichnungen
angefertigte Einheiten von der I. P. Morris Company in
Philadelphia, Pa., erhalten hatte. Bei dem vorliegenden Ausbau ist die Canadian Niagara Falls Company ganz selbständig
vorgegangen. Sie hatte nämlich berechnet, daß mit Berücksichtigung der bereits
vorhandenen Turbinenschächte die Wasserverhältnisse ausreichen würden, um Turbinen
von 12500 PS-Leistung einzubauen und hat, da einzelne Fabriken sich weigerten, den
Bau solcher Turbinen zu übernehmen, die Konstruktionszeichnungen dafür in ihrem
eigenen Betriebe ausarbeiten lassen. Die neue Turbine, welche von der Bethlehem Steel Company in South Bethlehem, Pa., gebaut
worden ist, hat alle auf sie gesetzten Hoffnungen erfüllt. Sie leistet bei 40,5 m
Gefälle 12800 PS am Schaltbrett, während die alten Turbinen bei 41,2 m Gefälle nur
10000 PS liefern. Die Turbine ist ebenso wie die alten Turbinen als senkrechte
Doppel-Francis-Turbine mit äußerer Beaufschlagung
gebaut, unterscheidet sich aber von diesen dadurch, daß sie nicht als Kesselturbine,
sondern als Spiralturbine mit zwei getrennten, aus der gemeinsamen Druckleitung
gespeisten Gehäusen konstruiert ist. Die Konstruktion soll sich auch billiger
gestellt haben als bei den alten Turbinen; der Regulator ist nach der Bauart von Escher, Wyß & Co.
ausgeführt und zum Teil aus der Schweiz bezogen. Die genauen Vergleichsversuche
sollen mit dieser Turbine demnächst angestellt werden. [Electrical World 1910, II,
S. 1525–1527.]
H.
Afrikanische Seide.
Außer dem Maulbeerspinner, der die echte Seide liefert, gibt es bekanntlich noch eine
ganze Reihe anderer, hauptsächlich in Asien vorkommender Raupenarten, die Seide
erzeugen. Die Gespinste der letzteren bezeichnet man allgemein als wilde Seide oder
Tussah. Vor einiger Zeit wurde nun die wertvolle Entdeckung gemacht, daß auch die
Gespinste einer im tropischen und subtropischen Afrika (besonders auch in
Deutsch-Ostafrika) vorkommenden Raupenart einen für die Textilindustrie höchst
brauchbaren Rohstoff liefern. Im Gegensatz zu den erstgenannten Spinnern ist die
afrikanische Art ein Familienspinner, d.h. die Raupen spinnen sich nicht einzeln
ein, sondern eine größere Zahl von Raupen legen ein gemeinschaftliches Nest an, in
dem sie sich dann verpuppen. Zoologisch rechnet man die neue Raupe zur Gattung
Anaphe. Ihre Verbreitung in Afrika ist an einzelnen Stellen eine so große, daß sie
direkt eine Plage bilden und von den Eingeborenen durch Abbrennen der Sträucher, auf
denen sie leben, vernichtet werden. Die Nester haben sackartige Form, sie sind 15–40
cm lang bezw. breit und 8–15 cm dick. An denselben lassen sich verschiedene,
übereinander liegende Schichten unterscheiden. Die äußerste Schicht besteht aus
einem lockeren Fadengewirr von etwa 1 cm Dicke, darauf folgt nach innen zu eine
dünne, pergamentartige braune Haut, die vermutlich den Zweck hat, den übrigen Inhalt
des Nestes vor Witterungseinflüssen und Feinden zu schützen. Damit aber durch diese
Schutzhaut den Schmetterlingen das Auskriechen nicht unmöglich gemacht wird, werden
von den Raupen bei der Herstellung des Nestes vorsorglicherweise eine Anzahl Löcher
gelassen. Im Innern dieses Beutels befinden sich, in einem losen Fadengewirr
eingebettet, die Kokons der einzelnen Raupen. Das Gewicht eines Nestes beträgt etwa
50 g. Der von den Raupen hervorgebrachte Faden unterscheidet sich von der Tussah
vorteilhaft durch größere Feinheit, er kommt in dieser Hinsicht der echten Seide
nahe. Da die Anaphe-Seide ein etwas geringeres spezifisches Gewicht besitzt als
echte Seide, so müßte ein Anaphefaden von gleicher Nummer und Drehung dicker sein
als ein entsprechender Faden echter Seide, d.h. mit anderen Worten, daß die
Anapheseide an Füllkraft die echte Schappe übertreffen müsse. In der Tat zeigten
nach dieser Richtung angestellte Versuche mit Samtgeweben, daß die mit Anaphepol
hergestellte Ware eine bessere Decke hatte. Bei der Verspinnung bereitete die
Aufschließung der Nester anfangs Schwierigkeiten. Es ist jedoch anzunehmen, daß
diese mit der Zeit sich werden überwinden lassen. Wegen der Feinheit des Kokonfadens
läßt sich Anapheschappe zu sehr hohen Nummern ausspinnen; es wurde bis Nr. 400
ohne besondere Schwierigkeiten gesponnen, wogegen Tussahschappe nur bis Nr. 200
hergestellt werden kann. Gegenüber der echten Schappeseide hat die Anaphe allerdings
auch gewisse Nachteile, sie kann wegen der braunen Farbe nur für dunkle Färbungen
benutzt werden. Der Bleichprozeß lohnt nicht, da er zu teuer ist und ein vollkommen
weißer Faden auch nicht erzeugt werden kann. Ferner erreicht ihr Glanz auch nicht
den der echten Schappe. Dagegen besitzt sie aber den Vorzug, daß sie im Preise
schätzungsweise etwa um 40 v. H. billiger sein dürfte. Zur rationellen Ausbeute und
Zucht dieser Seidenraupenart in Zentralafrika hat sich eine Gesellschaft (African Silk Corporation, Limited, London, Berlin,
Brüssel) mit einem Kapital von 3 Mill. Mark gebildet. Die bereits bestehende, von
einem Deutschen gegründete Afrikanische Seidengesellschaft
m. b. H. ist mit ihren Versuchsstationen und Pflanzungen von der neuen
Gesellschaft übernommen worden. Bei der großen wirtschaftlichen Bedeutung, die
hieraus auch unseren eigenen Kolonien erwachsen würde, ist zu wünschen, daß die
praktischen Versuche im Großen den erwarteten Erfolg haben. [Leipz. Monatsschrift
für Textilind. Nr. 8, 1910, S. 211.]
Hg.
Die Riffelbildung auf den Laufflächen der Schienen.
Ueber die Ursache der wellenförmigen Schienenabnutzung bei elektrischen Straßenbahnen
und anderen elektrischen Bahnen hat man bekanntlich in den letzten Jahren die
verschiedensten Annahmen aufgestellt, ohne daß es gelungen wäre, diese Frage
vollständig zu klären. Nach dem von Oberingenieur Busse
auf dem 16. internationalen Straßenbahn- und Kleinbahnkongreß erstatteten
umfassenden Bericht erscheint es nicht mehr zweifelhaft, daß diese eigentümliche Art
der Schienenabnutzung in erster Linie auf die Beschaffenheit des Schienenmaterials
zurückzuführen ist, wenn auch bestimmte Vorgänge des Straßenbahnbetriebes in hohem
Maße diese Art der Abnutzung begünstigen. So hat man durch Bearbeitung des Kopfes
einer noch nicht befahrenen Schiene bereits unregelmäßige Riffelbilder in der
Lauffläche feststellen können, die sich nach einigen Monaten des Betriebes zu
wellenförmigen Vertiefungen ausbildeten. Der Keim zu dieser Abnutzung dürfte bereits
beim Walzprozeß der Schienen gelegt werden, und zwar scheinen die bei höherer
Temperatur fertiggewalzten Schienen weniger zur Riffelbildung zu neigen. Damit würde
übereinstimmen, daß sich die Riffelbildung besonders stark bei Rillenschienen
äußert, welche wegen ihres Profils eine weniger gründliche Durcharbeitung des
Materials beim Walzen gestatten. Von den Einflüssen des Betriebes sind insbesondere
die Schlingerbewegungen, welche ein Gleiten der Räder auf den Schienenköpfen zur
Folge haben, dann aber auch das Gleiten der festgebremsten Räder in der
Fahrtrichtung zu erwähnen. Auch die Auflagerung der Schienen ist von Einfluß
insofern, als fest mit der Unterlage verbundene Schienen in der Regel weniger zur
Riffelbildung neigen, während lose aufliegende Schienen durch die Erschütterungen
abgenutzt werden. Man hat im übrigen ähnliche wellenförmige Abnutzungen auch an den
Radreifen sowie an den Fahrdrähten der Oberleitung beobachtet.
H.
Wasserkraft-Elektrizitätswerk Ventavon an der Durance.
Eines der neuesten Wasserkraftwerke, welches den Strombedarf des Südostens von
Frankreich decken soll, ist vor kurzem von der Société des
Forces motrices de
la Haute-Durance bei Ventavon in Betrieb gesetzt
worden. Das für eine endgültige Leistungsfähigkeit von 28000 PS bemessene Kraftwerk
nutzt ein 50 m betragendes Gefälle der Durance aus, welches durch einen Staudamm mit
langem Oberwasserkanal und anschließende Druckleitungen geschaffen wird. Der
Staudamm befindet sich 14 km oberhalb des Werkes bei Saulce und ist mit 180 m
Gesamtlänge quer über den Fluß gelegt. Er besteht zum größten Teil, auf 165 m Länge,
aus einem gemauerten Ueberfallwehr, an welches sich auf der Seite des
Wassereinlaufes eine 3 m breite Eisschleuse und zwei je 8 m breite Kiesschleusen zum
Freilegen des Einlaufwerkes anschließen. Unter rechtem Winkel zu diesem Dammteil
steht das 60 in lange, mit acht großen Schützenöffnungen versehene Einlaufwehr,
welches ein als Sand- und Lehmfang dienendes, mit mehreren 600 mm weiten
Spülleitungen versehenes Becken abschließt. Durch den Damm wird das Wasser der
Durance um etwa 1,20 m angestaut. Das Wasser fließt aus dem Sandfang durch drei
Schleusen in einen 14 km langen, mit gleichbleibendem Gefälle von 0,3 v. H.
angelegten, innen mit Beton ausgekleideten Oberwasserkanal, dessen trapezförmiger
Querschnitt bei 13 m oberer und 7 m unterer Breite für eine größte Durchflußmenge
von 56 cbm i. d. Sek. bemessen ist und an dessen unterstem Ende sich ein mit einem
Ueberlauf versehenes Wasserschloß befindet. Von hier aus führen von den in Aussicht
genommenen acht Druckleitungen zunächst nur fünf zum Maschinenhause, und zwar sind
vier Leitungen von je 2300 mm Weite für je eine der Hauptturbinen bestimmt, während
eine von 1000 mm die Erregerturbinen speist. Außerdem ist noch eine kleine
Druckleitung von gleichfalls 1000 mm als Aushilfe für die Erregerleitung
vorhanden. Die Druckleitungen sind im Mittel je 400 m lang und offen auf dem Boden
verlegt. Die großen Leitungen haben 8–16 mm Wandstärke und sind außerdem außen mit
aufgenieteten Versteifungsringen in 1–2 m Abstand versehen. Bei den Druckproben
haben die Rohre nicht nur den doppelten statischen Betriebsdruck, sondern auch einen
bedeutenden Ueberdruck ausgehalten.
Das Maschinenhaus, welches 86 m lang, 20,5 m breit und 20 m hoch ist, enthält
gegenwärtig vier große Stromerzeugerturbinen von je 6200 PS Leistung, drei
Erregergruppen von je 300 PS und eine kleine Lichtmaschine. Für die fehlenden zwei
Turbinen, welche 7000–7500 PS leisten sollen, sind Plätze an den Enden der
Maschinenhalle freigehalten. Sie sollen Rohrleitungen von je 2500 mm Weite erhalten.
Der Bau der Maschinenanlage ist zwischen den Firmen Piccard,
Pictet & Cie. in Genf und Neyret-Brenier
in Grenoble in der Weise aufgeteilt worden, daß jede der beiden je zwei große
Turbinen zu liefern hatte. Die Regulatoren wurden aber alle von Piccard, Pictet & Cie.
gebaut, während die andere Firma dafür den Auftrag auf die drei Erregergruppen
erhielt. Im übrigen stimmen die Ausführungen der beiden Firmen, von Einzelheiten
abgesehen, ziemlich miteinander überein. Die Hauptturbinen sind als liegende Doppel-Francis-Turbinen mit einfachen Spiralgehäusen
und symmetrischen Saugkrümmern ausgeführt und laufen mit 300 Umdr. i. d. Min. Sie
haben gußeiserne Laufräder von 1400 mm mit symmetrischer Schaufelanordnung
und zwei außerhalb der Krümmer angeordnete Hauptlager, von denen eines als
Drucklager ausgebildet ist. Die Turbinen sind mit Druckölregulatoren ausgerüstet,
welche mit der Hand oder auch vom Schaltbrett aus verstellbar sind und auf die mit
Gußstahlschaufeln versehenen Leiträder einwirken. Mit den Turbinen sind durch
Lederbandkupplungen die 4500 KW-Stromerzeuger für 7500 Volt Spannung unmittelbar
verbunden.
Die 300pferdigen Erregerturbinen arbeiten mit 400 Umdrehungen i. d. Min. bei
44 m Gefälle, die Lichtmaschine läuft mit 600 Umdr. und leistet 100 PS. Diese
Turbinen sind als Girard-Turbinen mit wagerechter Welle konstruiert.
Der erzeugte Strom wird mit 55000 Volt Spannung dem 60 km entfernten Wasserkraftwerk
Brillane zugeführt, welches der Société l'Energie
électrique du Littoral méditerranéen gehört, und von dieser Gesellschaft,
deren Fernleitungen sich bis nach Nizza und Toulon erstrecken, verwertet. (Dantin) [Le Génie Civil 1910/11, S. 177 bis 182.]
H.