Titel: | Das Eisenbahnwesen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | A. Bucher |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 195 |
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Das Eisenbahnwesen auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von Ingenieur A. Bucher,
Tegel bei Berlin.
Lokomotiven.
(Fortsetzung von S. 184 d. Bd.)
Das Eisenbahnwesen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
6. 2 C-Heißdampf-Personenzuglokomotive, Gattung XII
\frakfamily{H}. 2 der Kgl. Sächsischen Staatsbahn,
Betriebs-Nr. 651, gebaut von der Sächsischen Maschinenfabrik
A.-G. vormals Richard Hartmann in Chemnitz, Fabrik-Nr. 3382, 1910. (Fig. 61 und 62.)
Textabbildung Bd. 326, S. 195
Fig. 61.
Textabbildung Bd. 326, S. 195
Fig. 62.2 C-Heißdampf-Personenzuglokomotive der Kgl. Sächsischen
Staatsbahn.
Die Verwaltung der Kgl. Sächsischen Staatsbahnen hat seit einigen Jahren mit dem Bau
von Vierzylinder-Verbundlokomotiven mehr und mehr aufgehört und ist nach dem
Vorgehen in Preußen zur Einführung der einfacheren Heißdampf-Zwillingslokomotive
übergegangen. Neben den 2B1- und 2C-Schnellzuglokomotiven mit 1980 bezw. 1885
mm Treibraddurchmesser wurde eine Anzahl 2C-Lokomotiven beschafft mit Treibrädern
von 1570 mm zur Beförderung schwerer Personenzüge in gebirgigem Gelände mit
Höchstgeschwindigkeiten bis zu 80 km/Std. Eine Maschine dieser Serie war von der Baufirma
in Brüssel ausgestellt.
Kessel. Die Anwendung der Feuerbuchse nach Belpaire mit flacher Decke ermöglichte es, den Schmidtschen Rauchröhrenüberhitzer mit drei Reihen und
je acht Elementen auszuführen, also mit 24 Rauchröhren von 125/133 mm und 4
× 24 = 96 Ueberhitzerröhren von 30/38 mm . Die Anzahl der Siederohre beträgt
180 bei einem Durchmesser von 45/50 mm und 4,2 m Länge. Die über den beiden hinteren
Kuppelachsen zwischen die Rahmen eingezogene Feuerbuchse hat eine große obere Breite
von 1712 mm licht; die Hinterwand ist schräg angeordnet mit gewöhnlichem Feuerloch
und Drehtüre. Der Langkessel enthält drei zylindrische Schüsse, von denen der
vordere sehr kurz und mit dem Rauchkammermantel durch einen zwischengefügten 50 mm
starken Flacheisenring verbunden ist. Diese Konstruktion zeigt, daß es möglich ist,
auch bei acht Elementen und von vorn in den Dampfsammelkasten einmündenden
Ueberhitzerröhren der Rauchkammer ein gutes Aussehen zu geben, bei Vermeidung der in
Preußen üblichen teuren und unschönen Erweiterung ihres Durchmessers.
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Fig. 63.
Der Dom auf dem hinteren Kesselschuß enthält einen Ventilregler, Bauart Schmidt und Wagner.
Der Rost ist dreiteilig, die mittleren Stäbe bilden den
Kipprost, der mit Welle und Hebel durch linkssitzende senkrechte Spindel mit Handrad
bewegt wird; der reichlich bemessene Aschkasten ist am Bodenring befestigt.
Die Armaturen sind an der breiten Kesselrückwand sehr
übersichtlich verteilt: oben in der Mitte ein Armaturstutzen mit zwei Dampfventilen
für die tiefliegenden Friedmann-Injektoren, links ein
Wasserstand und rechts zwei Probierhähne. Auch die Manometer sitzen nebeneinander an
der Kesselrückwand: eins für Kesseldruck mit kleinem Maximumzeiger (12 at) im
Zentrum, von Schäffer & Budenberg, eins für
Schieberkastendruck, eins für Heizung (3½ at), eins für Westinghouse-Bremsdruck und ein Kompensationsthermometor „Socius“
für die Ueberhitzungstemperatur (bis 400°) von Steinte
& Härtung in Quedlinburg. Vor der
Führerhausvorderwand sitzen zwei Pop-Sicherheitsventile
auf gemeinsamem Gußuntersatz, an den rechts daneben auch die Dampfpfeife
angeschlossen ist.
Die Zylinder mit 550 mm liegen außen auf Mitte
Drehgestell und haben Kolbenschieber, Bauart Fester,
von 220 mm mit innerer Einströmung und Trick-Kanal. Dieser Schieber besteht in seiner allgemeinen Bauart nach Fig. 63 aus einem dreiteiligen Schieberkörper und
zwei breiten Liderungsringen, deren gitterförmige Durchbrechungen die
Frischdampfzuleitung durch den Trick-Kanal bilden. Die
Ringe sind an der innen radial verstärkten Stelle etwas schräg aufgeschnitten und
ihre Schnittstellen durch den Kreuzkeilverschluß, Patent Fester, abgedichtet.
Für den Leerlauf der Maschine ist an jedem Einströmrohr ein Ricour-Ventil vorgesehen, ebenso enthält jeder Zylinder eine
Druckausgleichvorrichtung mit angegossenem Kanal, auf dessen Mitte ein Hahn sitzt,
der vom Führerstand von Hand oder durch den Automaten betätigt wird.
Durch den Antrieb der zweiten Achse ergibt sich für die Treibstange eine Länge
von 2800 mm, also das 9,3 fache der Kurbellänge. Die Kuppelstangen haben runde Köpfe
mit Buchsen, die Stangenschäfte sind 1förmig ausgefräst.
Bei der Steuerung nach Heusinger-Walschaert ist durch die Anbringung der Schieberstangenführung
am Gleitstangenträger der Voreilhebel hinter dem
Kreuzkopf plaziert. Das Kulissenlager, welches die Tragtasche der einschienigen
Kulisse umfaßt, ist am Rahmen befestigt und trägt einen Flansch zur Aufnahme des
Steuerwellenlagers. Die Umsteuerung mit Spindel und Handrad sitzt rechts an dem am
Rahmen befestigten Steuerbockblech. Die Bolzenköpfe der äußerst sorgfältig
ausgeführten Steuerungsstangen waren alle nach außen gekehrt, auch die
Schmiergefäßdeckel hatten alle möglichst gleiche Ausführung.
Rahmen. Der Hauptrahmen aus 30 mm Blech ist durch eine
Reihe von Querverbindungen sehr kräftig versteift. Die untere Horizontalverbindung
der Zylinderaussteifung dient zur Aufnahme des Lagers für den Drehgestellzapfen.
Dieser liegt mit seiner Halbkugel in einer Kugelpfanne, deren Pendelaufhängung eine
Seitenverschiebung von je 38 mm gestattet. Die Rückstellung des Gestelles in die
Mittellage geschieht durch die aus der ungleichen Schrägstellung der Wiegen-Pendel
folgenden Seitenkräfte.
Die Tragfedern der gekuppelten Achsen liegen unten und sind durch Ausgleichhebel
verbunden, die Laufachsfedern sind oben angeordnet und ohne Ausgleich. Die
Aschschenkel der Treibachse sind sehr stark ausgeführt mit einer Länge von 250 mm
und 220 mm , die Kuppelachsen sind etwas schwächer gehalten. Von den hin- und
hergehenden Massen sind 30 v. H. in den Gegengewichten der Räder ausgeglichen, so
daß bei einem Raddruck von 7,75 t und 80 km Geschwindigkeit die überschüssige
Fliehkraft ± 15 v. H. oder 1165 kg beträgt.
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Fig. 64.
Bremse. Die Westinghouse-Bremse wirkt durch zwei hinten am Rahmen senkrecht befestigte
Bremszylinder auf die vorn angebrachten Bremsklötze der Kuppelräder und durch einen
besonderen, auf Maschinenmitte über der vorderen Kuppelachse angeordneten
Bremszylinder ebenfalls einseitig auf die Laufräder.
Das Führerhaus hat ein stark gewölbtes Dach mit
zwei nach hinten offenen Lüftungsnischen und großer Dachlaterne für Petrollicht. Die
Plattform ist schön geradlinig durchgeführt; vielleicht hätte sich die Abstufung am
Führerhaus in gleicher Weise ausbilden lassen wie die vordere.
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Fig. 65.
An Sonderausrüstungen sind zu nennen: ein Sandstreuer,
Bauart Krauß, von der Kulisse aus betätigt, mit
Einrückung durch Zug vom Führerhaus; eine Schmierpresse links im Führerhaus, mit
sechs Stempeln für Kolben und Schieber, von De Limon, Fluhme
& Cie., Düsseldorf, mit Antrieb vom hinteren Kuppelzapfen; ein
registrierender Geschwindigkeitsmesser, System Henze,
von Neufeld & Kuhn in Kiel, mit Antrieb vom rechten
Kuppelzapfen, ferner eine Dampfheizungs-Einrichtung.
Der Tender (Fig. 64) mit
16 cbm Wasserfassung und oberem, hufeisenförmigem Kohlenraum für 5 t Ladung läuft
auf zwei Drehgestellen, deren Räder beidseitig gebremst sind durch Druckluft bezw.
von Hand mit Wurfhebel, Bauart Exter.
Das Leergewicht beträgt 19,5 t, das Dienstgewicht 40,5 t.
Anstrich: Wasserkasten, Führerhaus und Kesselbekleidung
dunkelgrün, Rauchkammerbekleidung schwarz lackiert; Rahmen und Räder rotbraun
gestrichen, Triebwerk, Bandagen und Handstangen blank.
Sowohl der Tender als auch insbesondere die Maschine waren in einem vorzüglichen
Ausstellungszustand. Die konstruktive Durchbildung der ganzen Maschine, die äußere
Formgebung in ruhigen, glatten Linien, sowie die Ausführung und Unterhaltung der
Einzelteile waren äußerst sorgfältig. Das äußere Bild würde an Schönheit noch
wesentlich gewinnen durch entsprechende Verbesserung der Lage von Dom und
Sandkasten. Da der Dampf durch den Ueberhitzer getrocknet wird, so könnte der Dom
über dem Speiseventil vor dem Sandkasten und dieser
selbst auf der jetzigen Dommitte plaziert werden, die Lastverteilung würde dadurch
kaum weniger günstig werden.
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Fig. 66.
Leistungen. Bei dem guten Aussehen dieser Lokomotive ist
es um so mehr zu bedauern, daß weder von der Baufirma noch von der Bahnverwaltung
irgendwelche Angaben über die damit im Betriebe erzielten Leistungen erhältlich
waren. Nach Tabelle 3 auf S. 39 d. Bd. beträgt die Anfahrzugkraft 9750 kg, die
größte Dauerleistung bei 70 km Geschwindigkeit/Std. etwa 1300 PS.
7. 2C-Heißdampf-Vierlings-Schnellzuglokomotive Gattung S 10 der Kgl. Preußischen
Staatsbahn, K. E. D. Erfurt, Betriebs-Nr. 801, gebaut von der Berliner
Maschinenbau-A.-G. vormals L. Schwartzkopff,
Berlin-Wildau, Fabrik-Nr. 4455. 1910.
Für die Beförderung von schweren Personenzügen mit 40–50 Achsen bei einer
Grundgeschwindigkeit von 80 km/Std. besitzt die Kgl. Preußische Staatsbahn zurzeit
etwa 300 Stück 2C-Zwillings-Heißdampflokomotiven, deren Entwurf nach den Angaben des
Geheimrats Garbe von Schwartzkopff aus dem Jahre 1905 stammt. Diese Maschinen (Fig. 65) mit einem Treibraddurchmesser von 1750 mm
haben sich besonders auf steigungsreichen Strecken durch den Fortfall des teueren
und den Betrieb erschwerenden Vorspannes sehr gut bewährt und sind daher auch beim
Fahrpersonal sehr beliebt. Bei den auf verschiedenen Strecken zahlreich
vorgenommenen Versuchs- und DienstfahrtenZ. V. D.
I. 1910, S. 923. wurden Dauerleistungen von 1300 PS mit Füllungen
von 40–50 v. H. ohne Ueberanstrengung des Kessels erzielt, wobei ein
schädliches Verschlacken des Feuers selbst bei langen Fahrten über 400 km niemals
eintrat.
Textabbildung Bd. 326, S. 198
Fig. 67.
Textabbildung Bd. 326, S. 198
Fig. 68.
Um aber auch die schwereren Schnellzüge mit Grundgeschwindigkeiten von 100 km/Std. über
Strecken mit wechselnden Neigungsverhältnissen befördern zu können, beschaffte die
Preußische Staatsbahn-Verwaltung von der i im Heißdampf-Lokomotivbau hervorragend
bekannten Firma Schwartzkopff im vergangenen Jahre zwei
noch leistungsfähigere 2C-Lokomotiven mit vier Zwillingszylindern und Treibrädern
von 1980 mm. . Von diesen beiden Maschinen, den ersten deutschen
Vierlingslokomotiven, wurde die eine (Fig. 66–68) von der Baufirma in Brüssel ausgestellt, während
von der Bahnverwaltung mit der zweiten eine Reihe von Probefahrten vorgenommen
wurde, über welche im letzten Abschnitt dieser Beschreibung berichtet wird. Die
Hauptabmessungen der beiden 2C-Heißdampflokomotiven sind in Tab. 7 einander
gegenübergestellt; bezüglich der Bauart von Einzelteilen sei folgendes erwähnt:
Der Kessel hat die normale preußische Bauart wie
bei Nr. 1, S. 66 d. Bd. Die tiefe, zwischen den Rahmen liegende Feuerbuchse aus 16
mm Kupferblech hat ein gewöhnliches Feuerloch mit Türring und Marcotty-Kipptür.s. S.
68 d. Bd. Der Langkessel besteht aus zwei Schüssen, deren
Längsnähte seitlich mit Innen- und Außenlaschen und deren Quernähte mit Ueberlappung
doppelt genietet sind. Der dreireihige Ueberhitzer enthält 3 × 8 = 24 Rauchrohre von
125/133 mm mit 4 × 24 = 96 Ueberhitzerröhren von 30/38 mm , die von
vorn wagerecht in den Dampfsammelkasten einmünden, da man bei dieser Anordnung sehr
bequem mit Steckschlüssel zu den Flanschschrauben gelangen kann. Dadurch erhält die
Rauchkammer entgegen der vorher beschriebenen 2C-Lokomotive (Nr. 6) den bekannten
unschönen Aufbau. Zur Bewegung der drei schräg angeordneten, gußeisernen
Ueberhitzerklappen, die durch einen Hebel mit Gegengewicht ausbalanciert sind, dient
der bekannte schwere Automat. Der Funkenfänger besteht aus zwei Körben mit
Drahtsieben, zwischen denen sich ein Blech-Lenkkonus befindet.
Textabbildung Bd. 326, S. 199
Fig. 69.
Der Aschkasten, tief und sehr geräumig, hat zwei große Luftklappen, sowie im Boden
eine runde, verschließbare Reinigungsöffnung. Ueber dem zweireihigen Rost ist ein
900 mm langes Steingewölbe eingebaut.
Regulator. Eine Neuheit bedeutet der Fernregler, Patent Schmidt
und Wagner, bei welchem der Regulator nicht wie üblich
durch eine Steuerwelle, sondern durch Dampf gesteuert wird. An der Kesselrückwand
ist an Stelle des normalen Regulatorhebels ein mit leichtem Hebel versehenes
Steuerventil (Fig. 69) angeordnet, von welchem ein
Rohr a außen am Kessel und durch die Rauchkammer
zum Ueberhitzerkasten, ein anderes b durch den Kessel
hindurch in den Dom zum Regulator führt. In diesem befindet sich ein großes Ventil,
dessen oberer Teil als Kolben ausgebildet ist. Der durch die zwei seitlichen Taschen
A (Fig. 70)
unmittelbar unter der Domdecke einströmende Kesseldampf gelangt durch die
Dampflässigkeit des Kolbens und die zwei seitlichen Kanäle B am Kegel C vorbei in den vom Gehäuse und
dem Kolben gebildeten Raum D, so daß in diesem und im
Dom der Druck gleich ist.
Tabelle 7.
4 Zyl. H. S. L.Gattung S 10
2 Zyl. H. P. L.Gattung P 8
Rostfläche
qm
2,61
2,62
Feuerbuchs-Heizfläche, innen
„
13,57
14,6
Siederohr-Heizfläche, innen
„
140,68
136,0
Verdampfungs-Heizfläche, innen
154,25
150,6
Ueberhitzer-Heizfläche
„
52,9
49,4
Gesamte Heizfläche
„
207,15
200,0
Dampfdruck
at
12
12
Zylinder-Durchmesser
mm
4 × 430
2 × 575
Kolbenhub
„
630
630
Treibrad-Durchmesser
„
1980
1750
Laufrad-Durchmesser
„
1000
1000
Fester Radstand
„
4700
4580
Gesamter Radstand
„
9100
8350
Leergewicht
t
70,28
63,57
Dienstgewicht
„
76,6
70,0
Reibungsgewicht
„
50,5
47,7
Größte Zugkraft Z1
= 2\,\times\,0,7\,.\,p\,.\,\frac{d^2\,.\,s}{D}\mbox{
kg}
9900
10000
Garbesche Charakteristik
\frac{d^2\,s}{D-Qa}
23,3
24,9
Reibungskoeffizient Qa : Z
5,2
4,8
Textabbildung Bd. 326, S. 199
Fig. 70.
Textabbildung Bd. 326, S. 199
Fig. 71.
Läßt man nun durch Oeffnen des Steuerventils Dampf aus dem Raum D nach dem Dampfsammelkasten entweichen, so wird der
Gleichgewichtszustand des Ventils gestört, dieses wird angehoben, und zwar so weit,
bis durch den beim Oeffnen zunehmenden Ringspalt am Kegel C so viel Druck in den Raum D nachströmt, als
aus diesem durch die Rohre b und a nach dem Dampfsammelkasten entweicht. In dieser Lage
verharrt dann das Ventil, bis ein weiteres Schließen oder Oeffnen des Steuerventils
es zum Aufsuchen einer neuen Gleichgewichtslage, also zu weiterem Heben oder Senken
zwingt.
Der schlanke Konus des Steuerventils und der dadurch bedingte große Hub des
Handhebels sowie der schlanke Kegel C am Regulator und
vor allem die vier allmählich zunehmenden Oeffnungsquerschnitte des Regulatorventils
sichern eine vorzügliche Regulierfähigkeit des Dampfdruckes nach dem Sammelkasten.
Ein schnelles Schließen des Steuerventils bewirkt ein sofortiges und doch vollkommen
stoßfreies Schließen des Reglers.
Textabbildung Bd. 326, S. 200
Fig. 72.
Der überhitzte Dampf wird auf leiden Seiten vom Sammelkasten durch das Einströmrohr
nach einem Stahlgußkrümmer geführt, dessen beide Enden mit Flanschen an die langen
Hälse der Schieberkasten angeschlossen sind. Die Fortleitung des Abdampfes aus den
vorderen Auspuffkasten nach dem Blasrohr erfolgt ebenfalls durch einen
Stahlgußkrümmer. Die Blasrohrmündung mit 130 mm wird, um das Ansaugen von
Lösche nach den Schiebern zu verhüten, bei Leerlauf, sobald der Regler zu ist, mit
einer Klappe geschlossen wie bei Nr. 1, Fig. 20, S.
98 d. Bd.
Zylinder. Alle vier Hochdruckzylinder mit 430 mm
liegen in einer Ebene, die zwei inneren bilden mit den Schieberkasten und
dem Rauchkammersattel ein Gußstück, die beiden äußeren sind in normaler Weise am
Rahmen befestigt. Kolben, Deckel und Stopfbüchsen haben die bekannte Schmidtsche Ausführung. Je zwei zusammengehörige
Zylinder einer Maschinenseite sind für den Leerlauf außen durch
Druckausgleich-Vorrichtungen verbunden, die Zylinderdeckel haben Luftsaugventile
(Fig. 71) und Sicherheitsventile (Fig. 72), außerdem ist an jedem Einströmkrümmer außen
noch ein großes Luftsaugventil angebracht.
Textabbildung Bd. 326, S. 200
Fig. 73.
Textabbildung Bd. 326, S. 200
Fig. 74.
Schieber. An Stelle der früheren ringlosen
Trommelschieber haben bei den beiden neuen Maschinen die Schmidtschen Kolbenschieber von 200 mm mit federnden Ringen
Verwendung gefunden (s. Fig. 18, S. 97 d. Bd.). Da
inzwischen jedoch mehrere andere Schiebersysteme ausgeprobt worden waren, so erhielt
die zweite Maschine kurz vor den Probefahrten vier neue Schieber Wolfscher Bauart (Fig.
73), die sich bis jetzt gut bewährt haben. Die (innere) Einströmdeckung
beträgt 38 mm. die (äußere) Ausströmdeckung bei den äußeren Schiebern vorn und
hinten + 5 mm, bei den inneren Schiebern dagegen vorn + 2 mm, hinten + 8 mm. Die
Außenschieber werden durch die Heusinger-Walschaert-Steuerung direkt angetrieben, während die inneren
gegenläufigen Schieber nach Fig. 74 durch einfache
Doppelhebel, welche die vorderen Schieberstangenenden verbinden, bewegt werden.
Alle vier Kolben wirken mit einseitig geführten Kreuzköpfen auf die erste Achse,
und zwar so, daß die beiden Kurbeln einer Maschinenseite um 180° gegeneinander, und
diejenigen jeder Maschinenseite um 90° gegeneinander versetzt sind. Infolge dieser
Anordnung heben sich die hin- und hergehenden Massen vollkommen gegeneinander auf,
so daß in den Radsternen nur die rotierenden Massen durch Gegengewichte
auszugleichen waren. Für die gekröpfte Treibachse aus Nickelstahl ist diejenige
Form gewählt, welche am billigsten herzustellen ist und bei größter Sicherheit einen
der Achsmitte möglichst naheliegenden Schwerpunkt erhält. Die Achsschenkel, in Obergethmann-Lagern laufend, haben 260 mm Länge, deren
Durchmesser ist bei der Treibachse 220, bei der Kuppelachse 210 mm.
(Fortsetzung folgt.)