Titel: | Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 69 |
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Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule zu Posen.
(Fortsetzung von S. 52 d. Bd.)
Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
Drahtseilbahn und Verladevorrichtungen von J. Pohlig, A.-G.
in Köln a. Rh.
s. D. p. J. 1904, Bd. 319, S. 420.
Die Firma J. Pohlig, A.-G. in Köln hatte ihren Stand in
der Halle für Ingenieurwesen. Sie hatte dort ein betriebsfähiges Modell in etwa 1/10 natürlicher
Größe einer Drahtseilbahn, eine eiserne Seilbahnstütze und eine Anzahl verschiedener
Seilbahnwagen in Naturgröße, ferner die Modelle eines Hochofenschrägaufzuges, System
Pohlig, und eines Wagenkippers, beide in
betriebsfähigem Zustande ausgestellt. Eine große Anzahl von Bildern von ausgeführten
Verlade- und Transportvorrichtungen der verschiedensten Art veranschaulichte das
Arbeitsgebiet der Ausstellerin.
Das ausgestellte Modell der Drahtseilbahn sollte die Eigenart des Pohligschen Systems zur Anschauung bringen. Die Strecke
besitzt Steigung, indem die Entladestation höher liegt als die Beladestation. An
letzterer befindet sich ein Füllrumpf, aus dem die einzelnen Wagen durch Oeffnen
eines Drehschiebers beladen werden. In der Beladestation laufen die Wagen auf einer
Hängebahnschiene, die vom Füllrumpf gegen die Vollstrecke Gefälle besitzt. Der
beladene Wagen wird nun durch einen Arbeiter auf dieses Gefälle geschoben, von wo er
auf das Tragseil läuft und sich dort selbsttätig mit dem Zugseil kuppelt. An der
Entladestation wird das Fördergefäß ohne daß der Wagen anhält durch einen Anschlag
zum Kippen gebracht. Der Wagen läuft um eine Umführungsscheibe herum und
gelangt dann auf der Leerstrecke wieder zur Beladestation. Dort wird beim Auflaufen
auf die Hängebahnschiene der Wagen wieder selbsttätig vom Zugseil losgekuppelt. Der
Betrieb ist also bis auf die Bedienung bei dem Füllrumpf vollständig selbsttätig. Im
folgenden seien die wesentlichsten Konstruktionselemente der Pohligschen Drahtseilbahn beschrieben.
Textabbildung Bd. 326, S. 69
Querschnitte von verschlossenen Seilen.
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Fig. 20 und 21. Muffenverbindung der Tragseile.
Textabbildung Bd. 326, S. 70
Fig. 22.Holzstütze.
Das Tragseil, auf dem die Laufräder rollen und das das Gewicht der Wagenlast
aufnimmt, ist bei Bahnen für größere Förderleistungen meist ein sogen.
verschlossenes Seil mit glatter zylindrischer Oberfläche nach Fig. 16 bis 19. Die äußeren Lagen
dieser Seile bestehen aus Fassondrähten, die in der aus den Figuren ersichtlichen
Weise zusammengefügt sind. Einzelne Drähte können danach bei deren Bruch nicht
heraustreten. Die Konstruktionen (Fig. 17 u. 19) weiden
halbverschlossene, die anderen patentverschlossene Seile genannt. Die Firma Pohlig empfiehlt besonders das verschlossene Seil nach
Fig. 18. Die
Seile werden in Längen von 300–400 m hergestellt. In diesen Entfernungen besitzt das
Tragseil mithin Verbindungsstücke. Dies sind Muffen mit Rechts- und Linksgewinde,
wie sie die Fig. 20
und 21, letztere in
betriebsfertigem Zustande, zeigen. Nach Aufschieben einer Muffenhälfte werden die
Drähte am Seilende zu einem Büschel aufgebogen; dann wird die Muffe in ihrem
konischen Teil mit Metall ausgegossen, so daß die Drähte mit der Gußmasse ein
einziges konisches Metallstück bilden.
Die Seilstützen werden entweder aus Holz oder aus Eisen hergestellt. Fig. 22 zeigt eine Stütze aus Holz, Fig. 23 aus Eisen, wie sie die Firma Pohlig gewöhnlich ausführt. Wie schon oben
erwähnt, war eine Stütze nach Fig. 23 in Brüssel
ausgestellt. Die normale Stützhöhe beträgt etwa 6–10 m; es sind jedoch von Pohlig schon Stützen von 40–45 m Höhe ausgeführt
worden. Die wagerechte Entfernung der beiden Seilstrecken beträgt 1,5–2,5 m.
Auf den Stützen ruhen die Seile in den Seilauflagerschuhen, deren Konstruktion Fig. 24 und 25 zeigen. Die Schuhe
sitzen danach drehbar auf Bolzen am Stützengerüst.
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Fig. 23.Eisenstütze.
In Abständen von etwa 1500 m sind entweder auf freier Strecke oder am besten an den
Stationen Spannvorrichtungen für die Tragseile vorhanden, um die Längenänderungen
infolge wechselnder Belastung oder Temperaturdifferenzen auszugleichen, so daß die
Seile stets eine unveränderliche Spannung erfahren. Diese Spannvorrichtung besteht
aus einem Gewicht, das an dem einen Seilende angreift, während das andere fest
verankert ist. Bei Bahnen, deren Länge größer ist als 10 km, kommt man mit den
beiden Endstationen allein nicht aus, man muß Zwischenstationen einfügen. Das
Zugseil ist dann unterteilt, je eines läuft nur zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Stationen. Auf den Zwischenstationen bewegen sich die Wagen wie auf den Endstationen
auf Hängebahnschienen.
Textabbildung Bd. 326, S. 70
Fig. 24 und 25. Seildrehschuh.
Als Zugseil dient ein Spiraldrahtseil von sehr großer Biegsamkeit. Eine
Spannvorrichtung hält das Seil gleichmäßig gespannt. Die eine der Umführungsrollen
ist dabei in einem Schlitten gelagert, an dem eine über Rollen geführte mit einem
Gewicht belastete Kette angreift.
Die Wagen bestehen aus dem Laufwerk, dem Gehänge, dem Fördergefäß und dem
Kupplungsapparat. Fig. 26 zeigt einen normalen Pohligschen Seilbahnwagen. Das Laufwerk wird von zwei
stählernen Seitenschildern gebildet, die in der Mitte durch ein gußeisernes
Zwischenstück verbunden sind.
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Fig. 26.Seilbahnwagen.
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Fig. 27.Wagen mit vierrädrigem Laufwerk.
Die Laufräder bestehen ebenfalls aus Stahl. Sie laufen auf Hohlachsen, die mit
Starrschmiere gefüllt sind; die Füllung hält für längere Zeit vor. Die Laufwerke
können zur Verminderung der Reibungswiderstände mit Kugel- oder Rollenlager versehen
werden.
Wie Fig. 26 erkennen läßt, ist das Gehänge aus
Flacheisen hergestellt; mittels eines Bolzens ist es zwischen den beiden Laufrollen
drehbar aufgehängt.
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Fig. 28 und 29. Universalklemmapparat.
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Fig. 30.Einkupplung.
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Fig. 31.Auskupplung.
Das Fördergefäß kann je nach der Art des zu fördernden Materials sehr verschieden
ausgebildet sein. Die am häufigsten benutzte Kastenart (Fig. 26) ist aus Stahlblech hergestellt, das am oberen Rande durch ein
⊏-Eisen versteift ist. Für größere Einzellasten, z.B.
zum Transport ganzer Grubenwagen, verwendet J.
Pohlig heute das ihm patentierte vierrädrige Laufwerk nach Fig. 27. Je zwei Laufräder mit ihrem Rahmen bilden
ein Drehgestell. Beide Drehgestelle sind durch einen starren Rahmen mit einander
verbunden. An diesem Rahmen ist auch das Ge! hänge angebracht. Mit diesem
vierrädrigen Laufwerk kann man noch Horizontalkurven von 1,5 m Halbmesser
durchfahren. Bei bestehenden Drahtseilbahnen kann man durch Auswechslung der alten
Wagen gegen neuere vierrädrige die Förderleistung infolge der größeren Einzellasten
bedeutend erhöhen.
In Brüssel war ein solcher Wagen mit vierrädrigem Laufwerk, der einen Kasten von 7,5
Hektoliter Inhalt trug, ausgestellt. Daneben befand sich auch ein Doppelgehänge, wie
sie die Firma z.B. zum Transport von Baumstämmen, oft verwandt hat.
Ein sehr wichtiger Teil jedes Seilbahnwagens ist der Kupplungsapparat. Dieser hat die
Aufgabe, den Wagen mit dem Zugseil so fest zu verbinden, daß er von diesem bei den
vorkommenden höchsten Belastungen und stärksten Steigungen sicher mitgenommen wird.
Die konstruktive Ausbildung des Kupplungsapparates muß folgenden Bedingungen Genüge
leisten: das An- und Abkuppeln soll möglichst selbsttätig geschehen; starke
Feuchtigkeit, Eis- und Rauhreifbildung soll die zuverlässige Wirksamkeit nicht
beeinträchtigen; ferner soll das Zugseil durch den Apparat möglichst wenig
leiden.
Fig. 28 und 29 zeigen den
Kupplungsapparat der Firma J. Pohlig. Auf der Spindel
a befinden sich zwei Gewinde, ein Rechtsgewinde b mit starker und ein Linksgewinde c mit schwacher Steigung. Auf den Gewindeteilen sitzen
die Klemmbacken k und l.
Die Spindel ist in dem am Gehänge befestigten Augenlager n gelagert. Das freie Ende der Spindel trägt einen mit dem Gewicht i belasteten Hebel h. Die
Drehung dieses Hebels (Fig.
29) nach links bewirkt das Auseinandergehender Klemmbacken, d.h. die
Entkupplung, während bei der gezeichneten Hebelstellung die Kupplung geschlossen
ist. Die verschiedene Steigung und Länge der beiden Gewinde bewirkt, daß die Backen
anfänglich sich schnell schließen; sobald sie jedoch das Seil gefaßt haben, arbeitet
nur noch das Linksgewinde c und preßt die Backe l allmählich und sehr kräftig an das Zugseil.
Die Fig. 30 und 31
stellen schematisch die Vorgänge beim An- und Abkuppeln dar, und zwar Fig. 30 das Ankuppeln und Fig. 31 das Abkuppeln. In ersterem Falle wird der Wagen von einem
Arbeiter in Bewegung gesetzt, er läuft dann von selbst auf dem Gefälle der
Hängebahnschiene weiter, wobei sich der Kupplungsapparat mit den in Fig. 29 sichtbaran
Rollen auf das Zugseil setzt. An der Gefällestrecke befindet sich ein Flacheisen q; auf dieses läuft das Gewicht i auf, wodurch der Hebel h in die senkrechte
Lage gebracht wird (erste gestrichelte Stellung). Darauf schlägt die untere
Verlängerung des Hebels gegen den Anschlag g, der den
Hebel schnell in die Schlußstellung umlegt (zweite gestrichelte Lage). Beim
Abkuppeln läuft das Gewicht i wieder auf ein Flacheisen
auf und stößt gegen einen Anschlag, der den Hebel in die Losstellung umlegt.
Nach Angaben der Firma J. Pohlig hat sich der
Kupplungsapparat bei Wagenlasten bis 2000 kg und Steigungen bis 1 : 1 als durchaus
zuverlässig erwiesen.
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Fig. 32.Wagen für Oberseil.
In den Fig. 26–31
befindet sich das Zugseil unterhalb des Tragseiles. In gewissen Fällen bietet aber
die Lage des Zugseiles neben oder über dem Tragseil Vorteile. Fig. 32 zeigt hierbei die Anordnung des
Kupplungsapparates. Die Spindel ist in dem hohlen Gehängebolzen gelagert. Die Figur
zeigt ferner eine in einem Schild gelagerte wagerechte Führungsrolle; diese zusammen
mit einer zweiten am Kupplungsapparat dienen dazu, das Laufwerk beim Durchfahren von
Kurven zwischen Leitschienen zu führen. Der Wagen braucht dann nicht vom Zugseil
gelöst zu werden. Da dieselbe Einrichtung auch zum Umfahren der Umführungsscheibe an
der Endstation ohne Loskuppeln vom Zugseil getroffen werden kann, so ist damit
ein selbsttätiger und ununterbrochener Betrieb erreicht.
Textabbildung Bd. 326, S. 72
Fig. 33.Laufwerk mit Gewichtsklemmapparat.
Fig. 33 zeigt noch ein Laufwerk mit einem
Gewichtsklemmapparat. Bei diesem Apparat werden die Klemmbacken durch das
Wagengewicht selbst betätigt. Der zweiteilige Wagenrahmen ist durch den
Lastgehängebolzen zusammengelenkt; er führt unter dem Einfluß der Wagenlast eine
Bewegung nach unten aus. Diese Bewegung wird durch Hebelübersetzung auf die
Klemmbacken übertragen. Solchen Kupplungsapparat verwendet J. Pohlig dann, wenn die Wagen Rechts- und Linkskurven durchfahren
sollen.
(Fortsetzung folgt.)