Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 395 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Ein neuer Turbinenregulator.
Textabbildung Bd. 325, S. 395
Fig. 1.
Der in Fig. 1 dargestellte elektro-mechanische
Turbinenregulator, welcher von der Sundwiger Eisenhütte
ausgeführt wird, besteht im wesentlichen aus einem Differentialgetriebe, das von
einem Schneckenrad S und zwei Schneckenwellen s1 und s2 gebildet wird. Das
Schneckenrad S ist in einer gegabelten Stange G drehbar gelagert und kann sich mit dieser in der
Richtung der Pfeile verschieben. Von den beiden Schneckenwellen kann die eine von
der Turbinenwelle mittels eines Riemens, die andere von einem Nebenschlußmotor
angetrieben werden, oder es können, beide Schneckenwellen an Elektromotoren
angeschlossen sein, deren Erregerstromkreise wie in Fig.
2, durch den Hebel des Pendelregulators in ihren Widerständen
entgegengesetzt beeinflußt werden. Solange beide Schneckenwellen gleich schnell
laufen, dreht sich das Schneckenrad in der Gabel mit, ohne seine Lage sonst zu
verändern. Steigt oder fällt aber die Muffe des Regulators Z, so werden bei dem einen Nebenschlußmotor Widerstände ab- und bei dem
anderen Widerstände zugeschaltet, oder umgekehrt. In jedem Falle laufen dann die
Schneckenwellen nicht mehr gleich schnell und es muß außer der Drehung des
Schneckenrades auch noch eine Verschiebung der Stange stattfinden, wodurch das
Reguliergestänge betätigt wird. Da bei der dargestellten Anordnung der Unterschied
der Geschwindigkeiten der Schneckenwellen doppelt so groß ist, wie die Schwankung
der Umdrehungszahl, welche die Verstellung der Regulatormuffe bewirkt hat, so wird
eine sehr empfindliche Regulierung erzielt, deren Widerstand immer gleich bleibt und
außerordentlich gering ist, weil nur die Widerstandschalter betätigt zu werden
brauchen. Mit der Regulierstange ist in der bekannten Weise eine Stange
verbunden, welche den Hebel des Regulators wieder in die Mittelstellung zurückführt.
Da man die beiden Schneckenwellen s1 und s2 mit Geschwindigkeitsunterschieden bis zu 20 v. H.
laufen lassen kann, so erhält man verhältnismäßig große Reguliergeschwindigkeiten,
welche die Zeit zum vollen Oeffnen und Schließen der Schützen auf zwei bis drei
Sekunden zu beschränken gestatten.
Textabbildung Bd. 325, S. 395
Fig. 2.
Für kleinere Turbinen ist die in Fig. 2 dargestellte
Ausführung des Regulators geeignet, der aus zwei gleich starken Elektromotoren mit
gleichachsig aufgestellten Ankern besteht. Die einander zugekehrten Wellen der
Motoren tragen eine hülsenförmige Mutter, die mit der einen Welle durch einen
Federkeil verbunden, auf der anderen mit Gewinde geführt ist. Die Mutter läuft also
mit den beiden Wellen mit und muß außerdem eine Verschiebung erfahren, wenn die
Geschwindigkeit der Motoren in der gleichen Weise wie bei dem anderen Regulator
durch die Widerstände geändert wird. (Euler.)
[Zeitschrift f. d. gesamte Turbinenwesen 1910, S. 1–4 und S. 24 – 27.]
H.
Versuche an Peltonturbinen.
An einem Wasserkraftwerk, welches aus einem Hochbehälter von etwa 25000 cbm Inhalt
durch eine 1700 m lange genietete Druckleitung von 1219–1067 mm Weite gespeist wird,
sind sehr eingehende Versuche über den Wirkungsgrad und die Verteilung der Verluste
angestellt worden. Die Anlage enthält zwei Pelton-Turbinen von je 3500 PS Leistung mit je 15 Schaufeln von 495 mm Breite
auf einem mittleren ⌀ von 851 mm, welche mit 300 Umdrehungen i. d. Min. einen zwischen ihnen
angeordneten Drehstromerzeuger von 5000 KW Leistung und 2300 Volt Spannung
antreiben. Die Turbinen haben Düsenventile und werden ausschließlich dadurch
reguliert, daß die aus der Düse austretenden Wasserstrahlen mehr oder weniger an den
Turbinenschaufeln vorbeigelenkt werden. Ein neuartiges Merkmal bildet die Art der
Messung der Kraft der aus den Düsen austretenden Strahlen, und zwar der
Wassergeschwindigkeit mit Hilfe der Pitotschen Röhre
und der Dicke des Wasserstrahles mit Hilfe eines vor dem Düsenende schwingend
angeordneten Mikrometers. Diese Messungen, die bei verschiedenen Leistungen
vorgenommen wurden, ermöglichten festzustellen, daß ein erheblicher Teil der
verfügbaren Leistung bereits in den Düsen verloren geht.
Bei den betrachteten Düsen betragen nämlich mit zunehmender Weite der Oeffnung
die
Kontraktionsziffern
0,994
0,951
0,891
0,847
und die
Geschwindigkeitswirkungsgrade
0,971
0,976
0,984
0,989
wobei unter Geschwindigkeitswirkungsgrad das Verhältnis der
wirklichen zu der aus \sqrt{2\,g\,h} erfolgenden
Ausflußgeschwindigkeit zu verstehen ist. Somit betragen die entsprechenden
Düsenwirkungsgrade
0,958
0,968
0,982
0,986,
bezogen auf die nutzbare Leistung des der Düse zufließenden
und des daraus abfließenden Wassers.
Eine ausführliche Uebersicht über die Ergebnisse von vier Leistungsversuchen an
dieser Anlage gibt nachstehende Zusammenstellung:
Versuch – Nummer
1
2
3
4
Umdrehungen i. d. Min.
302
300
301
299
Leistung verfügbar vor d. Düse
KW
1567
2620
3604
3998
Verluste in der Düse
„
66
84
66
55
Leistung verfügb. i. Wasserstrahl
„
1501
2536
3538
3943
Turbinen-verluste
in den Pelton-SchaufelnAustrittsverlustAndere hydraul.
VerlusteInsgesamt
„„„„
34517,121,8383,9
58826,241,1655,3
97965,638,81083,4
115173,231,81256,0
Leistung verfügbar an der
Turbinen- welle
KW
1117
1881
2455
2687
Verluste durch Reibung, Luftwider- stand
usw.
KW
112
112
112
112
Leistung verfügbar an der Welle des
Stromerzeugers
KW
1005
1769
2343
2575
Verluste in Wicklungen und Anker des
Stromerzeugers
KW
43
45
47
48
Abgegebene Nutzleistung
KW
962
1724
2296
2527
Noch anschaulicher wird die verhältnismäßig ungünstige Ausnutzung der Wasserkraft in
solchen Turbinen dargestellt, wenn man die Verluste in Hundertteilen der verfügbaren
Wasserkraft ansetzt:
Versuch – Nummer
1
2
3
4
Verluste in d. Pelton-Schaufeln
v. H.
23
23,2
27,7
29,2
Austrittsverlust
„
1,1
1,0
1,8
1,9
Andere hydraulische Verluste
„
1,5
1,6
1,1
0,8
Reibungs- und Luftwiderstands-Ver- luste
v. H.
7,5
4,4
3,2
2,8
Elektrische Verluste
„
2,8
1,8
1,3
1,2
Am Schaltbrett angegeb. Leistg.
„
64,1
68,0
64,9
64,1
Diese Ergebnisse sprechen außerordentlich gegen die Anwendung von Pelton-Turbinen. Das ist umso bemerkenswerter, als man
gerade diese bisher für sehr günstig im Wirkungsgrad angesehen hat, wahrscheinlich
nur, weil man nicht über genügend genaue Mittel zur Messung der
Wassergeschwindigkeiten und Wassermengen, mit denen diese Turbinen arbeiten, verfügt
hat. (Eckart.) [Engineering 1910, I, S. 59–63.]
H.
Lokomotiv-Kurbelachse.
Lokomotiven mit Innenzylinder sowie die Drei- und Vierzylinder-Lokomotiven bedürfen
Kurbelachsen, deren Lebensdauer wesentlich geringer ist, als die der geraden Achsen.
Da bei den rasch fahrenden modernen Vierzylinder-Lokomotiven mit höherem Dampfdruck
(15–19 at) und mit größerer Achsbelastung zu rechnen ist als bei den älteren
Zwillings-Lokomotiven mit Innenzylinder, so ist auch die Biegungsbeanspruchung der
Kurbelarme eine größere geworden. Bei großem Uebergangsradius zwischen Kurbelzapfen
und Kurbelarm zeigen auch solche Kurbeln nach zehnjähriger Betriebsdauer nicht die
typischen Anrisse an dieser Stelle. Bei manchen Kurbeln zeigen sich an gering
beanspruchten Stellen solche Anrisse, die auf Unvollkommenheiten beim Schmieden
schließen lassen.
Für das Schmieden einer 1200 kg schweren Achse ist ein Ingot von etwa 6000 kg
notwendig. Der Preis einer solchen durch reine Schmiedearbeit hergestellten Achse
wird dadurch außerordentlich hoch. In England, dem Lande der
Innenzylinder-Lokomotive, benutzt man daher meist aus neun Teilen zusammengesetzte
Wellen, Bauart Webb. Die Aufpreßlänge beträgt dabei oft
nur 110 mm (Breite des Kurbelarmes), die für die großen Kräfte der modernen
Vierzylinder-Lokomotiven ungenügend erscheint. Die Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft hat deshalb eine neue
patentierte, dreiteilige Kurbelachse gebaut, die größere Baulängen zuläßt und bei
der auch die Treibstangenköpfe gut zugänglich sind. Mit diesen Kurbelachsen sind
seit 1908 etwa 53 österreichische Lokomotiven in Betrieb. [Zeitschrift d. Ver.
deutsch. Ing. 1910, S. 521–522.]
W.
Statische Berechnung von Hochbauten.
Am 31. Januar 1910 hat der Preußische Minister der Oeffentlichen Arbeiten
Bestimmungen über die bei Hochbauten anzunehmenden Belastungen und über die
Berechnungsgrundlagen für die statische Untersuchung von Hochbauten erlassen. Die am
24. Mai 1907 erlassenen Bestimmungen für die Berechnung von Eisenbetonbauten werden
hierdurch nicht berührt.
Die wichtigsten Bestimmungen, soweit sie von den bisherigen abweichen, sind in
folgenden zusammengestellt.
I. Eigengewichte der Baustoffe für das
cbm.
Bruchsteinmauerwerk
2500
kg
Kalksandsteine und Hartbrandsteine
1800
„
Lochziegel
1300
„
porige Vollziegel
1100
„
Schwemmsteine und porige Lochziegel
1000
„
Beton aus Kies, Granitschotter und desgl.
2200
„
Schlackenbeton und Bimskiesbeton
1000
„
Koksasche
700
„
II. Nutzlasten für das qm.
In Versammlungssälen, Unterrichtsräumen, Turn- hallen,
Geschäftsgebäuden größeren Umfanges und in Fabriken, wenn nicht
größere Be- lastungen anzunehmen sind
500
kg
Treppennutzlast
500
„
in Dachböden städt. Wohngebäude
125
„
III. Schneedruck für
wagerechte Flächen, 75 kg/qm.
Für geneigte Dächer kann die Schneelast für das qm Horizontalprojektion nach der
Formel 75 cos α berechnet werden, wenn α der Neigungswinkel der Dachfläche zur Horizontalen
ist.
Ist h die Höhe, l die Weite
eines Satteldaches, so können die Schneelasten nach folgender Zusammenstellung
angenommen werden.
h/l
S in kg/qm
½
55
⅓
65
¼
70
⅕
75
Bei mehr als 50° Dachneigung braucht der Schneedruck nicht berücksichtigt zu
werden.
IV. Winddruck und
Dachgewichte.
Für das qm rechtwinkelig getroffene Fläche ist w = 125
kg, für hohe Bauten mit kleiner Grundfläche (Türme) w =
150 kg. Der rechtwinkelig zu einer schrägen Dachfläche wirkende Winddruck ist
anzunehmen zu:
W = w0
. F sin2
α.
Hiernach erhält man folgende Zusammenstellung mit w =
125 kg/qm.
α
70
65
60
55
50
45
40
35
30
25
Grad
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
W
110
103
94
84
73
63
52
41
31
22
kg/qm
Ist α < 25°, so kann die
wagerechte Seitenkraft vernachlässigt werden, es genügt ein Zuschlag zur lotrechten
Belastung.
Die Gesamtbelastung der Dächer aus Eigengewicht, Schnee
und Winddruck für das qm Horizontalprojektion kann angenommen werden für:
Glasdach
mit
10–25°
Neigung
zu
125–150
kg
Schieferdach
„
25–45°
„
„
150–250
„
Ziegeldach
„
30–45°
„
„
250–300
„
Holzzementdach
275
„
steile Mansarddächer
mit Schiefer oder
Ziegeldeckung und 45–70° Neigung
300–700
„
V. Zulässige
Beanspruchungen.
A) Natürliche Bausteine.
Es wird gefordert
für Auflagersteine
eine
10–15 fache
Sicherheit
für Pfeiler und Gewölbe
„
15–20 „
„
für sehr schlanke Pfeiler und Säulen
„
25–30 „
„
Ohne Festigkeitsnachweise sind folgende Beanspruchungen nicht
zu überschreiten:
fürAuflagersteine
für Pfeilerund Gewölbe
für sehr schlankePfeiler u. Säulen
Granit
60–90 kg/qm
45–60 kg/qm
25–30 kg/qm
Sandstein
30–50 „
25–30 „
15–20 „
Kalkstein
30–40 „
20–30 „
12–15 „
B) Mauerwerk.
Zugelassen ist:
für gewöhnliches Ziegel- und Kalksandstein- mauerwerk
mit Kalkmörtel 1 : 3
7
kg/qcm
für Mauerwerk aus Hartbrandsteinen oder
Kalksandsteinen mit Kalkzementmörtel aus 1 R. T. Zement, 2 R. T.
Kalk, 6–8 R. T. Sand
12–15
„
für Klinkermauerwerk in Zementmörtel 1 : 3
20–30
kg/qcm
für Bruchsteinmauerwerk
5
„
für geschütteten Fundamentbeton
6–8
„
für gestampften Fundamentbeton
10–15
„
für guten Baugrund
3–4
„
C. Bauholz.
Zugelassen ist für:
Zugkg/qcm
Druckkg/qcm
Biegungkg/qcm
Abscherung
parallelkg/qcm
senkrechtzur Faserkg/qcm
Eichenholz
100–120
80–100
100–120
15–20
80–90
Kiefernholz
100–120
60–80
100–120
10–15
60–70
Bei Bauten für vorübergehende Zwecke (Ausstellungshallen usw.) können diese Werte um
50 v. H. erhöht werden.
Als Knickformel ist zu nehmen I = 60 bis 100 P l2, wobei
die untere Grenze nur für vorübergehende Bauten gilt.
D. Eisen.
Bei Trägern ist nicht die Lichtweite, sondern die Stützweite
(Entfernung der Auflagermitten), bei Stützen die Systemlänge bezw. die Geschoßhöhe
in die Formeln einzusetzen.
Zugelassen ist für:
Zug
Druck
Biegung
Ab-scherung
Lochwand-druck
1. Flußeiserne Träger zur
Unter-stützung von Decken, Wänden undTreppen, Flußeisen in Dächern,Fachwerkswänden und
Kranbahn-trägern, wenn die Querschnitts-größe durch Eigengewicht,
Nutz-last und Schneedruck allein be-dingt ist, Flußeisen in Stützen
1200
1200
1200
1000
2000
2. Flußeisen in Dächern
usw.,wenn gleichzeitig die
ungünstigsteWirkung von Schnee, Wind von150 kg/qm,
Eigengewicht und Nutz-last berücksichtigt wird, Flusseisenin Stützen mit genauer
Berechnungder Kantenpressung unter den un-günstigsten
Umständen
1400
1400
1400
1000
2000
3. Ausnahmsweise für
Dächerbei einer den strengsten Anfor-derungen genügenden
statischenBerechnung
1600
1600
1600
1000
2000
Bei Nieten und gedrehten
Schraubenbolzen ist die zulässige Beanspruchung auf Abscherung 1000 kg/qcm, auf
Lochlaibungsdruck 2000 kg/qcm, bei gewöhnlichen
Schraubenbolzen 750 bezw. 1500 kg/qcm.
Bei Stützen ist als Knickformel l = 2,33 P l2, bei Fachwerkbauten I = 1,82 P l2 (vierfache Sicherheit) zulässig.
Anker dürfen nur mit 800 kg/qcm beansprucht werden.
Bei Verwendung von Schweißeisen ermäßigen sich die für
Flußeisen zulässigen Spannungswerte um 10 v. H.
Gußeisen darf in Lagern auf
Druck mit 1000 kg/qcm, in anderen Bauteilen auf Druck mit 500 kg/qcm, auf Biegung mit 250 kg/qcm, auf
Abscherung mit 200 kg/qcm beansprucht werden.
Die Knickformel für Gußeisen ist I = 6 bis 8 P l2.
Die zulässige Beanspruchung von Stahlformguß auf Biegung
ist 1200 kg/qcm,
von Schmiedestahl auf Zug, Druck und Biegung 1400 kg/qcm.
Am wichtigsten sind die Bestimmungen über die nunmehr erhöhte Beanspruchung des
Flußeisens. Es ist anzunehmen, daß die Bauweisen mit Trägern und massiven
Zwischendecken aus Stein, Stein-Eisen oder Eisenbeton und mit Eisenstützen dem
reinen Eisenbetonbau scharfe Konkurrenz machen werden.
Besonders zu begrüßen ist die Erhöhung der zulässigen Beanspruchung bei genauerer
Berechnung der Eisenkonstruktionen, da hierdurch die Tätigkeit des nach
wissenschaftlichen Grundsätzen arbeitenden Ingenieurs auch materielle Vorteile nach
sich zieht und infolgedessen in Baukreisen höher eingeschätzt werden wird.
[Zentralblatt der Bauverwaltung 1910, S. 101 – 110.]
Dr.-Ing. Weiske.
Die „Forcierkrankheit“ der Metalle.
Vor zwei Jahren veröffentlichte R. v. Hasslinger
(Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien, math. naturw.
Klasse, Bd. 117 IIb, S. 501, 1908) merkwürdige Beobachtungen an einer
Weißblechbüchse. Als er diese als Luftkompressor dienende Blechbüchse nach
zweijähriger Pause wieder benutzen wollte, waren die mit Zinn gelöteten Nähte
sämtlich aufgerissen; das Zinn war kristallinisch geworden und der ganze Zinnüberzug
des Eisenbleches sah körnig und matt aus. Mit diesem entarteten Zinn konnte Hasslinger andere Zinnflächen anstecken z.B. Stanniol.
Die matt gewordenen Stanniolstücke waren brüchig und so bröcklig, daß sie sich
leicht zerreiben ließen. Durch Umschmelzen erhielt das Zinn wieder sein gewöhnliches
Aussehen.
Nach dem Tode von Hasslinger hat E. Cohen die Untersuchung weitergeführt und festgestellt, daß es sich hier
um einen bisher kaum beachteten besonderen Zustand des Zinns handelt.
Mit dem Uebergang von gewöhnlichem in graues Zinn, der
bei + 20° C seine obere Grenze besitzt, hat die beschriebene Erscheinung nichts zu
tun, ebenso wenig mit der Umwandlung von tetragonalem in rhombisches Zinn, deren
Gleichgewichtstemperatur bei + 161° liegt.
Das mit der von Hasslinger beobachteten Krankheit
behaftete Zinn zeigt keine solche Uebergangstemperatur, sondern zerfällt umso
rascher, je höher die Temperatur ist, bis zum Schmelzpunkt. Da diese Krankheit nur
bei solchem Zinn auftritt, das durch seine Verarbeitung mechanisch stark beansprucht ist, z.B. Weißblech, gewalztes (Stanniol) und
glänzend poliertes Zinn, so nimmt Cohen an, daß solches
„forciertes“ Zinn sich in einem nur scheinbar beständigen (metastabilen)
Zustande befindet, aus dem es in den wirklich beständigen Zustand des
kristallinischen Zinns überzugehen bestrebt ist. Unter dem Namen „Rekristallisation“ hat H. Behrens (Das mikroskopische Gefüge der Metalle und Legierungen. Hamburg
und Leipzig 1894, S. 53 u.a.) schon früher einige hierher gehörende Beobachtungen
beschrieben. Er sagt, das durch Strecken zwischen Walzen das kristallinische Gefüge
des Zinns an der Oberfläche bis auf Spuren vertilgt werden kann, daß aber beim
Erhitzen über 100° nach einiger Zeit die polierte Fläche matt wird und unter der
Lupe ein erhabenes Netzwerk zeigt, das durch Vergrößerung der noch vorhandenen
Kristallreste entstanden ist.
Künstlich kann man nach Cohens Vorgang Zinn, das mit der
Forcierkrankheit behaftet ist, herstellen, indem man Weißblech mit Salzsäure und
chlorsaurem Kali anätzt, wobei sich das bekannte „Moiré métallique“ bildet.
Preßt man eine solche geätzte Platte auf eine unversehrte hochglänzende
Weißblechplatte und erhitzt auf 180°, so ist nach 24 Stunden auch die zweite Platte
angesteckt.
Auch wenn man mechanisch die polierte Zinnoberfläche zerstört, z.B. durch
schräge Hammerschläge oder, indem man geschmolzenes Zinn beim Erstarren stark
erschüttert, so erhält man das körnige, kristallinische Gefüge des erkrankten
Zinns.
Bei anderen Metallen hat Cohen gleichfalls die
Forcierkrankheit beobachtet, nämlich bei Blei, Zink, Kupfer, Wismut und Messing. Cohen behauptet allgemein, daß die Metalle, wie wir sie
im täglichen Leben kennen, sich in einem metastabilen Zustande befinden. Alle
mechanisch beanspruchten Metalle unterliegen der Forcierkrankheit.
Unter Umständen hat diese Krankheit große praktische Bedeutung. So traten z.B. an
Lampengefäßen, die aus gewalztem Messingblech (62,5 v. H. Kupfer, 37,5 v. H. Zink)
von 0,5 mm Stärke durch nur zweimaliges Drücken gepreßt waren, häufig nach einiger
Zeit Risse und Löcher auf, besonders dann, wenn die Lampen im geheizten Zimmer
standen. Schuld trägt hier die zu gewaltsame Behandlung des Bleches. Früher, als man
die Gefäße durch allmähliches vorsichtiges Drücken herstellte, blieb die ärgerliche
Zerstörung aus.
Auch an einem Türgriff aus Messing konnte Cohen die
Forcierkrankheit feststellen, welche an einer Stelle schon ein großes Loch gefressen
hatte.
Die „Forcierkrankheit“ dürfte nach Cohen auch die
Ursache sein, daß in einer Schwefelsäurefabrik die Bekleidung der Bleikammer an der
Decke zahlreiche brüchige Stellen zeigte, die besonders an heißen Tagen zunahmen.
Die chemische Untersuchung ergab, daß die kranken Stellen wie die gesunden aus
reinem Blei bestanden. [Zeitschr. für physikalische Chemie 1910, S. 214–231 und S.
301–311.]
A.
Elektrische Beeinflussung von Telegraphenleitungen durch
Eisenbahnlokomotiven.
Als in Dell, einem Kreuzungspunkt der Hauptlinie der Natal-Transvaaleisenbahn wegen
eines Umbaues die parallel zur Eisenbahn laufenden Telegraphendrähte an beiden Enden
einer Strecke von rd. 700 m längs der Station isoliert werden mußten, erhielten die
im Gestänge beschäftigten Arbeiter bei der Berührung der Leitungsdrähte bisweilen
sehr heftige elektrische Schläge. Immer wenn die Erscheinung auftrat, hielt ein
Eisenbahnzug an der Station oder durchfuhr sie; aber nicht immer war die Anwesenheit
eines Zuges von den Entladungserscheinungen in den Telegraphendrähten begleitet. Die
elektrischen Ladungen wurden nicht mehr bemerkt, nachdem die Isolation der
Leitungsabschnitte an beiden Enden aufgehoben war und sie wieder normal in die Linie
eingeschaltet waren. Auch ist der Telegraphenbetrieb niemals durch ähnliche
Erscheinungen gestört worden. Die Untersuchung mit statischen Meßinstrumenten
(Elektroskop, Elektrometer, Funkenstrecke) und mit einem Fernhörer hat ergeben, daß
tatsächlich eine elektrische Ladung der Telegraphendrähte durch die Lokomotiven
herbeigeführt wird.
Der Schienenstrang erreicht den Bahnhof Dell mit einer Steigung von 1 zu 30 m,
innerhalb der Station läuft er horizontal und steigt hinter der Station wieder in
demselben Grade an wie vor ihr. Er wird bergwärts meist von Kohlenzügen befahren,
die von drei sehr schweren Maschinen (eine vorn, eine in der Mitte, eine hinten)
gezogen werden und die in Dell meist nicht halten. Unter Aufwendung aller
verfügbaren Kraft nehmen sie die Steigung vor dem Bahnhof und durcheilen die ebene
Strecke des Bahnhofs unter vollem Dampf mit großer Geschwindigkeit, um einen Anlauf
für die neue Steigung hinter dem Bahnhof zu gewinnen. Bei dieser Fahrt stoßen die Lokomotiven
gewaltige Mengen Rauch und Dampf aus. Die statischen Meßinstrumente zeigten, als ein
solcher Zug die Station durchfuhr, energische Ausschläge; an der Funkenstrecke wären
Funken von ⅜'' zu beobachten. Die Meßinstrumente blieben beinahe unbewegt, als ein
Talzug die Station durchfuhr. Der Zug rollte mit angezogenen Bremsen unter dem
eigenen Gewicht bergab, ohne daß die einzige Lokomotive nennenswerte Mengen von
Dampf abgab. Andere Talzüge hielten in Dell an. Wahrend sich die Maschine wieder in
Bewegung setzte, und eine Strecke unter Dampf parallel zu den Telegraphenleitungen
hinfuhr, wiesen die Meßinstrumente geringe Ladungen nach. Die Ausschläge des
Elektrometers und die Funkenlänge waren größer bei Talzügen mit zwei Lokomotiven,
noch größer bei solchen mit drei Lokomotiven; am kräftigsten waren sie, wenn
Bergzüge mit drei Lokomotiven ohne Aufenthalt durch die Station fuhren, die, wie
erwähnt, gewaltige Rauch- und Dampfwolken ausstießen. Hielt ein solcher Zug in der
Station an, so hörte die elektrische Wirkung alsbald auf, wenn Dampf und Rauch nicht
mehr gewaltsam ausgestoßen wurden. Obwohl noch reichliche Mengen von Rauch aus dem
Schornstein stiegen, blieben die Meßinstrumente in Ruhe, solange die Maschine
stillstand. Sobald sie aber beim Anfahren Dampf auszupuffen begann, oder wenn sie
die Dampfpfeife in Bewegung setzte, zeigten sich die Ladungserscheinungen. Um eine
Störung des elektrischen Gleichgewichts der Atmosphäre herbeizuführen, bedurfte es
also nicht nur der Anwesenheit großer Rauch- und Dampf mengen, sondern auch der
durch das plötzliche Ausstoßen verursachten Reibung. Hiermit stimmt die in Transvaal
zuweilen gemachte Beobachtung überein, daß infolge der außerordentlichen Trockenheit
der Luft allein durch die Reibung des Windes in starkdrähtigen Leitungen Spannungen
von oft beträchtlicher Höhe erzeugt werden. In europäischen Fernsprechleitungen
werden bei Schneestürmen – also nicht bei trockener Atmosphäre – zuweilen
Knallgeräusche gehört, deren Ursache auf elektrische Entladungen zurückgeführt wird.
Es ist bisher nicht einwandfrei erwiesen, ob die Reibung der Schneeflocken an den
Drähten die Spannung erzeugt oder ob die Schneeflocken die Ladung mitbringen und an
die Leitungsdrähte abgeben. Das Letztere erscheint wahrscheinlicher. Die
Schneeflocken werden, wenn sie vom Winde durch trockene Luftschichten gejagt werden,
elektrische Ladungen aufnehmen, die sich bei der Berührung mit den über die
Fernsprechapparate geerdeten Leitungen ausgleichen.
Die Beobachtungen in Dell sind alle bei sehr trockener klarer Luft gemacht worden.
Die Temperatur erreichte am Tage bis zu 16° Celsius und sank des Nachts bis zum
Gefrierpunkt. Abends und nachts waren die elektrischen Ladungen viel geringer; am
Tage wurden Spannungen bis über 13000 Volt gemessen. (R. W.
Weightmann.) [The Post Office Electrical Engineers Journal 1910, S.
17–24.]
Adt.
Elektrische Stahlerzeugung.
Im Berliner Bezirksverein deutscher Ingenieure sprach am
i. d. M. Herr Oberingenieur V. Engelhardt über das
Thema: Die Anwendung des elektrischen Ofens in Eisen- und Stahlwerken. Nach einer
kurzen Einleitung besprach der Vorsitzende zunächst ganz allgemein die allen
elektrischen Oefen gemeinschaftlichen Eigenschaften, die ihre Anwendung in der
Eisen- und Stahlindustrie rechtfertigen. Alle Ofentypen lassen sich auf
gemeinschaftliche Grundlagen zurückführen, so daß man die Elektroofen der Eisen- und
Stahlindustrie als elektrisch beheizte Kombinationen des Tiegelofens und des Siemens-Martin-Ofens bezeichnen kann. Der
wesentliche Unterschied liegt in der Art der Umsetzung der Elektrizität in Wärme, so
daß sich vier Ofengruppen ergeben: 1. direkte, 2. indirekte Lichtbogenöfen, 3.
direkte und 4. indirekte Widerstands- (Induktions-) Oefen. An Hand von Tafeln wurden
die konstruktiven Grundlagen der wichtigsten Typen in den einzelnen Gruppen
besprochen und zu 1. Héroult- und Girod-Ofen, 2. Oefen von
Stassano und Grönwall-Lindblad und Stalhane, 3.
Versuchsöfen von Gin, 4. Oefen nach Kjellin und Röchling-Rodenhausener, letztere unterteilt in Oefen für einphasigen
Wechselstrom und für Drehstrom. Der Vortragende besprach dann die Unterschiede in
qualitativer Beziehung zwischen Elektrostahl und auf gewöhnlichem Wege hergestellten
Stahlsorten. Selbst bei gleicher chemischer Zusammensetzung sind bei Elektrostahl
die mechanischen Eigenschaften wesentlich günstiger, insbesondere bezüglich Dehnung,
Kontraktion und Widerstand gegen Schlag. Der Vortragende besprach ferner die
technischen Anwendungsmöglichkeiten des Elektrostahlofens in der Eisen- und
Stahlindustrie und beschäftigte sich besonders eingehend mit den wirtschaftlichen
Verhältnissen. Er unterschied dabei zwei Fälle, wo der Elektroofen den Hochofen, Siemens-Martin-Ofen oder den Tiegelofen einfach
ersetzen soll und solche Fälle, bei denen sich der Elektroofen an bestehende rein
thermische Einrichtungen angliedert. Es handelt sich also im ersteren Falle um
Herstellung gleicher Qualitäten mit niedrigeren Betriebskosten. Berücksichtigt man
dabei die verschiedenen Preise für Kraft und Kohle, so kommt man zu Grenzwerten für
die Anwendbarkeit. Zum Schluß besprach der Vortragende noch eingehend die
Nachbehandlung von geschmolzenem Einsatz aus dem der Thomasbirne oder dem Flammofen als diejenige Arbeitsweise, welche für die
kontinentalen Länder Europas am wichtigsten ist. Die Elektrostahlfrage eröffnet also
insbesondere für Deutschland eine neue Epoche der Qualitätsverbesserung. Sache
weiterer Detailarbeit sei es, festzustellen, in welchen Grenzen diese
Qualitätsverbesserung die damit verbundenen, wenn auch geringen Erhöhungen der
Betriebskosten aufwiegt.
Kreiselwirkung und Zugkraft der Lokomotive.
In der am 24. Mai d. J. unter dem Vorsitz des Herrn Ministerialdirektors Wiehert abgehaltenen Versammlung sprach Herr Professor
Obergethmann von der technischen Hochschule Berlin
unter Vorführung von Versuchen und Lichtbildern über zwei Themata: zuerst über die Kreiselwirkung und hernach über Zugkraft und Zugkraftschwankungen der Lokomotive.
Verschiedenartig ausgeführte Versuche zeigten anschaulich, daß ein rotierender
Kreisel nur dann stabilisieren, d.h. auftretenden Kippmomenten durch
entgegengesetzte Kraftmomente entgegenwirken kann, wenn die Kreiselachse in einem
beweglichen Rahmen gelagert ist, der um eine Achse schwingen kann, die senkrecht zur
Kreiselachse steht. Wird das Ausschlagen des Kreiselrahmens durch einen Eingriff von
außen verhindert, so hat der Kreisel keine stabilisierende Kraft mehr. Wird
andererseits das Ausschlagen des Kreiselrahmens – die Vorrückung oder die Präzession
des Kreisels – durch äußere Kräfte beeinflußt, z.B. beschleunigt, so wird dadurch
das stabilisierende Kraftmoment vergrößert. Von dieser Eigenschaft wird Gebrauch
gemacht, wenn der Kreiselwagen bei der Fahrt plötzlich einseitig mehr belastet wird,
also ein größeres Kippmoment erfährt. Bei der Fahrt durch eine Krümmung spielt die
auftretende Zentrifugalkraft genau dieselbe Rolle, wie eine einseitige
Mehrbelastung, so daß auch hier, und zwar durch einen besonderen, nicht einfachen
Mechanismus eine beschleunigte Bewegung des Kreiselausschlags veranlaßt werden muß,
um durch das hierdurch entstehende aufrichtende Kraftmoment die Gleichgewichtslage
des Kreiselwagens wieder herzustellen, bei welcher die Resultierende aller Kräfte
durch den Schienenstützpunkt geht. Die Kräfte, die bei einem rotierenden Kreisel bei
einem Ausschlag der Kreiselachse entstehen, sind nichts anderes als die in der
Mechanik bekannten „Massenkräfte“, die immer dann auftreten, wenn bewegte
Massenpunkte aus ihrer Bewegungsrichtung abgelenkt werden. Eine große praktische
Bedeutung vermag der Vortragende dem Kreiselwagen nicht zuzuerkennen.
Bezüglich der Zugkraft einer Lokomotive führte der Vortragende folgendes aus;
Verfolgt man die Größe der Zugkraft einer zweizylindrigen Lokomotive während einer
Radumdrehung, so ist diese nicht etwa für jede Kurbellage gleich groß, sondern sie
schwankt zwischen einem höchsten und einem kleinsten Wert. Die Ursache der Zugkraft
am Haken ist eine zweifache, erstens der im Zylinder wirkende Dampf, zweitens die
hin- und hergehenden Triebwerksmassen, die bekanntlich ebenfalls auf den
Lokomotivrahmen, also auf den Zughaken Kräfte ausüben. Die vom Dampf herrührende
„Dampfzugkraft“ ist zwar auch für sich allein in ihrer Größe schwankend,
aber stets positiv; die von den hin- und hergehenden Triebwerksmassen herrührende
„Massenzugkraft“ dagegen verrichtet keine positive Arbeit. Ihre
Arbeitsleistung bei jeder Radumdrehung ist gleich Null, und ihre Größe schwankt
zwischen einem größten positiven Wert und einem größten negativen Wert. Diese
Grenzwerte wachsen nach beiden Seiten hin mit der Fahrgeschwindigkeit. Am Zughaken
vereinigen sich die „Dampfzugkraft“ und die „Massenzugkraft“ zu einem
einzigen Wert. Von einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit an überwiegt in einer
bestimmten Kurbellage die negative Massenzugkraft die positive Dampfzugkraft, so daß
auf einen der Lokomotive folgenden Wagen in diesem Augenblick überhaupt keine
Zugkraft ausgeübt wird. Bei weiter wachsender Geschwindigkeit dehnt sich das Gebiet
der negativen Zugkraft während einer Radumdrehung immer mehr aus, so daß der auf die
folgenden Wagen ausgeübte Zug stark ruckweise erfolgt, und zwar um so stärker, je
weniger von den hin- und hergehenden Triebwerksmassen ausgeglichen sind. Der
angehängte Wagen läuft also im Verlauf einer Umdrehung des Lokomotivtriebrades
abwechselnd auf die Lokomotive auf und wird dann wieder nach vorwärts gerissen. Daß
die vereinigte Zugkraft am Zughaken in ihrer Größe überhaupt schwankt, hat so
lange keine große Bedeutung, als sie positiv bleibt; sie fängt erst an störend zu
werden, wenn sie während eines Teiles der Radumdrehung negativ ist. Durch eine gute
Verbindung zwischen Lokomotive und Tender kann dieser Störung bekanntlich
entgegengewirkt werden.
An einem Versuchsmodell wurde dieser Zusammenhang der Dinge in sehr klarer und
sichtbarer Weise zur Anschauung gebracht.
Die Behandlung sulphatierter Sammler.
Zur Beseitigung des harten weißen Sulphats auf den positiven Platten der Bleisammler
werden die betroffenen Batterien häufigen Entladungen mit darauffolgenden
Ueberladungen unterworfen. Das Verfahren erfordert oft eine gründliche Ausdauer,
wenn es bleibenden Erfolg haben soll. Auch liegt die Gefahr nahe, daß durch das
häufige Ueberladen die bleiernen Träger der aktiven Masse selbst in aktive Masse
verwandelt werden und ihren Halt verlieren. Schneller zum Ziele führt ein im Kansas
State College erprobtes Verfahren. Die Säure wird hiernach aus den Zellen
abgelassen; sodann werden die Platten mehrmals mit destilliertem Wasser oder mit
Regenwasser gründlich ausgewaschen Die so vorbereiteten Zellen werden mit einer
drei- bis fünfprozentigen Lösung von kaustischer Soda (Na OH) soweit gefüllt, daß
die Platten ganz bedeckt sind. Je stärker die Platten sulphatiert waren, um so
kräftiger muß die Lösung gewählt werden. Werden die Zellen nun ebenso, als wenn sie
mit Säure gefüllt wären, in den Ladekreis geschaltet und mit der normalen
Stromstärke behandelt, als wenn sie geladen werden sollten, so beginnt die
Zersetzung des Bleisulphats und die Rückbildung des Oxyds. Die Lösung soll dauernd
alkalisch gehalten werden. Zeigt die Probe mit Lakmuspapier saure Reaktion, so ist
kaustische Soda hinzuzufügen. Die Behandlung ist fortzusetzen, bis das Sulphat
verschwunden ist und die Platten ihr schokoladenfarbiges Aussehen wiedergewonnen
haben. Alsdann werden die Zellen wieder entleert, gründlich gewaschen, wieder mit
Säure gefüllt und in gewöhnlicher Weise unter Ladung gesetzt. Zellen, deren
Nutzeffekt durch Sulphatbildung auf 20 v. H. herabgesunken war, haben nach einer
Behandlung mit kaustischer Soda wieder 75 v. H. Nutzeffekt gezeigt. Die ersten
Zellen sind vor vier Jahren in der beschriebenen Weise von Sulphat befreit worden;
sie befinden sich jetzt noch in einwandfreiem Zustand. (J.
O. Hamilton.) [Electrical World, 14. April 1910, S. 946–947.]
Adt.