Titel: | Betrachtungen über die Entwicklung der Kleinkraft-Verbrennungsmaschinen. |
Autor: | Rudolf Barkow |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 369 |
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Betrachtungen über die Entwicklung der
Kleinkraft-Verbrennungsmaschinen.
Von Dipl.-Ing. Rudolf Barkow,
Charlottenburg.
Betrachtungen über die Entwicklung der
Kleinkraft-Verbrennungsmaschinen.
Unter Kleinkraftmaschinen sind in den folgenden Ausführungen nur solche
Kraftmaschinen verstanden, die für den Bedarf des kleinen Handwerksbetriebes in
Frage kommen, also Maschinen in den Leistungsgrenzen zwischen ein und fünf
Pferdestärken. Größere Maschinen dienen gewöhnlich zum Betriebe von Werkstätten, die
nicht mehr als Handwerksbetriebe angesprochen werden können. Die
Verbrennungsmaschine ist lange Zeit die Kleinkraftmaschine gewesen und es ist
deshalb interessant, zu betrachten, wie sich die Verhältnisse in dieser Beziehung
verschoben haben. Heute findet man recht häufig den Elektromotor an solchen Stellen,
die noch vor etwa zehn Jahren nur von einer Verbrennungsmaschine eingenommen worden
wären und umgekehrt haben die allerletzten Jahre wieder den Elektromotor von manchem
Platze verdrängt und an seine Stelle einen Kleingasmotor gesetzt.
Textabbildung Bd. 325, S. 369
Wenn man den Ursachen solcher Verschiebungen nachgeht, so findet man zunächst rein
äußerlich sehr bedeutende Veränderungen in der Gestalt und den Abmessungen der
Verbrennungsmaschinen. Sehr deutlich tritt das in den Fig. 1 und 2 hervor.
Die erstere stellt eine Seitenansicht eines stehenden Leuchtgasmotors aus dem Jahre
1885, die letztere eine Ansicht eines solchen aus dem Jahre 1910 dar. In Fig. 3
endlich ist eine Ansicht eines Elektromotors gegeben. Alle drei Maschinen sind in gleichem Maßstabe gezeichnet und haben die
gleiche Leistung von 2 PS. Man kann sagen, daß der Verbrennungsmotor in der Art der
Fig. 1
bis in die 90 er Jahre hinein für Leistungen der erwähnten Größe die beliebteste
Maschine war. Auch heute noch bauen einzelne Gasmaschinenfabriken, die nicht so ganz
schnell den Bedürfnissen der Konsumenten folgen, derartige Maschinen.
Als Wendepunkt in der Entwicklung des Kleinkraft-Verbrennungsmotors kann man wohl das
Jahr 1890 bezeichnen. Dieses Jahr brachte den Beweis, daß es möglich ist,
Kräfte auf elektrischem Wege mit einem brauchbaren Wirkungsgrade auf weitere
Strecken zu übertragen. Es war also nur nötig, den Nachweis zu führen, daß man
überall Strom zu annehmbarem Preise haben konnte, um der bis dahin unbestrittenen
Herrschaft der Verbrennungsmaschine als Kleinkraftmaschine schweren Abbruch zu tun.
Das geschah denn auch bald und in nicht vorauszusehender Weise. In den großen
Städten, in denen naturgemäß auch das Handwerk am dichtesten zusammensaß, wuchsen
die Elektrizitätswerke aus dem Boden. Sie lieferten zunächst zwar den Strom
vorwiegend für Beleuchtungszwecke, sahen aber bald, daß die anfänglich hohen und in
ihrer Höhe durch große Besitzkosten bedingten Stromkosten der Ausbreitung des
elektrischem Lichtes nicht förderlich waren. Deshalb wurde versucht die Masse der
Kleinkraftkonsumenten heranzuziehen, indem man für die Tagesbenutzung Sondertarife
schuf, nach denen der Strom für Kraftzwecke zu wesentlich billigerem Preise als für
Beleuchtungszwecke geliefert werden konnte. Dieses Vorgehen im Verein mit der
inzwischen durch die Fabriken elektrischer Motoren erreichten Verbesserung des
Wirkungsgrades der Kraftübertragung hat dazu geführt, daß eine Verdrängung der
Verbrennungsmaschine in den 90 er Jahren einsetzte und bis jetzt fortgedauert hat.
Die Fabrikanten von Verbrennungsmaschinen haben naturgemäß dieser Entwicklung nicht
ruhig zugesehen, sondern darnach gestrebt, den unbequemen Konkurrenten, der recht
beträchtliche Erfolge aufzuweisen hatte, und den sie an dem Minderabsatz ihrer
Fabrikate recht gut merken konnten, wieder einzuholen. Es galt dabei besonders
folgendes zu erreichen:
1. Die Maschine sollte einen recht kleinen Raum einnehmen. Wenn man Fig. 1 mit Fig. 3
vergleicht, so sieht man sofort, daß die Gasmaschine der 80 er Jahre dieser
Bedingung durchaus nicht entspricht. Die Größe des Schwungrades allein erforderte
einen Platz, der recht beträchtlich war. Etwa 2 qm war der Raumbedarf einer solchen
Maschine. Rechnet man nur eine Jahresmiete von 12 M pro qm Werkstattraum, so ergibt
sich für eine Arbeitsstunde der Betrag von 0,8 Pf. Der Elektromotor ist in dieser
Hinsicht viel bescheidener. Er verlangt nur einen Raum von etwa 0,3 qm, d.h. nur
etwa ein sechstel desjenigen der früheren Verbrennungsmaschinen. Man hat also
darnach gestrebt, den Raumbedarf zu vermindern. Schon in den 90 er Jahren findet man
eine große Anzahl von Konstruktionen, die diesen Zweck verfolgen. Dauernd erreicht
wurde aber nichts. Das Schlagwort „Schnellläufer“, das damals für die Motoren
mit kleinem Raumbedarf geprägt wurde, und das noch heute seine verderblichen
Wirkungen gelegentlich äußert, kennzeichnet das Streben der Konstrukteure
und den Weg, auf dem sie gingen. Es blieb beim alten, bis der Automobilbau
allmählich zeigte, daß es möglich sei, schnellaufende und trotzdem betriebssichere
Maschinen zu bauen und dauernd zu betreiben. Fig. 2 zeigt deutlich
die Merkmale des Automobilmotors, sie zeigt aber auch gleich, wie weit man heute dem
Elektromotor in bezug auf den Raumbedarf nahe gekommen ist. Etwa 0,5 qm genügen für
einen solchen Motor. Es soll nun nicht gesagt sein, daß schon jetzt jeder derartige
Kleinmotor allen Ansprüchen voll genügt. Es darf aber nicht vergessen werden, daß
die Entstehung dieser Motoren in eine Zeit fällt, in der ganz andere Aufgaben den
Konstrukteur von Verbrennungsmaschinen beschäftigen mußten, als z.B. die Erreichung
der größtmöglichen Oekonomie usw. Doch darüber wird weiter unten zu sprechen
sein.
2. Die Anlagekosten mußten so viel als möglich gedrückt werden. Zeile 7 der Tab. 1
zeigt, daß der Elektromotor nur etwa ein Fünftel so viel als der Leuchtgasmotor der
80 er Jahre kostet. Wenn man bedenkt, daß der kleine Handwerker, der sozusagen von
der Hand in den Mund lebt, die Maschine nur deswegen anschaffte, weil er ohne sie
einfach nicht mehr existieren konnte und nicht, weil er überflüssiges Geld gut
anlegen wollte, so wird man begreifen, daß ein solcher Preisunterschied jeden
verführen mußte, statt eines Gasmotors einen Elektromotor anzuschaffen, wenn er sich
neu einrichtete. Dazu kam aber noch ein weiterer Umstand. Die Gasmaschinenfabriken
haben vielfach Motoren auf Abzahlung verkauft und tun dies noch heute, weil das
Kapital, das dem Handwerker für seine erste Maschineneinrichtung zur Verfügung
steht, nicht groß genug ist, um eine so große Ausgabe, wie sie mit der Beschaffung
eines Leuchtgasmotors alter Art verbunden war, zu gestatten. Daß es bei derartigen
Abzahlungsgeschäften nicht ohne hohe Zinsen abgeht, die den Käufer noch lange
drücken, ist zu bekannt, um noch weiter darauf eingehen zu müssen. Dieser Umstand
aber ist einer der ausschlaggebenden für manchen Handwerker, nicht einen Gasmotor,
sondern einen Elektromotor zu kaufen. Die niedrigeren Anlagekosten des Elektromotors
wirken aber auch gerade in Kleinbetrieben, die nicht dauernd volle Belastung der
Maschine haben, auf eine Erniedrigung der Gesamtbetriebskosten hin, wie weiter unten
noch gezeigt werden wird. Der neuere Leuchtgasmotor ist in dieser Hinsicht dem
älteren weit überlegen, aber noch immer sind seine Anschaffungskosten denen des
Elektromotors gegenüber hoch, was unter den oben gekennzeichneten Umständen als
nicht förderlich angesehen werden muß. Wie weit dieser Uebelstand durch niedrigere
reine Betriebskosten ausgeglichen werden kann, ergibt Tab. 2.
3. Ein äußerst wichtiger Punkt für die Beurteilung eines Kleinmotors ist die
Abhängigkeit seines Energieverbrauches bezw. seines Brennstoffverbrauches von der
Belastung, Ein Motor kann unter Umständen bei voller Last eine unerreicht gute
Oekonomie des Brennstoffes haben, und trotzdem bei wechselnder Belastung ein sehr
schlechtes wirtschaftliches Ergebnis zeitigen. Gerade die Antriebsmaschine des
Kleinhandwerkers, der ohne Arbeitsteilung arbeitet und infolgedessen häufig seine
Maschine nicht belasten kann, müßte in dieser Beziehung günstig gestaltet sein. Der
Elektromotor kann in seinem jetzigen Zustande als nahezu ideal bezeichnet werden,
denn die Unterschiede im Energieverbrauch sind bei ihm innerhalb sehr weiter Grenzen
von der Belastung nahezu unabhängig. Ganz anders bei den Verbrennungsmaschinen. Es
kann nicht geleugnet werden, daß der Gasmotor schon bei halber Last nicht annähernd
die Wärme- bezw. Brennstoffökonomie besitzt, wie bei Vollbelastung. In Tab. 1 sind
einige Zahlen über den Brennstoffverbrauch der Leuchtgasmotoren von einst und
jetzt und über die Energieaufnahme des Elektromotors zusammengestellt, aus denen der
Einfluß des Wirkungsgrades in Abhängigkeit von der Belastung sich zeigt. Die
Folgerungen aus diesen Zahlen drücken sich in den letzten beiden Zeilen der Tab. 2
deutlich aus. Während nämlich die Gesamtbetriebskosten des Elektromotors zwischen
voller und halber Last nur um etwa 14 v. H. des niedrigsten Wertes schwanken,
beträgt diese Schwankung bei dem älteren Gasmotor etwa 70 v. H. und bei dem neueren
Gasmotor immer noch fast 50 v. H. Wie weit dabei die Anlagekosten mitsprechen, läßt
sich aus der Zusammenstellung der festen Betriebskosten in Tab. 2 deutlich
erkennen.
Tabelle 1. Anlagekosten.
2 PS-Leucht-gasmotor1885
2 PS-Leucht-gasmotor1910
2 PS-Gleich-strom-Elektromotor
Zylinder-Durchm.
mm
140
90
–
Hub
mm
280
110
–
Umdrehungen minutl.
180
1000
1400
Gasverbr. bez Energie- verbrauch bei
Vollast
1050 l/PS-Std.
600 l/PS-Std.
1870 Watt
bei halber Last
1400 „
750 „
970 „
Gewicht netto
kg
940
209
95
Preis netto
M
1850,–
950,–
375,–
Preis des Zubehörs (Lei- tungen, Schalter,
Meß- apparate usw.)
M
150,–
150,–
75,–
Preis d. Fundamentes
M
50,–
20,–
20,–
Gesamt-Anlagekost.
M
2050,–
1120,–
470,–
Tabelle 2. Betriebskosten-Berechnung.
2 PS-Leucht-gasmotor1885M
2 PS-Leucht-gasmotor1910M
2 PS-Gleich-strom-Elek-tromotorM
Verzinsung 4½ v. H.
92,–
51,–
21,–
Tilgung 10 bezw. 15 v. H.
205,–
168,–
47,–
Instandhaltung
25,–
25,–
10,–
(wahrscheinlich i. Durch-schnitt zu
niedrig)
Bedienung
50.–
30,–
10,–
Schmier- und Putzstoffe
100,–
40,–
10,–
Jährliche feste Kosten
472,–
314,–
98,–
Gaspreis 13
Pf. pro cbm, Strompreis 16 Pf. pro KW-Std.Kosten für Gas
bezw. Strom bei
3000 Arbeitsstunden volle Last
780,–
468,–
900,–
halbe Last
545,–
292,–
466,–
Gesamtbetriebskosten pro Jahr
volle Last
1252,–
782,–
998,–
halbe Last
1017,–
606,–
564,–
Betriebskosten pro PS-Std.
Pf.
Pf.
Pf.
volle Last
20,8
13,0
16,5
halbe Last
34,0
20,2
18,9
4. Die Bedienung und Instandhaltung der Maschine soll auf das geringste mögliche Maß
zurückgeführt werden, besonders da man nicht auf sachverständige
Bedienungsmannschaft rechnen kann. Der Elektromotor ist in dieser Hinsicht wieder
dem Ideal recht nahe. Die wenigen Handgriffe, die zum Anstellen und Ausrücken
notwendig sind, kann jeder in wenigen Minuten erlernen. Viel Unfug kann dabei nicht
gemacht werden. Die Abnutzung beschränkt sich auf die beiden Lager und den
Kollektor, bei Drehstrom nur auf die ersteren. Bei den Gasmotoren dagegen sind eine
ganze Anzahl bewegte Teile vorhanden, die trotz der jetzt fast allgemein
durchgeführten Kapselung und selbsttätigen Schmierung von Zeit zu Zeit der
Besichtigung, Reinigung und Schmierung bedürfen. Die Abnutzung der bewegten Teile
muß größer sein als bei dem Elektromotor, woraus häufigere Instandsetzungsarbeiten
folgen. Bei den älteren Maschinen sind diese Instandsetzungen im allgemeinen
geringer gewesen als man gewöhnlich annimmt, bei den „Schnelläufern“ der 90
er Jahre waren sie ziemlich beträchtlich, bei den neueren Maschinen werden sie auch
nicht unbedeutend sein, wenn sie nach den Erfahrungen mit Automobilmotoren beurteilt
werden, die ja zwar unter anderen Betriebsverhältnissen laufen, aber, soweit die
inneren Teile in Frage kommen, nicht anders betrachtet werden können. Aus dieser
Ueberlegung heraus ist in Tab. 2 eine höhere Tilgungsquote für die neueren
Gasmotoren angenommen worden. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß dafür nur
die oben angeführten Gründe sprechen. Es kann sich ebenso gut erweisen, daß diese
Quote zu hoch ist. Uebrigens kann der etwaige Einfluß einer niedrigeren Quote auf
das Gesamtergebnis der Betriebskostenberechnung leicht an Hand der Tab. 2 verfolgt
werden.
Die Kosten der Bedienung der Gasmotoren werden immer höher sein, als diejenigen eines
Elektromotors. Die mannigfachen Enttäuschungen, welche Gasmotorenbesitzer erlebt
haben, sind nicht zum geringsten Teile darauf zurückzuführen, daß stets von den
Fabrikanten die Ansicht ihrer Abnehmer bestärkt worden ist, ein Gasmotor benötige
keiner Wartung. Die Folge war stets, daß die Maschine nicht, oder jedenfalls sehr
mangelhaft, gewartet wurde, und daß daraus dann Unzuträglichkeiten entstanden, die
den Ruf der Gasmaschine erheblich geschädigt und den Fabrikanten von Elektromotoren
Vorteile gebracht haben.
Es fragt sich nun: Was ist bis jetzt auf dem Wege, der in den obigen Ausführungen
gekennzeichnet wurde, erreicht, und was kann noch erreicht werden?
Die Beantwortung dieser beiden Fragen entscheidet über die Möglichkeit, mit Vorteil
Kleingasmotoren zu bauen, einerseits, und über die Zweckmäßigkeit, sie zu kaufen,
andererseits.
Man kann an Hand der vier Punkte heute etwa folgendes sagen:
1. Auf eine weitere Verkleinerung des erforderlichen Raumes kann bei den Maschinen
von so kleiner Leistung kaum gerechnet werden. Denn die Vorbedingungen einer
solchen, nämlich Erhöhung der Kolbengeschwindigkeit und des mittleren Druckes,
werden sich kaum in so einfacher Art erfüllen lassen, wie dieses für einen
Kleingewerbemotor nötig ist. Man muß sich dabei immer vor Augen halten, daß heute
bereits die Kolbengeschwindigkeiten derartiger Kleinmaschinen mehr als 3 m i. d.
Sek. betragen und daß die Massendrücke, von deren Höhe der stoßfreie Gang der
Maschine abhängt, an der Grenze des Zulässigen angekommen sind. Jede Erhöhung der
Kolbengeschwindigkeit würde eine Verkleinerung des Zylinderdurchmessers mit sich
bringen und daraus die Forderung nach Herabsetzung der Massendrücke in stärkerem
Maße sich ergeben. Vielleicht wird sich noch eine Erhöhung des mittleren Druckes
ohne Erhöhung des Höchstdruckes, d.h. ohne Vergrößerung der bewegten Massen erzielen
lassen, womit dann eine geringe Verkleinerung der Maschine verbunden sein kann. Doch
kann diese nur eine geringe sein. Der Raumbedarf von Kleingasmaschinen wird sich
deshalb wohl nicht wesentlich beschränken lassen, wenn nicht ganz neue Arbeitsweisen
gefunden werden, z.B. Turbinenbetrieb, dessen Geeignetheit für den Kleinbetrieb
dann erst zu untersuchen ist.
2. Eine Erniedrigung der Preise für Kleinmotoren erscheint möglich. Es sind dabei
folgende Gesichtspunkte maßgebend: In Ländern, in denen eine Massenfabrikation von
Maschinen bereits ausgebildet ist und in denen infolge günstiger Vermögenslage des
Handwerkers dauernder Absatz großer Mengen eines einzelnen Typs möglich ist, können
die Maschinenfabriken mit sehr verringerten Unkosten derartige Maschinen bauen und
sie infolgedessen billig auf den Markt bringen. In Deutschland liegen die
Verhältnisse leider zurzeit nicht so. Wir haben einen nicht sehr wohlhabenden
Handwerkerstand, der noch dazu durch die Lasten der sozialen Gesetzgebung und der
Schutzzollpolitik sehr gedrückt wird und deshalb im allgemeinen nicht daran denken
kann, Maschinen gegen bare Zahlung zu kaufen. Die Folge davon ist erhöhter Preis.
Weiter sind die Maschinenfabriken nicht in der Lage, Serien von Maschinen zu bauen,
die den Charakter der Massenfabrikation tragen, weil im Inlande kein Massenabsatz
siel findet, und eine Ausfuhr in großem Maßstabe durch die Folgen der Zollpolitik so
gut wie unmöglich gemacht werden. Ein Umstand verdient hier besondere Erwähnung. Die
in Frage kommenden Fabriken haben es dennoch versucht, sich Bedingungen zu schaffen,
die eine Massenfabrikation erlauben. Sie benutzen nämlich einen und denselben Typ
für verschiedene Zwecke. Man baut z.B. einen Motor, der mit geringen Abänderungen
als ortfeste Gewerbemaschine, als Bootsmotor und als Fahrradmotor oder mit
vermehrter Zylinderzahl als Automobilmotor dienen soll. Das ist ein Ausweg, der mit
zu der tatsächlich eingetretenen Verbilligung der Kleinkraftmaschinen beigetragen
hat. Der einsichtige Konstrukteur wird sich aber immer dessen bewußt bleiben müssen,
daß an einen Boots- oder Fahrradmotor ganz andere Betriebsanforderungen gestellt
werden müssen, als an einen Gewerbemotor und daß deshalb derartige Verquickungen
einer folgerechten Entwicklung der einen oder anderen Art von Maschinen nicht
dienlich sein können. Um eine Verbilligung der Kraftmaschinen des Kleingewerbes zu
erreichen, die naturgemäß niemals an die Preise der Elektromotoren herankommen wird,
muß danach gestrebt werden, daß die Absatzverhältnisse bessere werden. Also Export
und Verbesserung der Vermögenslage des Handwerkers. Vielleicht läßt sich auf dem
Wege des Genossenschaftswesens da etwas tun. Der immer noch bleibende
Preisunterschied zwischen Elektromotor und Gasmotor muß nun durch die größere
Oekonomie des letzteren ausgeglichen werden. Es fragt sich, wie weit dieses möglich
ist. Das bis jetzt Erreichte läßt sich gut an Hand der Tab. 1 u. 2 und der Fig. 4 und 5
verfolgen. Die letzteren zeigen auch, ob man noch weiteres erreichen kann.
Textabbildung Bd. 325, S. 371
Fig. 4.
In Fig. 4 sind zwei Diagramme von Gasmotoren
übereinander gezeichnet, die aus dem Jahre 1885 bezw. 1909 stammen. Man erkennt, daß
ein ganz erheblicher Unterschied im Flächeninhalt wie auch in den Druckverhältnissen
besteht. Der mittlere Druck des älteren beträgt 4,5, derjenige des neueren
5,5 at, also um etwa 20 v. H. mehr. Damit ist bei gleichen Abmessungen des Zylinders
und gleicher Umdrehungszahl eine Vermehrung der Leistung um 20 v. H. gegeben.
Zugleich aber sind die Gasdrücke, nach denen die Bemessung der Maschinenteile
erfolgen muß, auf das doppelte gewachsen. Eine wesentliche Verstärkung der
Maschinenteile hat nicht stattgefunden, man hat eher eine Verringerung der
Abmessungen bemerken können, hervorgerufen durch vollkommenere Beherrschung der
auftretenden Kräfte, Fortschritte in der Herstellung der Baustoffe usw. Es zeigt
sich aber aus der ganzen Art der Leistungserhöhung, daß sehr große Fortschritte auf
diesem Gebiete nicht mehr zu erwarten sind. Der Arbeitsprozeß ist verbessert durch
Erhöhung der Spannungen, die Oekonomie ist dabei wesentlich gewachsen, wie aus den
Zahlen der Tab. 1 hervorgeht. Man kann aber nicht viel weiter gehen, weil sonst
Festigkeitsrücksichten, die eine schwerere Bauart bedingen müßten, durch erhöhten
Herstellungspreis den Gewinn an Oekonomie wieder wettmachen müßten. Es mag hier
gleich erwähnt werden, daß es bei Gaskraftmaschinen wohl schon gelungen ist, den
mittleren Druck noch wesentlich zu erhöhen, was insbesondere für den Diesel-Motor zutrifft, Derartige Konstruktionen können
aber nicht für Kleinmotoren in unserem Sinne in Frage kommen, denn die erste
Forderung für einen solchen Motor ist und wird immer bleiben die äußerste
Einfachheit im Aufbau und der Bedienung bezw. im Betrieb.
Textabbildung Bd. 325, S. 372
Fig. 5.
3. Die Abhängigkeit der Oekonomie von der Belastung spielt in die eben angestellten
Betrachtungen sehr wesentlich hinein. Fig. 5 zeigt
übereinander gezeichnet die Gasverbrauchskurven der beiden Motorenarten und in einem
etwas anderen Maßstabe die Stromverbrauchskurve des Elektromotors. Bei diesem bleibt
die Energieaufnahme bis zu halber Last fast gleich (bezogen auf die
Leistungseinheit), bei dem alten Gasmotor wächst sie um fast 40 v. H., bei dem
neueren um etwa 25 v. H. Es ist also auch in dieser Hinsicht bei den neueren
Maschinen eine bedeutende Verbesserung eingetreten. Daß dieselbe aber nicht genügend
ist, um die höheren festen Kosten des Gasmotors gegenüber dem Elektromotor
auszugleichen, namentlich bei nicht dauernd voller Last, das zeigen die beiden
letzten Zeilen der Tab. 2 mit aller Deutlichkeit. Es fragt sich nun, ob hier noch
weitere Verbesserungen zu erwarten sind. Ganz allgemein gesprochen könnte man das
vielleicht bejahen, denn es ist durch verschiedene Mittel, namentlich durch den
Ausbau der Regelungsarten für Gasmaschinen bei größeren Maschinen erreicht, daß der
Gasverbrauch bei Belastungsschwankungen bis zu halber Last herunter um weniger als
15 v. H. höher wird. Ob aber diese Regelungsarten für Kleinmaschinen geeignet sind,
insofern, als sie der Forderung der Einfachheit zu genügen haben, das kann nur
auf Grund von Versuchsergebnissen entschieden werden. Solche liegen für so kleine
Maschinen noch nicht vor. Es liegen hier, allerdings vereinzelt, Versuche vor, die
Belastung der Maschinen, bezogen auf den einzelnen Hub, innerhalb gewisser Grenzen
gleichbleibend zu halten, dadurch, daß man Vorgelege einschaltet oder die Maschine
mit einem Stufenscheibentrieb versieht, dessen verschiedene Stufen bei verschiedenen
Belastungsstufen benutzt werden sollen. Gleichzeitig muß natürlich die Umdrehzahl
der Maschine geändert werden können, was durch Veränderung der Reglerbelastung
geschieht. Es ist aber noch nichts darüber bekannt geworden, ob und wieweit sich
derartige Kunststücke in der Praxis bewährt haben.
4. Schließlich ist noch ein kurzer Blick auf die Frage der Bedienung zu werfen. Wie
schon oben gesagt, kann der Elektromotor ziemlich ohne Bedienung laufen. Nicht so
der Gasmotor. Es kann ohne weiteres zugegeben werden, daß hier schon sehr viel
erreicht wurde gegenüber den Zeiten, wo eine Gasmaschine „zwar keinen Heizer,
wohl aber einen Oelgießer“ brauchte. Ganz ohne Bedienung, die noch dazu
recht aufmerksam sein muß, kommt man nicht aus. Schon allein das Reinhalten der
äußeren bewegten Teile erfordert Zeit und Sorgfalt, wieviel mehr dasjenige der
inneren Steuerungsteile. Mag man das Herausnehmen der Ventile und des Zünders noch
so bequem machen, es wird in regelmäßigen Zwischenräumen nötig sein, auch wenn noch
keine Störung eingetreten ist, die inneren Teile zu besichtigen und zu reinigen, und
das kostet Zeit und erfordert Sorgfalt, für die nicht jeder zu haben ist. Man kann
in dieser Hinsicht auch keine wesentliche Verminderung der Anforderungen
erwarten.
Die oben gemachten Ausführungen führen nun mit Notwendigkeit zu folgenden
Schlüssen:
Die Leuchtgasmaschine kann als Kleinkraftmaschine mit dem Elektromotor nur dann in
dauernden Wettbewerb treten, wenn es gelingt, ihre Wärmeökonomie so weit zu
verbessern, daß bei niedrigerer als voller bezw. bei wechselnder Last die gesamten
Betriebskosten, die beim Elektromotor in diesem Falle sich günstiger stellen, ebenso
niedrig wie beim Elektromotor werden. Wenn es gelingt, die festen Kosten der
Gasmaschine zu erniedrigen, was aber bezweifelt werden muß, so kann auf eine
Verbesserung der Wärmeökonomie teilweise verzichtet werden. Eine Verringerung des
Raumbedarfs und der Bedienungskosten kann nicht erwartet werden.
Daraus folgt aber weiter, daß die Leuchtgas-Kleinmaschine mehr und mehr verdrängt
werden muß. Tatsächlich zeigen die Statistiken der Gaswerke denn auch eine solche
Verdrängung der Kleinmaschinen. Man kann nun die Frage auf werfen, ob denn die
Verbrennungsmaschine überhaupt noch als Kleinmotor in dem gedachten Sinne eine
Berechtigung hat, oder ob es nicht besser wäre, derartige Maschinen überhaupt nicht
mehr zu bauen.
Die Beantwortung dieser Frage hängt auf das engste mit der Erörterung der Möglichkeit
zusammen, für derartige Kleinmaschinen sehr billige Brennstoffe zu beschaffen, bezw.
sie für den Verbrauch sehr billiger Brennstoffe brauchbar zu gestalten. Es gibt eine
ganze Anzahl von Brennstoffen, die billiger als Leuchtgas sind, natürlich bezogen
auf den gleichen Heizwert. Die Kohle wäre z.B. schon ein solcher Brennstoff. Es hat
bekanntlich nicht an Versuchen gefehlt, Motoren direkt mit Kohle zu betreiben.
Verdankt doch der Diesel-Motor seine Entstehung diesem
Bestreben. Gelungen ist aber keiner dieser Versuche. Auf einem Umwege ist es dann
möglich geworden, Kohle als Betriebsstoff für Verbrennungsmaschinen zu benutzen. Die
Kraftgasmotoren, namentlich in der Form der Sauggasmaschine, haben lange Zeit für
geeignet gegolten, den Leuchtgasmotor ebenso gut wie den Elektromotor als
Kleinmaschine zu verdrängen. Bis heute hat aber noch keine Gasmotorenfabrik
Kleinsauggasmaschinen geliefert, die für dauernden Betrieb mit wechselnder Last
brauchbar gewesen wären. Die Zukunft muß es lehren, ob derartige Maschinen sich,
wenn sie konstruktiv weiter durchgebildet werden, behaupten können. Die
Wirtschaftlichkeit der Sauggasmaschine steht ja außer allem Zweifel. Es wird also
darauf ankommen, derartige Maschinen so einfach und so billig zu bauen, daß die
Anschaffungskosten für den Handwerker erschwinglich sind, daß sie auf kleinem Raum
untergebracht werden können und ohne viel mehr Bedienung als ein Leuchtgasmotor
auskommen. Diese Forderungen sind sehr schwer zu erfüllen, aber sie enthalten
nichts, was einer fortgeschrittenen Technik unmöglich sein müßte.
Andere Brennstoffe, die in Frage kommen könnten, sind neben dem Benzin, dessen
Wärmepreis ungefähr der gleiche wie der des Leuchtgases ist, das Benzol, das
ungefähr halb so teuer als Benzin ist und in großen Mengen bei der Kokerei abfällt.
Dieser Brennstoff kann sehr wohl als geeignet angesehen werden, für Kleinbetriebe
als Treibmittel zu dienen, nachdem es gelungen ist, die Vergasung und Verbrennung in
der Maschine sehr vollkommen zu gestalten. Es ist aber zu erwarten, daß der Preis
bei größerer Nachfrage sehr bald höher werden würde, und damit die Vorteile
gegenüber dem Benzin wieder illusorisch werden würden.
Man hat dann noch die Rohöle der Petroleumfabrikation und die Teeröle der
Steinkohlen- und Braunkohlendestillation sowie das Lampenpetroleum als Treibmittel
in Betracht zu ziehen. Für Kleinmotoren kann nach dem gegenwärtigen Stande der
Technik nur das zuletzt genannte in Frage kommen. Die Verwendung von Teerölen und
Rohöl würde erst dann möglich werden, wenn Maschinen des Diesel-Typs für kleine Kräfte gebaut werden können. Nach den bisherigen
Erfahrungen erscheint es aber ziemlich ausgeschlossen, einen Diesel-Kleinmotor betriebssicher und billig zu bauen.
Der Spiritusmotor, der eine Zeit infolge der Förderung der Spiritusfabrikation von
landwirtschaftlicher Seite als Kleinkraftmaschine für landwirtschaftliche Betriebe
das gegebene zu sein schien, hat sich in größerem Maßstabe nicht einzuführen
vermocht, weil der Wärmepreis des Brennstoffes zu hoch ist.
Die vorstehenden Ausführungen sollen dazu dienen, einen ungefähren Ueberblick über
den gegenwärtigen Stand der Kleinkraft-Verbrennungsmaschine zu bieten, soweit dieses
ohne Betrachtung von Einzelkonstruktionen möglich ist, und zugleich einige
Anhaltspunkte für die Beurteilung derartiger Konstruktionen geben, die in den
letzten drei Jahren, nachdem die Großgasmaschine zu normalen Formen gekommen ist und
auch die Kraftgasfrage nicht mehr alle Tage neue Unruhe verursacht, wieder häufiger
auftreten und Fortschritte in den oben gekennzeichneten Richtungen erkennen
lassen.