Titel: | Die Steuerungen der schwungradlosen Dampfpumpen. |
Autor: | Ernst Preger |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 353 |
Download: | XML |
Die Steuerungen der schwungradlosen
Dampfpumpen.
Von Dipl.-Ing. Ernst Preger,
Kiel.
(Fortsetzung von S. 340 d. Bd.)
Die Steuerungen der schwungradlosen Dampfpumpen.
Oddesse-Dampfpumpen der
Maschinenfabrik Oddesse. Oschersleben (Fig. 27–67). D. R. P. 96795.
Auch die Steuerung der Oddesse-Dampfpumpen liegt
vollständig innerhalb des Schieberkastens wie bei der gelenklosen Steuerung von Weise & Monski, so daß
die Schmierung ausschließlich von dem geölten Dampf besorgt wird. Hingegen vermeidet
die Oddesse-Steuerung den großen Hub und damit die
größere Schieberfläche der vorher besprochenen Konstruktion, indem die Schieber
nicht unmittelbar an den Schieberstangen sitzen, sondern durch je ein Treibstück quer zur Zylinderachse bewegt werden.
Textabbildung Bd. 325, S. 353
Steuerung der Oddesse-Dampfpumpen.
Fig.
27–35 zeigen die bis jetzt gebräuchlich gewesene Ausführung der Steuerung.
Die Treibstücke A1
und A2 sind durch
Arme starr mit den Kolbenstangen verbunden, machen also denselben Hub wie die
Dampfkolben. Sie haben je eine schräg zur Längsrichtung verlaufende rechteckige Nut,
in welche die Grundschieber B1 und B2 mit
entsprechenden Leisten unter Einhaltung eines gewissen Spielraumes eingreifen. Die
Grundschieber werden durch die schräge Nut der Treibstücke rechtwinklig zur
Zylinderachse verschoben. Ihr Weg beträgt aber nur rd. 1/10 des Kolbenhubes; sie erhalten also
einen normalen Weg, deswegen auch eine normale Größe, und es ist der auf dem
Schieber lastende Gesamtdruck sowie die Schieberreibung nicht größer als bei anderen
gewöhnlichen Flachschiebern. Allerdings verzehren anfangs die lang geführten
Treibstücke und die in dasselbe eingreifenden Leisten etwas mehr Reibungsarbeit als
die sonst üblichen Schiebergestänge. Die Laufflächen werden aber bald durch die
Einwirkung des Dampfes und Oeles spiegelglatt und glashart, wie man es ja an den
Wandungen jedes Dampfzylinders beobachten kann. Die Reibungsarbeit nimmt also bald
durch Verminderung des Reibungskoeffizienten stark ab. Aus demselben Grunde tritt auch eine
nennenswerte Abnutzung der Steuerungsteile nicht ein.
Jeder Schieber liegt hier über demjenigen Kolben, den er nicht steuern soll, also müssen die Dampfkanäle überkreuzt ausgeführt
werden, wie aus den Fig. 27–29
ersichtlich ist.
Eine neuere Ausführung der Oddessesteuerung (Fig. 36 bis
38)
vermeidet die Ueberkreuzung der Dampfkanäle, welche immerhin das Gußstück etwas
komplizierter macht und das Einformen etwas erschwert. Die Treibstücke A1 und A2 liegen bei dieser
Ausführung der Steuerung dicht nebeneinander in der Mitte des für beide Pumpenseiten
gemeinschaftlichen Schieberkastens, und es greift jeder Schieber mit einem Arm, an
dessen Ende die Leiste C1 bezw. C2
angegossen ist, über das nicht zu ihm gehörige Treibstück hinweg. Auf diese Weise
kommt jeder Schieber über denjenigen Kolben zu liegen, den er steuern soll.
Textabbildung Bd. 325, S. 354
Neuere Ausführung der Oddesse-Steuerung.
Die Dampfverteilung erfolgt z.B. für den rechtsliegenden Kolben in folgender Weise:
Steht der Schieber B1
links, so tritt Frischdampf durch den Ausschnitt G nach
dem Kanal E, während der Abdampf vom Kanal D durch die Schieberhöhlung K nach dem Auspuff F entweicht. In der
entgegengesetzten Stellung des Schiebers tritt Frischdampf durch den Ausschnitt H nach dem Kanal D und
Abdampf von E durch die Höhlung J nach F. Die Kanäle D und E haben hier ihre gewohnte ∾-förmige
Gestalt.
Die Hubbegrenzung erfolgt bei ganz kleinen Zylinderdurchmessern durch doppelte
Kanäle (Fig. 8 oder 9) bei mittleren und größeren durch Bremsventile (Fig. 7).
Textabbildung Bd. 325, S. 354
Fig. 39. Oddesse-Steuerung mit entlasteten Treibstücken.
Fig. 39 zeigt die allerneueste, ebenfalls
patentrechtlich geschützte Ausführung der Oddesse-Steuerung mit entlasteten Treibstücken.
Diese sind zylindrisch abgedreht, und es drückt der Frischdampf gleich stark von
oben und unten auf dieselben. Die Reibung der Treibstücke ist also ganz gering und
außerdem ist die Herstellung der Treibstücke und ihrer Führung im Schieberkasten
etwas verbilligt.
Textabbildung Bd. 325, S. 354
Fig. 40 und 41. Oddesse-Fxpansionssteuerung.
Die Wirkungsweise der Expansionssteuerungen sei an Hand
der Fig.
40 und 41, welche die neuere Ausführung darstellt, erläutert. Es sei gleich von
vornherein betont, daß in Wirklichkeit zwischen den Grundschieber B1 und die beiden
Expansionsschieber D2
und E2 eine
Zwischenplatte, wie in Fig. 50 und 55 gelegt
wird. Des
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 42. Kolben I steht vorn und beginnt den Hub nach hinten; Kolben II auf
rd. ½ des Hubes nach vorn.
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 43. Kolben I auf rd. ¼ des Hubes nach hinten; Kolben II auf rd. ¾ des
Hubes nach vorn. Ende der Einströmung.
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 44. Kolben I auf rd. ½ des Hubes nach hinten; Kolben II steht vorn und
begir den Hubnach hinten.
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 45. Kolben I auf rd. ¾ des Hubes nach hinten. Ende der Einströmung;
Kolben II auf rd. ¼ des Hubes nach hinten.
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 46. Kolben I steht hinten und beginnt den Hub nach vorn; Kolben II auf
rd. ½ des Hubes noch hinten.
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 47. Kolben I auf rd. ¼ des Hubes nach vorn; Kolben II auf rd ¾ des Hubes
nach hinten. Ende der Einströmung.
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 48. Kolben I auf rd. ½ des Hubes nach vorn; Kolben II steht hinten und
beginnt den Hub nach vorn.
Textabbildung Bd. 325, S. 355
Fig. 49. Kolben I auf rd. ¾ des Hubes nach vorn. Ende der Einströmung; Kolben
II auf rd. ¼ des Hubes nach vorn.
besseren Verständnisses halber ist sie in Fig. 40–49 fortgelassen. Auch die Expansionssteuerungen
anderer Firmen beruhen auf demselben Prinzip. Sie ähneln fast sämtlich der bekannten
Meyer-Steuerung der Dampfmaschinen.
Jedes Treibstück A1 und
A2 treibt nicht nur
auf die schon vorher besprochene Weise dem Grundschieber oder Verteilungsschieber
B1 bezw. B2, sondern auch je ein
Paar auf den Grundschiebern laufender Expansionsschieber D1 und E1 auf B2 und D2 und E2 auf B1 an. Es betätigt also jeder Kolben den
Grundschieber des anderen, hingegen aber seine eigenen
Expansionsschieber wie in Fig. 18–20. Die Entfernung der Expansionsschieber kann durch
die Schraubenspindeln E von den Handrädern G aus verstellt werden.
Bei der Bewegung der Kolben entwickeln sich nun die in Fig.
42–49 dargestellten Schieberstellungen.
Auf der Zeichnung sind die
Expansionsschieber so eingestellt gedacht, daß sie 75 v. H. Füllung geben. Man sieht,
daß auf der Seite des Kolbens I die inneren Kanten, auf der Seite des Kolbens II die äußeren Kanten der
Expansionsschieber den entsprechenden Kanal verschließen. In jeder Schieberstellung
ist die augenblickliche Bewegungsrichtung durch Pfeile angedeutet, und man sieht,
daß auf der Seite des Kolbens I Grund- und
Expansionsschieber beim Ende der Einströmung sich gegeneinander
Textabbildung Bd. 325, S. 356
Oddesse-Expansionssteuerung.
Textabbildung Bd. 325, S. 356
Fig. 56.
Textabbildung Bd. 325, S. 356
Fig. 57.
Textabbildung Bd. 325, S. 356
Fig. 58.
bewegen, während auf der Seite des Kolbens II beide Schieber beim Ende der Einströmung die gleiche
Bewegungsrichtung haben und demnach der Expansionsschieber den Grundschieber
überholen muß. Der letzte Umstand gibt Anlaß zu folgender Betrachtung:
Die Geschwindigkeiten der vier Schieber B1, B2, D1
E1 und D2
E2 sind nicht wie bei
Dampfmaschinensteuerungen zwangläufig von einander abhängig. Es tritt deswegen das
eben erwähnte Ueberlaufen des Grundschiebers B1 durch den Expansionsschieber D2
E2 nicht immer mit
Sicherheit an der gewünschten Stelle ein. Außerdem ist leicht zu befürchten, daß
kurz nach dem erfolgten Abschluß der Füllung der Kanal im Schieber wieder geöffnet
wird. Denn infolge der beendeten Füllung verlangsamt der Kolben II, also auch der Expansionsschieber D2
E2, seinen Lauf im
letzten Viertel seines Hubes, und es kann sehr leicht wieder ein Oeffnen des
Schieberkanales eintreten. Dieses hat eine Nachströmung von Frischdampf zur Folge,
wenn nicht der Grundschieber B1 unterdessen den eigentlichen Dampfkanal zwischen
dem Schieberspiegel und dem Zylinderende abgesperrt hat.
Man ordnet deswegen bei fast allen Expansionssteuerungen, auch bei der in Fig. 40 und
41
dargestellten, festliegende Zwischenplatten H, wie eine solche in Fig. 50 und
55 an
der bis jetzt gebräuchlich gewesenen Expansions-Oddesse-Steuerung zu sehen ist. Die Zwischenplatte ist durch zwei
seitliche Knaggen (Fig. 55) an ihrer
Bewegung verhindert, und es erfolgt der Abschluß des Dampfes beim Ueberlaufen der in
der Zwischenplatte befindlichen Schlitze durch den Expansionsschieber. Eine
Nacheinströmung von Dampf ist demnach ausgeschlossen. Im übrigen sind in Fig.
50–54 sinngemäß dieselben Bezeichnungen wie in Fig. 40 und 41
gewählt.
Textabbildung Bd. 325, S. 357
Fig. 56–63. Expansionssteuerung für Verbundpumpen.
Fig. 56–63 stellen die Expansionssteuerung für Verbundpumpen dar. Die
Verteilungsschieber für Hoch- und Niederdruckzylinder sind zu einem Stück vereinigt
und werden in der bekannten Weise von den Treibstücken A1 und A2 in Bewegung gesetzt. Die Leisten C1 und C2, welche in die
Treibstücke eingreifen, sind durch je zwei Stangen H
mit den Schiebern verbunden. Die Expansionsschieber D1 und D2 sind hier als Rider-Schieber mit den bekannten trapezförmigen Oeffnungen ausgebildet. Ihre
Wirkungsweise bleibt natürlich trotzdem die gleiche wie bei den früher gezeichneten
Meyerschen Expansionsschiebern. In den Buchsen der
Verteilungsschieber sind parallelogrammförmige Schlitze, welche je nach der
Einstellung der Expansionsschieber von diesen früher oder später verschlossen
werden. Die Einstellung der verschiedenen Füllungsgrade geschieht durch
entsprechende Drehung der Expansionsschieber um ihre Achse. Eine Zwischenplatte – in
diesem Falle eine Zwischenbuchse – ist hier entbehrlich, weil die eigentümliche
Anordnung der Kanäle im Schieber B, eine
Nacheinströmung ausschließt.
Textabbildung Bd. 325, S. 357
Fig. 64.
Textabbildung Bd. 325, S. 357
Fig. 65.
Textabbildung Bd. 325, S. 357
Fig. 66.
Textabbildung Bd. 325, S. 357
Fig. 67.
Der Dampf tritt durch die Ringe I (Fig. 56 und 57),
welche durch Membranen K dampfdicht auf die Schieber
gehalten werden, direkt in die Hochdruckschieber und
von da in die Hochdruckzylinder. Von diesen pufft der Dampf in den eigentlichen
Schieberkasten aus, der einen für beide Pumpenseiten gemeinschaftlichen Aufnehmer
von sehr großem Rauminhalt bildet. Dieser große Aufnehmer bewirkt, daß der in den
Niederdruckzylinder tretende Dampf während der ganzen Einströmung fast gleiche
Spannung behält. Fig. 64 und 65 zeigen die Dampfdiagramme einer großen
Kesselspeisepumpe 250 × 400 × 250. Im Gegensatz hierzu zeigen die Fig. 66 und 67 die
Dampfdiagramme einer gewöhnlichen Duplex-Verbundpumpe, d.h. mit kleinem Aufnehmer.
Der Niederdruckkolben vergrößert bei seiner Bewegung bei allen Verbundmaschinen den
Raum des Aufnehmerdampfes um mehr, als ihn der Hochdruckzylinder verkleinert und es
ist dann die prozentuale Vergrößerung des Dampfraumes und mit ihm der
Spannungsabfall um so geringer, je größer der Aufnehmer ist. Einen wesentlichen
Einfluß auf den Gang der Pumpe hat der mehr oder weniger große Spannungsabfall des
Aufnehmerdampfes übrigens nicht. Hingegen ist die in Fig.
56–63 gezeichnete Schieberanordnung in sofern vorteilhaft, als nur zwei
Stopfbuchsen für Schieberstangen vorhanden sind, welche nur gegen den relativ
niedrig gespannten Aufnehmerdampf abzudichten haben. Die Verbundpumpen gewöhnlicher
Bauart haben dagegen sechs Stopfbuchsen für Schieberstangen, von denen zwei dem
Hochdruckdampf ausgesetzt sind. Die Hubbegrenzung erfolgt bei der Oddesse-Verbundpumpe durch Bremsventile im
Hochdruckzylinder. Der Niederdruckzylinder hat keime besonderen Vorkehrungen zur
Hubbegrenzung.
(Fortsetzung folgt.)