Titel: | Ueber Fahrwiderstände an Laufkranen. |
Autor: | Martin Pape |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 169 |
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Ueber Fahrwiderstände an Laufkranen.
Von Dipl.-Ing. Martin Pape,
Berlin.
(Fortsetzung von S. 151 d. Bd.)
Ueber Fahrwiderstände an Laufkranen.
Die weitere Ermittlung gilt nun den Koordinaten xi und yi desjenigen Hyperbelpunktes J (Fig. 11), der bei einem bestimmten
Schrägstellungswinkel α des Rades in Berührung mit der
Schiene ist. Damit ist dann der Angriffspunkt der Kraft S1 bestimmt: Es bedeute in Fig. 11
J E die Tangente an die Hyperbel im Punkte J und ß den Winkel,
welchen die Tangente mit der positiven Richtung der X-Achse bildet. Kommt durch Schrägstellung des Rades der Punkt J zur Berührung mit der Schiene, so geht das Dreieck
E F J über in die Lage E'
F' J', und es wird ersichtlich, daß der dem Berührungspunkte J zugeordnete Schrägstellungswinkel α des Rades der Komplementwinkel zu ß ist, d.h.
\mbox{tg}\,\beta=\mbox{ctg}\,\alpha=\frac{d\,y_i}{d\,x}.
Unter Zuhilfenahme der obigen Scheitelgleichung, in welcher
p und a bekannt sind,
lassen sich jetzt xi
und yi für gegebenes
α ermitteln.
Der Rechnungsgang läßt sich durch eine Vernachlässigung, welche das Ergebnis
praktisch nicht beeinflußt, vereinfachen. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß für
die Lage des Berührungspunktes I nicht der ganze
Hyperbelzweig C B C' (Fig.
7) in Frage kommt, sondern nur die näher am Scheitel B gelegenen Punkte. Ferner ist die Krümmung der
Hyperbel im Scheitel sehr gering (ρ = 2 bis 4 m), so
daß xi sehr klein wird.
Man kann daher in der obigen Scheitelgleichung \frac{x^2}{a} als
Glied höherer Ordnung gegen 2 x vernachlässigen;
dann wird
y2 =
2 p x.
Die Vernachlässigung ist gleichbedeutend mit der Ersetzung der
Hyperbel durch eine Parabel. Man hat:
\mbox{tg}\,\beta=ctg\,\alpha=\frac{y}{2\,x}.
Aus den beiden letzten Gleichungen ergibt sich;
x_i=p\,.\,\frac{tg^2\,\alpha}{2}
yi=ρ . tg α = f (α) . . . . 8)
Der Angriffspunkt der Kraft S1 wandert bei Schrägstellung des Rades um den Winkel α von B nach J', wobei die Entfernung dieser beiden Punkte gleich
dem abgewickelten Parabelzweig B J ist. Berücksichtigt
man, daß α stets sehr klein, der Krümmungsradius des
Kegelschnittes im Scheitel sehr groß ist, so erscheint es zulässig, B J = yi zu setzen.
Danach kann der Abstand des Berührungspunktes J
zwischen Spurkranz und Schiene vom augenblicklichen Pol der Bewegung A, d. i. die Strecke A J
bestimmt werden. Bezeichnet man A J mit e, so ist (Fig.
10):
e=\sqrt{A\,B^2+B\,J^2}=\sqrt{[\rho(1-\mbox{sin}\,\gamma)]^2+{y_1}^2}
und
\mbox{tg}\,\delta=\frac{A\,B}{B\,J}.
Die Kenntnis des Angriffspunktes der Kraft S1 ergibt ohne weiteres auch ihre Richtung; denn in einem
gegebenen Augenblick drehen sich sämtliche Punkte des rollenden Rades um den
augenblicklichen Pol A der Bewegung, d.h. S1 muß winkelrecht zu
A J gerichtet sein.
Berechnet man die Werte e, yi und δ für ein beliebiges Beispiel, so
findet man, daß das Ergebnis praktisch ungeändert bleibt, wenn sin γ = 0 gesetzt wird. Der Steigungswinkel γ ist bei den meisten Ausführungen in der Tat nur
gering, und man wird im Laufe der Untersuchung gerade einen kleinen Steigungswinkel
(tg γ = ∾) als zweckmäßig erkennen. Für kleines γ gilt dann:
\gamma_c=\sqrt{(R+m^2)-(R+\rho)^2}
x_c=t\,\left(1-\frac{\rho}{m}\right);
und mittels der Gleichung y2 = 2 p
x:
p=\frac{m}{t}\,.\,\frac{2\,R+m+\rho}{2} . . . .
9)
ferner
e=\sqrt{\rho^2+{y_1}^2} . . . . . . 10)
und
\mbox{tg}\,\delta=\frac{\rho}{y_i} . . . . . . .
11)
\mbox{sin}\,\lambda=\frac{\mbox{sin}\,\delta}{w
} . . . . . . . 12)
Mit Hilfe der Gleichungen 9 bis 12 läßt sich für jeden möglichen
Schrägstellungswinkel α eines Rades das Kräftepaar der
Spurkranzreibung \frakfamily{M}_{x\ max} und
\frakfamily{M}_{x\ min} bestimmen. Mit A J = e wird nach S. 150:
\frakfamily{M}_{x\ max}=w\,.\,S_1\,(R\,\mbox{sin}\,\lambda+e)
\frakfamily{M}_{x\ min}=w\,.\,S_1\,.\,e.
Bildet man schließlich aus \frakfamily{M}_{x\
max} und \frakfamily{M}_{x\ min} einen Mittelwert
und setzt:
\frac{1}{2}\,(R\,\mbox{sin}\,\lambda+2\,e)\,.\,w=h . . . .
13)
so hat man als das mittlere
Verlustmoment der Spurkranzreibung
\frakfamily{M}_{\mbox{mittel}}=S_1\,.\,h=(K+Q_1\,\mu_1)\,\mu_1\,.\,h
. . 14)
Hierin kann h als der ideelle
Hebelarm des mittleren Spurkranzreibungsmantels betrachtet werden.
Bevor das Ergebnis durch ein Beispiel zahlenmäßig veranschaulicht wird, soll die
Abhängigkeit des Wertes \frakfamily{M}_{\mbox{mittel}} von den
Abmessungen des Rades und der Schiene erörtert werden. Der Entwicklungsgang, welcher
zu Gleichung 14 führte, läßt erkennen, daß das
\frakfamily{M}_{\mbox{mittel}} veränderlich ist:
1. mit den Werten λ oder δ und e,
2. mit dem Schrägstellungswinkel α
des Rades (Gleichung 8),
3. mit dem Steigungswinkel γ des
Spurkranzes (Gleichung 7 und 9).
Bezüglich des Einflusses von λ und e auf die Größe von
\frakfamily{M}_{x} gilt, daß letzteres kleiner wird mit
abnehmenden λ und e.
Wie ein Blick auf die Gleichungen 10–12 lehrt, läßt sich ein kleines λ und e erzielen durch
einen möglichst geringen Abrundungshalbmesser ρ der
Schiene. Es ist also zweckmäßig, der Schiene nur ihre scharfe Kante zu nehmen, so
daß ρ etwa 2 mm wird, Der Vorteil, der sich hierdurch
erzielen läßt, ist nicht unbedeutend. Diese Erkenntnis zeigt, daß die von den Hütten
verfertigten Kranschienen mit ihren verhältnismäßig großen Abrundungen in bezug auf
die Spurkranzreibung unvorteilhaft ausgebildet sind.
Ferner wird der Wert yi
und damit e und \frakfamily{M}_{x}
um so größer, je größer der Schrägstellungswinkel α des
Rades ist. Da sich α während der Fahrt des Kranwagens
verändert, so muß man sich, wie bei der Quergleitung darauf beschränken, den
Mittelwert von α = 1/200 in die Rechnung einzuführen (vergl.
S. 148).
Um schließlich die Abhängigkeit des Spurkranzreibungsmomentes von dem Steigungswinkel
γ zu kennzeichnen, betrachtet man am besten die
Gleichung 6. Das Moment der Kraft
S_1\,.\,\frac{\mbox{sin}\,\gamma}{\mu_1} um den Punkt O (Fig. 10) ist mit sin
γ verhältnisgleich. Daraus geht hervor, daß ein
kleines γ von Vorteil ist. Es wäre jedoch fälschlich,
wollte man γ = 0 machen; denn in diesem Falle würde der
Anlaufspunkt J (Fig. 7)
bei der geringsten Schrägstellung des Rades sofort in seine äußerste Lage rücken,
d.h. mit dem Punkt C oder C' zusammenfallen. Das Rad würde dann um den Punkt C oder C' kanten und e seinen größten, also ungünstigsten Wert annehmen. Ein Urteil darüber,
welche Spurkranzsteigung günstig ist, kann man sich aus der Tab. 1 bilden, in
welcher der Wert h für ein Rad von 600 mm ⌀ unter
Zugrundelegung verschiedener Steigungswinkel γ
berechnet ist. Daraus ist ersichtlich, daß der Faktor (R sin λ + 2 e)
für die angenommenen Steigungswinkel γ nur schwach
veränderlich ist, während andererseits w mit
abnehmenden γ ebenfalls stark abnimmt. Bei tg γ = 1/12 ist w bereits annähernd auf seinen Mindestwert 1 (vergl.
Gleichung 7) gesunken. Mit anderen Worten: bei einem Steigungswinkel γ < 1/12 läßt sich der Einfluß der Kraft S1 .
S_1\,.\,\frac{\mbox{sin}\,\gamma}{\mu_1} auf das
Spurkranzreibungsmoment vernachlässigen. Aus den obigen Betrachtungen ist man daher
zu den untenstehenden Schlußfolgerungen berechtigt. Um das Spurkranzreibungsmoment
klein zu halten, ist:
1. der Abrundungshalbmesser ρ der
Schiene so klein wie möglich,
2. der Steigungswinkel γ <
1/12 zu machen.
Bei ausgeführten Rädern begegnet man häufig einem Wert tg γ = ⅛; unter Zugrundelegung dieses Wertes und ρ = 2 mm ist in der Tab. 1 a für Räder von 500 bis 1000 mm ⌀ der Wert h ebenfalls berechnet. Wie aus der Tabelle hervorgeht,
bestimmt sich h für die am meisten in Betracht
kommenden Räder etwa zu 4,5 bis 5,5 cm. Bei tg γ = 1/12 ist man
jedoch berechtigt, mit h = 3,5 – 4,5 cm zu rechnen,
wobei die größeren Werte für größere Raddurchmesser gelten. Zum Schlusse sei noch
hervorgehoben, daß die vorstehende Untersuchung
Tabelle 1.
Raddurch-messer2 R mm
γ
\mbox{tg}\,\gamma=\frac{t}{m}
δaus Gl.
11
wcmaus Gl.
7
sin λaus Gl.
12
R sin λcm
ecmaus Gl.
10
R sin λ + 2 ecm
hcmaus Gl.
13
600
14°
¼
17° 49'
2,39
0,1282
3,85
0,65
4,50
6,15
600
7° 10'
⅛
9° 7'
1,73
0,09159
2,75
1,26
4,01
4,56
600
4° 50'
1/12
6° 7'
1,105
0,09643
2,89
1,88
4,77
3,68
für das Spurkranzreibungsmoment nur einen Mittelwert
liefert. Die Veränderlichkeit des Schrägstellungswinkels α und die statische Unbestimmtheit der Aufgabe machen es unmöglich, dieses
Verlustmoment mit größerer Schärfe zu bestimmen.
Tabelle 1 a.
Radduch-messermm
tg γ
ρcmaus Gl.
9
yicmaus Gl. 8
δaus Gl.
11
wcmaus Gl.
7
sin λ
R sin λcm
ecmaus Gl.
10
hcm
500
⅛
209
1,045
10° 50'
1,73
0,1086
2,71
1,06
4,20
600
⅛
249
1,245
9° 7'
1,73
0,09159
2,75
1,26
4,56
700
⅛
289
1,445
7° 53'
1,73
0,07928
2,77
1,46
4,90
800
⅛
329
1,645
6° 56'
1,73
0,06978
2,79
1,66
5,28
900
⅛
369
1,845
6° 11'
1,73
0,06226
2,80
1,85
5,62
1000
⅛
409
2,045
5° 35'
1,73
0,05624
2,81
2,05
5,97
4. Die Nabenstirnreibung.
Es möge für alle folgenden Untersuchungen festgelegt werden, daß sich wie in Fig. 12 und 13 die
geführten Räder 1 und 2 (mit engem Profil) auf der linken Seite, die nicht geführten
Räder 3 und 4 (mit weitem Profil) auf der rechten Seite befinden.
Textabbildung Bd. 325, S. 171
Fig. 12.
Textabbildung Bd. 325, S. 171
Fig. 13.
Q1, Q2, Q3, Q4 sind die Raddrücke
der dem Zeiger entsprechenden Räder. Da häufig die Lasttrommeln doppelt bewickelt
und in der Mitte zwischen den Kranträgern angeordnet sind, so ist Q1 = Q2 und Q3
= Q4 angenommen. Die
nicht geführten Räder haben bei doppeltem Spurkranz so weites Profil, daß selbst bei
gröberen Ungenauigkeiten in der Spurweite eine Berührung zwischen Spurkranz und
Schiene ausgeschlossen ist.
Das Bestreben der nicht geführten Räder, aus der
vorgeschriebenen Richtung herauszurollen, wird in diesem Fall verhindert durch die
von dem Kopfträger auf die Nabenstirn ausgeübte, der Quergleitung entsprechende
Kraft Q3
μ1 bezw. Q4
μ1. Bezeichnet μ2 die Reibungsziffer
an der Nabenstirn und rm den mittleren Nabenhalbmesser, so ergibt sich das durch die Quergleitung
der nicht geführten Räder bedingte Reibungsmoment an den Nabenstirnen:
\frakfamily{M}_3=Q_3\,\mu_1\,\mu_2\,r_m
\frakfamily{M}_4=Q_4\,\mu_1\,\mu_2\,r_m
an den nicht geführten Rädern.
Je nachdem beide Räder (3 und 4) nach innen oder nach außen streben, wird durch
den Kopfträger auf die Eisenkonstruktion Druck oder Zug von der Größe
K = (Q3 + Q4) μ1
ausgeübt. Das Gleichgewicht des Kranwagens bedingt, daß die in Fig. 12
gezeichnete Zugkraft K in den Hauptträgern auch
zwischen den Nabenstirnen der geführten Räder (links) und dem Kranwagen auftritt.
Somit wirkt die Kraft K. ebenfalls sowohl an den
Stirnflächen als auch an den Spurkränzen der geführten Räder und erzeugt dort ein
Verlustmoment.
\frakfamily{M'}_3+\frakfamily{M'}_4=(Q_3+Q_4)\,\mu_1\,(\mu_2\,r_m+\mu_1\,h)
an den geführtenRädern.
Hierin bedeutet h den früher
erläuterten idellen Hebelarm der Spurkranzreibung. Es wird also die Kraft K durch die Eisenkonstruktion von der nicht geführten
Kranseite auf die geführte übertragen. Die hierdurch hervorgerufenen Verlustmomente
sind durch die vorhergehenden Gleichungen bestimmt. Von Ernst ist angenommenErnst, Hebezeuge. 3. Auflage Bd. I, S. 307
ff., daß die Nabenstirnreibung im Vergleich zur Spurkranzreibung
eine untergeordnete Rolle spielt. Eine zahlenmäßige Berechnung des obigen
Klammerwertes (μ2
rm
+ μ1 h) zeigt jedoch,
daß die beiden Verlustmomente von nahezu gleicher Größenordnung sind. Man sollte
deshalb die Nabenstirnreibung gegenüber der Spurkranzreibung nicht
vernachlässigen.
Es ist bereits darauf hingewiesen, daß die von den nicht geführten Rädern auf die
Fahrbühne ausgeübte Kraft Zug oder Druck sein kann. Sie kann aber auch verschwinden
und zwar tritt dies ein, wenn infolge des entgegengesetzten Sinnes von α2 das Rad 3 nach außen
und das Rad 4 nach innen strebt. In diesem Fall würde
\frakfamily{M'}_3 und \frakfamily{M'}_4 zu
Null werden. Allgemein läßt sich sagen, daß jedes Rad, dessen Abweichung vom
Schienenweg durch einen achialen Nabendruck und nicht durch einen Spurkranzdruck
verhindert wird, eine Kraft gleich seiner Quergleitung auf den Kranwagen ausübt. Die
algebraische Summe dieser Kräfte ist im allgemeinen von einem, möglicherweise auch von mehreren Spurkranzpunkten der geführten
Seite aufzunehmen. Hierüber ist im folgenden Abschnitt Näheres enthalten.
5. Zusammensetzung der einzelnen
Widerstände zu dem gesamten Fahrwiderstand.
Bei der Ermittlung des gesamten Fahrwiderstandes ist zunächst die Frage zu
beantworten, durch wieviel Spurkranzpunkte oder durch wieviel Räder der Kranwagen
geführt wird. Der Fall, daß die Spurkränze der Räder 1 und 2 zugleich und zwar auf
derselben Seite der Schiene anliegen, setzt voraus, daß α1, d. i. der Schrägstellungswinkel des
Wagens, Null ist. Nimmt man nun an, daß die Antriebsräder genau gleichen Durchmesser
hätten, so bedingt dennoch die ungleiche elastische Verdrehung der Antriebswelle in
dem allgemeinen Fall daß die Katze nicht in ihrer Mittelstellung ist, eine Schräglage
des Kranes. Außerdem müßte die früher gemachte Annahme, daß α2 für alle Räder gleich groß ist,
wenigstens für die Antriebsräder genau erfüllt sein; denn sonst würde auch die
Ungleichheit der Geschwindigkeitskomponente R ω cos α2 (Fig. 5) ebenfalls eine Schräglage der Fahrbühne
herbeiführen. Ferner verbürgt nichts, daß der Kranwagen von vornherein genau
winkelrecht auf seine Fahrbahn gesetzt ist. Daraus geht hervor, daß die Führung des
Kranes durch zwei Spurkranzpunkte auf derselben Seite der Schiene von einer Anzahl
Bedingungen abhängig ist, die kaum zu gleicher Zeit erfüllt sein werden, so daß eine
solche Führung nur für verschwindend kurze Zeit vorliegen kann. Solange der
Kranwagen seine größte Schräglage nicht erreicht hat, braucht man daher nur mit
einer Führung in einem Spurkranzpunkte zu rechnen. Die
folgende Untersuchung ist dementsprechend geführt worden.
Die Größe der Wagerechtkraft K (Fig. 12), welche den Kranwagen quer zu seiner
Bewegungsrichtung zu verschieben sucht, ist abhängig von dem Schrägstellungssinn der
Räder 3 und 4, nicht aber von der Größe der Schrägstellung. Letztere ist jedoch bei
den Rädern 1 und 2 im
Hinblick auf den Anlaufspunkt J (Fig. 7) von Einfluß für den Betrag des
Spurkranzreibungsmomentes. Da Sinn und Größe des Fehlerwinkels α2 bei dem Entwurf
eines Kranes nicht bekannt sind, so läßt sich eine genaue Vorausbestimmung des
Fahrwiderstandes nicht vornehmen. Man ist jedoch auch hier in der Lage, die
günstigsten sowie ungünstigsten Bedingungen für die Größe des Fahrwiderstandes zu
ergründen. Die Wirklichkeit wird im allgemeinen zwischen diesen beiden Fällen
liegen.
Textabbildung Bd. 325, S. 172
Fig. 14.
Der ungünstigste Fall liegt vor, wenn für alle Räder a gleichen Sinn hat (Fig.
14); denn dann erreichen die auf den Kranwagen ausgeübten Wagerechtkräfte
ihren Höchstwert.
Wird in dem gegebenen Fall der Kran z.B. durch das Rad 2 geführt, so ist von dessen
Spurkranz ein Druck aufzunehmen, der gleich der Summe der Quergleitungen aller vier
Räder ist. Dabei wirkt die Kraft (Q1 + Q3 + Q4) μ1 auf die Nabenstirn des Rades 2 und liefert im
Verein mit der eigenen Quergleitung dieses Rades den auftretenden Spurkranzdruck (Q1 + Q2
+ Q3
+ Q4) μ1 (s. auch Fig. 20). Die Reibungsmomente der einzelnen Räder
setzen sich zusammen aus den Momenten für Zapfenreibung, Rollwiderstand,
Nabenstirnreibung, Spurkranzreibung und Quergleitung, so daß sich für die Räder 1,
2, 3 und 4 als gesamte Verlustmomente ergeben:
\frakfamily{M}_1=Q_1\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . . . 15)
\frakfamily{M}_2=Q_2\,\left[\mu\,r+f+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]+(Q_1+Q_3+Q_4)\,\mu_1\,\mu_2\,r_m+(Q_1+Q_2+Q_3+Q_4)\,{\mu_1}^2\,h
. . . . 16)
\frakfamily{M}_3=Q_3\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . . . 17)
M_4=Q_4\,\left[\mu\,r+f+\mu_1+\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . . . 18)
Mit
\frakfamily{M}=\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2+\frakfamily{M}_3+\frakfamily{M}_4
und
Q = Q1
+ Q2 + Q3 + Q4
wird das gesamte
Fahrwiderstandsmoment im ungünstigsten Falle:
M=Q\,\left[\mu\,r+f+{\mu_1}^2\,h+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]+(Q_3+Q_4)\,\mu_1\,\mu_2\,r_m
. . 19)
Aus Gleichung 19 geht hervor, daß bei den durch Fig.
14 gekennzeichneten Radstellungen für eine gegebene Last das
Fahrwiderstandsmoment keinen konstanten Wert liefert, sondern von der Katzenstellung
abhängig ist; denn es wird \frakfamily{M} um so größer, je mehr
die nicht geführten Räder belastet sind. Der Unterschied ist allerdings gering, wie
aus einem später berechneten Beispiel hervorgeht. Es wird schließlich der
Fahrwiderstand (Fig. 1).
Textabbildung Bd. 325, S. 172
Fig. 15.
\frakfamily{W}=\frac{Q}{R}\,\left[\mu\,r+f+{\mu_1}^2+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]+\left(\frac{Q_3+Q_4}{R}\right),\mu\,\mu_2\,r_m
. . 20)
Der kleinste Fahrwiderstand, später häufig durch
„günstigster Kräftezustand“ gekennzeichnet, tritt auf bei der in Fig. 15 angegebenen Schrägstellung der Räder; denn es
greifen in diesem Fall an jedem Kopiträger zwei gleich große und entgegengesetzte
Kräfte, d. i. Q3
μ1 und Q4
μ1 bezw. Q1
μ1 und Q2
μ1 an, so daß die Summe
der Quergleitungskräfte aus allen vier Rädern Null ist. Spurkranzkräfte können daher
nicht zur Wirkung gelangen.
Es wird in dem Falle fehlender Spurkranzreibung:
\frakfamily{M}'_1=Q_1\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . 21)
\frakfamily{M}'_2=Q_2\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . 22)
\frakfamily{M}'_3=Q_3\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . 23)
\frakfamily{M}'_4=Q_4\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . 24)
und
\frakfamily{M}'=Q\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . 25)
sowie
\frakfamily{W}'1=\frac{Q}{R}\,\left[\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]
. . 26)
Textabbildung Bd. 325, S. 172
Fig. 16.
Eine Schrägstellung der Räder, wie sie Fig. 15 zeigt,
dürfte nur selten vorhanden sein, weil der Fehlerwinkel α2 hauptsächlich dadurch hervorgerufen
wird, daß die beiden Kopfträger nicht parallel sind. Der Fall gewinnt jedoch deshalb
an Bedeutung, weil es für die viel wahrscheinlichere Anordnung der Räder in Fig. 16 einen Sonderfall der Belastung gibt, wo die
obigen Gleichungen auch erfüllt sind, wenn nämlich die Katze in ihrer Mittelstellung
ist, so daß annähernd Q1 = Q2 = Q3 = Q4 ist.
Bei jeder anderen Belastungsweise wird ein mehr oder weniger großer Spurkranzdruck
auftreten, wodurch der Fahrwiderstand gegenüber Gleichung 26 erhöht wird und im
allgemeinen zwischen dem Werte dieser Gleichung und dem der Gleichung 20 liegt. Das
gleiche wird sein bei den verschiedenen Radstellungen, welche außer den erwähnten
noch möglich sind.
Für den gedachten Fall, daß α2 = 0 ist, wird bei vorhandener Schräglage der
Fahrbühne die Stellung der Räder dieselbe wie in Fig.
14, so daß in diesem Fall der Fahrwiderstand ebenfalls nach Gleichung 20
zu bemessen ist. Höchstens wird der durch die Quergleitung hervorgerufene Verlust
vermindert. Es wird demnach auch für α2 = 0 der erzeugte Fahr widerstand den nach
Gleichung 20 bestimmten Wert nicht übersteigen.
Ehe die gewonnenen Werte an einem Beispiel zahlenmäßig zur Anschauung gebracht
werden, soll kurz der Einfluß der jeweiligen Katzen Stellung auf den Raddruck
erörtert werden. Die Raddrücke Q1 + Q2 und Q3 + Q4 setzen sich zusammen aus einem konstanten Anteil,
der von dem Gewicht der Eisenkonstruktion Qe herrührt, und aus einem veränderlichen Anteil, der
durch Katzengewicht + Nutzlast = Qs bedingt wird. Ist in Fig. 17
x die Entfernung der Katze von den geführten Rädern, so
ist, wenn die Spannweite mit s bezeichnet wird,
Textabbildung Bd. 325, S. 173
Fig. 17.
Q_3+Q_4=\frac{Q_e}{2}+Q_s\,\frac{x}{s},
Mit
\frac{Q_e}{2}=C_1 und
Q_s\,.\,\frac{1}{s}=C_2
wird:
Q3 +
Q4 = C1 + C2
x
d.h. die Raddrücke ändern sich linear mit x.
Beispiel.
Es werde ein 15 t-Laufkran von 15 m Spannweite untersucht. Das Ergebnis ist in
Tabelle 2 zusammengestellt, und zwar ist das Fahrwiderstandsmoment für jede
Verlustquelle gesondert ermittelt, um von der Größenordnung der einzelnen
Reibungsverluste eine Vorstellung zu geben. Für den ungünstigsten Kräftezustand
(Fig. 14) sind die Fahrwiderstandsmomente für
die äußerste Katzenstellung links, für die Mittelstellung und für die äußerste
Katzenstellung rechts berechnet. Daraus geht hervor, daß das gesamte Verlustmoment
nur in geringem Maße von der Katzenstellung abhängig ist. Für den günstigsten
Kräftezustand (Fig. 15) ist die Katzenstellung ohne
Einfluß auf den Fahrwiderstand.
Der Berechnung wurden folgende Zahlen zugrunde gelegt:
Gewicht der Eisenkonstruktion
10,7
t
Gewicht der Katze
5,3
t
Nutzlast
15,0
t
–––––––
zus.
31,0
t
(Q1 + Q2)max = 24,3 t (Q1, + Q2)min = 6,7 t
f =
0,0005 m
2 R =
0,6 m
s =
15 m
μ =
0,08
2 r =
0,1 m
a =
2,5 m
μ
1
=
0,17
2 rm =
0,14 m
b2 =
0,06 m
μ2 =
0,10
h =
0,053 m
b1 =
0,055 m
Tabelle 2.
Momente der
Summe von2, 3, 4 i. v. H.von
1
1Zapfenreibung+Rollwiderstd.Q (μ r + f)mkg
2Spurkranzreibg.Q
μ12
hmkg
3Nabenstirnrbg.Q
μ1
μ2
rm +
(Q3+
Q4) μ1
μ2
rm
mkg
4Quergleitung\frac{Q\,\mu_1\,R}{200}
mkg
5GesamtesMoment
Ungünstig-ster Fall
139,5
47,5
44,9
7,91
239,8
72
Last links
139,5
47,5
55,35
7,91
250,25
79,4
Last Mitte
139,5
47,5
65,8
7,91
260,7
86,9
Last rechts
GünstigsterFall
Q (μr + f)mkg
Q μ
1
μ
2
r
m
mkg
\frac{Q\,\mu_1\,R}{200} mkg
139,5
–
36,9
7,91
184,3
32,2
(Fortsetzung folgt.)