Titel: | Kabelluftbahn. |
Autor: | Koll |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 161 |
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Kabelluftbahn.
Von Koll,
Chemnitz.
(Schluß von S. 147 d. Bd.)
Kabelluftbahn.
In den Fig.
5–18 sind die Beanspruchungen der beiden Stützen dargestellt und
nachstehendes zugrunde gelegt worden: Außer den oben angeführten Belastungen durch
Tragseil, resp. Gegengewicht, das Gewicht der festen Stütze zu 13500 kg, das Gewicht
der Pendelstütze zu 7000 kg, Winddruck zu 125 kg f. d. qm der vollgetroffenen Fläche
und wagerecht wirkend. Die getroffene Windfläche der Stützen ist mit 20 v. H. der
Umrißfläche in Rechnung gesetzt.
Die Seilspannungen durch das Last-Katzenfahr- und Reiterseil ergeben insgesamt 13800
kg. Hiernach ergibt sich in Gemeinschaft mit der Tragseilspannung:
1. Für die feste Stütze eine Gesamtresultante von 72000
kg. Unter der ferneren Annahme, daß die Pendelstütze eine radiale Bewegung von 10°
zur Achse der Stütze ausführt, macht sich eine Zerlegung der Gesamtresultante
erforderlich. Wir erhalten für die Hauptachse 69000 kg und für die Seitenachse 12000
kg in der Projektion der Kräfte gemessen. Diese Kräfte in ihre Richtung gebracht und
in die Ebene der Pfeilerwände zerlegt, geben die Bestimmung der Stabkräfte. Der
Einfluß des Winddruckes auf die Gurtspannungen ist mit in die Seitenkraft
eingerechnet. Der Winddruck auf das Tragseil, die Nebenseile und die Katze beträgt
zusammen 2600 kg.
Der Winddruck auf die Längswand der Stütze (s. Fig. 5a) beträgt
W_1=\frac{10,7}{2}\,.\,14\,.\,0,2=
1875 kg
W_2=\frac{10,7\,.\,5,6}{2}\,.\,0,2=
750 kg
–––––––
zus.
2625 kg
Dieser nach der Seitenkraft am Pfeilerkopf verlegt,
gibt
W_0=\frac{1875\,.\,9,3+750\,.\,3,1}{19,6}=1360\mbox{ kg},
Textabbildung Bd. 325, S. 161
Fig. 5–8 Kräfteplan über die durch die Last an der festen Stütze erzeugten
Kräfte. Längenmaßstab 1 : 300.
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Fig. 9 und 10. Kräfteplan über die durch Winddruck erzeugten
Beanspruchungen.
somit Gesamtwinddruck
W=1360+\frac{2600}{2}=2660\mbox{ kg}.
In den Fig.
5–10 sind die Kräftepläne dargestellt
und zwar in:
Fig. 5 und 6
Konstruktionsschema der Stütze.
Fig. 7 Kräfteplan für
eine Wand nach Fig. 5, erzeugt von der Resultante.
Fig. 8 Kräfteplan für
eine Wand nach Fig. 5, erzeugt von der Resultante.
Fig. 9 Kräfteplan für
die Füllungsglieder vom Winddruck parallel zum Seil.
Fig. 10 Kräfteplan für
die Füllungsglieder vom Winddruck rechtwinklig zum Seil.
und ergaben sich hiernach die in der Tab. I bis III
angeführten Beanspruchungen der einzelnen Stäbe.
Tabelle I (für feste Stütze).
Stab
Stabspannungen in kgvon der Windkraft
W
parallelz. Seil
rechtwinkligz. Seil
h
h
3
h
4
± 100
– 40– 40– 60
h
5
h
6
– 120– 120
– 125– 60
h
7
h
8
+ 3300+ 3600
– 275– 20
h
9
h
10
– 840
– 425+ 50
h
11
h
12
–– 640
– 450+ 280
h
13
h
14
––
– 360– 1150
d3 – d4d5 – d6
± 200
± 75± 150
d7 – d8
± 200
± 240
d9 – d10
– 3200+ 3800
± 350
d11 – d12
± 400
± 480
d13 – d14
–
± 500
Tabelle II.
Stab
Stabspannungen in kg von der Angriffskraft
P
parallelz. Seil
rechtwinkligz. Seil
ins-gesamt
V
1
– V
7
– 55000
– 10600
– 65600
V9 – V13
– 37000
– 10600
– 47600
V
15
– V
17
– 27250
–
– 27250
V
2
– V
8
+ 44500
+ 5100
+ 49600
V
10
– V
14
+ 62000
+ 5100
+ 67100
V
16
– V
18
+ 27250
–
+ 27250
h
7
– h
8
+ 30500
–
+ 30500
d
9
– d
10
– 29500
–
– 29500
h
13
– h
14
–
– 1200
– 1200
II. Die Pendelstütze.
Die am Stützenkopf wirkenden Seilspannungen, hervorgerufen durch das Tragkabeh Hub-,
Fahr- und Reiterseil, ergeben 75500 kg. Hieraus ergibt sich eine in die
Stützvorrichtung gelegte Resultante von 104500 kg und ein Gegengewicht von 57500 kg.
Die Resultante von 104500 kg in die beiden Schenkel der Stütze verlegt, ergibt für
jeden der beiden Schenkel eine Beanspruchung von 52250 kg.
Der Winddruck rechtwinklig zum Seil wirkte auf die Stütze mit
W' = 125 . 1,8 . 2,0 . 0,2 = 90 kg
für zwei gegenüberliegende Knotenpunkte. Bei 17 Knotenpunkten
und zwei Stützschenkeln wird demnach der Gesamtwinddruck
W = 90 . 17 . 2= 3060 kg.
Am Stützenkopf kommt somit, mit Einschluß der Seile, ein
Winddruck von
W_1=\frac{3060}{2}+1300=2830\mbox{ kg}
Tabelle III für Pendelstütze.
Textabbildung Bd. 325, S. 162
Stabspannung in kg; Endgültige
Spannung; Stab; von der Achsenkraft; Eigengewicht; Winddruck f. d.
Füllungsglieder; Wand; Eckwinkelgurtung; Füllungsglieder.
zur Wirkung. Derselbe ist im Kräfteplan (Fig. 17) in die Achse
der Stützschenkel zerlegt, woraus für jeden Schenkel sich eine Achsenkraft von
11500 kg und somit eine Gesamtachsenkraft von
P = 52250 + 11500 = 63750 kg
ergibt. In den beigefügten Kräfteplänen sind die
Beanspruchungen der einzelnen Stäbe der Gitterkonstruktion, in welcher die
Stützschenkel hergestellt sind, zu entnehmen. Die einzelnen Figuren stellen dar:
Textabbildung Bd. 325, S. 163
Kräfteplan über die durch die Beanspruchung an der Pendelstütze erzeugten
Kräfte. Maßstab 1 : 300.
Fig. 11 und 12:
Konstruktionsschema der Stützschenkel
Fig. 13: Kräfteplan
für eine Wand nach Fig. 11, erzeugt von
der resultierenden Kraft P=\frac{52250}{4}.
Fig. 14: Kräfteplan
für eine Wand nach Fig. 12, erzeugt von
der resultierenden Kraft P=\frac{52250}{4}.
Fig. 15: Kräfteplan
für eine Wand nach Fig. 11, erzeugt vom
Eigengewicht. Gesamtgewicht der Stütze 7000 kg, daher für jede der vier Seitenwände
mit je 17 Knotenpunkten eine Knotenpunktlast
\frac{7000}{4\,.\,17}=103\mbox{ kg}
Fig. 16:
Windkräfteplan als Zusatzspannung für die Diagonalen und senkrechten Füllungsglieder
für eine Wand nach Fig. 11, erzeugt vom
Wind, rechtwinklig zur Stütze
Fig. 17: Kräfteplan
vom Winddruck W = 2830 kg am Kopf der Stütze nach Fig. 12
angreifend
Fig. 18: Kräfteplan
vom Winddruck für eine Knotenpunktlast von 45 kg für eine Wand nach Fig. 12.
Die Stütze selbst erfordert ein Trägheitsmoment bei der Achsenkraft von 63750 kg und
einer Knicklänge von 33,0 m,
J = 1,86 . 63,75 . 330 = 129128 cm4. Vorhanden ist ein Querschnitt, wie Fig. 19 zeigt, mit vier Winkeleisen à 110 × 110 × 10
mm, dessen kleinstes Trägheitsmoment nach der y-Achse
beträgt:
J = (4 . 239) + 84,8 . 76,932 = 502820 cm4,
ist somit vollständig genügend.
Textabbildung Bd. 325, S. 163
Fig. 19.
Das Windwerk nach Fig. 20 und 21, den Grundriß und Querschnitt darstellend, ist als
reines Räderwindwerk ausgeführt. Der Motor a von 32 PS
Leistung bei 750 Umdrehungen i. d. Minute treibt sowohl das Hub- und Katzenfahrwerk
als auch das Fahrwerk zum Verschieben der Pendelstütze an, je nachdem die
Antriebsräder C und F im
Eingriff mit den Trieben D und E des Motors sind. Der Motor hat zu beiden Seiten der Lagerschilder
verlängerte Wellenstumpfe, auf denen die Triebe D und
E aufgekeilt sind.
Die Hubtrommel g und Katzenfahrtrommel h werden durch die Wellen i
und k, gemeinsam oder einzeln, angetrieben, je nachdem sie
durch die Kupplung l verbunden oder entkuppelt sind.
Der Bremshebel n schließt oder öffnet ein um l gelegtes Bremsband. Die Bremse wird durch einen
Elektromagneten in bekannter Weise betätigt. Sollte der Elektromagnet versagen,
entweder durch Stromunterbrechung oder durch einen Defekt, so kann die Bremse auch
durch einen Handhebel vom Führerstand aus betätigt werden.
Textabbildung Bd. 325, S. 164
Fig. 20. Windwerk.
Textabbildung Bd. 325, S. 164
Fig. 21.
Ist die Hubtrommel nur allein im Betrieb, so daß Welle k
die Bewegung von Welle i nicht mitmacht, so wird k durch Bremse m am Drehen
gehindert. Die Schließung der Bremse m erfolgt durch
eine besondere Vorrichtung, die durch die Schraubenspindel o betätigt wird, welche wiederum vom Führerstand aus vermittels Handrad
und Gallscher Kette bedienbar ist.
Das Uebersetzungsverhältnis der Winde ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich.
Damit das Lastseil beim Stand der Laufkatze an der festen Stütze nicht so sehr
durchhängt, da es auf der ganzen Spannweite von 300 m ohne Unterstützung ist, sind
drei Stück sogen. Reiter vorgesehen, die in gleichen Abständen von einander durch
das mit Kloben von verschiedenen Durchmessern versehene Reiterseil gehalten werden
und das Lastseil tragen. Die Entfernung von Reiter zu Reiter beträgt etwa 75 m.
Das Windwerk ist auf einem aus ⊏-Eisen hergestellten Rahmen montiert und dieser
wiederum mit dem Fahrgestell der Pendelstütze sicher verbunden.
Die Anordnung der Hub- und Katzenfahrseile ist aus Fig.
2 ersichtlich und hiernach auch die Funktion beim Heben und Senken sowie
beim Verfahren der Katze leicht erkennbar.
BezeichnungderZahnräder
Durch-messerD
Zähne-zahlZ
Teilungt
A =
1420
142
10 π
B =
180
18
10 π
C =
780
78
10 π
D =
150
15
10 π
E =
135
15
9 π
F =
576
64
9 π
G =
600
60
10 π
Die Hubgeschwindigkeit beträgt für die Maximallast 15 m i. d.
Minute, und somit die Fahrgeschwindigkeit bei fünffachem Gehänge des Unterblockes 75
m i. d. Minute.
Textabbildung Bd. 325, S. 164
Fig. 22 und 23. Sauggasanlage von Raupach.
Schnitt A–B; a Reibungskupplung. –
b Kompressor. – c Druckluftkessel.
Die für den Betrieb erbaute Zentrale besteht aus einer 42 KW-Dynamo der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin und
einer Sauggas-Anlage von der Firma Richard Raupach,
Maschinenfabrik Görlitz, G. m. b. H. in Görlitz. Die Sauggas-Anlage ist
besonders erwähnenswert insofern, als dieselbe sehr kräftig ausgeführt war. Sie
wurde für 60 PS Normalleistung und 70 PS Maximalleistung bestellt, während ich bei
der Abnahme durch elektrische Bremsung vermittels Wasserwiderstand 82 PS
Leistung während einer etwa zweistündigen Betriebsdauer feststellte. Während der
Probe zeigte sich keinerlei Erwärmung, weder an den Lagern noch am Zylinder. Die
Temperatur des letzteren hielt sich zwischen 38 und 40° bei normalem
Wasserverbrauch.
Textabbildung Bd. 325, S. 165
Fig. 24. Sauggasanlage von Raupach.
In den Fig.
22 und 23 ist die gesamte Sauggas-Anlage dargestellt (s. a. Fig. 24). Im allgemeinen dürften Einrichtung und
Betrieb derartiger Anlagen hinlänglich bekannt sein, so daß nachstehende
Erläuterungen über die vorliegende Anlage genügen dürften. Generator und Maschine
sind in gesonderte, neben einander liegende Räume untergebracht. Die Gaserzeugung
erfolgt durch Koks (es kann auch Anthrazit Verwendung finden). Wie Fig. 22 und 24 zeigen, besteht die Generator-Anlage aus dem
Gaserzeuger, dem Skrubber, dem Spänereiniger und dem Gastopf. Zum Anblasen des
Generators ist ein Handventilator mit Riemenantrieb gewählt. Der Gaserzeuger besteht
aus einem schmiedeeisernen Mantel, in dessen Innern ein Chamottefutter angeordnet
ist. Ueber den Schacht desselben ist eine gußeiserne, teilweise mit Wasser gefüllte
Verdampferschale vorgesehen, deren Deckel sich nach oben zu in einen
Kohlenbehälter und weiter in die Einfüllvorrichtung mit doppeltem Verschluß
fortsetzt. Das aus dem Generator strömende Gas passiert auf dem Wege zum Skrubber
einen Reinigungstopf. In letzterem kann das aus dem Skrubber laufende Wasser
angestaut werden, wodurch die Verbindung zwischen Gaserzeuger und Skrubber
unterbrochen und somit auch die Gaslieferung zum Motor verschlossen wird. Das Gas
gelangt in diesem Falle durch einen Hahn in die Rauchrohr- oder Essenleitung und von
hier ins Freie.
Skrubber und Spänereiniger sind in bekannter Weise gefüllt und mit Berieselungs- und
Entwässerungseinrichtung versehen.
In den Fig. 25–29 ist der Motor
dargestellt. Er ist liegender Bauart und arbeitet im Viertakt. Die Hauptdaten
sind:
450 mm Zylinderbohrung,
580 mm Hub,
180 Umdrehungen i. d. Minute,
3000 mm Schwungraddurchmesser.
Das kräftige Gestell, welches in seiner ganzen Länge auf dem Fundament liegt, trägt
in seiner rückwärtigen Ausbohrung den Zylinder, welcher als Einsatzbüchse
ausgebildet und mit Kupfer und Blei verstemmt und abgedichtet ist. Der Kopf des
Zylinders ist besonders kräftig ausgebildet und erhält in der Mitte die
Zündkammer.
Textabbildung Bd. 325, S. 165
Fig. 25. Gasmotor von Raupach.
Das Kühlwasser tritt unten im Zylinderkopf ein, durchströmt diesen und fließt durch
ein Rohr in den Zylindermantel und von hier ins Freie. Das erste am Zylinderkopf
sitzende Auspuffrohr ist doppelwandig und wird ebenfalls durch Wasser gekühlt.
Dasselbe findet ferner statt bei dem Auspuffventil, da durch dessen hohle Spindel
Kühlwasser gepreßt wird.
Alle beweglichen Steuerungsteile sind solide gelagert.
Die Regulierung der Umdrehungszahl des Motors erfolgt lediglich durch Veränderung der
Zylinderfüllungen.
Textabbildung Bd. 325, S. 166
Gasmotor von Raupach.
Der durch Schraubenräder angetriebene Regulator
beeinflußt den Hub des Mischventils derart, daß er dasselbe, der gebrauchten
Kraftleistung entsprechend, längere oder kürzere Zeit offen hält. Das prozentuale
Mischungsverhältnis von Gas und Luft bleibt dabei stets unverändert, es findet also
immer eine vollkommene Verbrennung statt. Die Zündung erfolgt, wie üblich,
elektrisch. Durch Umlegen nur eines Hebels wird die Spätzündung in Frühzündung und
umgekehrt umgewandelt.
Die Schmierung aller Teile ist eine vollkommene und einfache. Das Anlassen geschieht
mittels Druckluft und ist zu diesem Zwecke das Anlaßventil in den Zylinder
eingebaut. Dieses Anlaßventil dient außer zum Anlassen auch noch dazu, während des
Auslaufens des Motors (beim Außerbetriebsetzen) selbsttätig die Kompressionsluft bei
geschlossenem Gashahn in den Druckluftkessel zu drücken und zwar mit einem Druck,
welcher der Kompressionsendspannung im Zylinder entspricht, eine besondere
Kompressorpumpe ist somit nicht nötig. Das Anlassen ging leicht und sicher durch
einen einzigen Druck am Hebel des Anlaßventiles von statten. Die
General-Uebernehmerin der Gesamtanlage war die Firma Louis
Neubauer in Chemnitz, welche sie vorzüglich zur Ausführung brachte, so daß
alle Teile aufs beste funktionierten. Die Ausführung der Eisenkonstruktion hatte sie
der Firma Kelle & Hildebrandt in
Großluga-Niedersedlitz übertragen, welche sich des Auftrages in bezug auf
Konstruktion, Ausführung und Berechnung in sorgfältigster und bester Weise
entledigte.
Die Anlage ist für die Firma F. B. Neumann Granitwerke G. m.
b. H. in Görlitz für deren Steinbruch zu Döbschütz i. Oberlausitz zur
Ausführung gekommen.
Konstrukteur der Verfasser, i. Firma Technisches Bureau M.
Koll, Chemnitz i. S.