Titel: | Die Wärmeleitzahl von Gasen und überhitzten Dämpfen. |
Autor: | Carl Fred. Holmboe |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 88 |
Download: | XML |
Die Wärmeleitzahl von Gasen und überhitzten
Dämpfen.
Von Carl Fred. Holmboe,
Kristiania.
Die Wärmeleitzahl von Gasen und überhitzten Dämpfen.
Nachdem ich im Juli 1909 meine vorläufige Untersuchungen über die
Exponentialgleichung der Wärmeleitzahl als Funktion der Geschwindigkeit des
Wärmeträgers oder Wärmenehmers abgeschlossen hatte,Die Arbeit ging uns Ende Juli 1909 zu. – s. D.
p. J. 1909, Bd. 324, S. 803. habe ich bei einer weiteren
Bearbeitung des Versuchsstoffes gefunden, daß die von mir aufgestellte Formel 4s. D. p. J. 1909, S. 805. für die
Wärmeleitzahl
a_1=2+5,5\,\sqrt[1,3]v
für Gase und überhitzten Dampf nur unter ganz bestimmten
Verhältnissen, selbst unter Voraussetzung eines Druckes von 1 at (abs.), richtige
Werte geben konnte.
In oben erwähnter Arbeit habe ich schon den großen Einfluß des Druckes nachgewiesen,
aber seinen gesetzmäßigen Verlauf wegen ungenügenden Versuchsmaterials nicht
feststellen können.
Eine einfache Ueberlegung zeigt jedoch, daß α, nur bei
konstanter Temperatur als Funktion der Geschwindigkeit v und des Druckes P aufgetragen werden
kann.
Lösen wir die allgemeine Gasgleichung
P . V= R . T
für das spez. Gewicht \frac{1}{V}=\gamma
auf, so erhalten wir
\gamma=\frac{P}{R\,.\,T},
worin P den Druck in kg/qm, T die absolute Temperatur und R die „Gaskonstante“ bedeutet. Es ist einleuchtend, daß die
Wärmeleitzahl dem Drucke proportional, der absoluten Temperatur aber umgekehrt
proportional sein muß. Mit anderen Worten: Die Wärmeleitzahl muß der Dichte des
Gases proportional sein.
Gehen wir von der allgemeinen GleichungD. p. J.
1909, S. 804.
α = K + σ
vn
aus, so können wir vorläufig
σ = σ' γ
n'
setzen, worin σ' eine noch näher
zu bestimmende Konstanten und n' den Exponenten von γ bedeutet. Die zuerst von Ser angegebenen Leitzahl der Ruhe K = 2 habe
ich bei meiner ersten Gleichung auch für überhitzten Wasserdampf beibehalten.
Meine weiteren Versuche im Oktober v. J. haben aber gezeigt, daß die Wärmeleitzahl
der Ruhe keineswegs konstant, sondern eine in hohem Maße von dem Dampfzustande
abhängige Variable ist.
Für die Berechnung bequemer ist es deshalb, wenn man diesen Faktor, der von γ abhängig ist, in den Exponentialwert von γ aufnimmt, indem man
α = σ'
vn
γn'' . . . . . 1)
setzt.
Theoretisch richtig ist diese Gleichung nicht, denn bei v = 0 wird nach derselben auch α = 0, während
α bei v = 0 immerhin
einen gewissen positiven Wert hat.
Da die Vereinfachung aber für die Berechnung große Vorteile bietet, und der Fehler
für Geschwindigkeiten über 3 m/Sek. ohne Bedeutung ist, so habe ich diese einfache
Form beibehalten.
Unter Beibehaltung des Funktionsausdruckes \sqrt[1,3]v, der, wie
ich früher nachgewiesen habe, mit den Messungsresultaten ausgezeichnet
übereinstimmt, läßt sich aus den Messungsresultaten und Gleichung 1 der Wert von σ' in Abhängigkeit von n'' bringen, aus welchen Funktion n''
berechnet werden kann.
Eine solche Berechnung zeigt, daß α auch der
\sqrt[1,3]\gamma proportional ist.
Gleichung 1 kann demnach auf folgender Form gebracht werden
\alpha=\sigma'\,\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma} . . . .
. . 2)
In Tab. 1 sind die in Fig. 3 in D. p. J., S. 805
graphisch dargestellten Werte zusammengestellt:
Tabelle 1.
v inm/Sek.
αge-messen
γ
α berechnet
nachder
Gleichung\alpha=2+5,5\,\sqrt[1,3]v
Fehlerin v. H.
MittlereDampf-tempe-ratur
inC°
\sigma'=\frac{\alpha}{\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma}}
4
17,5
0,460
17,9
+ 2,4
195
10,94
7,6
29,0
0,458
28,1
– 3,0
197
11,08
9,7
35,0
0,459
33,6
+ 4,0
196
11,08
11,0
37,4
0,460
36,9
– 1,5
195
10,72
15,9
49,5
0,440
48,3
– 2,4
212
11,08
19,5
55,9
0,438
56,25
+ 0,6
224
10,74
Aus diesen Versuchen ergibt sich der Ausdruck
\alpha=10,92\,\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma} . . . .
3)
Ein Vergleich dieser Gleichung mit den Tab. 2 und 3 in den früher erwähnten Aufsatz
S. 805 läßt aber deutlich erkennen, daß dieselbe für die Wärmeleitzahl der Luft
keine Gültigkeit haben kann. Auf diese Frage wird noch weiter unten
zurückgekommen.
Daß die Gleichung 3 auch für andere Drucke als der Atmosphärendruck Gültigkeit hat,
zeigt die Zusammenstellung in nachstehender Tab. 2, in die sowohl die Werte der
Kurve II, S. 805 als auch einige später bestimmte Werte von α bei verschiedenen Drücken und Temperaturen aufgenommen sind.
Textabbildung Bd. 325, S. 89
Fig. 1.
Tabelle 2.
v
α
MittlererDruck inkg/qcm(abs.)
MittlereTemp.in C°
γ
α berechnet nachder
Gleichung\alpha=10,92\,\sqrt{v\,.\,\gamma}
Fehlerin v. H.
3
34
3,20
194
1,49
34,6
+ 1,7
5,5
49
3,04
206
1,32
50,3
+ 2,5
7,5
62
2,90
215
1,28
62,2
+ 0,2
9,3
71
2,85
217
1,25
72,2
+ 3,0
11,9
86
2,90
220
1,27
88,0
+ 2,2
13,3
125
3,9
208
1,75
122,5
– 2,0
17,1
139,5
3,87
210
1,72
141,2
+ 1,1
22
171,0
3,90
210
1,73
179,0
+ 4,5
23,9
193,0
3,89
212
1,725
190,0
– 1,5
27
265,0
4,85
212
2,18
250,0
– 5,5
29,6
271,0
5,0
215
2,23
274
+ 1,0
32,5
277,0
5,03
213
2,25
295
+ 3,0
Die durchweg gute Uebereinstimmung der Messungsresultate mit der Gleichung läßt
sich darauf zurückführen, daß die Vorzahl 10,92 der Gleichung 3 strenggenommen nur
für den Versuchsapparat Gültigkeit hat.
Um die Anwendung der Gleichung zu verallgemeinern, muß noch ein sehr wichtiger
Faktor, der Rohrdurchmesser in derselben zum Ausdruck kommen. Wir wissen, daß Luft
und überhitzter Wasserdampf schlechte Wärmeleiter sind und muß deshalb der
Wärmeübergang mit zunehmendem Rohrdurchmesser abnehmen. Wir müssen deshalb eine von
dem Durchmesser abhängige Vorzahl x in Gleichung 3
einführen, indem wir schreiben
\alpha=x\,.\,10,92\,\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma}.
Textabbildung Bd. 325, S. 89
Fig. 2.
Der Dampfdurchgangsquerschnitt des Versuchsapparates entsprach etwa 20 mm
Rohrdurchmesser, also einer Größe, die z.B. beim Bau von Ueberhitzern sehr häufig
zur Anwendung gelangt.
Um die Aenderung der Vorzahl x mit dem Rohrdurchmesser
zu untersuchen, wurden zwei Rohre um 50 und 100 mm 1. ⌀ mit Wassermänteln und
Thermoterstutzen versehen nach Fig. 1 und die
Versuche genau nach der früher mitgeteilten Methode ausgeführt. In Fig. 2 sind die gefundenen Werte der Vorzahl x als Funktion des Rohrdurchmessers eingetragen.
Um auf die Wärmeleitzahl Wandung/Luft zurückzukommen, so ist es einleuchtend, daß
auch hier die Dichte der Luft einzuführen ist.
Trotzdem ich eingehende Laboratoriumsversuche mit Luft nicht angestellt habe, und
meine Erfahrung auf diesem Gebiete sich nur auf Messungen an praktischen Heizkörpern
beschränke, deuten dabei alle diese Messungen darauf hin, daß die allgemeine
Gleichung der Wärmeleitzahl für Luft
\alpha=2+5,5\,\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma} . . . . .
4)
lauten muß.
Daß ich mit meiner früheren Gleichung
\alpha=2+5,5\,\sqrt[1,3]{v}
so gute, mit der praktischen Messung übereinstimmende Werte
erzielt habe, liegt zum Teil darin, daß die Lufttemperatur, mit der in der Praxis
gearbeitet wird, meist 50–70° C beträgt, bei welchen Temperaturen γ ≌ 1 wird.
Bei Heizkörpern nach Fig. 3, wo der in Bewegung
befindliche Wärmeträger seine Wärme an die durch Rohre strömende Luft abgibt,
scheint es, als ob der Rohrdurchmesser auf die resultierende Wärmeleitzahl berechnet
nach Gleichung 4 einen geringen Einfluß hat, jedenfalls bei Durchmessern von 50–100
mm.
Textabbildung Bd. 325, S. 90
Fig. 3.
Indem ich mich auf die Tab. 2 und 3 in D. p. J. 1909, S. 805 und 806 beziehe, wäre es
interessant, die hier nach der Gleichung
\alpha=2+5,5\,\sqrt[1,3]{v}
berechneten Werte mit denen, welche die richtige Gleichung 4
unter Fig. 3. Berücksichtigung der Dichte der Luft
gibt zu vergleichen.
In Tab. 3 sind die diesbezüglichen Werte zusammengestellt.
Tabelle 3.
VersuchI
VersuchII
Stündliche Gasmenge in kg
43000
45000
Gasgeschwindigkeit in m/Sek.
5,5
5,6
α1 nach der Gleichung 2+5,5\sqrt[1,3]v
22,5
23,0
Spez. Gewicht der Verbrennungsgase in kg/m3
γ1
0,82
0,82
α1 nach der Gleichung
2+5,5\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma}
19,6
19,8
Gesamte Wärmeübergang i. d. Std.
256000
302000
Wärmeübergangszahl k i. d. Std.
1° C und 1 qm (nach der Messung)
12,6
14,1
Geschwindigkeit der Luft in m/Sek. bezogen auf die
mittlere Lufttemperatur
6,85
11,4
Spez. Gewicht der Luft γ3
1,16
1,19
Hieraus berechneten Wert von α3
1. Nach der Gleichung
2+5,5\,\sqrt[1,3]{v}
26
38
2. Nach der Gleichung
2+5,5\,\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma}
29
43,3
Wegen der geringeren Dichte der Verbrennungsgase (γ1 > 1) wird α1 kleiner, wenn man den Einfluß der Dichte
berücksichtigt. Gleichzeitig wird α3 größer, da hier die Dichte < 1 ist.
Der Einfluß auf die resultierende Wärmeleitzahl k ist demnach in diesem Falle sehr
gering.
Es ist nämlich für Versuch 1, in dem wir die Werte der Gleichung
2+5,5\,\sqrt[1,3]{v\,.\,\gamma}
zu Grunde legen:
k=\frac{1}{\frac{1}{19,6}+\frac{1}{29}}=11,7
(statt gemessen 12,6)
und für Versuch 2
k=\frac{1}{\frac{1}{19,8}+\frac{1}{43,3}}=13,7 (statt gemessen
14,1).
Würden wir bei dieser Berechnung eine Verbesserung von 0,84
(für 80 m l. W. der Rohre nach Fig. 2) eingeführt
haben, so würde das Resultat der Berechnung eine Abweichung von 20 v. H. von dem
gemessenen Wert gezeigt haben.
Da die Messung mit Präzisionsinstrumente sehr sorgfältig ausgeführt wurde, kann,
selbst wenn man die Schwierigkeit der Luftgeschwindigkeitsmessung berücksichtigt,
der Fehler bei der Messung höchstens 3 v. H. ausgemacht haben.
Ich möchte noch eine Messung aus der Praxis anführen, da dieselbe mit einen Apparat
ganz anderer Bauart, als in Fig. 3 schematisch
dargestellt, ausgeführt wurde.
Es handelt sich in diesem Falle um einen Vakuumlufterwärmer, und kann der
Wärmeübertragungs-Koeffizient
\frac{\mbox{Vakuumdampf}}{\mbox{Wandung}} außer acht gelassen
werden, da er jedenfalls größer als 15000 ist.
In Tab. 4 sind die Messungsresultate usw. zusammengestellt und in Tab. 5 die hieraus
berechneten Werte.
Tabelle 4.
Größe der Heizfläche des Lufterwärmers in qm
500
Mittlere Dampftemperatur in denselben in C°
+ 52
Lufttemperatur vor dem Lufterwärmer in C°
+ 5° C
Lufttemperatur hinter dem Lufterwärmer in C°
+ 45° C
Luftmenge in kg/Std.
27500
Tabelle 5.
Luftgeschwindigkeit in m/Sek.
5,5
Mittlere Dichte der Luft
1,19
Gesamte Wärmeübertragung i. d. Std. in WE
260000
Wärmeübergangszahl k i. d Std.
1° C und 1 qm.
25,8
Wärmeübergangszahl berechnet nach der Gleichung
\alpha=2+5,5\,\sqrt[1,3]{5,5\,.\,1,19}
25,4
Im vorliegenden Falle wurde die Luft über den Rohren von etwa 75 mm 1. ⌀ geleitet,
während der Dampf in denselben kondensierte.