Titel: | Die Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung in Frankfurt a. Main 1909. |
Autor: | August Bauschlicher |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 7 |
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Die Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung in
Frankfurt a. Main 1909.
Von August Bauschlicher, Zivilingenieur,
Frankfurt a. Main.
Die Internationale Luftschiffahrt-Ausstellung in Frankfurt a. Main
1909.
1. Allgemeines.
Hat man sämtliche Flugschiffkonstruktionen der „lla“ einer kritischen Prüfung
unterzogen, so kann man sagen, daß die ausgestellten Erzeugnisse kein vollständiges
Bild über die Flugtechnik geben, daß sie aber immerhin dem Konstrukteur manche
Anregung bieten. Es war zu bedauern, daß die dynamischen Flugapparate in so geringer
Anzahl vertreten waren und daß nur die Wright-Maschinen-Gesellschaft in Berlin und August
Euler in Frankfurt a. M. flugfähige Apparate ausstellten. Nur auf dem
Gebiete der Lenkballons befriedigte die Ausstellung, insbesondere weil man durch das
Erscheinen des unstarren Parseval-Ballons, des
unstarren Clouth-Ballons, des halbstarren Ruthenberg-Ballons und des starren Zeppelin-Ballons III einen Vergleich zwischen der
Leistungsfähigkeit der verschiedenen Systeme anstellen konnte.
So hat sich bei den Probefahrten des Parseval- und des
Clouth-Ballons gezeigt, daß die unstarre Hülle
leicht einknickt, und daß ein Defekt am Ballonventil leicht eine Katastrophe
herbeiführen kann, während bei dem starren Zeppelin-Ballon die Erhaltung der Form auch bei Gasverlusten unter allen
Umständen gesichert erscheint, wie dies verschiedene Unfälle bei Göppingen und
während der Manöverfahrt nach Württemberg bewiesen. Es können bei dem Zeppelin-Ballon an der Ballonhülle örtliche
Beschädigungen eintreten, sogar einige Zellen vollkommen fehlen, ohne daß dessen
Betriebsfähigkeit darunter litte. Unstarre Ballons erscheinen mehr als
Uebergangstype vom Freiballon zum Lenkballon. Das wesentlich Neue an den ersten
unstarren Lenkballons war, daß man in der Gondel einen Motor und einen Propeller
anordnete, und statt der kugeligen Hülle, wie sie beim Freiballon üblich ist, zur
Verringerung des Luftwiderstandes eine zigarrenförmige Ballonhülle schuf. Tab. 1
gibt einen interessanten Ueberblick über die Entwicklung des Lenkballons.
Ein Blick rückwärts zeigt ferner, daß man einen prinzipiell richtigen Weg beschritt,
wenn man immer stärkere und leichtere Motoren einbaute, indem die Geschwindigkeiten
immer wuchsen. Da man aber gleichzeitig zu immer größeren Ballonkörpern
überging, damit auch der Stirnwiderstand wuchs, veränderte sich das Bild immer mehr.
Eine große Ballonhülle hatte eine Versteifung notwendig und Lebaudy bezw. dessen Konstrukteure Surcouf
und Julliot schufen zur Versteifung der Hülle einen
festen Kiel, an dem unten die Gondel und oben die Hülle befestigt wurde. Zeppelin ging noch einen Schritt weiter und schuf ein
den ganzen Ballonkörper umgebendes Gerippe aus Aluminium. Er hatte in dem Schwarz-Ballon bereits einen Vorläufer in bezug auf
eine starre Hülle, da Schwarz für seinen
Aluminiumballon ebenfalls ein Gerippe angewendet hatte.
Ein Blick auf die neueren deutschen Lenkballons zeigt aber, daß sich die Entwicklung
der Ballonschiffe noch sehr in Extremen bewegt. Clouth
und Ruthenberg suchen durch sehr kleine Lenkballons mit
relativ schwachen Motoren eine Maximalleistung zu erzielen, ein Weg, den Santos Dumont ebenfalls einmal einschlug und wieder
verließ. Parseval hält mit seinem neueren Ballon mit
6700 cbm die Mitte zwischen den Zeppelin-Ballons und
den kleinen Lenkballons, während viele Konstrukteure zu noch größeren
Ballonkörperabmessungen raten, wie z.B. Ing. Wetzel aus
Stuttgart, der in der „IIa“ ein verkleinertes Modell eines Riesenballons von
103580 cbm Inhalt ausstellt. Die große Sicherheit, die das starre Gerippe einem
Ballonkörper erteilt, ferner der Umstand, daß das Gerippe eine bequeme Anbringung
von Gondel, Schrauben, Geschütze usw. gestattet, sogar die Oberseite eines starren
Ballons mit Hilfe eines durch den Ballonkörper geführten senkrechten Schachtes
begangen werden kann (s. D. p. J. 1909, 324, S. 725, Fig.
15) und daß dadurch auch im Kriegsfalle von oben drohende gegnerische Ballons
abgewehrt werden können, spricht für das Gerippe. Der Wert der Zerlegbarkeit
unstarrer Ballonschiffe sinkt immer mehr, je mehr man zu Linienluftschiffen für
Fahrgäste oder Transportzwecke übergehen wird. Es fällt ja auch niemanden ein, ein
zerlegbares
Tabelle 1.
Erbauer
System
Durchm.mm
Längemm
Volumencbm
MotorPS
Geschwin-digkeiti. d. Sek.
Bemerkungen
Renard &
Krebs (La France)1884–1885
unstarr
8,4
50,42
1864
8,5
5–6 m
1 Schraube, Ballonets, Akkumulatoren- batterie, Seidenhülle,
Gewicht des Ballons 2000 kg
Schwarz
1896–1897
starr
13,5
47,5
3250
12
–
3 Schrauben, gleichzeitig als Steuer gebraucht, Ballonhülle aus
Alu- minium
Zeppelin
1888–1890
starr
11,6
128
12377
16
8 m
17 Zellen, 2 Schrauben mit 1,25 m Flügellänge
Santos Dumont
unstarr
6
33
622
16
8 m
2 Schrauben, zweiflüglig à 4 m, Stoff- hülle
Lebaudy,
erbaut von Julliot& Surcouf
halbstarr
9,8
56,6
2284
36
11 m
2 Schrauben, 160 kg Zugkraft, Stoff- hülle
Parseval
1908
unstarr
9,5
58
3800
100
15 m
1 Schraube, 3,75 m Durchm., 250 bis 300 Umdrehungen
Zeppelin
1908
starr
13
136
15200
2 × 110
15 m
2 Schrauben, 1,2 m, dreiflüglig, 2000 kg und 16 Mann
Nutzlast
Groß
1908
halbstarr
11
66
–
2 × 75
16 m
2 Schrauben seitlich an der Gondel
Tabelle 1 a.
Abmessungen von neueren Motorluftschiffen auf der „IIa“
ausgestellt.
Fabrikat
System
Kubik-inhaltm
Längem
GrößterDurchm.m
Inhalt desBallonetscbm
PS
Schrauben-Anzahl
NötigerGasüber-druck
Geschw.i. d. Sek.
Art derSteuerung
ParsevalSystem B
unstarr
6700
70
12,34
1400
2 × 100N. A. G-Motor
2 Schraubenà 4 m φ4 Flügel
20 mmH 2 O
15 m
BallonetsHöhensteuer
ParsevalType D
unstarr
1200
39
7,7
180
25
1 Schraubeà 3 m φ
10 mmH 2 O
10 m
EinflächenHöhensteur
Zeppelin
III
starr
15200
136
13
–
2 × 115
4 Schrauben
–
15 m
LaufgewichteHöhensteuer
Ruthenberg
halbstarr
1300
40
6,5
280
24
1 Schraube
10 mm H 2 O
10–13 m
FlächenHöhensteuer
Clouth
unstarr
1700
42
8,2
–
40
2 Schrauben
–
–
FlächenHöhensteuer
Neueres Projekt eines
Metallballons von Wetzet, Stuttgart.
Wetzel
starr
86090
300
20
–
8 × 200= 1600
–
300 Passagiereund 5000 kg Nutzlast
Wasserschiff zu bauen, um dasselbe im Falle) eines Unfalles in
Teilen fortzuschaffen. Es steht gar nichts im Wege, starre Luftschiffe in noch viel
größeren Abmessungen zu bauen und jedenfalls wäre eine unstarre Stoffhülle bei
Luftschiffen über 15000 cbm Inhalt technisch überhaupt nicht mehr möglich. Die
baulichen Verhältnisse eines starren Ballonkörpers werden günstiger, je größer er
ausgeführt wird, da die Gewichte des Gerüstes im Verhältnis zu dem größer werdenden
Kubikinhalt nicht proportional wachsen, sondern viel langsamer. Wie Wetzel in einer Broschüre richtig ausführt, wächst der
nutzbare Auftrieb eines Ballons von 20 m und 300 m Länge viel rascher als
das Gewicht des dazu notwendigen Gerippes. (Ein Ballon wie vorstehend angegeben
vermag etwa 21000 kg Nutzlzst zu befördern.) Die zum Antrieb eines Riesenschiffes
notwendigen starken Motoren weisen auch günstigere Gewichtsverhältnisse, bezogen auf
das Gewicht f. d. PS, auf. Durch neue Leichtmetalle von 1,8 spez. Gewicht läßt sich
gegenüber den bisher angewendeten Gerüsten aus Kupferaluminium von 2,8 spez.
Gewicht eine ganz beträchtliche Gewichtsverminderung erzielen, die auch bei den
jetzt bestehenden starren Lenkballons von etwa 15000 cbm Inhalt eine Vergrößerung
des nutzbaren Auftriebes um etwa 3000 kg herbeiführen könnte. Es hat sich ferner
herausgestellt, daß die Lenkbarkeit starrer Luftschiffe bei weitem größer ist als
die der unstarren, da bei starren Ballonkörpern die Gondel nahe an die
Ballonlängsachsen herangerückt werden kann, und der Schwerpunkt nicht allzu weit von
der Ballonachse entfernt ist. Der Ballonkörper kann daher sehr rasch seine Lage
verändern und sich sowohl beim Auftrieb als auch beim Niedergehen sehr schräg
stellen. Ein unstarrer Ballon, bei dem die Gondel gewöhnlich sehr weit von der
Ballonachse entfernt ist, läßt sich nicht so rasch in irgend eine Schräglage
bringen, insbesondere wenn die Höhensteuerung durch Luftsäcke, die wechselseitig
entleert und aufgepumpt werden, zur Anwendung gelangt, welcher Vorgang sehr langsam
vor sich geht. Unstarre Ballons steuern noch zuviel mit Hilfe des Gases und des
Ballastes und zu wenig durch Motorenkraft. Das starre Luftschiff von Zeppelin nutzt die Motorenkraft viel mehr zum Steuern
aus. Es stellt sich z.B. beim Niedergehen schräg gegen die Windströmung, man läßt
die Schraube gegen den Wind arbeiten, so daß das Fahrzeug steht, und der Wind treibt
dasselbe durch sein Auftreffen auf die schräg geneigte Oberseite des Ballonkörpers
nach unten, bis etwa die Spitze sich dem Boden nähert, in welchem Falle dann sofort
ihre Verankerung vorgenommen wird. Alsdann zieht man auch den hinteren Ballonteil
langsam zu Boden, bis die Gondeln auf der Erde auftreffen. Wenn also die während der
„IIa“ beobachteten Fahrergebnisse der unstarren und starren Lenkballons
dem aufmerksamen Zuschauer einen deutlichen Beweis von der Ueberlegenheit des
starren Systems gegeben haben, so ist man über die Vorteile des halbstarren Systems
etwas weniger klar. Wir haben in Deutschland das halbstarre Militärluftschiff von
Groß-Basenach und den halbstarren Lenkballon von
Ruthenberg. Wie bekannt, durchzieht ein starrer
Kiel die Unterseite einer Stoffhülle, wodurch dieselbe bei Gasverlusten am
Einknicken verhindert wird. Durch den Kiel wird außerdem ein Rahmenwerk gebildet,
das zum Anbringen der Steuerorgane, der Gondeln usw. dient. Die Anordnung eines
Kielgerüstes bedeutet entschieden eine Verbesserung gegenüber unstarrer Hüllen,
indem nun bei einer Hüllenbeschädigung keine direkte Katastrophe mehr eintreten
kann, sofern der Ballon in einzelne Zellen eingeteilt ist; immerhin hat aber das
starre System aus Festigkeitsgründen noch den Vorteil, daß der ganze Durchmesser des
Flugkörpers als Trägerhöhe ausgenutzt wird.
Die Zerlegbarkeit des halbstarren Ballons ist ebenfalls nicht in weiten Grenzen
durchführbar. Man kann wohl die Hülle zusammenpacken, nicht aber das lange
Kielgerüst und die daran befestigte Gondel. Man sollte auch bei halbstarren
Luftschiffen nicht lediglich auf deren militärische Brauchbarkeit hinarbeiten, und
es muß daran erinnert werden, daß man auch die für militärische Zwecke sehr
geeignete zerlegbare Brücke doch kaum auf sonstige Flußüberbrückungen überträgt,
sondern starre unveränderliche Eisenkonstruktionen schafft. Diese einseitige
Auffassung im Bau von Flugschiffen, insbesondere das Hervorheben guter Zerlegbarkeit
ist zum größten Teil auch darin begründet, daß sich bisher meist Offiziere mit der
Konstruktion von Lenkballons befaßt haben und diese zunächst von dem Standpunkt der
militärischen Brauchbarkeit beurteilt haben.
Es wird in der ferneren Entwicklung der Ballonschiffahrt wohl
jedes System für bestimmte Zwecke von Vorteil sein, unter Umständen werden unstarre
Ballons mehr und mehr durch die technisch reiferen halbstarren Zellenballons
verdrängt, insbesondere für kleine Lenkballons unter 3000 cbm Inhalt. Das halbstarre
Luftschiff von Ruthenberg hat jedenfalls sehr viel für
sich und erscheint konstruktiv gut durchgearbeitet. Wie Fig. 1 zeigt, wird die Ballonhülle durch einen unter derselben
angebrachten Gitterträger aus Rohr versteift. Die Gondel ist mit diesem Kielgerüst
fest verbunden, der Schwerpunkt rückt ziemlich nahe an die Ballonachse heran. In der
Gondel befindet sich der Motor und dahinter die mittels Kette angetriebene Schraube.
Letztere ist ganz nahe an den Ballon herangerückt und übt dadurch kein großes
Drehmoment auf den Ballon aus. Die Schraube besitzt 3 m , der Gasinhalt des
Ballons beträgt 1300 cbm, der Auftrieb des Luftschiffes 1250 kg, sein Gesamtgewicht
600 kg. Davon entfallen auf die Gashülle 350 kg, auf die Gondel 370 kg, auf das
Kielgerüst mit den daran befestigten Stabilitätsflächen und dem Steuer 75 kg. Es
bleibt demnach für Nutzlast ein Auftrieb von 450 kg, wovon für Benzin 85 kg und für
Kühlwasser 18 kg entfallen. Wenn zwei Personen in dem Luftschiff aufsteigen, so
verbleibt noch ein Auftrieb von etwa 240 kg, der für Brennstoffe und Ballast
ausgenutzt werden kann. Es wird ein relativ schwacher Motor von 24 PS angewendet.
Die größte Geschwindigkeit des Luftschiffes ist 40 km i. d. Std. Soweit uns die
praktische Luftschiffahrt auf der „IIa“ im allgemeinen interessiert, müssen
wir auch die vielen Freiballons erwähnen und die Fahrten des Riedingerschen Drachenballons. Der letztere wurde mittels einer Motorwinde
in die Luft gelassen und diente zu Passagierfahrten. Der Kugelballon und der
Drachenballon bieten aber im Vergleich zu den Lenkballons kein technisches Interesse
mehr, wenngleich sie auch zur Erlernung der Ballonführung einen bleibenden Wert
haben und sicher die konstruktiven Grundlagen im Bau von Lenkballons schufen. In der
Ausstellung sind auch verschiedene Modelle gezeigt, die die Lösung mancher
ballontechnischen Probleme anstreben.
Dr. Wagner und Rudolf von
Radinger haben Projekte für zerlegbare Luftschiffe ausgestellt, die sich in
der Hauptsache dadurch kennzeichnen, daß der Ballon aus mehreren Zellen
zusammengesetzt wird, die wiederum für sich zusammengeklappt werden können. Die
einzelnen Zellen erhalten dabei ein Gerüst aus Rohren, aus Papyrolin, das nach einem
eigenen Verfahren hergestellt werden soll. Die Röhren werden durch Radialstreben zu
einem Polygonsystem zusammengehalten. Gleichzeitig sollen diese Röhren als
Gasbehälter dienen. Das Papyrolin soll ein spezifisches Gewicht von 0,75 und dabei
eine Zugfestigkeit von etwa 7 kg/qmm besitzen. Man erwartet, daß es ein besserer
Baustoff als Aluminiumlegierungen sei, was aber durch die Praxis erst nachgewiesen
werden muß.
Textabbildung Bd. 325, S. 9
Fig. 1.
Auf der „IIa“ sind noch verschiedene Motorballonmodelle ausgestellt, denen man
einen prinzipiell richtigen Gedanken nicht absprechen kann, so beispielsweise der
Ballon der „Rheinisch- Westfälischen
Luftschiffbau-Gesellschaft Elberfeld“. Es besteht aus einer
unstarren Hülle, an die eine als Gittergerüst ausgebildete, sehr lang gestreckte
Gondel aufgehängt ist. Die nach den Enden hin verjüngte Gitterkonstruktion nimmt
fast die ganze Länge des Ballons ein und wird mittels Seilen längs der Hülle
aufgehängt. Dadurch wird die Einknickgefahr wohl zum Teil vermieden. Ferner ist das
bereits erwähnte Projekt von Wetzel, Stuttgart,
bemerkenswert, der einen starren Riesenballon aus Metall bauen möchte. Das
ausgestellte Modell ist recht hübsch gebaut. Ob 0,3 mm Aluminiumblech als Hülle
geeignet sein wird, ist ohne ausgedehnte Versuche nicht zu beurteilen. Jedenfalls
hätte eine gasdichte Metallhülle viel für sich, wenn auch deren größere
Verletzlichkeit und die Schwierigkeiten in der Ausbesserung von Metallhüllen und
deren hohes Gewicht nicht unbedenklich erschienen. Die Möglichkeit, einen reinen
Aluminiumballon herzustellen, ist jedenfalls durch Ing. Schwarz nachgewiesen.
Ing. Weisenburger stellt ebenfalls ein Modell eines
zerlegbaren Ballons aus, bei dem die einzelnen Zellen ein starres Gerüst erhalten,
aber einzeln aneinandergereiht gedacht sind. Jede Zelle enthält einen besonderen
Luftsack und die Steuerung soll ähnlich wie bei dem Parsevalballon durch wechselseitiges Zupumpen und Entleeren dieser
Luftsäcke erfolgen.
Textabbildung Bd. 325, S. 10
Fig. 2.
Ing. C. Krüger aus Elberfeld stellt einen Freiballon
aus, bei dem die Hülle aus zwei kegeligen Hälften besteht, die an ein in der Mitte
des Ballonkörpers befindliches Gerüst anstoßen. Durch die spitze Form des
Ballonkörpers hofft man einen geringeren Luftwiderstand zu erzielen. Es sei aber
bemerkt, daß der Stirnwiderstand relativ größer erscheint, als bei der
zigarrenförmigen Ballonhülle, da durch die Versuche von Frank bereits nachgewiesen wurde, daß durch die parabolische Spitze und im
übrigen durch die zylindrische Form des Ballonkörpers die relativ günstigste Wirkung
erzielt wird. Es ist auffallend, wieviel Konstrukteure sich mit der Zerlegbarkeit
der Ballonkörper beschäftigen, obwohl doch diese Frage eigentlich in dem Augenblick
an Bedeutung verliert, als viele Luftschiffhafen und Hallen bestehen, so daß ein
beschädigter Ballon bis zum nächsten Hafen geschafft werden kann.
Textabbildung Bd. 325, S. 10
Fig. 3.
Joseph Wartscher aus Linz (Tirol) stellt ein Modell
eines Kegelballons aus, der vorn eine runde Spitze besitzt und nach hinten
kegelförmig verläuft. Vorne und hinten sind zwei zentrale Schrauben angebracht.
Mag man auch eine zentrale Schraube vielleicht zur Verringerung des Luftwiderstandes
als besser wie seitlich angebrachte Schrauben ansehen, so ist die Unterbringung des
zentralen Antriebes im Ballonkörper doch recht unbequem.
Zorn & Hense stellen
ein Modell aus, dessen Ballonhülle aus einem beweglichen Vorderteil und Hinterteil
in Form wurmartiger Fortsätze besteht, und die zwecks Steuerung besondere Flächen
ersetzen wollen. Nachdem nun der vordere wurmartige Fortsatz schräg nach oben, der
hintere schräg nach unten gestellt wird, soll ein Auftrieb nach oben oder wenn man
eine umgekehrte Steuerlage wählt, ein Auftrieb nach unten erfolgen. Der Mittelkörper
soll dabei in seiner Horizontallage erhalten bleiben.
Textabbildung Bd. 325, S. 10
Fig. 4.
Hoffen wir, daß verschiedene aussichtsreiche Modelle ausgeführt werden, damit alle
noch wichtigen Konstruktionsfragen auf dem Gebiete der Lenkballons durchforscht
werden können, zumal solche Forschungsarbeiten, wenn auch nur einen Teilerfolg
bedeutend, bei einer noch in voller Entwicklung stehenden Industrie stets neue
Anregungen zu Verbesserungen geben. Unter den Erzeugnissen von Ballonfabriken und
Ballonausrüstungsgegenstände ist außer zweckmäßigen Ballonventilen, besseren
Ballonstoffen und zweckmäßig ausgebildeten Ballonkörben nur noch das Holzgerippe des
Baurat Rettich für einen starren Ballon zu erwähnen.
Das Gerippe eines kleinen Ballons wird dadurch gebildet, daß Längsspanten
spiralförmig mit Leisten umwunden werden. Hervorgehoben mögen sein die von der Ballonfabrik Riedinger, Augsburg, ausgestellten
interessanten Tabellen über die Auftriebswirkung verschiedener Gase und den Einfluß
der Temperaturen auf die Auftriebswirkung derselben; ferner die von Gradenwitz, Berlin, vorgeführten Modelle von Füllstationen, aus denen
man sieht, wie aus einer großen Anzahl von Wasserstofflaschen ein Ballon rasch
gefüllt wird, 80–100 Flaschen werden an eine gemeinsame Leitung angeschlossen und
durch Oeffnen des Ventils gleichzeitig entleert.
Es sei hier zwischengeschaltet, daß Luftschiffunternehmungen mit eigener Gasanstalt
das erzeugte Gas in Gasometern auffangen und es dann unter geringem Druck direkt zur
Füllung von Ballons überleiten. Das Gas, das in Flaschen verwendet wird, muß
komprimiert werden, und die Maschinenfabrik Sürth sowie
die Maschinenfabrik Weiller zeigen eine
Kompressoranlage für Wasserstoff. Der Dichtungsdruck beträgt 125–190 at. Die
Apparate für Gasversorgung scheinen befriedigend gelöst zu sein. Insbesondere ist
auch ein von der Neuen Automobilgesellschaft
ausgestellter automobiler Gaswagen zu erwähnen, auf dem 80 Gasflaschen untergebracht
sind, deren Inhalt durch Anordnung einer gemeinsamen Leitung sehr rasch in die
Ballons übergefüllt werden kann:
Auch der Wasserstoffbereitung hat man an verschiedenen Stellen gedacht, und es sind
sowohl Elektrolyseure von Schachert & Co., Nürnberg, als auch von der Maschinenfabrik Oerlikon, Zürich, zu sehen, wie auch die neugegründete Internationale Wasserstoffgesellschaft in Frankfurt a.
M., die Wasserstoff nach dem Regenerativverfahren herstellen. Das Regenerativ
verfahren nach Lane besteht darin, daß man Wasserdampf
über glühenden Koks leitet, wodurch eine Zersetzung des Wassers im Wasserstoff und
ein Anreicherung mit Kohlenstoff stattfindet. Das elektrolytische Verfahren von Schuckert hat aber wohl für die Ballonschiffahrt eine
größere Bedeutung, da deren Erzeugung an keine teuren Rohstoffe gebunden ist,
sondern nur Wasser durch Elektrolyse zersetzt wird. Unter Ausnutzung von billigen
Wasserkräften ist wohl das elektrolytische Verfahren sowohl dem Regenerativverfahren
als auch dem chemischen Verfahren überlegen.
Typisch für den Kampf innerhalb der Technik ist auch die Tatsache, daß, nachdem
brauchbare Lenkballons für Kriegszwecke bestehen, sofort auch neue Mittel zu deren
Vernichtung ersonnen werden, genau wie im Schiffbau der Wert besserer neuen
Panzerungen sofort auch durch schwere Geschütze wieder vernichtet wird. So bringt
die Fahrzeugfabrik Eisenach einen gepanzerten
Ballonverfolgungswagen mit einem senkrecht einstellbaren Schnellfeuergeschütz zur
Ausstellung, desgl. die Firma Friedrich Krupp, A.-G.,
Essen a. d. Ruhr, verschiedene Geschütze und einen gepanzerten
Ballonverfolgungswagen.
Die 6,5 cm-Ballonabwehrkanone mit Feldlafette, nach der Fig. 2, ist ein Rohrrücklaufgeschütz mit Flüssigkeitsbremsen. Das Rohr
lagert in Drehzapfen. Die Achsschenkel sind gelenkartig mit der Mittelachse
verbunden und lassen sich samt den Rädern nach der Rohrmündung zu umschwenken, bis
sich ihre verlängerten Mittellinien über dem Drehzapfen des Sporns kreuzen. Es
werden 4 kg schwere Geschosse verfeuert und Schußweiten bis zu 8650 m, Steighöhen
bis zu 5700 m erreicht. Die 7,5 cm-Ballonabwehrkanone mit Kraftwagenlafette, nach
Fig. 3, ist ebenfalls ein Rohrrücklaufgeschütz.
Das Geschoßgewicht beträgt 5,5 kg, die größte Steighöhe etwa 6300 m, das Gewicht des
Kraftwagens ohne Geschütz 3250 kg. Der Wagen hat Vierräderantrieb und wird durch
einen 50 PS-Motor angetrieben. Das Gewicht des feuerbereiten Geschützes beträgt 1065
kg. Endlich ist eine 10,5 cm-Ballonabwehrkanone in Schiffslafette nach Fig. 4 ausgestellt, die ähnlich wie die vorstehenden
Geschütze, nur im allgemeinen etwas schwerer gebaut ist. Mittels dieses Geschützes
werden Schußweiten von etwa 13500 m und Steighöhen von etwa 11400 m erreicht.
(Fortsetzung folgt.)