Titel: | Schwimmende Getreide-Elevatoren. |
Autor: | E. Lufft |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 2 |
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Schwimmende Getreide-Elevatoren.
Von Regierungsbaumeister E.
Lufft.
Schwimmende Getreide-Elevatoren.
Immer mehr zieht die Maschine in den Betrieb der Seehäfen ein, um zu ihrem Teil
die großen Arbeitsmengen zu bewältigen, welche dort jahraus jahrein im Umschlag der
Güter geleistet werden. In erster Linie ist es der allbekannte Drehkran, welcher
hier helfend eingreift, und welcher dem Fortschritt der Technik entsprechend mit
größeren Hub- und Drehgeschwindigkeiten ausgestattet wird. Eine Reihe anderer
Kranformen ist in letzter Zeit entstanden, welche für gewisse Zwecke besser als der
gewöhnliche Drehkran geeignet sind. Eine ganz besondere Konstruktionsform ist jedoch
neuerdings für Getreide üblich geworden, nämlich diejenige der schwimmenden
Elevatoren, welche im Nachstehenden näher beschrieben seien.
Lose geschüttete Güter werden vorteilhafter als mit Kranen, bei denen der nützliche
Arbeitsweg nur in Intervallen wiederkehrt, durch kontinuierlich wirkende Mechanismen
gefördert. Zu den letzteren gehören die Becherelevatoren und die pneumatischen
Transporte, deren konstruktive Ausbildung speziell für die Beförderung von Getreide
außerordentlich weit gediehen ist. Freilich ist für eine wirtschaftliche Ausnutzung
solcher Elevatoren Voraussetzung, daß ihnen eine im Verhältnis zu ihrer
Leistungsfähigkeit hinreichende Getreidemenge zugeführt wird. Ohne dies wäre der
Kran dem Elevator überlegen, da er ganz beliebig gestaltete Güter und nicht bloß
loses Massengut zu heben vermag.
Großmühlen, deren Rentabilität in erheblichem Maße von ihrer Lage zu den
Transportwegen abhängig ist und welche deshalb mit Vorliebe an unseren schiffbaren
Wasserstraßen errichtet werden, können ohne einen Schiffselevator zur Beschaffung
ihres täglichen 1000 bis 6000 Sack Getreide ausmachenden Verbrauchs nicht mehr
auskommen. Diese Mühlen errichten deshalb unmittelbar am Ufer turmartige Gerüste zur
Aufnahme und Lagerung eines Schwebeelevators, welcher in den Schiffsraum
hinabgelassen und nach erfolgter Löschung der Schiffsfracht wieder aufgezogen werden
kann. Aehnliche Konstruktionen, bei denen zum Teil dieses Gerüst am Ufer fahrbar
ist, finden sich in den Häfen unabhängig von Mühlen, um dort das Getreide aus dem
Schiff nach Bahnwagen oder nach Speichern umzuschlagen. Dadurch, daß das
Elevatorgerüst fahrbar ist, wird es möglich, das einmal am Ufer festgebundene Schiff
während seiner ganzen Entladung, ohne es verholen zu müssen, an seinem Liegeplatz
unverrückt zu belassen. Dies ist schon bei Flußfahrzeugen oder sonstigen kleinen
Schiffen ein Vorteil, wird aber zur Notwendigkeit bei Seedampfern, welche mit ihren
großen Abmessungen nur unter Aufwand an Zeit und Mühe losgemacht, verholt und wieder
festgemacht werden können. Dabei ist noch vorausgesetzt, daß ein solches Verholen
möglich sei, indem vor und hinter dem Schiff freier Raum ist und nicht etwa die
Liegeplätze anderer Schiffe sich dort befinden. Bei den augenblicklichen
Größenverhältnissen zahlreicher Seehäfen, welche nur mit Mühe allen einkommenden
Dampfern einen Liegeplatz an den Ladekais anweisen können, ist eine solche
Voraussetzung aber selten zutreffend. Aus diesem Grunde werden fahrbare
Getreideelevatoren benötigt, die zwar erheblich größere Anschaffungskosten als
feststehende Elevatoren bedingen, wobei aber diese höheren Kosten ihren vollwertigen
wirtschaftlichen Ersatz durch die erreichte größere Beweglichkeit der Löscharbeit
finden.
Textabbildung Bd. 325, S. 1
Fig. 1. Schwimmender Elevator im Hafen von Stockholm von Amme, Giesecke &
Konegen.
Einen Schritt weiter in dieser Richtung bedeutet der Bau schwimmender
Getreideelevatoren, welche der Löscharbeit erst volle Beweglichkeit und Ausübung an
ganz beliebigen Orten sichern, wie dies auch bei den Schwimmkranen, denen sie
gegenübergestellt werden können, der Fall ist. Der das Heben der Frucht aus dem
Schiffsraum besorgende Mechanismus ist nicht mehr auf festem Boden oder auf einem
Fahrgerüst aufgebaut, sondern erhält als Unterbau ein Ponton in Eisen oder Holz,
dessen Abmessungen so zu wählen sind, daß die Stabilität des Ganzen bei allen
Arbeits- und Ruhelagen gewahrt ist. Wenn ein schwimmender Getreideelevator zwischen
Kai und Dampfer gelegt wird, so ersetzt derselbe einen am Ufer aufgebauten Elevator
und ist einem solchen vorzuziehen, wenn die Gründungsarbeiten für einen Elevatorturm
infolge ungünstiger Beschaffenheit des Ufers besonders erschwert sind. Häufiger wird
man aber den Schwimmelevator in der Weise benutzen, wie es die Fig. 1 zeigt, indem man ihn längsseits eines Dampfers legt, während
dieser selbst am Kai festgemacht hat. Dies bringt den Vorteil, daß, wenn sich in der
Ladung Stückgüter befinden, diese mit den Kranen des Kais gelöscht werden können,
während gleichzeitig der Getreideelevator eine andere Luke in Angriff nimmt und das
darin liegende Getreide nach Leichterschiffen ausladet. Selbstverständlich wird
dadurch die Entladung der Schiffe außerordentlich beschleunigt. In dieser Weise kann
man stets Schwimmelevatoren am Kaiser-Wilhelm-Hafen in Hamburg arbeiten sehen, wo
die Dampfer der Hamburg – Amerika-Linie entladen werden. Diese Dampfer pflegen
regelmäßig außer Passagieren und allgemeiner Fracht auch Getreide von New York,
Boston oder Philadelphia mitzubringen und müssen nach wenigen Tagen zu neuer
Ausreise fertig sein. In demselben Hafen legen übrigens Schiffe, welche reine
Getreidefrachten haben, nicht an den Kais an, sondern machen an Dukdalben fest,
welche sich inmitten der Hafenbecken befinden. Wenn man in solchem Fall die Löschung
maschinell besorgen will, so hat man nur die einzige Möglichkeit, schwimmende
Elevatoren zu verwenden und deshalb hat sich auch deren Notwendigkeit für Hamburg
schon frühzeitig ergeben. Aehnlich verhält es sich mit mehreren anderen Seehäfen,
und es möge hier insbesondere Rotterdam mit seinem sehr bedeutenden
Getreideumschlag erwähnt sein, wo ebenfalls eine große Zahl schwimmender Elevatoren
sich befindet. Manchmal ist ein Dampfer veranlaßt, so namentlich, wenn er nur
kleinere Mengen zu löschen hat und teuere Hafenabgaben vermeiden möchte, auf freier
Reede zu löschen. Auch in solchem Falle bringt ein Schwimmelevator vorzüglichen
Nutzen. Mit eigener Kraft oder von einem Schleppdampfer bugsiert, begibt er sich zu
dem vor Anker liegenden Schiff, um es zu entladen. Schiffe, welche auf Grund
geraten, während sie den Hafen aufsuchen, können auf dieselbe Weise geleichtert
werden, um frei zu kommen. Auf dem Unterlauf der meisten europäischen Flüsse, welche
die Einfahrt zu wichtigen Umschlagsplätzen bilden, sind so knappe Wassertiefen und
so schmale Fahrrinnen vorhanden, daß der Fall des Auflaufens leider nur zu häufig
eintritt. Ein rasch herbeigerufener Schiffselevator, welcher in ein Paar Stunden
mehrere 100 t der Ladung wegnehmen kann, bevor großer Schaden am Schiffskörper
entstanden ist, wird dann leicht größere Gefahr vermeiden können.
Textabbildung Bd. 325, S. 2
Fig. 2. Schwimmender Elevator mit Absackstation.
Textabbildung Bd. 325, S. 2
Fig. 3a.Schwimmelevator Saratow (Wolga) von Amme, Giesecke &
Konegen.
Ein Schwimmelevator, welcher für das Löschen von Seedampfern gebaut ist, wird
jederzeit auch kleinere Fahrzeuge, Flußschiffe, Lagerkähne und dergleichen entladen
können, sofern nur diese Fahrzeuge, wie solches fast stets der Fall zu sein pflegt,
ein genügend offenes Deck für den Eintritt des Elevators besitzen. Umgekehrt gibt es
Schwimmelevatoren, deren Abmessungen so gehalten sind, daß nur kleine Fahrzeuge
damit entladen werden können. Solche Elevatoren befinden sich beispielsweise in
großer Anzahl an der unteren Donau, auf der Wolga und im Hafen von New York.
Textabbildung Bd. 325, S. 3
Fig. 3b.Schwimmelevator Saratow (Wolga) von Amme, Giesecke &
Konegen.
Der Umschlag mit allen diesen Elevatoren erfolgt so, daß das lose im Schiff liegende
Getreide ebenfalls lose nach dem Bahnwagen, einem Speicher oder wie dies meist der
Fall ist, nach einem anderen schwimmenden Fahrzeug verbracht wird. Mit einfachem
Mitteln ist es jedoch möglich, die Einrichtung so zu treffen, daß das Getreide in
Säcke gefaßt wird und in Sackform weitergegeben wird. Die Fig. 2 zeigt einen schwimmenden Elevator, bei welchem das aus dem Dampfer
geförderte Getreide in Sackform abgeliefert wird.
Textabbildung Bd. 325, S. 3
Fig. 3a.Schwimmelevator Saratow (Wolga) von Amme, Giesecke &
Konegen.
Die äußere Gestaltung der Schwimmelevatoren ist außerordentlich mannigfach, und die
Art und Weise, wie man den das Heben, Wiegen und Weitergeben des Getreides
besorgenden Mechanismus auf dem Deck eines Pontons anordnen kann, läßt ungezählte
Lösungen zu. Es ist jedoch festzuhalten, daß zwei in sich völlig verschiedene
Systeme des Getreidetransportes dabei Verwendung finden. Das eine System
kennzeichnet sich durch die Verwendung von Becherelevatoren, welche den senkrechten
Transport übernehmen und die Weiterleitung durch Fallrohre, Schnecken oder
Bandtransporteure besorgen. Bei dem anderen System dagegen erfolgt der
Getreidetransport durch Luft, und es ist diese Art von Schwimmelevatoren unter dem
Namen der „Pneumatischen Heber“ bekannt.
Eine Gegeneinanderhaltung der beiden Systeme ergibt, daß die pneumatischen Heber zur
Erzielung einer gleichen Leistung außerordentlich viel mehr Kraftaufwand nötig
haben, als die Becherwerkselevatoren. Die Folge davon ist, daß eine größere
Kraftquelle auf dem Ponton installiert werden muß, womit dessen Abmessungen
natürlich wachsen. Im Zusammenhang damit kommen beim pneumatischen System wesentlich
größere Anschaffungskosten in Betracht, und wenn es trotzdem Anwendung findet, so
müssen demgegenüber nennenswerte Vorteile vorhanden sein, von denen noch weiter die
Rede ist.
Der pneumatische Transport wird heutzutage nicht allein zur Schiffsentladung bei
schwimmenden Anlagen verwendet, sondern auch bei stationären Anlagen zum Transport
auf dem Lande. Jedoch hat diese Transportart ihren Ausgang bei der Dampferlöschung
genommen, und seit dem Jahre 1880 löscht man in dieser Weiseim Londoner Hafen
Getreideschiffe. Diese Art der Entstehung weist unmittelbar auf den Hauptvorteil
dieses Systems hin, indem gerade die Räumlichkeiten in einem Schiffe, in welchem
Getreide lagert, für den Eintritt eines starren Körpers, wie es der Fuß eines
Becherwerkes ist, recht häufig Hindernisse bieten. Die Luken sind oft von sehr
beschränkten Abmessungen. Versteifende Querbalken stellen sich weiter unten im
Schiffsraum in den Weg, und die Frucht, welche dem Elevatorfuß zugeführt werden
soll, muß mit vieler Mühe aus entfernten Winkeln herbeigeholt werden. Da lag es dann
nahe, an Stelle des starren und große Abmessungen besitzenden Becherwerkes ein
biegsames Rohr zu verwenden und in diesem mittels angesaugter Luft das Getreide ohne
Schaufelarbeit überall herbeizuholen. In dem Förderrohr bewegt sich mit der
beträchtlichen zwischen 20 und 30 m sekundlich schwankenden Geschwindigkeit ein
Gemisch von Getreide und Luft, welches, nachdem der Strom am Bestimmungsort
angekommen ist, wieder in seine Bestandteile zerlegt werden muß. Die Erzielung
dieser Trennung hat ziemliche Schwierigkeiten gemacht, doch gelingt es bei den
neueren Ausführungsarten, die aus den Luftpumpen kommende Luft verhältnismäßig rein in
die Atmosphäre zurücktreten zu lassen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Trimmarbeit an Bord des zu löschenden
Schiffes bei pneumatischen Hebern bequemer ist, als wie bei Becherelevatoren, und
von einer geringeren Zahl von Leuten ausgeführt werden kann. Hierzu gesellt sich der
weitere Vorteil, daß auch bei schlechtem Wetter gelöscht werden kann, indem auch bei
abgedeckter Luke es noch möglich bleibt, ein Saugrohr nach dem Schiffsraum
hindurchtreten zu lassen. Indem die Schaufelarbeit, wenn sie vielleicht auch nicht
ganz wegfällt, so doch wesentlich beschränkt ist, ist auch die Arbeit vom
hygienischen Standpunkt aus besser. Der Staub, der beim Getreideschaufeln entsteht,
ist außerordentlich gefährlich für die Lunge und wird von den Arbeitern auf längere
Zeit nur schlecht ertragen. Die Folgen sind häufige Arbeitspausen und damit ein
Zurückgehen der Tagesleistung des betreffenden Elevators.
Solchen Vorteilen steht aber der wesentliche Nachteil des höheren Kraftverbrauches
mit all seinen Begleiterscheinungen gegenüber. Dieser Mehrverbrauch an Kraft ist
gleich ein Vielfaches desjenigen der Becherelevatoren. Beispielsweise wird ein
Becherelevator für eine Stundenleistung von 150 t mit einem 50 PS Motor leicht
betrieben, während ein pneumatischer Heber der gleichen Leistungsfähigkeit eine
Maschinenanlage von 200–250 PS erhalten muß. Eine solche Maschinenanlage belastet
die Rentabilität nicht allein durch den Kohlenverbrauch und die
Bedienungsmannschaften, sondern auch durch Verzinsung und Abschreibung des
aufgewendeten Kapitals. Die gesteigerten Betriebskosten finden nur zu einem Teil
ihren Ausgleich in der geringeren Zahl von Arbeitsleuten, welche das Trimmen
besorgen. Jedenfalls sind die Gestehungskosten für die Tonne geförderter Frucht beim
pneumatischen Heber größer als wie beim Becherelevator.
Jedes der beiden Systeme hat für die Ausführung an bestimmtem Ort seine Berechtigung.
Doch erfordert es eine eingehende Prüfung der vorliegenden Verhältnisse, um das
richtige System zu wählen. Faßt man die Erfahrung der verschiedenen Orte, an denen
in den letzten Jahren Schwimmelevatoren eingerichtet worden sind, zusammen, so wird
man zu dem Ergebnis gelangen, daß pneumatische Heber für die Entlöschung ganz großer
Fahrzeuge, also von Ueberseedampfern, in Frage kommen und zwar an solchen
Hafenorten, wo jahrein jahraus regelmäßige und große Getreidemengen umzuschlagen
sind, so daß selbst der teuere pneumatische Heber noch eine gesicherte Rentabilität
bringen wird. Ist es außerdem möglich, auf einmal mit einer so großen Zahl von
Hebern auf dem Platze zu erscheinen, daß der Konkurrenz durch Handarbeit kräftig
begegnet werden kann, so wird dies besonders günstig sein. In allen anderen Fällen,
so namentlich, wenn man nebenher gehende Handarbeit nicht ausschalten kann, wird man
den Becherelevatoren den Vorzug geben.
(Fortsetzung folgt.)