Titel: Die Wärmeleitzahl von Gasen und überhitzten Dämpfen.
Autor: Carl Fred Holmboe
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 804
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Die Wärmeleitzahl von Gasen und überhitzten Dämpfen. Von Carl Fred Holmboe, Kristiania. Die Wärmeleitzahl von Gasen und überhitzten Dämpfen. Es ist allgemein bekannt, daß die Wärmeleitzahl, bei der Wärmeüberführung von einem Wärmeträger durch eine Metallwand an einem Wärmenehmer, mit der Geschwindigkeit, mit der sich das eine oder andere Medium an der Trennungswand vorbei bewegt, zunimmt. Befinden sich sowohl Wärmeträger als auch Wärmenehmer in Bewegung, so ist die Wärmeleitzahl vom Wärmeträger an die Trennungswand von der Geschwindigkeit des Wärmeträgers, und diejenige von der Trennungswand an den Wärmenehmer von der Geschwindigkeit des letzteren abhängig. Die in einer Stunde auf 1 qm Berührungsfläche bei 1° C Temperaturunterschied übertragene Wärmemenge Je wird somit von zwei veränderlichen Faktoren gebildet nach den im folgenden kurz wiederholten Gesetzen der Wärmelehre. Wird, wie in Fig. 1 dargestellt, die Wärme von Heizgasen an überhitzten Dampf übertragen, so sind drei Widerstände bei der Uebertragung zu überwinden. 1. Widerstand bei der Wärmeabgabe von dem Gase an die Trennungswand. 2. Widerstand beim Durchgang durch die Trennungswand. 3. Widerstand beim Uebergang der Warme von der Trennungswand zum Dampf.
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Fig. 1.
Ist δ die Dicke der Trennungswand in mm, und λ die zu dem Material der Trennungswand gehörige Leitzahl f.d. mm Materialstärke, so ist, wenn α1 und α3 die beiden Wärmeleitzahlen vom Wärmeträger an die Trennungswand bezw. von dieser an den Wärmenehmer bedeuten k=11α1+1α2+1α3 und da α2=δλ k11α1+δλ+1α3 . . . . . (1) Für verschiedene Metalle ist der Wert von λ in Tab. I zusammengestellt. Tabelle I.
Metall λ für 1 mm Materialstärke 1 qm,1° C und 1 Stunde. Kupfer 300000 Messing   90000 Eisen   55000 Zinn   54000
Im Verhältnis zu α1 und α3 ist λ sehr groß und kann unter Umständen bis 30000 mal größer als diese sein.
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Fig. 2.
Bei den in normalen Fällen vorkommenden geringen Wandstärken von 1–10 mm kann somit der Wert von δλ vernachlässigt werden, was später an einem Beispiel erläutert werden soll. Für Luft, Gase und überhitzten Dampf findet man am häufigsten die vom Franzosen Ser angegebene Näherungsformel α1 = α2 = α = 2 + 10√v für die Wärmeleitzahl benutzt, die für Geschwindigkeiten v = 1 bis 100 m/Sek. Gültigkeit haben soll. Die meisten Wärmetechniker, welche mit dieser Formel rechnen, werden sicher erfahren haben, daß sie für kleine Geschwindigkeiten zu große, und für mittlere Geschwindigkeiten zu kleine Werte gibt. Für die größten in der Praxis vorkommenden Geschwindigkeiten gibt die Formel Werte, die 30 v.H. und mehr von den tatsächlich Gemessenen abweicht. Anderseits lehrt die Erfahrung, daß die Kurve der Abhängigkeit von α und v nach einer Exponentialgleichung verläuft. Wir können deshalb vorläufig schreiben: α = K + σ . vn worin K die Wärmeleitzahl der Ruhe und σ und n zwei noch näher zu bestimmende Zahlen bedeuten. Ich habe nun an einem einfachen Versuchsapparat nach Fig. 2 Messungen angestellt1), um die Abhängigkeit zwischen a und v zu bestimmen, und, wenn angängig, auf Grund der Messungsresultate eine neue Formel für die Berechnung von a aufzustellen. Wie aus Fig. 2 hervorgeht, besteht der Apparat aus einem doppelwandigen Rohr aus Kupfer, worin Wasser und überhitzter Wasserdampf in Gegenstrom geleitet werden. Um möglichst geringen Strahlungsverlust zu erhalten, wird das Wasser durch den Mantel (Außenrohr) geleitet. Die Temperatur des Wassers wurde mit dem Thermometern a und b und die des Dampfes mit c und d gemessen. Um die Dampfmenge zu erhalten, wurde der durchströmende Dampf in einem Oberflächenkondensator verdichtet und das Kondensat gewogen. Als Werte für die spezifische Wärme des Heizdampfes wurde die seinerseits im Laboratorium der Techn. Hochschule zu München gefundenen benutzt2). Eine gute Kontrolle lag in der Erwärmung des Wassers, da die Strahlung auf Grund der geringen Wassertemperatur und der guten Isolation sehr gering war. Für die Berechnung von k sind durch die Messung folgende Größen gegeben: D die stündliche Heizdampfmenge in kg (als Kondensat gewogen). T1 die Heizdampftemperatur vor dem Apparat in C°. T2  „         „               „        hinter  „       „        „  „ . p1 der mittlere Druck im Apparat in kg/qcm. δ die Dicke der Rohrwand = 2 mm, also δλ=2300000. F die Oberfläche des vom Dampf durchströmten Kupferrohrs in qm. f1 der Querschnitt des vom Dampf durchströmten Kupferrohrs in qm. Es läßt sich nun die mittlere Gesamtwärme des Heizdampfes λu=λ+c1(T1+T22Ts) berechnen, worin Ts die Sattdampftemperatur in C°, λ' die Gesamtwärme des Sattdampfes und c1 die spez. Wärme des Heizdampfes bedeutet. Von dieser Wärmemenge λü ist jedoch nur f.d. kg c1 (T1T2) an die Wandung abgegeben, oder in ganze D . c1 (T1 – T2) WE/St. Ist τ die mittlere Wärmedifferenz zwischen Wärmeträger und Wärmenehmer, so ist D . c1 (T1T2) = F . k . τ. Es ist für Gegenstrom: τ=(T1t2)(T2t1)lnT1t2T2t1 und k=Dc1(T1T2)lnT1t1T2t1F[(T1t2)(T2t1)] . . (2) Aus Gl. 1 läßt sich nun der Wert von α1 berechnen, wenn α3 bekannt ist. Bei sämtlichen Messungen wurde die Wassergeschwindigkeit konstant gehalten und so groß gewählt (über 2,8 m/Sek.), daß α3 jedenfalls größer als 5000 war. Die Differenz zwischen k und α ist dann sehr gering: Ist z.B. k = 30, so ist nach Gl. 1: 30=11α1+1150000+15000 α1 = 29,9. Der Fehler ist, wenn man in diesem Falle k = α1 setzt unter 0,5 v.H. Bei kleinerem Werte von α1 ist der Fehler noch geringer, und ist deshalb k = α1 gesetzt. Es wurden zwei Messungsreihen durchgeführt, und zwar eine, bei der Dampf von atmosphärischem Druck, und die zweite, bei der der Dampf mit einem Druck von 4 kg/qcm (5 Atm. ab) durch den Apparat strömte. Im ersten Falle war das Ventil A (Fig. 2) ganz offen, und B gedrosselt im zweiten Falle umgekehrt. Mit dem „gedrosselten“ Ventil wurde die Dampfmenge und somit die Dampfgeschwindigkeit v reguliert. v berechnet sich aus dem sekundlichen Dampfgewicht D3600 und dem mittleren spez. Gewicht des Heizdampfes
Missing or unrecognized delimiter for \left ts und γs sind die zum jewei-ligen Druck des Dampfes ge-hörige Temperatur und das Ge-wicht des Sattdampfes.
zu v=D3600γuf1 . . . . . . . . . . (3) Mit Hilfe der Gleichungen 2 und 3 lassen sich aus den Messungswerten die zusammengehörigen Größen von k ≌ α1 und v bestimmen. Die Ergebnisse sind in Fig. 3 dargestellt und zwar diejenigen aus Weise I für Dampfdrucke von 1 Atm. durch ●, diejenigen aus Weise II für 4,7 Atm. durch □.
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Fig. 3.
Wie aus Fig. 3 hervorgeht, ist die Wärmetransmission auch von Dampf-3) bezw. Gasdrucke abhängig, indem dieselbe mit dem Drucke steigt. Zum Vergleiche ist die Seersche Kurve I' für α1 = 2 + 10√v in Fig. 3 eingetragen. Unter Beibehaltung der Wärmeleitzahl der Ruhe = 2 habe ich aus Weise I die folgende Formel für die Wärmetransmission Dampf-(Gas)-Wandung abgeleitet: Missing argument for \sqrt . . . . (4) Wie aus Fig. 3 hervorgeht, stimmt die nach dieser Formel berechnete Kurve I sehr gut mit dem durch ● gekennzeichneten Beobachtungswert überein. Auch bei Weise II mit 4,7 Atm. (ab) Druck stimmen die berechneten mit den beobachteten Werten. Jedoch ist der Wert von σ in diesem Falle statt 5,5 etwa = 12,3 zu setzen. II' ist nach der Formel Missing argument for \sqrt konstruiert. Ich habe mehrmals Gelegenheit gehabt, die Richtigkeit der Gl. 4 an Luftheizungskörpern zu prüfen, und zwar mit gutem Ergebnis in Anbetracht der Schwierigkeit der Luftmengenmessung. Einen dieser Versuche möchte ich hier anführen: Es handelt sich um einen Apparat zur Verwertung der Abgase einer Kesselanlage für Lufterwärmung. Der Apparat, in Fig. 4 schematisch dargestellt, besteht aus Rohr von 100 mm und 10 mm Wandstärke.
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Fig. 4.
Der Luftdruck in denselben beträgt nur einige Millimeter Wassersäule. Die Rauchgase werden von T1 nach T2 abgekühlt, und die Luft von t1 auf t2° C erwärmt. Aus der Zusammensetzung der Kohle und dem CO2 Gehalt der Rauchgase läßt sich die Gasmenge und hieraus die Gasgeschwindigkeit berechnen. Die Luftmenge wurde mit einem Geschwindigkeitsmesser registriert. Tabelle 2 enthält die Hauptergebnisse der Messung Tabelle 2.
Versuch I Versuch II Größe der Heizfläche des Lufterwärmers    in qm 160 160 Verbrauchte Kohle in kg/St. 2970 3000 Gastemperatur vor dem Lufterwärmer    in C° 172 172 Gastemperatur hinter dem Lufterwärmer    in C° 145 144 CO2 Gehalt hinter dem Lufterwärmer    in C° 14,2 13,8 Lufttemperatur vor dem Lufterwärmer    in C° + 3° C + 3° C Lufttemperatur hinter dem Lufterwärmer    in C° + 65° C + 47° C Erhöhung der Lufttemperatur in C° 62 44 Luftmenge in cbm/mm gemessen bei    3° C Temperatur 223 370
und in Tab. 3 sind die hieraus berechneten Werte zusammengestellt. Unter Vernachlässigung des Widerstandes des Wärmedurchganges durch die etwa 10 mm starke Rohrwand erhalten wir nach Gl. 1 für den Versuch I: 12,6=1122,5+1α3 α3 = 28,6 (statt 26 wie berechnet). Tabelle 3.
Versuch I Versuch II Stündliche Gasmenge in kg 43000 45000 Gasgeschwindigkeit v in m/Sek.            5,5             5,6 Hieraus berechneten Wert von    α1=2+5,5v1,3         22,5        23 Gesamte Wärmeübertragung i.d. Stunde 256000 302000 Wärmeübergangszahl k pro Std. 1° C    und 1 qm            12,6            14,1 Geschwindigkeit der Luft in m/Sek.,    bezogen auf die mittlere Lufttemperatur               6,85            11,4 Hieraus berechneten Wert von    α3=2+5,5v1,3         26          38
Für den Versuch II ist: 14,1=1123+1α3 α3 = 36,4 (statt 38 wie berechnet). Mit den Betriebsverhältnissen, die beim Versuch herrschten, würde die Vorausberechnung- nach Gl. 1 und 4 ergeben haben, für Versuch I: k=1122,5+126=12,1 Statt k = 12,6 Fehler 4 v.H. Und für Versuch II: k=1123+138=14,3 Statt k = 14,1 Fehler 1,5 v. II. Derartige Fehler sind für praktische Berechnung noch zulässig. Ich habe leider keine Gelegenheit gehabt, nähere Studien über den Einfluß des Druckes auf die Wärmetransmission zu machen. Es scheint jedoch, als ob der Druck nach Erzielung eines gewissen kritischen Druckes, der etwa zwischen 3 und 4 Atm. liegt, nur wenig Einfluß auf die Wärmetransmission hat. Eine nähere Untersuchung dieser für die Praxis so wichtigen Fragen wäre eine dankbare Aufgabe.