Titel: | Eisenbahnsignalwesen und Zugbremswirkung im Betriebe mit Hochgeschwindigkeiten. |
Autor: | Hans A. Martens |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 773 |
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Eisenbahnsignalwesen und Zugbremswirkung im
Betriebe mit Hochgeschwindigkeiten.
Von Eisenbahn-Bauinspektor Hans A. Martens.
(Schluß von S. 743 d. Bd.)
Eisenbahnsignalwesen und Zugbremswirkung im Betriebe mit
Hochgeschwindigkeiten.
Man darf mit Genugtuung feststellen, daß sowohl die Tagsignale als auch die
Dunkelsignale auf Entfernungen von 1000 bis 1500 m bei klarem Wetter gesichtet
werden können, was für Bremswege von 800 bis 1000 m also völlig ausreichen würde.
Bei dichtem Nebel, der oft nur auf 10 bis 20 m zu sichten erlaubt, tritt die Gefahr
des Uebersehens der Signale wegen der nur Bruchteile von Sekunden dauernden
Sichtzeit für die Signale in die Erscheinung und diese Gefahr kann nur gemildert
werden, wenn eine doppelte Sicherheit geschaffen wird durch einen noch vor dem
Vorsignal liegenden Signalankündiger, dessen Uebersehen bei voller Aufmerksamkeit
und ständiger Streckenbeobachtung des Lokomotivführers ausgeschlossen erscheint. Ist
dieser Signalankündiger irr bestimmter Entfernung vor dem Vorsignal
aufgestellt, so kann der Lokomotivführer aus der nötigen Fahrzeit zwischen beiden
auf das Insichtkommen ausreichend vorbereitet sein. Da sich dieser Signalankündiger
mit dem weiter oben besprochenen Bremsmerkzeichen bezüglich seiner Aufgabe deckt, so
ist die gemeinsame Verwendung beider das Gegebene.
Bietet der Signalankündiger im Verein mit dem fernsichtbaren Vorsignal keine sichere
Gewähr mehr, daß das Hauptsignal in Haltstellung nicht überfahren wird, so müßte
notgedrungen der Grundsatz der Einfachheit verlassen werden, indem von der
Unterstützung der Signale durch eine einfache Sichtwand übergegangen wird zu
Vorrichtungen, welche die Stellung der Signale oder nur die Annäherung an sie auf
der Lokomotive anzeigen oder welche als ultima ratio den Zug vor einem Haltsignal
selbsttätig zum Stillstand bringen. Die Studienarbeiten auf diesen Gebieten werden
mit größtem Eifer betrieben und haben bisher einige Erfolge zu verzeichnen gehabt.
Es muß aber als höchst zweifelhaft dahingestellt bleiben, ob derartige Vorrichtungen
die ortsfesten Signale ganz zu verdrängen imstande sind, wie es in England geprobt
worden ist, wobei von der Anschauung ausgegangen wurde, daß eine Einrichtung, die im
Notfall wirksam sein soll, natürlich auch im gewöhnlichen Betriebe völlig sicher und
zuverlässig arbeiten muß. In Deutschland hat bisher nur die van Braamsche Zugsicherung in der Ausführung der Maschinenfabrik Bruchsal A.-G., vorm. Schnabel & Henning zu
eingehenden Versuchen ermutigt. Die Literatur über diese Einrichtungen ist
umfangreich geworden, auf die an dieser Stelle verwiesen sein mag.
Alle diese Vorrichtungen werden unnötig, wenn ein Haltsignal nicht vorhanden ist, so
daß es als eine der größten Maßnahmen zur Betriebssicherheit betrachtet werden muß,
wenn durch ordnungsmäßigen Betrieb einem Haltesignal unter allen Umständen
vorgebeugt wird: Wo keine Ursache zum Sperren der Bahnhofseinfahrt vorliegt, da
fehlt die Notwendigkeit des Haltsignals und mithin die Möglichkeit des Ueberfahrens
und des etwaigen Betriebsunfalls: Das Haltsignal an der
Bahnhofseinfahrt ist erst eine Folgeerscheinung von ursächlichen Bedingungen,
welche den Anlaß zum Haltsignal geben und gegen die vorzugehen die erste Stufe
zur Betriebssicherheit betreten heißt. Die Ursachen, daß die Einfahrt den
zu erwartenden Zügen nicht gegeben werden kann, können zu suchen sein in
mangelhaften Gleisanlagen, die die Zugabfertigung verzögern, in Fehlern in der
Fahrplanbildung, in schwierigen Verkehrsverhältnissen, Störungen in den Block- und
Stellwerken und – zum letzten nicht zum wenigsten – in Nachlässigkeit des
Stationsdienstes. Diese Umstände treten vereinzelt, aber auch einige gemeinsam auf
und üben dann gegenseitige Rückwirkung aus. Hier nun hat die Betriebsleitung
einzusetzen: Es ist nicht nur ihre Pflicht, den Einzelfall des überfahrenen
Haltsignals zu verfolgen, sondern sie muß sich durch vertieftes Studium Kenntnis von
der ganzen Sachlage verschaffen, um betriebliche Mißstände beseitigen zu können und
Nachlässigkeiten der Stationsbeamten nicht ungestraft zu lassen: Nicht allein der
Lokomotivführer ist zu bestrafen, wenn seine Schuld am Ueberfahren des Haltsignals
erwiesen ist, des Uebels Wurzel, die wie gezeigt in der
Veranlassung zum Haltsignal liegt, ist zu ergründen und auszurotten. Die
Unterlagen hierzu wird eine vom Lokomotiv- und Zugführer geführte Statistik über
Haltsignale bei planmäßiger Ankunft vor den Stationen schaffen. In richtiger
Würdigung des Umstandes, daß eine Kenntnis aller Fälle des Haltsignalüberfahrens zur
Gesundung des Betriebes ganz wesentlich beitragen kann, werden auf den Preussischen
Staatsbahnen umfangreiche Versuche mit einfachen Zählwerken angestellt, die mit dem
Signalhebel und einem am Signal liegenden Gleisstromschließer in Verbindung
gebracht, im Stationsdienstraum aufgestellt sind und jedes Signalüberfahren
selbsttätig aufzeichnen Der Zusammenhang zwischen Bremswirkung des Zuges und
Signalwesen ist des weiteren bestimmend für die Wahl der Entfernung zwischen Vor-
und Hauptsignal sowie zwischen Halt- und Langsamfahrsignalen und dem sogenannten
Gefahrpunkt, d.h. der durch die Signale zu schützenden Stelle. Bei der Bemessung der
Entfernung vom Vorsignal zum Hauptsignal liegt allgemein der Gedanke zugrunde,
daß ein am Vorsignal aus voller Streckengeschwindigkeit gebremster Zug noch mit
voller Sicherheit vor dem Hauptsignal zum Stillstand gebracht werden kann. Dieser
Fall tritt ein, wenn der Lokomotivführer bei dichtem Nebel das Vorsignal erst im
Vorbeifahren als „Vorbereitung auf Halt“ erkennt. Die Entfernung muß also
gleich dem Gefahrbremsweg vergrößert um einen Sicherheitszuschlagswert sein. Die
Bahnverwaltungen haben hierüber entsprechend den Streckenneigungen bestimmte Werte
festgesetzt. Für den Betrieb mit Hochgeschwindigkeiten wird die Entfernung in der
Wagerechten auf 700 m zu bemessen sein. Die Entfernung des Haltsignals vom
Gefahrpunkt – erste Bahnhofsweiche, Schluß eingefahrener Züge, Stelle, bis zu der
Rangierfahrten auf dem Einfahrgleis vorgenommen werden –, zeigt ebenfalls bei den
Bahnverwaltungen verschiedene Werte. Sind diese sehr groß, so wird die
Signalstellung und Verständigung mit einem vor dem Signal liegenden Zuge erschwert.
Der Wert der großen Schutzentfernung ist unbestreitbar, wenngleich die Gefahr nahe
liegt, daß durch das Zugeständnis, das Haltsignal kann im Notfall um einen gewissen
Weg überfahren werden, ohne daß ein Zusammenstoß eintritt, die unbedingte Achtung
vor dem Haltsignal sinken könnte, d.h. das Bestreben möchte nachlassen, mit allen
Mitteln danach zu streben, vor dem Haltsignal zum Stillstand zu kommen. Wenn möglich
sollte der Schutzweg nicht weniger als 100 m betragen. Für außerordentliche,
unerwartete Haltsignale an beliebiger Stelle der Strecke wird er natürlich auf
mindestens Notbremsweglänge zu vergrößern sein, da mit dem Sichten des Haltsignals
im Augenblick der Vorbeifahrt immer gerechnet werden muß. Langsamfahrsignale müssen
so rechtzeitig vor der Langsamfahrstelle gegeben werden, daß der Zug bis zu ihr die
Geschwindigkeit vorschriftsmäßig ermäßigen kann. Bei zu schonenden Gleisstellen ist
es besonders wichtig, daß der Zug nicht im Bremslauf, sondern im Freilauf über sie
hinfährt. Der Anfang der Langsamfahrstelle muß gekennzeichnet sein; ist dies nicht
der Fall, so weiß der Lokomotivführer in der Regel nicht, wo sie beginnt. Am
zweckmäßigten ist es, für die Entfernung des Langsamfahrsignals vom Anfangssignal
einen einzigen Wert vorzusehen. Wird das Signal am Anfang der Strecke als wirkliches
Signal mit Recht gewertet, weil es den Befehl zur Langsamfahrt von dieser Stelle an
gibt, wobei dann das vorgeschobene Langsamfahrsignal etwa als Vorsignal anzusprechen
wäre, so muß der Endpunkt der Langsamfahrstelle durch ein Merkzeichen kenntlich gemacht werden, welches signalfremde Form und
Lichtfarbe zu erhalten hat; denn es ist selbstverständlich, daß am Ende die volle
Fahrt wieder aufgenommen wird, eines besonderen Signalbefehls hierzu bedarf es
nicht.
Die Ausbildung der außerordentlichen Halt- und Langsamfahrsignale auf große
Fernsichtbarkeit und Auffälligkeit ist ungleich schwieriger als bei den ordentlichen
Signalen; insbesondere bei den Tagformen, weil die Signale wegen ihrer Tragbarkeit
nur an Pfählen begrenzter Länge angebracht werden können. Um eine größere Höhe über
SO. als bisher üblich zu ermöglichen, ist es empfehlenswert, die Signalscheiben
durch Spannschnüre, die an im Erdboden eingetriebenen Pflöcken angreifen, gegen
Umfallen zu sichern. Die Signalisierung soll, wie schon früher ausgeführt, nur durch
die Form, nicht durch die Farbe des Anstrichs erfolgen. Für Haltscheiben wird ein
liegendes Rechteck mit großer wagerechter Längenausdehnung zweckmäßig verwendet, um
die bessere Fernsichtbarkeit durch Annäherung an die Flügelform herzustellen. Für
Langsamfahrsignale ist eine Fläche empfehlenswert, die sich um einen Mittelpunkt
lagert: Kreis, Quadrat, Dreieck. Für Merkzeichen ist ein stehendes, schmales
Rechteck zu wählen, das sich leicht profilfrei zwischen Gleisen aufstellen läßt. Für
die Dunkelheit stehen Signallichter zur Verfügung. Vorübergehend langsam zu
befahrende Gleisstellen werden zweckmäßig am Anfangspunkt hell beleuchtet. Die
Sicherung bei Nebel dürfte noch durch Versuche mit Starklicht (Azetylenbrenner) oder
Fackeln zu studieren sein, da die Signallaternen mit schwacher Lichtstärke
namentlich bei unerwarteten Signalen nur zu leicht übersehen werden können.
Die wenigen Signalmittel, die in vorstehenden Ausführungen als praktisch brauchbar
erkannt wurden, zwingen die Signaltheorie, die Anzahl der darzustellenden
Signalbegriffe nach Möglichkeit einzuschränken. Die Fortentwicklung eines
vorhandenen Signalsystems, das für Hochgeschwindigkeiten brauchbar sein soll, muß zu
einfachen, leicht aufnehmbaren Signalbildern führen. Die drei Begriffe am
Hauptsignal – Halt, Langsam, Volle Fahrt – lassen sich klar und eindeutig durch
Einflügler darstellen, deren Flügel wagerecht, schrägabwärts und schrägaufwärts
stellbar sind. Für die Dunkelheit geben 1 oder 2 rote, 1 grün und 2 grüne Lichter
die besten Signalbilder. Grün bedeutet die freie Fahrt und als Doppellicht –
gleichsam in doppelter Bejahung die volle Fahrt. Erlischt ein Licht, so verwandelt
sich „Volle Fahrt“ in „Langsame Fahrt.“ Für das Haltsignal ist rotes
Doppellicht ratsam, da die Gefahr des Fehlens jeglichen Lichts vermindert ist und
Mehrkosten durch das zweite Licht nicht entstehen, da die zweite Laterne für die
„Volle Fahrt“ erforderlich ist. Allerdings muß die Anschauung überwunden
werden, als müsse einem Flügel immer nur ein Licht entsprechen. Da es eine Forderung
zur Ausnutzung der drei Flügellagen ist, nur Einflügler zu verwenden, so können
kostspielige Mehrflügler ganz vermieden werden, ohne Nachteile einzutauschen.
Am Vorsignal bietet der Flügel die Möglichkeit, im Gegensatz zum Scheibenvorsignal
ohne Schwierigkeit durch die drei Flügellagen auf die drei Stellungen des
Hauptsignals vorzubereiten, wobei die vom Verfasser angegebene Erkennungsscheibe am
Signalmast in bester Weise das Vorsignal zum Ausdruck bringt. Bei Dunkelheit lassen
sich unter Zuhilfenahme der dritten Signalfarbe, des gelben Lichts (Bernsteinlicht
in Amerika, Brandgult in Dänemark), durch ein Doppellicht in Schräglage die besten
Signalbilder erzielen:
Doppelgelb =
Vorbereitung
auf
Halt,
Doppelgrün =
„
„
Volle Fahrt.
Für den in der Mitte liegenden Begriff „Vorbereitung auf
langsame Fahrt“ ist nichts natürlicher als die Zusammensetzung des
Doppellichts aus je einem Licht der beiden Grenzzustände, also grün-gelb. Am
Vorsignal muß also immer Doppellicht erscheinen. Die Unterscheidung gegen die
Signallichter des Hauptsignals ist in glücklichster Weise erreicht, selbst Erlöschen
von Signallichtern am Vorsignal kann keine gefahrbringenden Irrtümer herbeiführen,
wie leicht zu übersehen ist.
Die Tagesformen der außerordentlichen Halt- und Langsamfahrsignale wurden bereits in
den Grundzügen erörtert. Für die Dunkelsignale ist zu beachten, daß das
vorgeschobene Langsamfahrsignal einem Vorsignal, das Signal am Anfang der
Langsamfahrstelle einem Hauptsignal, welches „Langsam“ signalisiert,
entspricht: Das erstere wird daher Doppelgrün, das letztere Einfachgrün erhalten
müssen; der Unterschied gegen die ordentlichen Vor- und Hauptsignale ist durch die
verschiedene Höhe der Lichter über SO. gewahrt. Das Merkzeichen am Ende kann
signalfremdes, blaues Lichtzeigen, das keinen Anspruch auf Fernsichtbarkeit zumachen
braucht.
Ueber die Signalisierung ständiger Langsamfahrstellen – schlecht übersichtliche
Bahnhofseinfahrten, starke Gefälle, Krümmungen und Gegenkrümmungen, ablenkende
Weichen, Bauwerke – sind die Ansichten der Signaltechniker noch recht geteilt.
Grundsatz für Strecken mit Hochgeschwindigkeiten muß selbstverständlich sein,
ständige Langsamfahrstellen zu vermeiden. Zunächst greift die Erwägung Platz, ob
Signale oder Merkzeichen zur Unterstützung des Gedächtnisses angewendet werden; für
beide finden sich Beispiele in England, Dänemark, Oesterreich und Deutschland. Bei
Signalen muß die Beleuchtung bei Nacht (Signallicht) gefordert werden, bei
Merkzeichen kann sie zum Vorteil der Sparsamkeit entbehrt werden. Die Frage wird
sich in der Weise entscheiden lassen, daß sehr geringe Geschwindigkeiten durch
Signal befohlen werden, während dort, wo nur geringe Ermäßigungen der
Geschwindigkeit eintreten, Merkzeichen genügen werden.
Züge mit Hochgeschwindigkeiten werden bei Nacht zweckmäßig durch ein besonderes
Lichtsignal an der Lokomotive zur Hervorhebung von andern langsamer fahrenden Zügen
ausgezeichnet. Einfach und charakteristisch zugleich ist ein Doppellicht in
Senkrechtlage – eine Laterne auf der Bufferbohle, die andere am Schornstein –
(Dänemark) oder eine Dreilichtergruppe, gebildet aus den beiden Laternen auf der
Bufferbohle und dem eben erwähnten Stirnlicht. Bei Fahrt auf „falschem Gleis“
wird der Zug des besonderen Signals entkleidet, weil bei solcher außergewöhnlichen
Fahrt auf einem immer nur kurzen Streckenabschnitt Hochgeschwindigkeiten unzulässig
sind: Es tritt die Rotblendung beider Bufferlaternen ein, wodurch ein weithin
sichtbares Gefahrsignal gegeben wird. Die Kennzeichnung des Zugschlusses bei Nacht
ist zweckentsprechend, wie sie das deutsche Signalbuch vorsieht: Drei rote Lichter,
eins etwa in Bufferhöhe, die beiden andern als Oberwagenlaternen zu beiden Seiten
des Schlußwagens. Dieses rote Gruppenlicht in Dreieckform kann durch Zufälligkeit
nicht leicht entstehen. Ein einziges rotes Schlußlicht, wie es viele Verwaltungen
vorsehen, kann wegen der Gefahr des Erlöschens als nicht betriebssicher angesehen
werden. Außerdem werden die Oberwagenlaternen zum Kenntlichmachen des Schlusses,
hauptsächlich gegen den Lokomotivführer, gebraucht. Dieses Rücklicht müßte, da es
kein Signal, sondern nur Merkzeichen ist, signalfremdes, farbiges Licht sein. Da es
aber auf 500 bis 600 m fernsichtbar sein muß, so kann nur ungeblendetes Licht oder,
wohl oder übel, gelbes Licht, welches bei irrtümlicher Auffassung eines
Lokomotivführers eines Gegenzuges keine Gefahr in sich birgt, zugelassen werden.
Ungeblendetes Licht kann störend wirken, indem es andere, in der Sichtlinie liegende
farbige Signallichter überstrahlt, so daß Gelb als brauchbare Blendfarbe übrig
bleibt.
In den meisten Signalordnungen sind mehr oder weniger Signale an Zügen vorgesehen,
welche Mitteilungen an das Streckenpersonal über Sonderzüge enthalten.
Schnellzüge mit Hochgeschwindigkeiten werden derartige Signale kaum tragen dürfen, da
ihr nicht rechtzeitiges Erkennen oder Uebersehen nur zu leicht möglich ist.
Für die Betriebssicherheit von größter Bedeutung ist die Streckenkenntnis der
Lokomotivführer: Fernsichtbarkeit der Signale, kräftige Bremswirkung des Zuges und
sichere Streckenkenntnis des Lokomotivführers sind die drei Grundpfeiler des
gefahrfreien Betriebes mit Hochgeschwindigkeiten. Je länger eine und dieselbe
Strecke befahren wird, um so mehr wächst das Vermögen des Führers, sich in
dunkelster Nacht, bei dichtestem Nebel während der Fahrt zurechtzufinden: Das Rollen
über einen Durchlaß, die Fliehkraftwirkung- einer Krümmung nach der einen oder andern
Seite, die nächste Umgebung der Strecke müssen ihn jeden Augenblick die Stelle mit
Sicherheit bestimmen lassen, wo er sich befindet. Daß dies möglich ist, wird jeder
Lokomotivführer bestätigen. Hauptsache bleibt, er wird keinen Augenblick von der
Streckenbeobachtung abgelenkt. Insbesondere muß der Lokomotivführer die Signale so
sicher zu finden wissen von jeder beliebigen Stelle der Strecke in Sichtweite des
Signals, wie man in einem dunklen, bekannten Zimmer mit unfehlbarer Sicherheit die
Hand auf die Türklinke legt, auf die man zuschreitet. Häufige Versetzungen der
Lokomotivführer mit sofortiger Einstellung in den Schnellzugdienst sind daher streng
zu vermeiden.
Die vorstehenden Ausführungen bringen eine Reihe von Anregungen, deren Ursprung in
den jetzigen Betriebsverhältnissen liegt. Die wichtigsten seien
zusammengestellt:
1. Erfolgreiche Arbeit im Signalwesen ist nur bei eingehendster Würdigung des
Lokomotivfahrdienstes zu leisten.
2. Signalwesen und Bremswirkung der Züge sind nur in gegenseitiger Abhängigkeit
fortzuentwickeln.
3. Die größte Bremsverzögerung, die ohne Schaden für die Reisenden und mit Rücksicht
auf die Baustoffbeanspruchung der Fahrzeuge und des Oberbaues zulässig ist, muß
durch Versuche festgestellt werden. Diese Größtverzögerung stellt das Ziel der
bremstechnischen Arbeiten dar.
4. Die Verringerung der Bremswege ist durch Verwendung eines Zugsanders anzustreben,
der in Anlage, Betrieb und Wirkung vorteilhafter zu sein verspricht als eine Bremse
mit selbsttätig abfallendem Bremsdruck.
5. Die Sinnes- und Verstandestätigkeit des Lokomotivführers wird die Grenze der
Fahrgeschwindigkeit niedriger legen als die technischen Einrichtungen, solange
nicht völlig zuverlässig wirkende Einrichtungen den Zug vor einem Haltsignal
selbsttätig zum Anhalten zu bringen vermögen.
6. Vor allen Haupteinfahrsignalen ist in einer von den Gefällverhältnissen
unabhängigen, stets gleich groß festgesetzten Entfernung ein Bremsmerkzeichen
aufzustellen. Wird an diesem eine Betriebsbremsung eingeleitet, so kommt der Zug mit
Sicherheit vor dem Haltsignal zum Stillstand. Dieses Bremsmerkzeichen gilt
gleichzeitig als Signalankündiger.
7. Weißes, ungeblendetes Licht ist zur Signalgebung unzulässig.
8. Tagsignalbilder sollen nur durch die Form und Lage des Signalmittels,
Nachtsignalbilder nur durch farbiges Licht gegeben werden.
9. Die größtmögliche Fernsichtbarkeit der Signale muß durch den Standort unterstützt
werden.
10. Die Tagsignalbilder müssen sich als Schattenriß am Himmel darstellen.
11. Die Nachtsignallichter dürfen in der Sichtlinie des Lokomotivführers nicht mit
Starklichtern zusammenfallen.
12. Das Vorsignal muß zum Nutzen der Fernsichtbarkeit ein Flügelsignal am Hochmast
sein. Die Bauart des Verfassers „Flügelvorsignal mit Erkennungsscheibe“ gibt
eine einfache Lösung der gestellten Aufgabe.
13. Es sind nur einflügelige Hauptsignale zu verwenden mit drei Flügelstellungen für
Halt, Langsam und Volle Fahrt.
14. Das Vorsignal muß auf alle Signalbegriffe des Hauptsignals
vorbereiten.
15. Die erste Maßnahme gegen das Ueberfahren von Haltsignalen besteht darin, der
Notwendigkeit eines Haltsignals vorzubeugen.