Titel: | Das elektrotechnische Laboratorium des Polytechnischen Instituts zu Worcester. |
Autor: | Erich Schneckenberg |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 651 |
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Das elektrotechnische Laboratorium des
Polytechnischen Instituts zu Worcester.
Von Erich Schneckenberg.
Das elektrotechnische Laboratorium des Polytechnischen Instituts zu
Worcester.
Im Jahre 1896 eröffnete das Polytechnische Institut in Worcester (Massachusetts)
eine besondere Abteilung für Elektrotechnik; zunächst innerhalb der bereits
vorhandenen Einrichtungen und Laboratorien. Die Entwicklung der Abteilung ist in
Fig. 1 dargestellt durch die Zahl der
Studierenden in den einzelnen Jahren. Danach war es im Jahre 1907 nötig, der
Abteilung ein eigenes Haus zu schaffen.
Textabbildung Bd. 324, S. 651
Fig. 1. Die Zahl der Elektrotechnik Studierenden, bei Schluß im Juni, während
der Jahre 1898–1909.
Dieses neue Gebäude bedeckt eine Grundfläche von rd. 1850 qm und liegt auf
ansteigendem Gelände. Es ist zusammengesetzt aus einem rechteckigen Hauptteil von
16,75 m Breite und 61 m Länge, dem Großlaboratorium, und zwei an dessen Enden
liegenden Seitenflügeln von 16,75 m Breite und 21,5 m Länge, die unter sich durch
einen an jenem Hauptteil gelegenen Flur- und Treppenbau verbunden sind.
Das Großlaboratorium ist als hoher Hallenbau ausgeführt. In halber Höhe ist
ringsherum eine breite Galerie angelegt, die in der Mitte eine 8,5 m breite Oeffnung
über fast die ganze Länge der Halle freiläßt. Säulen aus Walzeisen stützen die
Galerie und das Dach und tragen die Schienen für einen 10 t Laufkran, der das ganze
Versuchsfeld unterhalb jener Oeffnung bestreicht und überall auch auf die Galerie
Lasten gerade noch absetzen kann. Zur Lastenbewegung auf der Galerie dient eine 2 t
Hängebahn. Das Versuchsfeld unten ist zum größten Teil nicht unterkellert, hat einen
versenkten gußeisernen Rost zum Festschrauben beliebig großer Maschinen und
dazwischen Kanäle zum Einlegen der den Strom zuführenden Kabel.
Mit dem Versuchsfeld in gleicher Höhe liegt in dem einen Seitenflügel der
Vortragssaal. Dorthin zum Rednerstand vor einer großen Schalttafel führt von der
Haupthalle eine 2 t Hängebahn, um auch größere Versuchsapparate für den Vortrag
leicht in den Saal bringen zu können. Der Hörsaal hat 300 Sitzplätze; Schreibplatten
sind nicht vorhanden. Unter dem Saal, im Kellergeschoß, das aber bei dem
abfallenden Gelände hier ganz und gar zutage liegt, befindet sich der
Hoch-spannungs- und Isolationsprüfraum. Ueber dem Hörsaal ist der Normalien- und
Aichraum.
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Fig. 2. Das Kellergeschoß: A Materialienlager. B Kein Kelleraum,
sondern festes Erdreich für den Bodenbelag der Laboratoriums-Haupthalle. C Arbeitsgrube unter den Bahnwagenständen. D Akkumulatorenbatterie. E Lehrsaal. F Telephon- und
Telegraphensaal. G Uebungssaal. H Heizungs- und Lüftungsanlagen. J Schränke. K
Heizdampfhauptrohre. L Toiletten. M Feuerdichtes Gewölbe. N Hochspannungs- und Isolationsprüfraum. O Lageraum.
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Fig. 3. Das erste Stockwerk. A Laboratoriums Haupthalle. B Werkstatt. C Instrumente. D Prüfstände für Bahnwagen. E und F Schienenstränge nach außerhalb.
G Schalttafel. H
Hängebahn von 2 t Tragkraft. J Aufsichtszimmer. K, L und M Räume für
Vorstand und Verwaltung der elektrotechnischen Abteilung. N Bibliothek für Elektrotechnik. O Flur und Treppen. P
Freitreppe. Q Hörsaal. R Rednerstand und Schalttafel; darüber weiter vorn die
Hängebahn.
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Fig. 4. Das zweite Stockwerk. A Vom elektrischen 10 t-Laufkrahn bestrichenes
Arbeitsfeld der Laboratoriums-Haupthalle. B Galerie
mit Arbeitsplätzen. C 2 t-Hängebahn. D Lehrerzimmer. E
Blaupausraum. F Bureau. G Lehr- u. Uebungssaal. H Zeichensaal.
J und K
Nebenräume. L Lehrerzimmer. M Normalen- u. Aichraum.
In dem andern Seitenflügel ist unten ein besonderes Laboratorium für Telephon-
und Telegraphiereinrichtungen, sowie Unterrichts- und Uebungsräume. Darüber sind die
elektrotechnische Bibliothek und die Räume für Verwaltung und Leitung der
elektrotechnischen Abteilung des Instituts. Im obersten Stockwerk ist ein großer
Zeichensaal, ein kleinerer Uebungssaal und ein Blaupausenraum.
Außer den genannten Haupträumen sind noch eine Anzahl kleinerer Zimmer zur Verfügung,
als Lehrerzimmer und dergl. Der Grundriß der einzelnen Stockwerke ist
dargestelltMaßstab 1 :
890. in den Fig. 2, 3 und 4. Die im
Gebäude insgesamt vorhandene Bodenfläche beträgt 4000 qm. Davon haben erhalten die
Laboratoriumsräume 2000 qm, der Flur- und Treppenbau 520, die Vortrags- und
Unterrichtsräume 440, der Zeichensaal 200, die Bibliothek 120. Die übrigen 720 qm
entfallen auf die kleineren Räume, das Materialienlager, den Akkumulatorenraum
usw.
Das Gebäude ist nicht ganz und gar feuersicher ausgeführt; aber die Längs wand
zwischen der Haupthalle und dem Seitenbau dient als Brandmauer, und sämtliche Türen
darin sind feuerfest und schließen sich selbsttätig. Im übrigen sind im Gebäude
vierzehn zweizöllige Schlauchleitungen an die städtische Wasserleitung
angeschlossen.
Ausgeführt wurde der Bau von der Worcester-Baugesellschaft, unter der Oberleitung des Vorstehers der
Abteilung für Bauingenieurwesen des Instituts. Der Bau kostete einschließlich der
Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen 500000 M., entsprechend 20 M/cbm
Rauminhalt.
Die Heizung der Haupthalle geschieht durch Heizkörper unmittelbar; diejenige der
Seitenflügel dagegen durch Zuführung erwärmter Luft von einer Heizkammer her, die
unter der Eingangstreppe des Gebäudes liegt, und durch Abführung der alten Luft
durch einen Luftschacht in jedem Seitenflügel. Die gesamte erforderliche Wärmemenge
wird vom Hauptkraftwerk des Instituts mittels Abdampf und Frischdampf
übertragen.
Die Beleuchtung geschieht vorwiegend durch 220-voltige Glühlampen mit
Holophanglasschirmen, auch im Vortragssaal. Die Haupthalle wird im Allgemeinen
erhellt mit Bogenlampen, deren Licht aber an den einzelnen Arbeitsplätzen noch
ergänzt wird durch Glühlampen. Auch Nernstlampen, Effektbogenlampen und
Quecksilberdampflampen sind an passenden Stellen verwandt.
Dem Laboratorium wird die elektrische Energie zugeführt in Kabeln vom Hauptkraftwerk
des Instituts, und zwar zum größeren Teil als zweiphasiger Wechselstrom von 2200 V
bei 60 Perioden, zum andern Teil als Gleichstrom von 220 V. Für diesen Zweck sind
dort 3 Maschinen und 4 Kessel aufgestellt worden, deren gesamte Nennleistung 600 PS
ist; sie können aber beträchtlich mehr belastet werden. Die Einheiten sind 75,
175 und 350 PS, sämtlich unmittelbar gekuppelt mit den Stromerzeugern. Die ganzen
Schaltanlagen wurden mit Rücksicht auf Unterrichtszwecke entworfen. Die Haupthalle
enthält einige 50 Motoren und Stromerzeuger, sowohl solche der wichtigsten
marktgängigen Bauarten als auch Sonderausführungen für Laboratoriumszwecke. Es ist
dort vorhanden ein 300 PS Motor und ein 200 KW Stromerzeuger, und dann kleinere
Maschinen bis hinunter zu 1 KW; die Leistung aller dieser zusammen wäre 1500 KW oder
2000 PS. An Transformatoren sind über 40 vorhanden, ebenfalls marktgängige sowie
besondere Konstruktionen; unter letzteren einer für 500000 V, und zwei andere für
200000 V Spannung bei einer Leistung von je 100 KVA. Ferner 4 Transformatoren von
150 KVA Leistung mit Schaltungen für Zweiphasen- oder Dreiphasenbetrieb, und 6
selbstregulierende Transformatoren mit Schaltern für Vielspannungs- und
Mehrphasenbetrieb.
Der Prüfstand für elektrische Bahnwagen hat zwei Gleise, die in Verbindung sind mit
denen der Orts-Straßenbahn und dadurch auch mit denen der Städtebahnen ganz
Neu-Englands; er liegt unmittelbar an dem Einfahrtstor des Großlaboratoriums, unter
dem Laufkran. Unter dem einen Gleis ist dort eine Arbeitsgrube angelegt, damit man
das Wagengestell von unten besichtigen kann. Das andere Gleis führt zu dem
eigentlichen Versuchsstand, wo die Wagen oder Lokomotiven ortsfest fahren können,
indem sie sich mit ihren Rädern auf Gegenräder stützen, deren Wellen mit besonderen
Bremsdynamometern und Schwungrädern ausgerüstet sind. Die Gegenräder können für jede
Bauart von Wagen passend eingestellt werden. Die Schwungräder ersetzen die Wirkung
der Trägheitsmasse, welche der ortsfrei fahrende Bahnwagen hat; ihr Gewicht läßt
sich verändern, so daß es für Wagen ganz verschiedener Gewichtsmassen paßt. In
seiner Stellung auf den Gegenrädern wird dabei der Wagen festgehalten durch einen
Anschlag, der den ausgeübten Schub auf ein Zugdynamometer überträgt. Meßinstrumente
zeichnen den Energieverbrauch, die Fahrgeschwindigkeit, den Schub und andere
wichtige Beobachtungen selbsttätig auf.
Außerdem dient ein vollständiger Städtebahnwagen mit 2 Drehgestellen und 4 Motoren,
der mit besonderen Instrumenten ausgerüstet ist, als Meßwagen entweder im
Laboratorium auf dem Versuchsstand oder draußen auf einzelnen Bahnstrecken. Daneben
sind, auch im Laboratorium sonst noch verschiedene Bahnmotoren, Brems-, Kontroller-,
Leucht-, Heiz- und Signaleinrichtungen derart aufgestellt, daß ihre Wirkung
beobachtet und erprobt werden kann.
Der Normalien- und Aichraum enthält Normalien der verschiedenen elektrischen
Einheiten und Instrumente von erstklassigen Fabriken, wie selbsttätig aufzeichnende
Apparate, Oscillographen usw. Zurzeit ist der Wert der vorhandenen elektrischen
Einrichtungen des Laboratoriums rd. 500000 M.