Titel: | Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt. |
Autor: | Ansbert Vorreiter |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 648 |
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Der gegenwärtige Stand der
Motorluftschiffahrt.
Von Ingenieur Ansbert
Vorreiter.
(Fortsetzung von S. 631 d. Bd.)
Der gegenwärtige Stand der Motorluftschiffahrt.
Motorballon System Krell von Siemens-Schuckert.
Dieser Motorballon ist der größte bisher gebaute Druckballon (unstarres System). Sein
Inhalt erreicht mit ca. 12000 cbm die Größe der Zeppelin-Luftschiffe. Die Länge des Ballons beträgt etwa 120 m bei einem
Durchmesser der Hülle von 13 m. Die Hülle ist aus dreifachem Continentalstoff bei
Ridinger in Augsburg hergestellt worden, der
zurzeit größten Fabrik für Ballonhüllen, die auch die Hüllen für die Motorballons
der Luftschifferabteilung, System Groß und andere
herstellte.
Die Gondel ist als Kielgerüstbalken fast so lang als der Ballon gebaut, und trägt 4
Motore, wovon je 2 in gleichem Abstand von einander so montiert sind, daß das
Gewicht möglichst gleichmäßig verteilt ist. Jeder Motor leistet 100 bis 110 PS. Wie
an allen größeren Luftschiffen sind die Motore mit Kupplungen versehen, so daß sie
beliebig ein- und ausgeschaltet werden können. Aehnlich wie an den Motorballons,
System Julliot, sind zu beiden Seiten jeder Motorgondel
an Armen aus Stahlrohr die Schrauben gelagert, im ganzen kommen also 4 Schrauben zur
Verwendung. Das Gondelgerüst wird nicht in der üblichen Weise durch Seile getragen,
sondern durch Stoffbahnen, um den Widerstand zu verringern. In der Mitte zwischen
diesen Traggurten sind noch sich kreuzende Gurte und Versteifungen angebracht, um
das Gondelgerüst mit dem Ballon zu versteifen.
Dieses Riesenluftschiff wird in Biesdorf bei Berlin untergebracht werden, wo eine
Ballonhalle von entsprechenden Dimensionen bereits im Bau ist. Die ersten
Versuchsfahrten dürften vielleicht im Herbst dieses Jahres noch beginnen.
Der neue Motorballon der englischen
Armee.
Textabbildung Bd. 324, S. 648
Schematische Zeichnung des neuen Motorballons der englischen Armee.St1 bis St3 =
Stabilisierungsflächen, bezw. Ballons. N Gondel mit
Motor M und Schraube T.
H Höhensteuer. S Seitensteuer. G, G1
Ventile.
Nachdem die englische Armee mit ihren Motorballons nach dem Kielgerüstsystem wenig
Erfolg hatte, ist der Bau von gerüstlosen Motorballons aufgenommen worden und ist
der erste dieser Ballons bereits fertiggestellt worden. Die Konstruktion Fig. 9 u. 10 zeigt insofern
Fortschritte, als die veraltete Form des zylindrischen Ballons mit halbkugelförmigen
Enden verlassen ist. Die neue Ballonform erinnert an den „Clement-Bayard“ und
den deutschen Ballon „Groß II“. Die Stabilisierungsflächen sind als
gasgefüllte Flossen ausgebildet, und ist diese Konstruktion eine Verbesserung der
gleichen Zwecken dienenden Stabilisierungsballons an den Motorballons „Ville de
Paris,“
„Clement-Bayard“ und „Ville de Bordeaux.“ Die Gondel hat die
langgestrekte Form eines Kielbalkens, wie an den vorgenannten französischen
Luftschiffen. Das Seitensteuer ist hinter einer Kielfläche über der Gondel
angebracht, und die Drehachse des Steuers befindet sich etwas vor der Mitte der
Fläche. Das Höhensteuer ist ebenfalls hinten an der Gondel angebracht. Die Schraube
wurde erst wie an der „Ville de Paris“ vorn gelagert, jetzt werden Versuche
gemacht mit Lagerung der Schraube über der Gondel wie beim „Parseval.“ Die
Schraube ist aus Stahlrohr mit Aluminiumflügeln hergellt. Auch die Gondel ist aus
Stahlrohr gebaut, und mit Stoff überzogen. Der Ballon ist nur etwa 28 m lang bei 7 m
. auch dieser englische Motorballon ist demnach nur zu kurzen Fahrten
geeignet. Man beabsichtigt derartige kleine Motorballons auf den großen
Kriegsschiffen zu verwenden, und sollen bereits mehrere ähnliche Ballons im Bau
sein. Jedenfalls muß ein solches Schiff besonders dafür gebaut sein, um den Aufstieg
eines solchen, immerhin viel Raum beanspruchenden Luftschiffes, zu ermöglichen,
gefährlich dürften namentlich die Schornsteine der Dampfkessel sein.
Motorballon von Julliot-Lebaudy. Luftschiffe der französischen Armee.
Im Jahre 1905 erregte in Paris ein Luftschiff Aufsehen, das besser als alle bis dahin
gebauten steuerfähig war, und eine verhältnismäßig große Geschwindigkeit
entwickelte. Ferner zeichnete sich das Luftschiff durch seinen ruhigen Lauf aus, es
stampfte, schlingerte und rollte nicht. Es war dies das erste von dem Ingenieur Julliot in den Werkstätten der Gebrüder Lebaudy gebaute Luftschiff mit Kielgerüst, das
sogenannte halbstarre System. Dieser „Lebaudy“ später „Jaune“ wegen
seiner gelben Farbe genannte Motorballon wurde von der französischen
Militärverwaltung übernommen, und ein zweiter größerer derselben Konstruktion
bestellt. Dieser gelangte im November 1906 zur Ablieferung, und übertraf erheblich
in bezug auf Geschwindigkeit den „Lebaudy.“ Das neue Luftschiff erhielt den
Namen „Patrie,“ und ist durch seine gelungenen Fahrten berühmt geworden, bis
es durch einen Sturm am 1. Dezember 1907 von Verdun aus entführt wurde, und seitdem
verschollen ist. Dieses Luftschiff ist für die Motorballons mit Kielgerüst
vorbildlich geworden, aus dieser Type hat sich die Konstruktion von Groß für die deutsche Armee, und das englische
Militärluftschiff entwickelt, und zwar ist das deutsche Militärluftschiff als eine
Verbesserung anzusehen, was vom englischen „Nulli Secundus“ und „Dirigabl
II“ nicht behauptet werden konnte.
An Hand der nachstehenden schematischen Zeichnung Fig.
11 soll das System Julliot-Lebaudy näher
beschrieben werden. Das charakteristische ist die Anordnung eines Gerüstes aus
Stahl- und Alluminiumrohren unter dem Ballon. Dieses Gerüst versteift den Ballon
selbst, und dient zur Befestigung der Tragseile für die Gondel. Die von den Enden
des Ballons schräg nach der Gondel laufenden Tragseile können dadurch keine
zusammendrückende Wirkung auf die Ballonhülle ausüben, diese Beanspruchung nimmt
vielmehr das Gerüst auf. Nach hinten ist das Gerüst zu einer in Querschnitte
kreuzförmigen Stabilisierungsfläche F verlängert, an
der hinten das Seitensteuer H angebracht ist.
Hinten am Ballon sind ebenfalls flügelförmige Stabilisierungsflächen St1–St3 angebracht. Diese Flächen bestehen aus doppelten
Stofflagen die über ein Gerüst aus leichten Rohren gespannt sind. Letztere reichen
in den Ballon hinein, wo sie mit einander verbunden sind. Die andern Enden der Rohre
sind außen in der Mittelachse des Ballons miteinander verbunden, auf diese Weise
stützen sich die Gerüste der Flächen gegenseitig, außerdem sind die Flächen mit dem
Ballon durch Seile verspannt. Das Kielgerüst K hat
einen ⊤-förmigen Querschnitt, der obere Teil ist mit Stoff überzogen, ebenso die
hintere Hälfte des unteren vertikalen Teils. Dort ist auch der Ventilator für das
Ballonet B gelagert, der durch ein Seil angetrieben
wird, auch Antrieb mittels biegsamer Welle ist versucht worden. Jetzt will man den
Antrieb mittels eines kleinen hydraulischen Motors versuchen, da der Antrieb mit
Seil schon zu Störungen Anlaß gegeben hat. Vorn am Kielgerüst ist das Höhensteuer
angebracht in Form einer drehbaren Fläche auf jeder Seite des Gerüstes. Die Gondel
hängt an Stahlseilen am Gerüst. Mit dem pyramidenförmigen Fuß kann das Luftschiff
auf der Erde stehen, und läßt sich auf ihm sehr leicht in jede gewünschte Richtung
drehen, ehe es aufsteigt. Ferner dient dieser Fuß zum Schutz der Schrauben T bei der Landung, da die Schrauben zu beiden Seiten
der Gondel an langen Armen aus Stahlrohr angebracht sind. Die Schrauben werden durch
konische Zahnräder Z angetrieben, und zwar sind auf
zwei Verlängerungen der Motorwelle kleine Zahnräder angebracht, die in grossere auf
den Schraubenwellen befindliche, eingreifen. Der Motor ist demnach quer zur
Flugrichtung des Luftschiffes gelagert. Er steht etwa in der Mitte der Gondel,
hinter demselben der Kühlapparat links an der Seitenwand der Gondel. Ein hinter dem
Kühler angebrachter Schraubenventilator saugt Luft durch den Kühler. Der Motor von
Panhard-Levassor gebaut, hat 4 Zylinder, und
leistet bei etwa 1200 Touren i.d. Minute 75 PS. Vor dem Motor in der Gondel ist der
Platz für die Führer, dort sind die 2 Handräder L für
das Seiten- und Höhensteuer angebracht, ferner alle Instrumente, wie Barometer,
Barograph, Kompaß, Druckmesser für Ballon und Ballonet, Steigungsmesser usw. Die
Gondel hat die Form eines Bootes, unter dem Fußboden ist hinter dem Pyramidenfaß der
Auspufftopf A angebracht, im Fuß das Reservoir R für den Brennstoff. Die Gondel bietet Raum für 6
Personen, hiervon sind 2 Personen für die Steuerung und Bedienung erforderlich.
Textabbildung Bd. 324, S. 649
Fig. 11. Motorballon von Julliot-Lebaudy.
Die Ballonhülle hat eine Länge von etwa 60 m, der Durchmesser beträgt 10 m. Der
Inhalt des Ballons ist etwa 3200 cbm. Das Ballonet faßt 400 cbm. Der Ballon kann
eine Nutzlast von 1200 kg tragen. Die Geschwindigkeit beträgt 18 m in der Sek.
Zum Landen sind vorn und hinten am Kielgerüst Haltetaue angebracht, ferner Haltetaue
und Schleppseile am Fuß der Gondel.
Die Leistungen dieses Luftschiffes waren recht zufriedenstellend, es erwies sich als
durchaus brauchbar für die militärischen Anforderungen. Es sei jedoch auf einen
Mangel der Konstruktion aufmerksam gemacht, dies ist die Anordnung der Schrauben
tief unter dem Widerstandsmittelpunkt des Luftschiffes, da die Schrauben zu beiden
Seiten der Gondel wirken. Infolgedessen verursachen sie ein Kippmoment, da die
Gondel dem Ballon vorzueilen sucht, und dadurch den Ballon vorn hebt. Um dies
Kippmoment auszugleichen, kann der
Stabilisator hinter dem Kielgerüst eingestellt werden, und zwar muß die hintere Kante
desselben etwas gesenkt werden. Bei der Fahrt steht demnach dieser Stabilisator
nicht genau parallel mit der Flugbahn, wodurch der Widerstand des ganzen
Luftschiffes etwas vermehrt wird. Bei den weiter unten beschriebenen
Kielgerüstluftschiffen System Groß ist dieser Mangel
dadurch erheblich gemindert, daß die Schrauben oben am Kielgerüst montiert sind. Das
System Julliot-Lebaudy hat sich jedoch im ganzen so
bewährt, daß es als Normaltyp bei der französischen Armee eingeführt wird. Auch
Rußland hat einen solchen Motorballon für seine Armee bestellt.
Ein gleicher Motorballon, der den Namen „Liberte“ erhalten soll, ist im Bau
und fast fertiggestellt. Die Länge beträgt etwa 67 m bei 10,8 , und der
Inhalt etwa 4200 cbm. Der Panhard-Motor leistet 135 PS,
und glaubt man eine Geschwindigkeit von 15 m in der Sek. erreichen zu können. Im
übrigen ist die Konstruktion dieselbe, wie bei der „Patrie“ und der am 25. v.
Mts. bei Moulins verunglückten „Republique.“ Zwei weitere etwas größere
Luftschiffe sind in Vorbereitung, und sollen bis Anfang 1910 fertiggestellt
sein.
Das System Lebaudy-Julliot ist jedenfalls das beste
französische Luftschiffsystem, doch hat im letzten Jahre auch das unstarre System
von Kapferer, das eine Vervollkommnung des Systems Renard darstellt, große Fortschritte gemacht. Der
Motorballon „Ville de Paris“ hat eine große Anzahl bestens gelungener Fahrten
ausgeführt und hält dieser Motorballon, was die Anzahl der Fahrten anbelangt wohl
den Rekord der Luftschiffe. Den Bau dieser Ballontype hat im vergangenen Jahre die
Automobilfabrik Clement-Bajard aufgenommen, und schon
der erste dort ausgeführte Motorballon hat in jeder Weise befriedigt. Der Clement-Bajard hat sofort bei seiner ersten Fahrt
ausgezeichnet funktioniert und eine Anzahl Fahrten ausgeführt, eine große
Geschwindigkeit entwickelt, ohne jedoch die Leistungen der deutschen Motorballons übertreffen
zu können.
Von französischen Motorballons ist noch ein neuer kleiner Typ bemerkenswert, den Compt de la Vaulx herausgebracht hat. Diese Ballontype
hat nur 750 cbm und einen Motor von etwa 20 PS. Mit einer Person besetzt, leistet
dieser Motorballon etwa 30 km i.d. Std. Die Füllung erfolgt mit Leuchtgas, da in
Frankreich Wasserstoffgas im allgemeinen teurer als in Deutschland ist. Man kann
nach Beendigung der Fahrt das Gas auslassen, und den Ballon in die Gondel verpacken.
Diese läßt sich außerdem in 3 Teile zerlegen, so daß sie auf einen Wagen verladen
werden kann. Dieser Ballontyp war namentlich für Luftschiffervereine konstruiert, da
er billig in der Anschaffung und im Betrieb ist. Seine erste Anwendung hat er jedoch
zur Reklame gefunden, 2 Pariser Zeitungen kauften resp. mieteten solche Ballons und
lassen dieselben bei schönem Wetter über Paris fahren, damit der Name der Zeitung
der in Riesenlettern auf die Ballonhülle geschrieben ist, nicht in Vergessenheit
gerät.
Bemerkenswert sind noch die Versuche mit Luftschiffen so schwer als Luft, sowohl Santos-Dumont als Malecot
haben im vergangenen Jahre ihre Versuche fortgesetzt, ohne jedoch ganz befriedigende
Resultate zu erzielen.
In den andern Ländern sind auf dem Gebiete der Luftschiffahrt keine so großen
Fortschritte gemacht worden, wie in Deutschland und Frankreich. Die englische
Militärverwaltung hat sich zwar Mühe gegeben, und baute aus Goldschlägerhaut einen
Motorballon mit dem stolzen Namen „Nulli Secundus,“ aber dieser Ballon hat
wenig befriedigt, und wurde nach seiner ersten Fahrt durch einen Sturm zerstört.
Neueste Konstruktionen von
Motorballons.
Neue Projekte von Motorballons sind jetzt an der Tagesordnung. In letzter Zeit geht
das Bestreben der Konstrukteure namentlich dahin, die Schraube möglichst im Zentrum
des Widerstandes wirken zu lassen. Der bereits ausgeführte Motorballon von De Marçail- Kluitmanns mit geteiltem Ballon und in der
Mitte gelagerter Schraube, gehört zu diesen Konstruktionen. Ferner das Projekt von
Brand in Amsterdam. Grosclande in Paris ist jezt mit einer ähnlichen Konstruktion an die
Oeffentlichkeit gekommen, wobei eine Schraube von besonderer Form vorn vor der
Spitze der Ballonhülle gelagert ist. Der Ballon erhält ein Kielgerüst, das hinten
kreuzförmige Stabilisierungsflächen trägt. Die Gondel wird als Boot ausgeführt, so
daß der Motorballon vom Wasser aufsteigen und auf dem Wasser landen kann. Zu diesem
Zwecke erhält auch die Gondel ein Seitensteuer wie ein Boot. An der Schraube fällt
die große Steigung und die Breite der Schraubenflügel auf.
Auch mehrere Gerüstballons sind in Arbeit, so von Professor Schütte in Danzig und Baurat Rettig in
Berlin, ferner Dipl.-Ingenieur Prill in Hamburg. Das
Gerüst von Prill soll aus Stahl hergestellt werden, und
zwar hofft der Erfinder, daß das Gerüst für ein Luftschiff von 18500 cbm nur etwa
3500 kg wiegen wird. Prill rechnet ein Gesamtgewicht
von 8400 kg aus, so daß ein Auftrieb für eine Nutzlast von 14000 kg verbleiben
würde. So hofft der Erfinder mit einem Benzinvorrat von 4000 kg einen Aktionsradius
von etwa 4000 km zu erreichen, um Reisen nach Amerika mit dem Luftschiff
auszuführen. Bemerkenswert an der Konstruktion von Prill ist namentlich der Einbau der Gondeln in den Ballon, eine Anordnung,
die auch Brand an seinem Luftschiff anwenden will. Der
Engländer Scott hatte schon, bald nach der
Erfindung des Luftballons, im Jahre 1789 diese Idee, doch wagte wegen der Nähe der
großen Gasmengen noch kein Ingenieur die Ausführung.
Auch die Idee des Vakuumluftschiffes, die schon der Jesuitenpater Francesco Sana vor Erfindung des Freiballons im Jahre
1650 ausgesprochen hat, will Prill wieder aufnehmen
Fig. 12. Er schlägt als geeignetes Material für
die Hülle, welche den äußeren Luftdruck auszuhalten hat, Hartgummi vor, und
berechnet für einen Ballon von 18 m bei 200 m Länge und 0,8 Vakuum einen
Auftrieb von 53000 kg. Bei dieser Größe berechnet Prill
eine Wandstärke von nur 4 mm, sodaß der Ballon ein Gewicht von etwa 44000 kg haben
würde, und ein Auftrieb für die Nutzlast von 9000 kg verbleibt.
Der Motorballon des Professor Schütte in Danzig ist ein
Gerüstballon, jedoch kommt für das Gerüst weder Aluminium noch Stahl in Anwendung,
sondern Holz. Wie bei Zeppelin, wird der Ballon in 17
Kammern geteilt. Die Anwendung von Holz statt Metall hat den großen Vorteil, daß das
Luftschiff weniger den elektrischen Erscheinungen der Atmosphäre ausgesetzt ist. Es
ist wahrscheinlich, daß sich das Gerüst aus Holz bei gleichem Gewicht ebenso
widerstandsfähig herstellen lassen wird, wie aus Aluminium. Natürlich muß auch
dieses Luftschiff, wie alle Gerüstballons, sehr groß gebaut werden, um eine
genügende Nutzlast zu tragen, und zwar wird der Schütte-Ballon etwa 130 m lang gebaut werden, so daß sein Inhalt etwa 13000
cbm betragen dürfte. Zum Antrieb der 4 Schrauben werden in die beiden Gondeln je 2
Motore von je 100 PS eingebaut.
Textabbildung Bd. 324, S. 650
Fig. 12. Prills Vakuumluftschiff.
A Schmiedeeisernes Band, B
Gummipackung, C Guttaperchahülle, D Fahrtrichtung, E Motorstände, F Vier Motoren
à 150 PS, G Kabinen, H Führerstand, J Universalsteuer, K Druck pa = 1 kg/qcm, K1
Druck pi = 1 kg/qcm, L Vakuum = 0,8 kg/qcm, M Winddruck.
Das Luftschiff soll in Mannheim stationiert werden, wo bereits der Bau einer großen
Ballonhalle ausgeführt wird.
Baurat Rettig in Berlin verwendet für seinen
Gerüstballon ebenfalls Holz. Es handelt sich jedoch nicht um ein Gerüst, das mit
Ballonstoff überzogen wird, oder in welches einzelne Ballons eingesetzt werden,
sondern Rettig macht die ganze Ballonhaut aus Holz,
etwa wie einen Schiffskörper. Zu dem Zwecke werden dünne Holzbretter miteinander
verbunden und verdichtet, und glaubt Rettig eine
größere Dichtigkeit der Hülle zu erzielen als bei Anwendung von gummiertem
Ballonstoff. Rettig verfolgt die alte Idee von Schwarz, den Ballon in gewisser Weise vom äußeren
Luftdruck unabhängig zu machen, doch bietet die Ausführung von Rettig mehr Aussicht auf Erfolg, als die von Schwarz. Holz ist steifer als Alluminiumblech und
genügend fest, um einen gewissen Ueber- oder Unterdruck auszuhalten. Wenn der Ballon steigt,
wird demnach das Gas in demselben einen etwas höheren Druck haben, als die äußere
Atmosphäre, auf der Erde wird der Gasdruck gleich oder etwas geringer sein, als der
Luftdruck. Um ein Platzen der Hülle in großer Höhe zu vermeiden, werden
Sicherheitsventile angeordnet. Das Eindrücken durch den äußeren Luftdruck kann
man durch selbsttätige, mit Einlaßventilen versehene Ballonets (Luftsäcke),
vermeiden. Diese Anordnung hat Verfasser für einen kombinierten
Warmluft-Vakuum-Ballon vorgeschlagen. Rettig will
seinen Ballon in der Größe von etwa 10000 cbm ausführen.
(Fortsetzung folgt.)