Titel: | Zuschrift an die Redaktion. |
Fundstelle: | Band 324, Jahrgang 1909, S. 538 |
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Zuschrift an die Redaktion.
(Ohne Verantwortlichkeit der
Redaktion.)
Die Betriebssicherheit der Heißdampf-Lokomotive,
Bauart Schmidt.
Von C. Guillery, Kgl.
Baurat.
Die Betriebssicherheit der Heißdampf-Lokomotive, Bauart
Schmidt.
Gegen die Heißdampf-Lokomotiven mit Kolbenschiebern, Bauart Schmidt, ist der Vorwurf mangelnder Betriebssicherheit
erhoben wordenD. P. J.S. 164. d.
Bd., weil bei ihnen eine besondere Gefahr für das Entstehen von
Wasserschlägen in den Dampfzylindern vorliegen soll. Als Gegenmittel wird die
Verwendung der Lentzschen Ventilsteuerung empfohlen,
für die auch der Vorzug geringerer Einlaßgeschwindigkeit des Dampfes gegenüber der
Kolbenschiebersteuerung in Anspruch genommen wird. Der letztere Vorzug, der je nach
der Art der Ausführung der Anhubkurven und nach der Größe des Ventilhubes bei der
Lentzschen Ventilsteuerung theoretisch
verhältnismäßig leicht erreicht werden kann, ist im vorliegenden Falle nicht hoch
anzuschlagen, weil für den überhitzten Dampf erheblich kleinere Durchlaßquerschnitte
genügen als für gesättigten. Bei der Anordnung gleich großen Hubs für die
Ventilsteuerung einerseits und die Kolbenschiebersteuerung andrerseits würde dieser
Vorzug der Lentzschen Steuerung ganz verschwinden. Die
Anordnung weniger steiler Anhubkurven für die Einlaßventile der Lentzschen Steuerung ist zur Erzielung ruhigen und
stoßfreien Laufes bei der hohen Umdrehungsgeschwindigkeit einer Lokomotivmaschine
unbedingt notwendig und deshalb üblich.
Schwerer wiegt der Vorwurf der mangelnden Betriebssicherheit bei einer Lokomotive.
Die Quelle der Unsicherheit soll nach den oben angezogenen Ausführungen eine
mehrfache sein: 1. Soll sich in den Ueberhitzerrohren bei dem Stillstande der
Lokomotiven Niederschlagwasser bilden, das beim Anfahren in die Dampfzylinder
herübergerissen werden und dort Wasserschläge veranlassen kann, die möglicherweise
zu Brüchen an den Zylindern und an Triebwerkteilen führen. Bei dem für die
älteren Heißdampf-Lokomotiven verwendeten Rauchkammerüberhitzer liegt eine solche
Möglichkeit infolge der Bildung von Wassersäcken bei längerem Stillstande der
Lokomotive und undichtem Regler tatsächlich vor, die Gefahr läßt sich indessen
erweisbar leicht vermeiden, wofür später Belege folgen. Inzwischen ist indessen der
Rauchkammerüberhitzer längst zugunsten des in bezug auf die Bildung von Wassersäcken
ungefährlichen und gegen Abkühlung besser geschützten Rauchröhrenüberhitzers
verlassen.
An sich ist das Ueberreißen von Wasser in die Dampfzylinder auch nicht einmal
geeignet, die Betriebssicherheit einer Heißdampf-Lokomotive zu beeinträchtigen. Für
die Fahrt auf der Strecke ist diese Gefahr bei der Heißdampf-Lokomotive sogar
wesentlich geringer, als bei Lokomotiven mit gesättigtem Dampf, so daß die
Heißdampf-Lokomotiven, bspw. nach den Erfahrungen der italienischen Staatsbahn und
der französischen Westbahn, mit höherem Wasserstande im Kessel fahren können, als
sonst gleichartig gebaute Zwillings- oder Verbundlokomotiven mit gesättigtem
DampfZeitg. d. Ver.
Deutsch. Eis.-Verw. S. 223..
Die besondere Gefahr für die Heißdampf-Lokomotiven wird an der angezogenen Stelle
darin gefunden, daß: 2. die dabei früher verwendeten Kolbenschieber mit
geschlossenen, nicht federnden Ringen, einem im Dampfzylinder auftretenden
Ueberdruck gegenüber nicht nachgiebig sind wie Flachschieber, und deshalb das etwa
in die Zylinder herübergerissene Niederschlagwasser nicht durchlassen können. In
Frankreich werden aber Kolbenschieber bei Lokomotiven mit gesättigtem Dampfe
verwendet, ebenso wie bei der Württembergischen und der Sächsischen Staatsbahn,
ohne daß daraus Unzuträglichkeiten entstehen, sofern nur die einfachen
Bedienungsvorschriften beachtet werden. Bei den jetzt allein mehr für
Heißdampf-Lokomotiven üblichen aufgeschnittenen und deshalb federnden
Dichtungsringen der Kolbenschieber genügt schon ein geringer, plötzlich auftretender
Ueberdruck vom Zylinder aus, um die Ringe zusammenzudrücken und den Durchlaß etwa im
Zylinder angesammelten Wassers zu ermöglichen, indem alsdann keine Zeit zum
Druckausgleich mittels der in den Dichtungsringen, zur Vermeidung eines solchen
Zusammendrückens im regelmäßigen Betriebe, angebrachten feinen Bohrungen
verbleibt.
Nach den früher angezogenen Ausführungen sollen nun ferner: 3. die etwaiges
Niederschlagwasser sonst zum Teil aufnehmenden toten Räume der Dampfzylinder
allmählich durch Bildung von Krusten festgebrannten Schmieröls kleiner und die
Gefahr der Wasserschläge dadurch vermehrt werden. 4. Sollen sich die an den
Dampfzylindern angebrachten Sicherheitsventile leicht infolge von Verschmutzung
festsetzen. Wie später nachgewiesen, treten diese Verschmutzungen, wie auch die
Krustenbildungen in den toten Räumen, nur bei Verwendung eines ungeeigneten
Zylinderschmieröls ein.
Eine Gefahr für das Entstehen von Wasserschlägen liegt aber, wie in der früher
angezogenen Abhandlung mittelbar zugegeben wird, nur vor, wenn der Lokomotivführer
bei dem Anfahren das Oeffnen der Ablaßhähne der Dampfzylinder unterläßt. Mit
demselben Recht, mit dem unter solchen Bedingungen der Heißdampflokomotive ein
Vorwurf gemacht werden soll, könnte man auch die Bauart eines Lagers tadeln, wenn
der Lokomotivführer durch nachlässiges Oelen ein Warmlaufen desselben verschuldet
hat.
Das Anlassen einer ortsfesten Dampfmaschine, das in der früher erwähnten Quelle zum
Vergleich herangezogen wird, ist ein ganz anderer Fall als das Anfahren mit der
Lokomotive eines schnell fahrenden Zuges. Vor allem hat das Anlassen von ortsfesten
Betriebsdampfmaschinen in der Regel viel Zeit, indem dieselben, von besonderen
Fällen wie bei Walzenzugmaschinen, Fördermaschinen und sonstigen Hebemaschinen
abgesehen, meist höchstens viermal innerhalb 24 Stunden in Gang gesetzt werden. Für
gewöhnlich ist sogar größte Behutsamkeit bei dem Anlassen solcher Maschinen
unbedingt erforderlich, sei es, daß eine Transmission mit ihren Uebertragungsriemen
oder -seilen daran hängt, oder daß sie mit einer Dynamomaschine unmittelbar
gekuppelt sind. Etwaiges Niederschlagwasser wird daher leichter Zeit finden, durch
die Lentzschen Ventile zu entweichen. Zu
berücksichtigen ist aber, daß die Ablaßhähne unten an den
Dampfzylindern angebracht sind, die Lentzschen Ein- und
Ausströmventile dagegen bei Lokomotiven sämtlich oben. Dadurch, daß bei ortsfesten
liegenden Maschinen die Lentzschen Auslaßventile unten
angeordnet werden, sind diese wenigstens überhaupt befähigt, das Niederschlagwasser
abzulassen. Durch die Ablaßhähne der Dampfzylinder tritt das Niederschlagwasser aber
zum weitaus größten Teil schon während des ganzen Hingangs des Kolbens und zwar
unter der Wirkung des vollen Drucks des in die Zylinder einströmenden frischen
Dampfes aus. Bei einer Lokomotive mit Lentzscher
Ventilsteuerung, ohne Anordnung besonderer Ablaßhähne, würde dagegen das
Niederschlagwasser während des Vorwärtsgangs des Kolbens vor diesem hergeschoben und
dann nach vollständiger Anfüllung der toten Räume mit Wasser zum Teil durch das
geöffnete Lentzsche Einströmventil hindurch bis in den
Einströmkanal gedrückt. Während der Ausströmzeit wird ein Teil des
Niederschlagwassers mit dem ausströmenden Dampf unter dem Einströmventil her
durch das geöffnete Auslaßventil in den Ausströmkanal geführt. Eine vollständige
Entfernung des Niederschlagwassers, wie durch die Ablaßhähne oder durch die in dem
Boden und Deckel der Dampfzylinder angeordneten Sicherheitsventile, kann durch die
bei Lokomotiven obenliegenden Auslaßventile der Lentzschen Steuerung gar nicht stattfinden. Der die toten Räume der Dampfzylinder ausfüllende Teil des
Niederschlagwassers wird vielmehr durch den Kolben im Zylinder hin und her
geschleudert und kann nur allmählich durch die schwache Einwirkung des niedrig
gespannten ausströmenden Dampfes, infolge von Mischung mit diesem und von
Verdunstung, aufgezehrt werden. Dieses Hin- und Herschleudern des
Niederschlagwassers durch die Lentzschen Ventile
hindurch ist die Ursache des von Herrn ter Meer an
einer ortsfesten liegenden Dampfmaschine mit Lentzscher
Steuerung, ohne Ablaßhähne an den Zylindern, beobachteten „Flatterns“ der
Ventile bei reichlicher Ansammlung von Niederschlagwasser in den ZylindernZeitschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1905 S.
79.. Bei einer Lokomotive mit obenliegenden Ausströmventilen
würde ein Flattern der Ventile weit bedenklicher werden können, zumal mit Rücksicht
auf die möglichste Beschleunigung des Ingangbringens einer schnellfahrenden
Lokomotive, sowie auch auf den Umstand, daß der Lokomotivführer behindert ist, die
Ventile stets im Auge zu behalten und rechtzeitig einzugreifen. Auch besitzen die
großen Lentzschen Ventile eine immerhin zu
berücksichtigende Masse, und außer dem statischen Druck treten dynamische Wirkungen
bei dem Gegenstoß des Wassers auf. Ferner sind die Ventile durch kräftige
Schlußfedern belastet. Wenn von Herrn ter Meer ein
Ueberdruck von 1½ bis 2½, Atm. als ausreichend zum Anheben eines Lentzschen Einströmventils bei der Ansammlung einer
erheblichen Menge Niederschlagwasser im Zylinder einer ortsfesten liegenden Maschine
wirklich durch unmittelbare Messung ermittelt worden, so muß hierbei die Spannung
der Ventilfeder sehr gering gewesen sein und es müssen außerdem besonders günstige
Umstände obgewaltet haben. Beträgt bspw. die Vorspannung einer solchen Ventilfeder
90 kg, das Ventilgewicht 5 kg und der Dampfdruck gegen die Spindel 55 kg, die
Belastung also 90 + 5 – 55 = 40 kg, so ergibt sich für das in Fig. 1 skizzierte Ventil, unter der Annahme
vollständig dichten Schlusses der Sitzflächen, der zum Anheben des Ventils
erforderliche Ueberdruck im Zylinder zu mindestens:
\frac{40}{0,025 \cdot 15 \cdot \pi}\mbox{ Atm.}
Textabbildung Bd. 324, S. 538
Fig. 1.
Unter der bei gut dichtenden Ventilen durchaus möglichen Annahme eines Vakuums
zwischen den Sitzflächen, könnte aber der erforderliche Ueberdruck bei einem
Schieberkastendruck von 12 Atm. die außerordentliche Größe von
\frac{40+(0,3+0,025+03) \cdot 15 \cdot i \cdot 12}{0,025 \cdot 15 \cdot
\pi}=334\mbox{ Atm.}
erreichen. In der Wirklichkeit wird der Druck sich durchweg zwischen diesen
beiden äußersten Grenzwerten halten und nur unter der Annahme mangelnden
Dichthaltens der Ventile und dadurch ermöglichten Eindringens des Druckes zwischen
die Sitzflächen könnte der errechnete Minimalwert unterschritten werden. Der Einfluß
dynamischer Wirkungen auf die Erhöhung des erforderlichen Oeffnungsdruckes ist dabei
noch nicht einmal berücksichtigt.
Bei den Lokomotiven mit Lentzscher Ventilsteuerung kann
allerdings das Wasser auch durch die oben liegenden Auslaßventile austreten, da
diese laut dem in Fig. 17 des Osthoffschen Aufsatzes
gegebenen Schaulinien gegen den Dampfdruck im Zylinder durch eine Feder von etwa 175
kg Vorspannung und 5 kg Gewicht = 180 kg angedrückt werden und sich infolge eines
Ueberdruckes im Zylinder, wie er bei Wasserschlägen eintritt, gerade so öffnen
können wie die Einlaßventile. Da die Auslaßventile genau dieselben Abmessungen haben
wie die Einlaßventile, so sind auch für die Rechnung dieselben Zahlen wie in der
Figur angegeben, einzusetzen.
Um die Belastung von 180 kg zu überwinden, ist demnach ein Druck im Zylinder
erforderlich von
\frac{180}{0,025 \cdot 15 \cdot \pi}\mbox{ Atm.,}
wobei angenommen ist, daß die Ventile so dicht sind, daß der
Druck im Zylinder nicht zwischen die Dichtflächen eindringt, was bei sehr gut
schließenden Ventilen und plötzlich auftretenden Wasserschlägen unbedingt vorkommen
kann. Schließen die Ventilsitze aber schlecht, so kann allerdings der Druck zwischen
die Dichtflächen eindringen. Nimmt man z.B. an, daß zwischen den Dichtflächen der
halbe Druck entsteht, wie das gewöhnlich angenommen wird, so ist zur Ueberwindung
der Belastung von 180 kg ein Druck im Zylinder erforderlich von
\frac{180}{(0,3+0,025) \cdot 15 \cdot \pi}=12\mbox{ Atm.}
d.h. bei 12 Atm. Eintrittspannung ist das Ventil schon in
Gefahr, nicht mehr ganz dicht zu sein. Die Belastung darf also keinesfalls geringer
als 180 kg sein, wahrscheinlich aber ist sie in vielen Fällen größer, um ein
sicheres Dichthalten während der Einströmzeit zu erreichen.
Da der zwischen den Dichtflächen entstehende Druck immer von der Beschaffenheit der
Flächen abhängig sein wird und im Augenblick des Wasserschlages kaum für die
Eröffnung des Ventiles zur Wirkung kommen kann, so sieht man, wie unsicher es ist,
sich auf die Wirkung des oben sitzenden Auslaßventils bei Wasserschlägen zu
verlassen, und daß leicht Drücke von zerstörender Wirkung auftreten können, bevor
die Ventile sich öffnen.
Tatsächlich sind auch selbst bei stationären Dampfmaschinen mit Lentzscher Ventilsteuerung, trotz der unten sitzenden
Auslaßventile, mehrfach Zylinderbrüche infolge von Wasserschlägen vorgekommen und
werden infolgedessen neuerdings von den meisten Fabriken, welche diese Maschinen
ausführen, besondere Sicherheitsventile an den Zylindern angebracht.
Da nun aber das Entstehen von Wasserschlägen bei einer mit Ablaßhähnen versehenen Schmidtschen Heißdampflokomotive nur infolge einer
sträflichen Unterlassung und groben Fahrlässigkeit in der Wartung der Lokomotive
möglich ist, so wäre bei dem Lentzschen Ventil auch der
Fall zu berücksichtigen, daß der die Ventilgehäuse einschließende, unter
regelrechten Verhältnissen vollständig dampf- und staubdichte Kasten undicht werden
und daß die sonst nahezu reibungslos geführten Ventile sich dann infolge von
Verschmutzung festklemmen können. Bei einer Heißdampflokomotive mit Lentzscher Ventilsteuerung würden daher die Ablaßhähne
auch kaum entbehrt werden können. Durch Anwendung eines lichten Durchmessers von 100
mm für die Sicherheitsventile der Zylinder großer Schnellzuglokomotiven kann
indessen auch bei Rauchkammerüberhitzern aller Gefahr begegnet werden, ohne jede
weitere Vorsichtsmaßregel für das Ingangsetzen der Lokomotiven. Anderseits können
die Sicherheitsventile auch bei der Kolbenschiebersteuerung ganz entbehrt werden,
wenn bei dem Ingangsetzen der Heißdampflokomotiven die erforderliche Umsicht
beobachtet wird. Die Belege für diese und andere Angaben werden am Schluß
angefügt.
Die Zylinderablaßhähne müssen auch vor dem Ingangsetzen einer mit gesättigtem Dampf
arbeitenden Lokomotive, nach, längerem Stillstande derselben, stets geöffnet werden,
so daß die Heißdampflokomotiven nicht der Vorwurf einer diesbezüglich erforderlichen
besonderen Vorsicht trifft.
Das einzige vollständig Zutreffende ist in der hier besprochenen Abhandlung nur
berührt, nämlich die infolge der höheren Kolbendrucke naturgemäß größere Neigung der
Heißdampflokomotive zum Schleudern, die wiederum eine unausbleibliche Folge der im
Verhältnis zu ihrem Gewicht größeren Zugkraft der Heißdampflokomotive ist, bedingt
durch die Möglichkeit der Anwendung größerer Zylinderdurchmesser und durch den
höheren spezifischen Durchschnittsdruck des überhitzten Dampfes.
Die Maschinenführer wissen der etwas vermehrten Gefahr des Schleuderns bei
Heißdampflokomotiven sehr wohl zu begegnen, indem sie vorsichtig anfahren und
rechtzeitig die Steuerung etwas zurücklegen, ohne die Stellung des Reglers zu
verändernvgl. R. Kreck
„Gut Heiß!“. Berlin 1908. Dem gehaltvollen kleinen Buch wünsche ich
von Herzen die vorbehaltene Uebersetzung in alle Sprachen..
Demnach ist die Betriebssicherheit einer Heißdampflokomotive stets mindestens so groß
wie die einer jeden Lokomotive mit gesättigtem Dampf, auch wenn sie noch mit dem
längst aufgegebenen Rauchkammerüberhitzer und mit den ebenfalls nicht mehr
ausgeführten geschlossenen, und deshalb nicht federnden Dichtungsringen der
Kolbenschieber versehen ist. Von W. Schmidt waren
übrigens von Anfang an federnde Dichtungsringe für die Kolbenschieber vorgesehen,
ebenso wie die ersten Heißdampflokomotiven den in dem grundsätzlichen Aufbau dem
jetzigen Rauchröhrenüberhitzer gleichkommenden Flammrohrüberhitzer besaßen. Bei den
Heißdampflokomotiven ist nur ein Durchschnittsmaß von Umsicht aufzuwenden, um ihren
besonderen Eigentümlichkeiten auf Grund der jetzt schon alten Betriebserfahrungen
gerecht zu werden.
Gegen den Schluß des diese Erörterungen veranlassenden Aufsatzes werden
Beschädigungen erwähnt, die an Triebwerkteilen und Zylindern von
Heißdampflokomotiven mit Rauchkammerüberhitzer und geschlossenen Dichtungsringen der
Kolbenschieber vorgekommen sind. Eine bezügliche Anfrage bei einer Anzahl
Eisenbahnverwaltungen, die eine größere Anzahl Heißdampflokomotiven zum Teil schon
längere Zeit im Betrieb haben, hatte folgendes Ergebnis.
Italienische Staatsbahn: Beschädigungen an
Heißdampflokomotiven durch Wasserschläge sind nicht vorgekommen. Die Lokomotiven
bewähren sich dauernd aufs beste.
Böhmische Nordbahn: Der Lokomotivführer stellt 3 bis
4 Minuten vor dem Ingangsetzen der Lokomotive die Ausgleichventile für Leerfahrt so
ein, daß die vorderen und hinteren Räume der Dampfzylinder miteinander verbunden
sind und öffnet den Regler. Hierdurch öffnen sich gleichzeitig die
Ueberhitzerklappen, die Feuergase umstreichen und erwärmen die Ueberhitzerrohre, und
der erste darin niedergeschlagene und wieder verflüchtigte Dampf geht durch die
Zylinderräume mit Benutzung der Ausgleichventile hinaus. Der später nachströmende
Kesseldampf findet vorgewärmte Ueberhitzerrohre und Dampfzylinder. Erhebliche
Verkrustungen durch festgebranntes Oel entstehen nur bei Verwendung von Schmierölen
mit zu niedrigem Entflammungspunkt. Im übrigen genügt eine etwa alle Vierteljahre
vorgenommene Reinigung der Dampfschieber und Zylinder. Brüche sind nicht
vorgekommen, Sicherheitsventile an den Dampfzylindern werden
nicht angewendet.
Rhätische Bahn: Durch Anbringen eines Wasserhahnes an
geeigneter Stelle kann dem Ansammeln von Niederschlagwasser bei undichtem Regler
vorgebeugt werden. Schäden durch Wasserschläge sind nicht vorgekommen. Die
Krustenbildung in den Zylinderräumen ist bei den Heißdampflokomotiven nicht stärker
als bei den Lokomotiven mit gesättigtem Dampf.
Belgische Staatsbahn: Beschädigungen durch Wasserschläge
infolge Undichtheit des Reglers werden vermieden durch Anwendung eines Durchmessers
von 100 mm für die Sicherheitsventile der Dampfzylinder.
Württembergische Staatsbahn: Der Vorwurf besonderer Gefahr
für Wasserschläge bei Heißdampflokomotiven findet keine Bestätigung. Schäden
durch Wasserschläge sind namentlich bei Naßdampflokomotiven mit Kolbenschiebern,
aber ohne Sicherheitsventile an den Zylindern, vorgekommen. An Heißdampflokomotiven
sind Schäden nur in zwei Fällen vorgekommen, und zwar infolge von Nichtbeobachtung
der Vorschriften seitens der Bedienungsmannschaft.
Der Ueberhitzer wird vor dem Ingangsetzen der Lokomotive angewärmt, wie bei der
Böhmischen Nordbahn. Krustenbildung an Zylindern und Schiebern ist nicht beobachtet,
Festsetzen oder Festbrennen der Sicherheitsventile ist nicht vorgekommen, die
letzteren werden an Auswaschtagen regelmäßig nachgesehen.
Bayerische Staatsbahn: Außer den auch an den
Niederdruckzylindern der Verbundlokomotiven mit gesättigtem Dampf üblichen
Sicherheitsventilen werden besondere Vorsichtsmaßregeln nicht angewendet,
Beschädigungen der Maschinenteile durch Wasserschläge sind nicht vorgekommen.
Sächsische Staatsbahn: Ungünstige Wahrnehmungen bei
Heißdampflokomotiven mit Rauchröhrenüberhitzer sind nicht gemacht worden; nach den
bisherigen Erfahrungen sind keine Gründe vorhanden, Beschädigungen durch
Wasserschläge zu befürchten.
Durch Wiedergabe dieser dankenswerten Mitteilungen wird am besten verhindert werden,
daß irgendwo wieder Fehler aus der Zeit der Kinderkrankheiten der
Heißdampflokomotiven begangen werden. Hiermit ist aber auch wohl das letzte Bedenken
weggeräumt.
(Fortsetzung folgt.)