Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | H. |
Fundstelle: | Band 323, Jahrgang 1908, S. 29 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Untergestelle mit großem Radstand.
Nach des Verf. Ansicht werden auch in England mehr und mehr Untergestelle mit großem
Radstand in Betrieb genommen werden, wie solche bereits in Deutschland und
Oesterreich-Ungarn, besonders in Nürnberg, Wien und Budapest, mit Radständen von
2,5–3,6 m laufen. Der übliche in England verwendete Wagen faßt 50–56 Fahrgäste, von
denen 22 im Innern des Wagenkastens, die übrigen auf dem Verdeck untergebracht
werden. Ein solcher Wagen ist über 9,1 m lang und wiegt besetzt 12 t. Wenn dieser
Wagen mit einem Radstand von etwa 2 m ausgeführt wird, so ist dies für
Geschwindigkeiten über 25 km/Std. offenbar unvorteilhaft. Man hat diese Abmessung
von den alten Pferdebahnwagen übernommen, die sehr viel kleiner und leichter waren
und bei denen das Hindurchziehen der Wagen durch enge Kurven den Pferden möglichst
erleichtert werden sollte. Bei der Elektrisierung hat man dann wohl die übrigen
Abmessungen des Wagens, nicht aber den Radstand des Untergestelles vergrößert.
Durchgebogene Wagenlängsträger und hängende Plattformen sind die Folgen dieses
Mißverhältnisses; außerdem werden auch die Untergestelle verbogen und schiefwinklig
durch die an den Enden überhängenden Massen verzerrt. Dann darf nicht außer Acht
gelassen werden, daß bei ungleicher Verteilung der Fahrgäste im Wagen die Raddrücke
der beiden Radsätze wesentlich voneinander abweichen. Wagen mit Drehgestellen hält
der Verf. wegen der langen Wege der Fahrgäste im Wagen nur für Vorort-, nicht
dagegen für Stadtverkehr geeignet. Ueberdies werden Drehgestellwagen in bezug auf
die Bandagenabnutzung und die wellenförmige Schienenabnutzung dieselben Nachteile
wie Wagen mit kurzen Radständen besitzen.
Die Einführung von Untergestellen mit langem Radstand bei den Straßenbahnwagen in Chesterfield im Jahre 1904 hat nach nunmehr
dreijährigem Betriebe gezeigt, daß die Auf- und Abwärts-, sowie Seitenschwankungen
der Enden nur sehr gering sind und daß die Bodenrahmen der Wagen leichter gebaut
werden können, da sie vorteilhafter auf eine größere Länge unterstützt sind. Auch
die Beanspruchung der Kasten, der Untergestelle und der Schienen sind wesentlich
vermindert. Ferner sind keine Fälle von Entgleisungen und Achsbrüchen vorgekommen.
(Acland.) [The Electrician 1907, S. 959–960.]
Pr.
Wellenförmige Schienenabnutzung.Siehe D. p. J. 1907, S. 589.
Fast überall zeigen die Schienen bei elektrischen Straßenbahnen wellenförmigen
Verschleiß, der schon in den ersten Tagen nach der Aufnahme des Betriebs, gewöhnlich
aber nach drei Wochen bis sechs Monaten aufzutreten pflegt. Am schlimmsten treten
diese Wellen in den Kurven zutage, wo die äußere Schiene meistens regelmäßige kurze
Wellen, die innere dagegen mehr oder weniger ungleich verteilte Vertiefungen zeigt.
In den graden Strecken wechselt die Wellenlänge gewöhnlich zwischen 6 und 12 cm,
obwohl auch viel längere Wellen vorkommen. Bei Straßenbahnen mit Pferdebetrieb hat
man noch nirgends die Wellenbildung auf dem Schienenkopf beobachtet, wahrscheinlich
infolge des geringen Wagengewichts; bei Dampfbetrieb treten die Wellen hier und da,
aber sehr selten auf. Im allgemeinen hat eine hohe Wagengeschwindigkeit einen
ungünstigen Einfluß auf ihre Bildung, und nimmt die Wellenlänge mit der
Geschwindigkeit zu.
Die Wellenbildung wird vor allem dem Umstände zugeschrieben, daß die Schienen
beim Walzen infolge von Erzitterung der Walzen eine unebene Oberfläche erhalten.
Beim Darüberfahren werden die Wagen infolge der durch diese Unebenheiten veranlaßten
Erschütterungen dieselben verschlimmern. Als Heilmittel hat der London County Council für ihre Straßenbahnen 25 cm
lange und 6,5 cm breite Karborundumblöcke in Anwendung gebracht, die an Wasserwagen
befestigt und auf die Schienenoberfläche niedergedrückt werden konnten. Die
Unebenheiten der neuen Schienen wurden damit sofort nach deren Verlegung
abgeschliffen, was eine Hinausschiebung der Wellenbildung auf lange Zeit zur Folge
hatte. Bei schon angegriffenen Schienen hatte die gleiche Behandlung nur sehr
geringen Erfolg, da die Wellenbildung sehr bald wieder auftrat.
Von anderen möglichen Ursachen des wellenförmigen Verschleißes seien noch angeführt:
weiche Schienen und schwere Wagen; fehlerhafte Schienenverbindungen; ungleiche
Spurbreite; ungenügend befestigte Schienen; Schleifen der Räder in den Kurven;
verschiedene Durchmesser der Räder; unrunde Räder; zu schnelle Beschleunigung der
Wagen.
Um die Wellenbildung in den Kurven möglichst einzuschränken, wird in Hamburg die
Rinne in der äußeren Schiene teilweise ausgefüllt, damit die äußeren Räder hier auf
den Flanschen laufen und ihr größerer wirksamer Durchmesser ein geringeres Schleifen
der inneren Räder bewirkt.
Im allgemeinen scheinen magnetische Bremsen den wellenförmigen Verschleiß weniger
herbeizuführen als mechanische. Bei Wagengeschwindigkeit zwischen etwa 6 und 25 km
i. d. Std. bleibt die Wellenlänge etwa die gleiche, bei höheren Geschwindigkeiten
nimmt sie zu. Ob dies allein der hohen Geschwindigkeit oder auch dem bei derselben
besonders in Amerika üblichen größeren Wagengewicht zuzuschreiben ist, muß
dahingestellt bleiben. (Fell.) [The Engineer 1907, Bd.
II, S. 401–402.]
Ky.
Spez. Wärme von Stickstoff, Kohlensäure und Wasserdampf bis
1400°.
Vor zwei Jahren hat Holborn in der
physikalischtechnischen Reichsanstalt die mittlere spezifische Wärme von Luft,
Stickstoff und Kohlensäure bis zu 800° aufwärts bestimmt; jetzt hat er auch
Wasserdampf untersucht und die obere Temperaturgrenze bis 1400° ausgedehnt.
Das Gas wird zunächst in einem elektrisch geheizten Platinspiralrohr vorgewärmt und
tritt dann in den eigentlichen Ofen, in dem es bis auf 1400° erhitzt werden kann.
Der Heizkörper dieses Ofens steht senkrecht und wird durch zwei konzentrische
Platinrohre von 6 mm bezw. 15 mm Durchm. gebildet, die am unteren Ende
zusammengeschweißt sind. Der Heizstrom (bis zu 75 Amp. bei 16 Volt) wird dem inneren
Rohre oben durch ein angelötetes Silberblech zugeführt, fließt durch die Rohrwandung
und steigt im äußeren Rohre wieder empor. Zwischen die beiden Rohre sind zur
Isolierung Ringe aus Magnesia geschoben und die obere Mündung ist durch einen gut
eingepaßten Schamottepfropfen verschlossen. Als äußerer Mantel umgibt ein weites,
der Länge nach in zwei Teile zerschnittenes Porzellanrohr den Ofen. In den Innenraum
ragt von oben das Le Chatelier-Pyrometer, mit dem die
Temperatur des erhitzten Gases gemessen wird; seine Schenkel sind mit Röhrchen aus
Quarzglas überzogen. Die senkrechte Anordnung des Ofens, die eigentlich der
gleichmäßigen Wärmeverteilung ungünstig ist, mußte gewählt werden, damit eine
Berührung zwischen Thermoelement und der Strom führenden Rohrwandung leichter
vermieden werden konnte; denn eine solche gefährdet bei Weißglut trotz isolierender
Hüllen die Isolierung der Pyrometerdrähte. Nur Luft isoliert hinreichend. Bei
wagerechter Anordnung ist aber eine Berührung zwischen Thermoelement und Rohrwand
kaum zu vermeiden, weil sich in dieser Lage alle gebräuchlichen Schutzröhren in
hoher Temperatur biegen und dann anliegen.
Aus dem Ofen tritt das erhitzte Gas gleich in das darunterstehende Kalorimeter,
durchströmt nacheinander drei mit Silberspähnen gefüllte Röhren und gibt an diese
seine Hitze ab. Das Kalorimetergefäß, in dem diese Röhren stehen, ist mit 2,5 1
Paraffinöl gefüllt. Die Temperatur des Kalorimeters wurde durch elektrische Heizung
ständig über 100° gehalten, auch bei der Beobachtung von Stickstoff und Kohlensäure.
Bei Wasserdampf war dies nötig, um Verflüssigung von Wasser im Kalorimeter zu
verhüten. Man hat aber außerdem noch den Vorteil, daß die Temperaturkorrektion wegen
der Strahlung und Leitung aus der Umgebung klein gehalten werden kann. Wenn nämlich
die Temperatur des Kalorimeters weit oberhalb der Zimmertemperatur liegt, so kann
man die vom Ofen zugestrahlte Wärme durch Wärmeabgabe des Kalorimeters an seinen
kühleren Mantel aufheben.
Die gasdichte Verbindung des Vorwärmers mit dem Heizrohr wurde durch ein sehr dünnes,
biegsames Platinröhrchen hergestellt, das einerseits an das spiralige Platinrohr des
Vorwärmers geschweißt war und andererseits einen Flansch trug; dieser Flansch war
unter Zwischenlegung einer Asbestdichtung an einen zweiten Flansch geschraubt, der
von einem seitlichen Ansatz am inneren Heizrohre des Ofens getragen wurde. Durch
einen elektrischen Strom wurde diese etwa 7 cm lange Verbindung geheizt, damit sich
das Gas auf dem Wege vom Vorwärmer zum Ofen nicht zu sehr abkühle.
Die Verbindung zwischen Heizrohr und Kalorimeter war ähnlich eingerichtet.
Als Ergebnis der zahlreichen Messungen wurden folgende Formeln für die mittlere
spezifische Wärme zwischen 1 den Temperaturen 0° und Θ°
C aufgestellt:
Stickstoff:
c0,Θ = 0,2350
+ 0,000019 Θ.
Kohlensäure:
c0,Θ = 0,2010
+ 0,0000742 Θ –
0,000000018 Θ2
Wasserdampf I:
c100,Θ =
0,4669 – 0,0000168 Θ + 0,000000044 Θ2
oder II:
= 0,4544 + 0,00692510°,0007513
Θ.
Die Aenderung, welche die mittlere spez. Wärme des Stickstoffs mit steigender
Temperatur erfährt, ist nur gering und konnte deshalb früher nur ungenau bestimmt
werden. Aus diesen Formeln ergibt sich folgende Tabelle für die mittlere (c0,Θ) und die wahre
(cw) spez. Wärme:
Θ
Stickstoff
Kohlensäure
Wasserdampf
Formel I
(II Expo-nentialformel)
c0, Θ
c
w
c0, Θ
c
w
c
100,
Θ
c
w
c
100,
Θ
c
w
[0°]
0,2350
0,235
0,2010
0,201
0,4669
0,469
0,4613
0,460
200
0,2388
0,243
0,2151
0,229
0,4653
0,465
0,4642
0,466
400
0,2426
0,250
0,2278
0,252
0,4672
0,473
0,4682
0,475
600
0,2464
0,258
0,2390
0,271
0,4726
0,491
0,4740
0,491
800
0,2502
0,265
0,2491
0,285
0,4817
0,519
0,4820
0,515
1000
0,2540
0,273
0,2572
0,295
0,4941
0,558
0,4935
0,554
1200
0,2578
0,281
0,2641
0,301
0,5101
0,608
0,5096
0,614
1400
0,2616
0,288
0,2696
0,303
0,5296
0,668
0,5323
0,707
[1600]
0,2654
0,296
0,2736
0,300
0,5527
0,739
0,5646
0,849
Da die Bestimmungen bis 1400° reichen, so sind wir damit in das Gebiet der
Explosionsversuche gelangt, die schon bei 1300° beginnen. Der Vergleich mit den von
Schreber berechneten Werten ergibt befriedigende
Uebereinstimmung.
Durch die mühseligen und schwierigen Untersuchungen von Prof. Holborn sind nunmehr die für die Berechnung von Verbrennungswärmen usw.
überaus wichtigen spezifischen Wärmen von Stickstoff, Kohlensäure und Wasserdampf
endlich genügend festgelegt. (Holborn u. Henning.) [Annalen der Physik, 23, 809–845.]
A.
Dampfverbrauch der Baumwollgarn-Schlichtereien.
In der Mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei Augsburg konnte ein
Verdampfungsversuch zu dessen Erhebung benutzt werden und zwar ergab sich derselbe
als Unterschied zwischen dem Gesamtspeisewasser-Verbrauch der Dampfkessel und der
von den Wärmeöfen und der Speisepumpe erhaltenen Dampfwassermenge, wobei jegliches
Kondenswasser sorgfältig aufgefangen und gewogen wurde.
Tag
13. 8. 07.
14. 8. 07.
Anlage
Gesamte
Altbau
Neubau
Anzahl der im Betrieb befindl. Schlichtmaschinen
13
9
4
Gesamtdampfinhalt der
Schlicht- zylinder Liter
75173
48621
26552
Durchschnittliche
Betriebsspan- nung at
1,2
1,1
1,4
Durchschn. minutl. Umdreh.-Zahl des großen Zylinders
3,4
2,9
3,9
do. kleinen do
5,8
4,6
6,9
Versuchsdauer Stdn.
7,97
4,00
4,22
Durchschn. Betriebszeit der Ma- schinen nach Abzug der
Still- standpausen Stdn.
6,79
3,53
3,90
Gewicht des
geschlichteten Garnes kg
7595,7
2262,25
1718,9
Gesamtspeisewasserverbrauch d. Dampfkessel
kg
29600
10000
6000
Dampfverbrauch der
Speise- pumpe kg
596,5
271
260
Dampfverbrauch der Speisen- wärmöfen
kg
514,3
508,7
–
Gesamtdampfverbrauch für die Schlichtereien einschließlich
der Hauptdampfleitungen
28489,2
9045,5
5740,0
Gesamtdampfverbrauch für die Schlichtereien ohne die
Haupt- dampfleitungen
27742,7
8907,5
5498,6
Stündl. Dampfverbr. f. 1 Schlicht- maschine einschl. der
Haupt- dampfleitungen
275,5
251,3
340,1
Stündl. Dampfverbr. f. 1 Schlicht- maschine ohne die
Haupt- dampfleitungen
267,2
247,4
325,8
Dampfverbr. f. 1 kg geschlichtetes Garn einschl.
Hauptdampleitg
3,751
3,998
3,339
do. ohne do.
3,652
3,938
3,199
Dampfverbr. der Schlichtzylinder allein im
ganzen kg
13045,5
3743,5
2824
in 1 Std. Betriebszeit für 1 Maschine
147,8
117,8
181,0
für 1 kg geschlichtetes Garn kg
1,717
1,655
1,643
(Geiger.) [Zeitschrift des Bayr.
Revisionsvereins 1907, S. 207–210.]
Z.
Bleibende Spannungen in Werkstücken.
Sind zwei prismatische Stäbe fest miteinander verbunden, so krümmen sie sich, wenn
man die Temperatur eines Stabes von t1 auf t2 erhöht. Verhindert man die Krümmung, so entsteht
im erwärmten Stabe eine Druckspannung, im nicht erwärmten eine gleich große Zugspannung,
deren absoluter Wert gegeben ist durch
\frac{1}{2}\,E\,\alpha\,(t_2-t_1).
Dabei ist E der
Elastizitätsmodul, a die lineare Ausdehnungszahl. In
einem Eisen mit 2400 kg/cm ursprünglicher Streckgrenze genügt in dieser Weise ein
Temperaturunterschied von 200° C um die Streckgrenze zu erreichen.Nach Versuchen von Sulzer zerreißt ein Gußeisenstab, dessen Enden festgehalten
werden, bei einer Abkühlung von 200 auf ungefähr 50° C (Schweiz. Bauztg.
1907, No. 4; Z. d. V. d. I. 1907, No. 30; D. p. J. 1907, No. 46)
– Aendert sich die Temperatur längs der Fasern eines prismatischen Stabes, der
gezwungen wird, gerade zu bleiben, so verteilen sich die Spannungen nach demselben
Gesetze wie die Temperaturen, doch so, daß zur Herstellung des Gleichgewichts, die
Druck- und Zugkräfte einander gleich sind. Krümmt sich der Stab, so gleichen sich
die Biegungs- und Wärmespannungen teilweise aus. Entspricht das Temperaturgesetz der
Spannungsverteilung in einem auf Biegung beanspruchten Stabe, so krümmt er sich bis
zum spannungslosen Zustand; sind also die Spannungen nach dem Gradliniengesetz
verteilt, so tritt dies bei linearer Temperaturverteilung ein. Die größten
Spannungen entstehen bei vollständiger Verhinderung der Krümmung, was ohne äußeren
Zwang bei einem nach der Achse symmetrisch sich abkühlenden Stab stattfindet. Haben
die Spannungen keine bleibenden Formänderungen bewirkt, so verschwinden die
elastischen Kräfte, sobald das Werkstück sich vollständig ausgekühlt hat. Ist das
Material statt elastisch, plastisch, so werden Längenänderungen ungehindert vor sich
gehen. Der Höchstwert, den die Spannungen erreichen, ist also durch die Streckgrenze
gegeben. Unterhalb derselben verhalten sich die Stoffe, wie solche elastischer Art,
darüber wie plastische; freilich kann die Streckgrenze infolge der Beanspruchung
durch die Wärmespannungen gehoben werden. Tritt die Erwärmung bezw. die Abkühlung
plötzlich auf, so kommt man ins Gebiet der dynamischen Erscheinungen. – Bei der
Abkühlung von Gußstücken durchlaufen die einzelnen Teile die Temperaturen zu
verschiedenen Zeiten. In einem gewissen Temperaturbereich ist die Streckgrenze des
Materials niedrig, so daß die auftretenden Formänderungen nur plastischer Art sind;
im Innern des Werkstückes findet dies später statt als außen.Heyn
berücksichtigt die bei Warmzerreißversuchen gemachten Beobachtungen zur besseren Beschreibung der Spannungsvorgänge in
sich abkühlenden Gußstücken, als sie gebräuchlich war. Vergl. z.B. F. Neumann: Die Gesetze der Doppelbrechung des
Lichtes in komprimierten oder ungleich erwärmten unkrystallinischen Körpern.
Abhandl. der Akademie Berlin 1841 (1843). Da das Material bei der
Krümmung schwindet, so entstehen im Innern Zug–, außen Druckspannungen. Ist die
Abkühlungsgeschwindigkeit proportional der Temperatur, so ist das Temperatur –
Zeitgesetz durch eine logarithmische Kurve gegeben; ebenso das Dehnungs-Zeitgesetz.
Sind zwei Stäbe, die sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten abkühlen, miteinander
fest verbunden, so durchlaufen sie drei typische Bereiche: im ersten liegt bei
beiden die Streckgrenze niedrig, beide ändern ihre Länge bei kleinen Spannungen; im
zweiten ist nur bei einem, dem langsamer sich abkühlenden eine plastische
Formänderung möglich; doch erst im dritten entstehen elastische Kräfte, wenn auch
der zweite Stab in den Temperaturbereich hoher Streckgrenze getreten ist. Die
Zeitabschnitte sind natürlich nicht scharf voneinander getrennt, sondern gehen
allmählich ineinander über. Die Größe der Spannungen hängt nicht nur vom
Schwindungskoeffizienten, sondern auch davon ab, wie sich die Streckgrenze mit
wachsender Temperatur erniedrigt.
Der Konstrukteur hat schon im Entwurf darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Form
der Werkstücke nicht zu große bleibende Spannungen bedingt. Durch langsames
Abkühlen, mit dem man noch innerhalb des Temperaturbereiches der plastischen
Formänderungen einzusetzen hat, kann man die Gußspannungen vermindern; ebenso durch
die Erhitzung des fertigen Stückes bis zu dieser Temperatur und umgekehrt: erzeugt
man künstliche Spannungen, so kann man durch Erhitzung die Temperatur der
Plastizitätsgrenze ermitteln, welche erreicht ist, sobald die Spannungen
verschwinden. (Heyn.) [Stahl und Eisen 1907, No. 37 und
38.]
A. L
Die Wasserkraft-Elektrizitätswerke der Stadt Rio de
Janeiro.
Die Rio de Janeiro Tramway, Light and Power Company in
Toronto, Canada, die sich vor einiger Zeit die Konzession für die elektrische
Stromversorgung in der Stadt Rio de Janeiro bis zum Jahre 1950 gesichert hat,
errichtet gegenwärtig 81,5 km von der Stadt entfernt eine große Wasserkraftanlage,
die für den Anfang 50000, im späteren Ausbau bis zu 120000 PS in Form von Drehstrom
von vorläufig 40000, später 60000 und 80000 Volt Hochspannung liefern wird. An einem
314 m hoch oberhalb des Kraftwerkes gelegenen Punkte wird das Tal des Rio das Lages,
der hier eine Reihe von Wasserfällen bildet, durch eine Staumauer von 35 m größter
Höhe abgeschlossen, wodurch ein See von etwa 26 km Länge und annähernd 190 Millionen
cbm Wasserinhalt geschaffen wird. Die Wasserverhältnisse dieses Flusses sind so
günstig, daß man nur sehr kurze Zeit auf den niedrigsten Wasserstand zu rechnen
braucht und mit Bestimmtheit hoffen darf, über die volle Leistung des Kraftwerkes
während der ganzen Dauer des Jahres verfügen zu können. Aus dem vorerwähnten Stausee
führen zwei eiserne Rohrleitungen von 2,4 m Weite zu einer 1800 m entfernten
Verteilstelle, an der sich die beiden Rohre vereinigen und von welcher die sechs
eigentlichen Druckleitungen von je 900 mm Durchm. abgehen. Diese Leitungen führen
mit 270 m Gefälle steil hinunter zu dem weiter unterhalb am Lauf des Rio das Lages
errichteten Maschinengebäude und führen so das Kraftwasser unmittelbar je einem
9000-pferdigen Pelton-Wasserrad mit senkrechter Welle
und unmittelbar damit gekuppelter 6000 KW-Drehstromdynamomaschine zu. Die von Escher Wyß & Co. in Zürich ausgeführten Turbinen
haben je vier durch Nadelventile regulierbare Zulaufdüsen und durch Drucköl
betätigte Regulatoren und sollen einen gewährleisteten Wirkungsgrad von 82 v. H.
ergeben. Der mit 6000 Volt Spannung erzeugte Strom wird in Transformatoren
stufenweise bis auf 40000 Volt Spannung erhöht und einem Umformerwerk in der Stadt
Rio de Janeiro zugeführt, wo seine Spannung wieder bis auf die Verbrauchsspannung
erniedrigt wird. Dieses Umformerwerk wird außerdem im ersten Ausbau mit zwei durch
Generatorgasmaschinen betriebenen 600 KW-Drehstromerzeugern als Reserven für den
Fall einer Störung der Wasserkraft- oder Fernleitungsanlage ausgerüstet. Für die
Zwecke der Kraftlieferung während der Bauarbeiten an dieser Wasserkraftanlage und
zur allmählichen Einführung ihrer Stromabgabe an die Stadt hat die Gesellschaft vor
kurzer Zeit eine 3400 PS liefernde Wasserkraftanlage an dem gleichen Fluß erbaut,
die durch zwei 750 mm weite Druckleitungen von einer Stelle etwas unterhalb der
geplanten Talsperre gespeist wird. Endlich hat die Gesellschaft sich auch das Recht
zur Ausnutzung der etwa 100000 PS betragenden Wasserkräfte des Perahyba-Flusses,
etwa 160 km weit von Rio de Janeiro gesichert, für den Fall, daß sich der Kraftbedarf der
Stadt erheblich steigern sollte. Dieser Fluß dürfte aber wegen seiner großen
Entfernung von Rio de Janeiro wohl eher zur Versorgung des Staates Minas Geras
in Frage kommen. [The Engineer 1907, Bd. II, S. 409–410 und The Engineering Record
1907, Bd. II, S. 439–440.]
H.