Titel: | Die Natur der Kupfer-Zinklegierungen. |
Autor: | O. L. |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 99 |
Download: | XML |
Die Natur der Kupfer-Zinklegierungen.
Die Natur der Kupfer-Zinklegierungen.
In Würdigung der Bedeutung, welche die Legierungen für die Gewerbe besitzen,
sind in Deutschland und in Frankreich von den Gesellschaften zur Förderung des
Gewerbfleisses Kommissionen eingesetzt worden mit der Aufgabe, Programme der auf die
gesamten Metalllegierungen auszudehnenden Experimentaluntersuchungen vorzubereiten
und deren Ausführung zu überwachen. Während aber die deutsche Kommission ihr
Augenmerk hauptsächlich den gewöhnlich als Stahlsorten bezeichneten Eisenlegierungen
zuwandte, bevorzugte die französische die des Kupfers.
Von allen Legierungen gehören zweifellos die des Kupfers und Zinks zu den gewerblich
wichtigsten, wie dies schon Robert H. ThurstonA Treatise on Brasses,
Bronzes and other Alloys, New York 1893. in den Worten
ausgesprochen hat: „Das Messing kann geschmeidig und
weich, hart und spröd, zerbrechlich oder widerstandskräftig, elastisch oder
nicht elastisch, von rauher Oberfläche oder spiegelglatt, zerreiblich oder fast
ebenso schmiedbar und duktil wie Blei sein, je nachdem man es wünscht und indem
man nur seine Zusammensetzung ändert. Keine andere bekannte Substanz, vielleicht
selbst das Eisen nicht, kann eine ebenso grosse Mannigfaltigkeit der
Eigenschaften und eine gleich bewunderungswürdige Verschiedenheit der Verwendung
aufweisen.“ Vermutlich in Anerkennung dieser Wichtigkeit hat die
französische Kommission ihre Wirksamkeit damit begonnen, dass sie Georges Charpy, der schon vor Jahren
Untersuchungsergebnisse veröffentlicht hat, welche, durch mikroskopische
Beobachtungen gewonnen, die Abhängigkeit der Eigenschaften des Messings von der
Bearbeitungsart darlegten, zu Prüfungen und Forschungen an Kupfer-Zinklegierungen in
ausgedehntem Masse veranlasst. Dass solche von Nöten seien, hatte auch Thurston betont, indem er von seinen
Untersuchungsresultaten eingesteht: „Die Kurven, welche die Variation der
Eigenschaften in Abhängigkeit vom chemischen Bestände darstellen, sind derart
unregelmässig, dass offenbar neue Forschungen nötig sind, um ihre genaue Gestalt
festzustellen.“
Charpy berichtete nun von seinen Untersuchungen
ausführlich und mit Beigabe von 48 Mikrostrukturbildern im Bull, de la Soc. d'Encouragement etc., 1896 S. 188 ff.
Als seine Aufgabe betrachtet auch Charpy, das Abhängigkeitsverhältnis zwischen chemischem Bestände und
mechanischen Eigenschaften zu bestimmen und die
Abänderung der Eigenschaften des Metalls mit denen der mittels des
Mikroskops erkennbaren Struktur zu vergleichen.
Den Grund, warum die älteren Forschungen keine befriedigenden Ergebnisse in dieser
Richtung geliefert haben, vermutet Charpy in dem
Umstände, dass jene fast ausschliesslich mit geschmolzenen, noch in keiner Weise
mechanisch bearbeiteten Probestücken ausgeführt worden sind. Da nun einerseits
mechanische, andererseits kalorische Behandlung die Eigenschaften der Metalle sehr
beeinflussen, konnte jenes Verfahren der Aufgabe keinesfalls gerecht werden, zumal
nicht bei Messing, das in so verschiedenen Formen gebraucht wird. Ausserdem sei ein
Metall nach dem Schmelzen am wenigsten einheitlich in seinen Eigenschaften, die je
nach den Bedingungen des Schmelzflusses, der Schnelligkeit der Erstarrung, der Form
und den Dimensionen des Schmelzstücks wechseln, und zwar können von verschiedenen Stellen
desselben Schmelzstücks entnommene Probestückchen voneinander sehr abweichendes
Verhalten zeigen; selbst ein kleiner Lingot sei nicht durchaus homogen und seine
Eigenschaften würden zu sehr von der Herstellungsweise beeinflusst.
Dagegen erhalte man fast vollkommene Homogenität durch mechanische Bearbeitung, z.B.
sorgfältiges Walzen; daher zeigen sich die von verschiedenen Stellen von
Messingplatten entnommenen Proben von fast genau gleichen Eigenschaften. Dies gelte
z.B. vom Messing der französischen Artillerie, das aus 67 Teilen Kupfer und 33
Teilen Zink besteht, und der Eskadronchef Pralon, der
es untersuchte, habe für dessen Prüfungen richtige Grundsätze aufgestellt und
befolgt. Jedes Messingprobestück, dem durch Walzen oder andere Bearbeitung eine
bleibende Formveränderung gegeben worden, sei eben mehr oder weniger
„kaltgehämmert“ (écroui), seine Elastizitätsgrenze werde dabei erhöht und
es könne keine weitere Formveränderung erleiden, ausser wenn man eine diese erhöhte
Elastizitätsgrenze übersteigende Energie einwirken lasse. Zwischen dem leicht
schmiedbaren und dem stark verarbeiteten (écroui) Messing gibt es aber eine ganze
Stufenleiter von feinen Unterschieden, die man nun auf zweierlei Art erzeugen könne,
einmal, indem man von den leicht schmiedbarsten Proben ausgehe und durch schrittweis
wachsende Bearbeitung die Form ändere, und dann den entgegengesetzten Weg, dass man
nämlich stark durchgearbeitete Proben mit gradweis zunehmender Intensität ausglühe.
Proton gelangte auch zu der Schlussfolgerung, dass
der Grad des Ausglühens nur von der angewandten Hitze und nicht auch von der Dauer
ihrer Einwirkung abhänge, sowie dass die Schnelligkeit der Abkühlung keinen Einfluss
besitze. Dieses trifft nach Charpy ziemlich genau zu,
trotz der gegenteiligen Beobachtung von Le Chatelier,
der eben nur mit Messingdraht experimentierte und zwar bei relativ geringer
Glühtemperatur und -dauer. Dagegen teilt Charpy nicht
die Meinung Pralon's, dass von jenen beiden
vorerwähnten Untersuchungswegen der erste der bessere sei, sondern gibt dem zweiten
den Vorzug und zwar deshalb, weil einmal das nur von der Temperaturhöhe abhängige
Ausglühen leicht in Ziffern festzustellen ist, was nicht ebenso von der mechanischen
Durcharbeitung gilt, und dann, weil man in der Praxis andauernd seine Zuflucht zum
Ausglühen nehme, um den durch eine mechanische Operation herbeigeführten Zustand der
Kalthämmerung (écrouissage) abzuändern, und es deshalb wichtig erscheine, zu
erfahren, unter welchen Bedingungen das Ausglühen stattzufinden habe, um ein
bestimmtes Resultat zu erzielen. Doch räumt Charpy auch
jenem anderen Wege die Wichtigkeit für bestimmte Zwecke ein, insbesondere um die
verschiedenen Eigenschaften einer jeden einzelnen Legierung zu bestimmen.
Das von Charpy befolgte Programm ist danach folgendes:
Gemäss dem bei der gewerblichen Herstellung von Messingplatten höherer Güte
befolgten Wege, Kupfer-Zinklegierungen von in geregelter Weise abgeänderter
Zusammensetzung anzufertigen, diese durch fortgesetztes, kalt ausgeführtes Hämmern
und Walzen, ohne jedes Ausglühen, in den möglichst ausgesprochenen Zustand des
Kaltgehämmertseins überzuführen, um dann von ihnen Proben zu entnehmen, diese bei
gradweis bis zum Schmelzpunkt steigender Temperatur auszuglühen und einerseits die
mechanischen Eigenschaften, andererseits die mikroskopische Struktur bei den
verschiedenen Zuständen zu bestimmen.
Für die Versuche, die alle dreifach ausgeführt wurden, dienten 18 verschieden
zusammengesetzte Legierungen, deren erste Reihe drei umfasste, mit den Gehalten an
Zink von 14,3, 20,2 und 29,0%, während in die zweite Reihe solche mit 0,0, 10,1,
18,4, 30,2, 40,4, 49,7, 60,1, 80,1 und 99,6% Zink aufgenommen waren, und endlich die
dritte Reihe Legierungen von 27,1, 32,3, 34,7, 37,6, 41,7 und 44,7% Zink enthielt.
Die Legierungen der ersten Reihe wurden unmittelbar hergestellt mittels
Elektrolyt-Kupfer und destilliertem Zink; sie enthielten nur etwa 0,2%
Verunreinigungen, unter denen Blei vorwaltete; zu den Legierungen der zweiten und
dritten Reihe dienten die besten Handelsmarken von Metallen, gegossen und zu
Platten gewalzt von der Compagnie Française des métaux;
sie enthielten an Verunreinigungen geringe Mengen von Blei, Zinn und Eisen, zusammen
0,3 bis 0,4%. Die Legierungen mit 49,7, 60,1 und 80,1% Zink vermochten gar keine
Walzarbeit auszuhalten; von jener ersten und der letzten konnte man aber im rohen
Schmelzzustande Probestücke für das Feilen abschneiden und diese nach dem Ausglühen
prüfen, zum Zwecke der Auskunft über das Verhalten; die Legierung mit 60,1% Zink
jedoch ist hart und zerbrechlich wie Glas und liess sich zu keinem mechanischen
Versuche verwenden.
Zu den verschiedenen mechanischen Prüfungen erhielten die Probestücke nun passende
Gestalten und Dimensionen, über deren Einzelheiten die Originalabhandlung mit ihren
dem Text einverleibten Abbildungen nachzusehen ist; für die Zugproben ähnelten die
Probestückchen Planchettestangen mit verbreiterten Enden; für die
Kompressionsversuche dienten 13 mm hohe und 8 mm dicke Cylinder; Stauchung und
Biegung wurde an einseitig befestigten Barren von 14 mm × 9 mm × 60 mm erprobt durch
den Fall eines 10 kg schweren Blockes aus Höhen von 10, 20, 30 u.s.w. cm. Geprüft
wurde endlich auch noch die Härte oder der Widerstand gegen ein eindringendes Messer
aus hartem Stahl, das durch allmählich wachsende Belastung eingetrieben wurde, und
wobei man die Tiefe des Schnittes der verschieden hohen Belastung gegenüber
beachtete.
Ausgeglüht wurden die Probestücke, insoweit Temperaturen unterhalb von 400° erzielt
werden sollten, in einem mit Wärmeregulator versehenen Bade, das aus einer Mischung
von Kalium- mit Natriumnitrat bestand; für mehr als 400° wurde der elektrische Ofen
benutzt, dessen sich Charpy bereits zu seinen Studien
über das Härten des Stahls bedient hatte; bei jenen Ausglüharbeiten liess man die
Legierung ungefähr ½ Stunde lang der Maximaltemperatur ausgesetzt, während man
letztere im elektrischen Ofen nur 10 Minuten lang unterhielt, nachdem man allerdings
vorher sehr langsam und oft fast 1 Stunde lang die Wärme gesteigert hatte. Alle
Temperaturen wurden mittels Le Chatelier's
thermoelektrischem Pyrometer gemessen, das nach dem Siedepunkte des Schwefels (448°)
und dem Schmelzpunkte des Goldes (1045°) als Fixpunkte graduiert war, unter der
Annahme, dass innerhalb dieses Intervalls die Temperatur der Galvanometerabweichung
proportional ist.
Die Ergebnisse der Zugversuche sind ebenso wie die
weiter zu betrachtenden in Tabellenform zusammengestellt der Abhandlung beigegeben
und hat deren Ueberblick und graphische Interpretation Charpy zu folgenden Schlussfolgerungen
geführt: Hinsichtlich des Einflusses der Ausglühtemperatur erkennt man sofort, dass
man durch allmählich zunehmendes Erhitzen des Metalls für alle Legierungen eine
Verringerung der Reiss- oder Bruchbelastung, eine Steigerung der Streckung oder
Verlängerung und eine Verkleinerung des Bruchquerschnittes herbeiführt, was um so
deutlicher hervortritt, je höher die Temperatur gesteigert wird, jedoch mit Ausnahme
der dem Schmelzpunkte benachbarten Temperaturen, bei denen das Metall
„verbrennt“ und sich manchmal die Streckung zugleich mit dem Widerstände
mindert. Doch treten diese Abänderungen nicht in stetiger Weise ein und kann die
Temperaturskala in eine Anzahl von bestimmten Wirkungen entsprechenden Zonen
eingeteilt werden. Geht man nämlich von der gewöhnlichen Temperatur aus, so findet
man zunächst, dass das Glühen erst Erfolg hat mit Ueberschreiten einer bestimmten
Temperatur, die ersichtlich, wenigstens zumeist, vom Grade der Kaltbearbeitung
abhängt, der das Metall unterworfen wurde. Man hat also nicht nach einem
Abhängigkeitsverhältnis dieser Grenze der Ausglühtemperatur von der chemischen
Zusammensetzung zu suchen, weil man, indem der Zustand des Kaltbearbeitetseins in
keine festumschriebene Bestimmung (Definition) zu fesseln ist, die verschiedenen
legierten Metalle nicht in miteinander vergleichbaren Anfangsstadien aufstellen
kann. Wenn man nur die Legierungen einer und derselben Reihe betrachtet, die auf
nahezu identische Weise kalt bearbeitet wurden, so findet man zwar, z.B. für die
Legierungen der zweiten Reihe, dass die Anfangstemperatur des Ausglühens sich
erniedrigt mit wachsendem Zinkgehalte, aber damit wird nur bezeugt, dass dieselbe
mechanische Behandlung einen um so stärker ausgesprochenen Zustand des
Kaltbearbeitetseins (des écrouissage) hervorruft, je höher der Gehalt an Zink
ist.
Sobald die untere Temperaturgrenze überschritten ist, bei der überhaupt Ausglühen
eintritt, trifft man auf eine Temperaturzone, innerhalb der die Wirkung des Glühens,
insoweit diese durch die Belastung und Streckung bestimmt wird, sich mit steigender
Temperatur erhöht. Dieser zweiten Zone folgt eine dritte, in der die Wirkung des
Ausglühens konstant bleibt, d.h. die Eigenschaften des Metalls sind dieselben, bei
welchen innerhalb dieser dritten Zone gelegene Temperaturgrade man auch geglüht
haben mag; das Metall zeigt alsdann denjenigen Zustand, welcher der grössten
Hämmerbarkeit entspricht. Man kann sagen, dass das Ausglühen da vollkommen erreicht
ist. Die Anfangstemperatur dieser Zone des vollkommenen Ausglühens scheint um so
niedriger zu liegen, je geringer der Zinkgehalt ist. So erhält das bis zu 420°
erwärmte Rotkupfer dieselben Eigenschaften, als wenn es bei irgend welcher anderen,
zwischen 420° und 900° belegenen Temperatur geglüht worden sei. Für die Legierung
mit 30% Zinkgehalt treten die Eigenschaften ausgeglühten Metalls erst nach Erwärmung
auf mehr als etwa 600° ein. Bei schwächerem Ausglühen erhält man grössere
Bruchbelastung und schwächere Verlängerung (Streckung).
Die Bruchbelastung betrug nämlich in Kilogramm:
Glühtemperatur
für Rotkupfer
für 30% zinkhaltige Legier.
0°
30,0
49,5
200
30,8
51,2
280
30,5
46,5
420
22,1
34,0
500
22,2
34,0
500
22,7
30,0
600
22,2
27,5
650
22,2
27,5
730
22,2
29,3
780
22,0
28,7
800
20,6
28,7
850
22,0
27,5
900
20,8
–
940
21,3
–
Diese Konstanz der Eigenschaften, die beim Rotkupfer in die Augen fällt, wird bei
gewissen Legierungen teilweise verhüllt durch auf fehlerhafte Barren zurückführbare
Resultate; nichtsdestoweniger gelte allgemein, dass jeder Legierung eine
Temperaturzone von verschiedener Erstreckung zukomme, innerhalb welcher ausgeführtes
Ausglühen nicht nur eine Gleichheit der Bruchbelastung erzielt, sondern auch, und
dies ist noch wesentlicher, Uebereinstimmung der Zugdiagramme.
Endlich kommt es vor, dass bei den dem Schmelzpunkt benachbarten sehr hohen
Temperaturen das Gesetz der Eigenschaftenabänderungen zu gelten aufhört; die
Rissbelastung zwar nimmt auch weiterhin ab mit steigender Temperatur, aber die mit
dieser bisher anwachsende Strekkung (Verlängerung) vermindert sich zu gleicher Zeit.
Diese den Messingindustriellen wohl bekannte Erscheinung, bezeichnet man gewöhnlich
als „Verbrennen“ des Metalls. Der Temperaturgrad, bei dem Verbrennen
eintritt, ist je nach den verschiedenen Legierungen verschieden und lässt sich
darüber kein. Gesetz aufstellen. Charpy neigt auf Grund
seiner Beobachtungen der Meinung zu, dass dieser Temperaturgrad vom Betrage der
Verunreinigungen, insbesondere an leicht schmelzbaren Metallen, wie Blei und Zinn,
abhänge. So liessen die Legierungsproben der ersten Reihe, die aus sehr reinen
Metallen hergestellt waren, die Erscheinung nicht erkennen, dagegen die aus Metallen
des Handels dargestellten Legierungsproben der zweiten und dritten Reihe. Uebrigens
tritt sie deutlicher auf in den an Zink reichen Legierungen, die sich schon bei
grösserer Entfernung von ihrem Schmelzpunkte verschlechtern; es sind das eben auch
diejenigen, welche die grösste Menge von Verunreinigungen enthalten, die bekanntlich
fast ausschliesslich mit dem Zink einwandern. Endlich ist diese Erscheinung noch
viel deutlicher bei den im Handel vorkommenden Messingsorten, selbst bei denen von
bester Art. So erwähnt auch Pralon, dass das Messing
für Patronen beim Ausglühen in 600° übersteigender Temperatur verbrenne, doch
ist die Richtigkeit dieser Temperaturmessung anzuzweifeln und hat Charpy an eben solcher Legierung, die etwa 0,15 Zinn
und 0,20 Blei enthielt, das Verbrennen erst oberhalb von 800° beobachtet, während
bei der entsprechenden reinen Legierung aus der ersten Reihe der Probestücke die
Streckung selbst bei 900° noch nicht abnahm. Doch sind diese Vergleiche nicht
unbedingt massgebend, weil die Probestücke des Handelsmessings andere Dimensionen
hatten.
Die Skala der Ausglühtemperaturen kann also in vier Zonen eingeteilt werden, die den
verschiedenen Abänderungen der von der Temperatur abhängigen Eigenschaften
entsprechen; doch meint Charpy, dass die unterste
(diejenige des Nichtausglühens) und die oberste Zone (die des Verbrennens) nicht
sowohl von der Temperatur, sondern jene vom Zustande der Kaltbearbeitung und diese
von den Beimengungen abhänge, und dass also nur zwei Zonen übrigbleiben zur
Bestimmung des Abhängigkeitsverhältnisses der Eigenschaften vom chemischen Bestände.
Für ganz reine Legierungen, die herzustellen unglücklicherweise fast unmöglich sei,
würde das Gesetz des Ausglühens also folgendes sein: Geht man von dem Metall in bei
gegebener Temperatur vollkommen durchgearbeitetem Zustande aus, d.h. wo es ohne jede
Formveränderung bricht, und steigert allmählich die Temperatur, so erhält man
zunächst eine schrittweise Minderung der Rissbelastung und eine entsprechende
Vermehrung der Streckung (Verlängerung), dann werden oberhalb einer bestimmten
Temperatur Belastung und Streckung konstant bleiben bis nahe zu dem Schmelzpunkte.
Diese Zone des vollkommenen Ausglühens wird an Erstreckung allmählich einbüssen, je höher der Zinkgehalt steigt, wobei ihre untere Grenze steigt
zugleich mit dem Sinken ihrer oberen, welches Sinken durch die eintretende
Erniedrigung des Schmelzpunktes bedingt wird.
Nur indem man die Legierungen in den an jedem Metall darstellbaren Zuständen der vollkommenen
Durcharbeitung (des écrouissage complet) oder
des vollkommenen Ausgeglühtseins miteinander vergleiche, vermöge man den Einfluss der Verschiedenheit des chemischen Bestandes zu ermitteln.
Ersterer kann aber nur durch wiederholtes Drahtziehen erwirkt werden und ist also in
den hier verwandten Probestücken nicht vorauszusetzen gewesen, hat überhaupt nur
beschränktes praktisches Interesse; wie die Kompressionsversuche wahrscheinlich
machen, würden mit Probestücken dieser Art ganz entsprechende Resultate erzielt
werden, wie bei den Prüfungen mit vollkommen ausgeglühten Stücken. Charpy hat also nur
letztere zu Vergleichen benutzen können.
Aus der von Charpy gegebenen Tabelle mögen hier nur die
für Legierungen der zweiten Reihe gefundenen Werte angeführt sein:
Zinkgehaltder Legierung
Rissbelastungin kg
Streckungin %
Striktion
0,0
21,84
31,61
0,66
10,1
24,1
36,0
0,56
18,4
26,8
41,4
0,53
30,2
28,9
56,7
0,57
40,4
38,4
35,2
0,58
49,7
10,0
2,0
0,97
Die Abänderungen treten also ziemlich regelmässig ein; geht man vom Rotkupfer aus, so
wächst die Rissbelastung stetig, anfangs allerdings langsamer, dann von ungefähr 35%
Zinkgehalt an schneller bis zu einem in Legierungen von etwa 45% Zinkgehalt
vertretenen Maximum, von dem aus sie jäh fällt. Die Verlängerung oder Streckung wächst
gleicherweise mit dem Zinkgehalte, bis letzterer etwa 30% beträgt und nimmt danach
schnell ab. Die am Probestücke nach dem Reissen gemessene Verlängerung ist die Summe
der proportionellen oder repartierten und der Striktionsverlängerung; misst man den
mittleren Durchschnitt nach dem Reissen, so kann man die Grösse der proportionellen
Streckung oder Verlängerung schätzen und aus der Differenz den Wert der
Striktionsverlängerung berechnen; auf diese Weise fand Charpy für die vorstehend angeführten Legierungen eine Uebereinstimmung
der Abänderungen von totaler Streckung (nach dem Reissen), proportioneller und
Striktionsstreckung.
Die bezüglich der Elastizitätsgrenze erzielten
Ergebnisse sind keiner Bewertung in Zahlen fähig, jedoch kann man die Aenderung
dieser Grösse dann schätzen, wenn man die Diagramme übereinanderlegt und die
relativen Lagen der benachbarten Kurventeile prüft; man erkennt dann, dass die
Elastizitätsgrenze oder vielmehr die zur Erzielung ein und derselben sehr kleinen
Formänderung (Deformation) nötige Belastung ebenso wie die Zerreissbelastung mit dem
Zinkgehalte steigt, sich jedoch nicht verringert, wenn letzterer 45%
überschreitet.
Die Druckversuche lieferten Diagramme, welche die
Abänderung der Zerquetschung (écrasement) in Abhängigkeit von der Belastung zeigen;
letztere betrug bis zu 1000, 2000 und 5500 kg; noch höhere anzuwenden erlaubte die
Maschine nicht. Die dabei erhaltenen, auf die Ausglühtemperatur bezüglichen
Ergebnisse stimmen ganz überein mit den bei den Zugversuchen erhaltenen. Da die
Kompressionsdiagrammkurven der verschiedenen Legierungen übereinander gelegt sich
schneiden, ist der Einfluss des chemischen Bestandes auf den Druckwiderstand sehr
schwer zu bestimmen. Man findet, dass der Widerstand sich in dem Masse mindert, als
der Zinkgehalt steigt, bei ungefähr 30% Zinkgehalt ein Minimum erreicht und dann
schnell anwächst; demnach würde also der Druckwiderstand variieren ungefähr wie die
Striktion und in umgekehrtem Sinne wie die Streckung (Verlängerung) bei Zug. Die
folgende Tabelle gibt für Legierungen der zweiten Reihe von in erster Spalte
angeführtem Zinkgehalte an die Belastung, die nötig ist, um eine Zerquetschung
(écrasement) von 1 mm zu bewirken, weiter die durch eine Belastung von 1000 kg
herbeigeführte Zerquetschungsgrösse und endlich die Streckung und die Striktion:
Zinkgehalt
Belastung
Écrasement
Streckung
Striktion
0,0
800
kg
1,15
mm
31,6
0,66
10,1
700
„
1,25
„
36,0
0,56
18,4
650
„
1,30
„
41,4
0,53
30,2
610
„
1,35
„
56,7
0,57
40,4
1250
„
0,50
„
35,2
0,58
49,7
1260
„
0,50
„
2,0
0,97
Treibt man die Versuche weiter, so zeigen die Legierungen abweichendes Verhalten; die
Belastung, die nötig wird, um ein 2,5 mm übersteigendes Écrasement zu bewirken, ist
um so viel grösser, als der Zinkgehalt höher ist. Aber dann ist eben das Metall
durch die vorhergehende Behandlung von neuem kaltbearbeitet (écroui) und die Wirkung
des Ausglühens beginnt zu verschwinden; dasjenige, was man in diesem Falle misst,
könnte man die Schnelligkeit des Écrouissage (der Kaltbearbeitung) nennen, d.h. die
Geschwindigkeit, mit der sich der Widerstand durch ein und dieselbe Formänderung
(déformation) steigert. Der Beweis, dass die Wirkung des Ausglühens zu weichen
begonnen, ist darin zu erblicken, dass auch die höchste Belastung von 5500 kg kein
stärkeres Écrasement hervorruft, gleichviel bei welcher Temperatur das Metallstück
geglüht worden ist. Dies trifft indes nicht genau zu bei gar nicht ausgeglühter
Legierung, woraus zu ersehen ist, dass diejenigen Temperaturen, welche nach den
Zugversuchen von gar keinem Einfluss zu sein scheinen, in Wirklichkeit doch
Wirkungen ausüben, die bei den Kompressionsversuchen zu Tage treten.
Aus der Vergleichung der Kornpressionsdiagramme erkennt man weiter, dass eine gleiche
Deformation eine um so bedeutendere Erhebung der Elastizitätsgrenze bewirkt und dass
auch die zur Erzielung der höchsten Écrouissage nötige Deformation um so grösser
ist, je mehr Zink das Metall enthält, wenigstens bis zu der Legierung von 30,2%
Zink, da für diese und noch zinkreichere Legierung das Écrouissagemaximum nicht
erzielt werden konnte.
Penetrationsversuche. Diese wurden mit Probestücken der
zweiten und dritten Reihe ausgeführt, die bei der für alle diese Legierungen
innerhalb der Zone des vollkommenen Ausglühens gelegenen Temperatur von 700° geglüht
waren. Mittels genügender Belastung liess man das Messer bis zu 1 mm und dann bis zu
2,5 mm Tiefe dringen. Das Ergebnis war, dass der Widerstand gegen das Eindringen mit
dem Zinkgehalt wächst, zuerst langsam, von 30% Zinkgehalt an aber schnell; ein
Maximum beobachtet man erst bei 50% Zinkgehalt, danach aber muss man mit der
Prüfung aufhören, weil die Legierungen zu brüchig werden. Der Widerstand gegen
Verdrängung ändert also in Abhängigkeit vom Zinkgehalt in derselben Weise ab, wie
die Elastizitätsgrenze beim Zugversuche.
Dieselben bei 700° ausgeglühten Legierungen wurden zu den Stauchungsversuchen (au choc) verwandt. Bruch trat da nur bei den
Legierungen mit 49,7 und 44,7% Zinkgehalt ein; letztere brach beim siebenten
Schlage, als der Biegungswinkel 78° betrug, während jene schon beim ersten Schlage
zerbrach und ohne dass der Biegungswinkel unter 168° hinabging. Man kann also sagen,
dass die Zerbrechlichkeit (fragilité) in der Praxis so lange nicht in Frage kommt,
als der Zinkgehalt weniger als 43% beträgt; sie stellt sich erst mit 45% Zink ein
und wächst dann schnell mit dem Zinkgehalte; die Legierungen mit mehr als 50% Zink
zerbrechen bei geringster Erschütterung. Soweit sie messbar ist, variiert also die
Zerbrechlichkeit mit der Striktion.
Die Biegungsversuche durch Schlag (choc) geben gleicherweise Auskunft über eine
andere Eigenschaft der Metalle, die Steifheit („raideur“), die man aus der
Grösse des Winkels schätzen kann, den ein Schlag oder eine Anzahl von Schlägen
hervorruft. Das Abänderungsverhalten dieser Eigenschaft als Funktion des
Zinkgehaltes scheint ganz dasselbe zu sein wie dasjenige der Elastizitätsgrenze beim
Zug; sie steigt stetig mit dem Zinkgehalte und zeigt noch keine Abnahme bei der
Legierung von 50% Zinkgehalt, deren Zerbrechlichkeit weitere Prüfungen unmöglich
macht.
Ueberblickt man die erhaltenen Resultate, die die Abhängigkeit der Eigenschaften von
der chemischen Zusammensetzung zeigen, so findet man bezüglich der allein
gewerbliche Bedeutung besitzenden Legierungen von 0 bis 50% Zinkgehalt, dass zugleich mit dem von 0% an steigenden Zinkgehalte stetig anwachsen: die Elastizitätsgrenze bei
Zugversuchen, der Widerstand gegen Penetration, die Steifheit oder „raideur“
(und die Geschwindigkeit des Eintritts des kaltbearbeiteten Zustandes), wobei eine
Beschleunigung der Umänderung für die Legierungen von 30 bis 45% Zink erkennbar ist;
ferner die Streckung oder Verlängerung bei Zug (die proportionale und die der
Striktion), die aber nach einem in Legierungen von 30% Zink erreichten Maximum
schnell wieder abnimmt; endlich der Widerstand gegen Zerreissung, der sein Maximum
in Legierungen von etwa 45% Zink aufweist und dann jäh fällt; dagegen nehmen bei steigendem Zinkgehalte ab: Der Widerstand gegen Druck (Kompression) und die
Striktion, die ihr Minimum in Legierungen von 30% Zink erreichen und danach
anwachsen. Die Zerbrechlichkeit auf Schlag wird erst bei einem Zinkgehalte von 45%
fühlbar und wächst dann in gleichem Masse wie die Striktion.
Für gewerbliche Anwendungen ist zu empfehlen, den Zinkgehalt der Zerbrechlichkeit
halber nicht über 43% zu steigern, ihn andererseits aber, schon der Kostspieligkeit
halber, nicht unter 30% hinabzudrücken, zumal man da auch an Widerstand und
Hämmerbarkeit verlieren würde. Lässt man den Zinkgehalt zwischen 30 und 43%
variieren, so kann man eine ganze Reihe von Metallen mit verschieden abgestuften
Eigenschaften erzielen, vom hämmerbarsten mit einem Zerreissungswiderstand von 27
bis 28 kg und einer 60% erreichenden Streckung bis zum zähesten von 37 bis 38 kg
Widerstand und mehr als 40% Streckung, wobei nur der Zustand vollkommenen
Ausgeglühtseins in Betracht gezogen ist; bei sorgfältiger Anwendung der
Kaltbearbeitung und des Ausglühens werde man, meint Charpy, den Widerstand noch bis auf ungefähr 60 kg für Barren und Bleche,
aber noch viel höher für Draht steigern können.
Mikroskopische Strukturverhältnisse. Bei ihrer
Erforschung hat Charpy ausser seiner eigenen
obenerwähnten Abhandlung nur die Vorarbeiten von G.
Guillemin und H. Behrens zu berücksichtigen
gehabt; erstere sind, anscheinend absichtlich, nicht ausführlich genug gehalten und
an Behrens'H. Behrens, Das mikroskopische Gefüge der Metalle
und Legierungen, Leipzig 1894. Ermittelungen hat Charpy auszusetzen, dass dieser zumeist nur Gussstücke
beobachtet habe, und zwar viele in der Praxis gewonnene Erfahrungen mitteile, jedoch ohne weitergehende
Schlussfolgerungen zu ziehen; auch biete er keine photographischen Strukturbilder,
auf die Charpy grosses Gewicht legt und für die in
diesem Falle die angewandten, nur 30- bezw. 10fachen Vergrösserungen vollkommen
genügen. Um das Strukturbild deutlich hervortreten zu lassen, ist der Gebrauch eines
möglichst langsam wirkenden Aetzmittels unbedingt nötig; als solches verwendet Charpy bei den nicht mehr als 50% Zink haltigen
Legierungen (auf reines Rotkupfer lässt er Ammoniaklauge 2 Stunden lang einwirken)
10%ige Schwefelsäure als Elektrolytflüssigkeit eines Daniell-Elements, in dem der
Zinkstreifen durch das (mindestens 1/4 Stunde lang) zu ätzende Plättchen der
Legierung ersetzt wurde.
Die mikroskopische Prüfung gibt Grund genug, die Kupfer-Zinklegierungen in eine
bestimmte Anzahl (drei) von Kategorien zu gliedern, deren erste die Legierungen von 0 bis 35% Zink umfasst. Nach der
Schmelzung sind diese in ihrer Struktur gekennzeichnet als Haufwerke langer gerader,
tannenbaumähnlicher Nadeln mit rechtwinkligen Verästelungen, deren Zuspitzungen
nicht regelmässig genug ausgebildet sind, um ihre Winkel bestimmen zu können. Die
Dimensionen dieser dendritischen Krystalliten hängen von der Geschwindigkeit der
Erstarrung ab; je langsamer diese eintritt, desto besser sind die Krystalliten
entwickelt; deshalb kann man die Korngrösse erhöhen, wenn man bei hoher Temperatur
und in erwärmte Formen giesst oder nur langsam erkaltet, dagegen sehr feines Korn
erzielen, wenn man bei niedriger Temperatur in Metallformen giesst; in diesem Falle
besitzt das Metall grössere Widerstandskraft als in jenem. Glüht man nun die Stücke,
so entwickeln sich Krystallformen und werden diese deutlicher bei hoher
Ausglühtemperatur; es entstehen da Krystalle mit vollkommen geradlinigen Kanten, die
um so bedeutendere Dimensionen erlangen, je höher die Ausglühtemperatur gewählt ist,
und die schliesslich die ganze Masse ausmachen. Unterwirft man die Metalle einer
Kaltbearbeitung durch Strecken, Walzen u.a., so deformiert man schrittweise die
Krystalle, die schliesslich vollständig verschwinden, und erhält eine fein gekörnte
Oberfläche von homogenem Eindrucke; bei noch nicht zu starker Durcharbeitung erkennt
man an den deformierten Krystallen annähernd die ausgestandene Deformation;
unterwirft man noch ungeglühtes, aus Krystallitenhaufwerk bestehendes Metall der
Bearbeitung in gleichbleibendem Sinne, so resultiert eine nach dieser Richtung, z.B.
dem Walzen, gestreifte Struktur. Glüht man bearbeitetes Metall wiederum, so stellt
man die bei der Deformation zerbrochenen Krystalle wieder her. Doch besitzen nur die
Temperaturgrade aus der Zone des vollkommenen Ausglühens hierzu genügende Kraft und
scheinen die Dimensionen der Krystalle hauptsächlich von der Maximaltemperatur
abzuhängen, bei der das Glühen ausgeführt wurde, und nicht von der Dauer des
letzteren. Irgend welche Unterschiede der Strukturbilder gleichbehandelter Stücke
der verschiedenen, weniger als 35% Zink enthaltenden Legierungen gibt es nicht. Bei
sehr hohen Temperaturen bewahren die Krystalle ihre Form, gewinnen jedoch eine
grössere Entwickelung; hierdurch wird ihre Form nach Charpy deutlich erkennbar: es sind Oktaeder in zahlreicher (lamellarer)
Zwillingsbildung. (Die Photographien lassen dies nicht erkennen und machen im
Gegenteil diese Bestimmung zweifelhaft; isometrisch körniger Typus ist zwar
deutlich, die Viellingskrystalle erscheinen jedoch zumeist durch Berührungsflächen
in ihrer Form bedingt. D. Berichterstatter.) Die Aetzung des Metalls legt im Relief
erscheinende Krystalle bloss, deren Flächen man sich erhellen und verdunkeln sieht,
je nach dem wechselnden Lichtauffallwinkel bei der mikroskopischen Beobachtung. Da
das Metall durchaus krystallinisch ist und keine amorphe Grundmasse enthält,
entsprechen die beim Aetzen erhaltenen (und photographierten) Flächen nur
Aetzfiguren. Stärkere Vergrösserungen geben keine weiteren Aufschlüsse. Da diese
Krystalle die ganze Masse sowohl aller, weniger als 35% Zink haltigen Legierungen,
als auch, der Ammoniakätzung zufolge, die des reinen Rotkupfers bilden, glaubt Charpy nicht, dass sie nur einem einzigen chemischen
Körper von bestimmter Zusammensetzung aus Kupfer und Zink entsprechen, sondern
betrachtet sie als eine dem Kupfer isomorphe Mischungsreihe (von Kupfer und
einer bestimmten Kupfer-Zinkverbindung).
Die Legierungen von 35 bis 45% Zinkgehalt bilden die
zweite Kategorie. In geschmolzenen Stücken unterscheiden sie sich von denen der
ersten Kategorie durch die gebogene Form der dicht und vollständig ineinander
gewirrten Krystalliten; wie bei jenen lässt sich auch ihr Korn durch die Umstände
beim Giessen beeinflussen. Beim Ausglühen tritt keine Krystallisation ein und wird
das Strukturbild des Metalls nicht erkennbar abgeändert. Aetzung scheint hier eine
amorphe Grundmasse (Magma, Basis) aufzulösen und lässt im Relief schlecht
ausgebildete und im allgemeinen von gebogenen Linien begrenzte Krystalle
hervortreten. Diese Krystalle scheinen hämmerbar zu sein und brechen schwierig bei
der Kaltbearbeitung. Auch das kaltbearbeitete Metall zeigt eine nur wenig von der
des gegossenen oder ausgeglühten verschiedene Struktur, ausser wenn die Bearbeitung
zu weit getrieben ist, in welchem Falle sich gekörnte Struktur von homogener
Erscheinung einstellt.
Die dritte Kategorie umfasst alle Legierungen von mehr als
45% Zinkgehalt. Hier finden sich keine nadelförmigen Krystallite. Die
geätzte Oberfläche macht den Eindruck eines Mosaiks aus sechseckig begrenzten
Metallbruchstücken, welche da verschiedene Färbung annehmen. Anscheinend beginnt die
Erstarrung ziemlich gleichzeitig an einer grossen Anzahl fast gleichförmig durch die
Masse verteilter Punkte und entwickelt sich um jeden derselben ein augenscheinlich
homogener fester Kern. In der gegenseitigen Berührung grenzen sich diese Kerne
natürlich durch Flächen ab, deren ebene Durchschnitte sechseckig sind. In sehr
grossen Massen und Spezialformen gegossen stellen sich die verlängerten sechseckigen
Platten senkrecht zur Erkaltungsfläche. Bei sehr hohem Zinkgehalte entwickeln sich
im Inneren der grossen Platten kleine Krystalle.
Diese Legierungen sind kalt kaum bearbeitbar. Legierungen mit ungefähr 33% Kupfer und
67% Zink, die also der bestimmten Verbindung CuZn2
entsprechen, zeigen Glasbruch, auf dem Aetzung die Struktur nicht deutlich enthüllt.
Bei noch höherem Zinkgehalte ist das überschüssige Zinn leicht durch warme Kalilauge
ausziehbar, die in die Metalloberfläche feine, Parallelogramme bildende Streifen
gräbt. Endlich bei noch weiter gesteigertem Zinkgehalte lässt die Kalilauge immer
zahlreichere und grösstere Krystalle hervortreten, die wahrscheinlich Zinkkrystallen
entsprechen, welche von der Verbindung CuZn, umhüllt sind (in einem in Compt. rend. enthaltenen Auszuge gibt der Verfasser,
und zwar wohl richtiger, das Verhältnis umgekehrt an, dass also Zink die Umhüllung
bilde; vgl. auch w. u.).
Verbranntes Messing. Mittels des Mikroskops erkennt man
auch, ob das Metall verbrannt ist. Sobald die Ausglühtemperatur so hoch steigt, dass
die mechanischen Eigenschaften des Metalls sich abzuändern beginnen, sieht man in
diesem Stichlöcher oder „Stiche“ auftreten, welche Gasbläschen gleichen.
Diese „Stiche“ werden mit steigender Temperatur immer zahlreicher und
entstehen zu gleicher Zeit um die Krystalle herum wahre Spalten, die schliesslich
ein zusammenhängendes Netz bilden; alsdann ist das Metall vollkommen verdorben. Es
hat den Anschein, als ob sich um die Krystalle eine wenig schmelzbare Legierung
bilde, die überhaupt entstehen wird, wenn Spuren von Blei und Zinn zugegen sind, und
dass diese Legierung, in den flüssigen Zustand übergeführt, die Krystalle
schrittweis auflöse und verzehre. Bei dem Messing des Handels, das schätzbare Mengen
von Blei und Zinn enthält, tritt die Verderbnis des Metalls viel schlimmer und schon
bei weniger hohen Temperaturen auf, als bei den aus möglichst reinen Metallen
hergestellten Legierungen.
Uebergangsformen. Die Kupfer-Zinklegierungen zeigen je
nach ihrer Zusammensetzung verschiedene Strukturen; es ist nun jedenfalls
interessant, zu untersuchen, ob diese Formen schrittweise abändern in dem Masse, wie
die Zusammensetzung wechselt. Charpy erklärt, dass er
an den von ihm untersuchten Legierungen keine deutlichen Uebergangsformen beobachtet
habe: bei nur 2% betragendem Bestandswechsel gelange man unvermittelt von einem
Strukturtypus zum anderen; einzig lasse sich angeben, dass in sehr zinkreichen
Legierungen der ersten Kategorie die Krystalle weniger vollkommen sind, und um
dieselben herum ein nicht krystallisierter Rest zu existieren scheint, dass ferner
in denjenigen Legierungen der zweiten Kategorie, deren Zinkgehalt nahezu 45% Zink
beträgt, die Krystalle Gruppen von im allgemeinen übereinstimmender Gestalt bilden,
wie solche die gleichförmigen Platten der Legierungen mit mehr als 45% Zink
aufweisen. Sucht man den Uebergang einer Strukturform in die andere genau zu
bestimmen, so sind Legierungen zu betrachten, deren Zusammensetzung streng die
Grenze einhält, welche zwei Kategorien trennt; innerhalb dieser Legierungen treten
aber geringe Saigerungen auf und erhält man so in benachbarten Regionen derselben
Strukturen, welche verschiedenen Kategorien entsprechen.
Beziehung der Struktur zu den anderen Eigenschaften. Die
Prüfung der Metallstruktur scheint die Existenz einer bestimmten chemischen
Verbindung CuZn, (von 32,8 Kupfer und 67,2 Zink) zu bestätigen, die durch
verschiedene Forschungen über physikalische Eigenschaften angezeigt war. Diese
Verbindung hat glasigen Bruch und scheint vollkommen homogen, auch beeinflusst das
Beizen mit Säuren oder mit Kalilauge nicht merklich ihr Aussehen. Im Gegenteil, wenn
man den Zinkgehalt steigert, scheint es, dass Zink im freien Zustande zugegen sei
und sich leicht in Kalilauge löse. Steigert man dagegen den Kupfergehalt, so
enthüllt Salpetersäureätzung die Gegenwart kleiner Krystalle.
Gleicherweise scheint nach der mikroskopischen Untersuchung die Existenz einer
bestimmten Verbindung Cu2Zn (von 65,5 Kupfer und
34,5 Zink) anzunehmen zu sein, welche die Grenze zwischen den Legierungen erster und
zweiter Kategorie bezeichnet und die völlige Uebereinstimmung der Strukturen bei den
Legierungen von weniger als 35% Zinkgehalt bequem dahin deuten lässt, dass man
erklärt, sie seien von isomorphen Mischungen von Kupfer und der Verbindung Cu2Zn gebildet. Gerade in der Umgebung dieses
Zusammensetzungsverhältnisses stellt sich überdies eine Störung in der
Abänderungsreihe der Dichten (nach den Arbeiten von Riche und von Thurston) ein und eine
Modifikation der Farbe der Legierungen.
Die Struktur der Legierung wird nicht enthüllt im Bruche; in den grobkrystallinischen Legierungen der
ersten Kategorie tritt die Zerreissung im Inneren der Krystalle ein und erscheint da
der Bruch seidenartig, also für ein sehr feinkörniges Metall zu sprechen. Der Bruch
ist nur krystallinisch, wenn die Legierung durch die Nebeneinanderlagerung schlecht
miteinander verlöteter Metallfragmente gebildet wird, was bei Legierungen der
dritten Kategorie vorkommt. Der Bruch zeigt nur die Flächen geringsten Widerstandes
an und eignet sich deshalb nicht zur Erkennung der Metallstruktur, wozu man ihn
leider allgemein benutzt. Daher rühre auch die allgemein verbreitete Meinung, dass
die Metalle von krystallinischer Struktur zerbrechlich, spröd und wenig hämmerbar
seien, nichtiger müsse man sagen, dass diese Fehler bei Metallen auftreten, deren
Struktur im Bruch krystallinisch erscheine, was bei
Messing nur von den Legierungen der dritten Kategorie und den verbrannten Metallen
gilt. Dagegen kann sehr wohl der Fall eintreten, dass krystallinische Struktur einem
sehr hämmerbaren Metalle zukommt, falls die Krystalle fest miteinander verbunden
sind und der Riss nicht ihren Aneinanderlagerungsflächen folgt. Dies tritt bei
den geglühten Legierungen erster Kategorie ein, von denen einige mehr als 60%
Streckungsvermögen besitzen, obwohl sie Krystalle von manchmal 1 mm Grösse
einschliessen.
Viel besser ist die Struktur erkennbar auf der Oberfläche von deformierten Barren;
unter dem Mikroskop und nach Beginn der Deformation erkennt man da die schrittweise
deformierten Bestandteile. Ein poliertes und einer sehr leichten Streckung
unterworfenes Stück Messing bietet das Aussehen, als ob es chemisch gebeizt worden
wäre; nach Charpy's Meinung würde diese Art der
Präparation in Rücksicht auf die Praxis nützliche Angaben liefern, weil sie den
Widerstand und die relative Formänderungsfähigkeit der verschiedenen
Metallbestandteile zu schätzen gestattet.
Aus der Struktur lassen sich einige von mechanischen Versuchen gelieferte Resultate
erläutern, insbesondere folgendes: man weiss, dass die an Kupfer reichen
Messingsorten grosse Hämmerbarkeit in der Kälte besitzen, erhitzt aber sehr
zerbrechlich und brüchig sind, dagegen die an Zink reicheren Messingsorten sich in
der Hitze schmiedbar zeigen. Dieser Unterschied entspricht zwei aus der Struktur
abgeleiteten Kategorien. In den krystallinischen Messingsorten der ersten Kategorie
kommen nämlich die Verunreinigungen auf die Krystallfugen zu liegen und, da sie im
allgemeinen von leicht schmelzbaren Metallen gestellt werden, wird eine geringe
Temperaturerhöhung genügen, um jeden Zusammenhalt verschwinden zu machen. In den
Messingsorten der zweiten Kategorie dagegen, wo die Krystalle sich nie dicht
aneinander schliessen, sondern in eine gewisse Menge von amorphem Magma eingehüllt
sind, kann diese Wirkung nicht eintreten. Wie dem aber auch sei, Thatsache ist, dass
die krystallinische Struktur der ersten Kategorie den kalt hämmerbaren Legierungen
zukommt, während die Struktur zweiter Kategorie den schmiedbaren Messingsorten eigen
ist.
Also gelangt man zu der in Rücksicht auf die Praxis wichtigen Schlussfolgerung, dass
man nach der mikroskopischen Struktur die Legierungen in drei durch die mechanischen
Eigenschaften gut genug gekennzeichnete Kategorien einteilen kann, von denen die
erste den in der Kälte gut hämmerbaren Legierungen, die zweite denjenigen von
grossem Widerstände entspricht, die zwar weniger hämmerbar in der Kälte sind als
jene, dafür aber heiss schmiedbar werden, während die dritte Kategorie die sehr
verschiedenartigen Legierungen umfasst, deren gemeinsames Kennzeichen die
Zerbrechlichkeit ist; das genügt, um sie von gewerblicher Verwendung
auszuschliessen. Auch erlaubt die Untersuchung der Struktur annäherungsweise zu
bestimmen, welcher Bearbeitung eine Legierung unterworfen gewesen ist, was
insbesondere bei den Legierungen der ersten Kategorie erkennbar wird. So kann man,
wenn das Metall gegossen war, aus den Korngrössen ungefähr die Umstände erfahren, ob
das bei hoher oder niedriger Temperatur, ob in Sandform oder Coquille geschah;
ferner kann man bestimmen, ob es kalt bearbeitet worden, ob es bei einer mehr oder
weniger hohen Temperatur ausgeglüht worden, endlich ob es verbrannt ist.
Die Untersuchung der Struktur wird vielleicht noch andere Auskünfte liefern können;
thatsächlich erscheint sie schon jetzt von Nutzen, nicht um die chemische Analyse zu
verdrängen, sondern um die von dieser gelieferten Angaben in den Richtungen zu
ergänzen, in denen sie versagt.
O. L.