Titel: | Elektrisch betriebene Hebezeuge. |
Autor: | Chr. Eberle |
Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 97 |
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Elektrisch betriebene Hebezeuge.
Von Chr. Eberle in
DuisburgJetzt München,
Oettingenstrasse 28..
(Fortsetzung des Berichtes S. 49 d.
Bd.)
Elektrisch betriebene Hebezeuge.
8. Portalkrane.
Halbportalkran für Q = 2500 kg.
Ganz besondere Bedeutung hat in den letzten Jahren der elektrische Antrieb für die
Lösch- und Lade Vorrichtungen der grossen Häfen gefunden. In einer Reihe derselben
wurden bereits elektrische Zentralen zur Kraft- und Lichtversorgung angelegt und an
diese die verschiedenartigen Hebezeuge, welche ein solcher Betrieb erfordert,
angeschlossen; an anderen Stellen entnimmt man den Strom von bestehenden städtischen
u. dgl. Zentralen; es seien erwähnt die Hafenanlagen in Düsseldorf, Mannheim,
Rotterdam und Kopenhagen. In den letzten Jahren wurde nun auch für die neu erbauten
Quais in Hamburg der elektrische Betrieb mit bestem Erfolg aufgenommen. Am
Versmann-Quai stellten die Firmen Schuckert und Co. in
Nürnberg und Mannheimer Maschinenfabrik Mohr und
Federhaff in Gemeinschaft 23 Portaldrehkrane für 2500 kg Last auf; den
Strom liefert die städtische Zentrale. An dem soeben erbauten O'Swald- und
Amerika-Quai gelangen 12 Portaldrehkrane für 2500 kg von Schuckert und Co. mit Nagel und Kamp in
Hamburg und 44 Portaldrehkrane für 2500 kg von der Union,
Elektrizitätsgesellschaft in Berlin mit der Benrather Maschinenfabrik in Benrath zur Aufstellung. Den Strom für alle
diese Krane auf letztgenannten Quais liefert eine besondere Zentrale, die von der
Union, Elektrizitätsgesellschaft Berlin erbaut
wurde. Die Krane in Düsseldorf, Mannheim und Rotterdam wurden zum grössten Teile von
Nagel und Kamp gemeinschaftlich mit Siemens und Halske errichtet.
Die Konstruktionen dieser verschiedenen Firmen treten bei den durch die Vergrösserung
und Neuanlage von Hafenplätzen bedingten Bestellungen in scharfen Wettstreit, der
durch die von den Hafenverwaltungen verlangten strengen Stromverbrauchsgarantien
noch verstärkt wird. Die natürliche Folge ist, dass wir es hier mit Hebezeugen der vollkommensten Art zu thun haben, sowohl hinsichtlich konstruktiver Durchbildung als
Ausführung; dafür bürgen allerdings auch die Namen altberühmter Firmen, wie
Mohr und Federhaff oder Nagel und Kamp.
Mit Ausnahme der im Mannheimer Hafen aufgestellten Portalkrane der Mannheimer Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft, erbaut
von der Duisburger Maschinenfabrik J. Jäger, die sich
sehr gut bewähren, sind wohl alle diese Krane nach dem Mehrmotorsystem erbaut. Man
hat in erster Linie das Bestreben, ein höchst einfaches, übersichtliches Windwerk zu
erhalten; ausserdem wurden mit den Wendegetrieben und sonstigen lösbaren
Kuppelungen, die man bei den ersten Versuchen (1892) anwendete, recht
unangenehme Erfahrungen gemacht, was zum Verlassen des Systemes führte. Bei den
grossen Last- und Drehgeschwindigkeiten dieser Krane können die
Beschleunigungsperioden nur durch ganz vorzügliche Kuppelungen genügend verlängert
werden, um stossfreies Anlaufen zu ermöglichen; daran hat es offenbar gefehlt, oder
es wurde versäumt, dieselben anzuwenden. Dem Verfasser sind Fälle bekannt, wo bei
solchen Einmotorkranen die Räderwendegetriebe
gewöhnliche Kegelreibungskuppelungen besassen; das Einrücken erfolgte unter
derartigem Stoss, dass Umbau bedingt wurde.
Bei den ersten Versuchen bemühte sich vor allem die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft in Berlin, die Arbeit der sinkenden Last zur Stromerzeugung zu benutzen, den Motor
also, als Dynamo arbeitend, Strom in das Netz liefern zu lassen. Von dieser Praxis ist man gänzlich zurückgekommen;
statt dessen ist es heute bei solchen Kranen ein Hauptbestreben, die Senkbewegung
überhaupt ohne Stromverbrauch auszuführen, besonders
aber auch den leeren Haken ohne Strom senken zu können.
Die wertvolle Eigenschaft des Motors, als Dynamo geschaltet, Arbeit zu verbrauchen, benutzt man zur Bremsung beim Abstellen der Hub- und
Drehbewegung.
Textabbildung Bd. 313, S. 97
Bremsbandkuppelung zum Portalkran für 2500 kg Tragkraft.
In Kürze lässt sich das Schema der einzelnen Systeme wie folgt skizzieren:
1. Mohr und Federhaff mit Schuckert und Co. Der Hubmotor treibt durch zweifache Räderübersetzung die
Trommel; abgestützt wird die Last durch eine auf der Motorwelle sitzende
holzarmierte, selbstthätig wirkende Differentialbandbremse.
Die Motorwelle ist sonach am Rücklauf verhindert. Zum Senken wird eine auf der
Zwischenwelle sitzende Bremsbandkuppelung (D. R. G. M.
21339 und 78183) gelöst, welche durch die Fig. 36 und 37 dargestellt ist. Die
Bremsscheibe B sitzt lose auf der Achse und auf ihrer Nabe fest das
Zahnrädchen r, welches in das auf der Trommelwelle
sitzende eingreift. Das holzarmierte Bremsband wird durch die Kuppelungsmuffe m, an welcher ein Hebel mit Gewichtsbelastung angreift,
angezogen gehalten. Nach Lösen der Bremse durch die Steuerung läuft die Last ab,
wobei die Motor- und Zwischenwelle still stehen. Die Kuppelung erfüllt ihren Zweck
in ganz vorzüglicher Weise. Ein Irrtum bei der Bedienung dieser Krane ist
ausgeschlossen, da die ganze Hubbewegung durch einen
Hebel, ebenso die Drehbewegung nur durch ein Handrad
gesteuert wird. Legt man den Hebel zurück, so wird der Motor auf „Heben“
geschaltet; bringt man ihn in Mittellage, so wird abgestellt; darüber hinaus
beeinflusst er den Schaltapparat nicht, lüftet dagegen
die Bremsbandkuppelung und die Last sinkt bei still stehendem Motor.
Bei 600 mm Durchmesser der Trommel, einer Räderübersetzung 1 : 6 und 700 mm
Bremsscheibendurchmesser ist die Umfangskraft
P=2500\,.\,\frac{1}{6}\,.\,\frac{600}{700}=357\mbox{
kg.}.
Bei Bemessung der holzarmierten Bremsen ist die Flächenpressung mit Rücksicht auf die
Wärmeabführung gering zu wählen. Diesem Punkte trägt die vorliegende Ausführung in
vollkommen genügender Weise Rechnung; bei Versuchen, denen der Verfasser anwohnte,
konnte die Maximallast 2500 kg ca. zehnmal hintereinander ohne Pausen gehoben und gesenkt werden, ohne Gefährdung der Bremse durch
die Erwärmung; diese Beanspruchung ist im Betriebe ausgeschlossen, da zwischen den
einzelnen Hüben ein grösserer Zeitraum zum An- und Abhängen liegt.
Die Flächenpressung ergibt sich, wie folgt: Reibungskoeffizient:
f = 0,25;
Umspannungsbogen:
α = 0,7;
Umfangskraft:
P = 357 kg;
\frac{T}{t}=e^{f\,a}=3,00;;
T = 535,5 kg; t = 178,5 kg;
Flächenpressung p an der
Auflaufstelle:
p=\frac{T}{b\,.\,r};\ p=\frac{535,5}{8,5\,.\,35}=1,8\mbox{
kg/qcm;}
Flächenpressung p an der
Ablaufstelle:
p=\frac{t}{b\,.\,r}=\frac{178,5}{8,5\,.\,35}=0,6\mbox{
kg/qcm.}
Die Steuerung der Drehbewegung des Kranes bewirkt
lediglich das Handrad des Anlassapparates, durch welches der Motor beim Abstellen
als Dynamo geschaltet wird und die Bewegungsenergie des Auslegers vernichtet. Durch
die höchst sinnreichen Konstruktionen der Mannheimer
Maschinenfabrik Mohr und Federhaff (D. R. P. Nr. 97500 und Nr. 98005 Kl.
35), welche der Verfasser bereits an anderer Stelle besprochen hat, werden die Hub-
und Drehbewegungen in den Endlagen selbstthätig abgestellt.
2. Der Kran von Nagel und Kämp in Hamburg-Uhlenhorst
besitzt ebenfalls für das Hubwerk zwei Räderübersetzungen vom Motor zur Trommel;
durch vortreffliche Ausführung der Räder und Lagerungen (geschnittene Zähne,
Rollenlagerung für die Trommelwelle und die Rollenachsen) ist es ermöglicht, mit
einem geringen Stromstoss den leeren Haken zu senken, wobei das ganze Windwerk
mitläuft. Als Senkbremse dient die bewährte Reibungsklinkenbremse dieser Firma (Fig. 38 und 39). Eine auf der Achse
aufgekeilte Nabe trägt die beiden Reibungsklinken (Rotguss), die durch zwei Federn
leicht gegen die Keilnut in der Bremsscheibe gepresst werden und sich bei
angestrebter Rückbewegung festklemmen. Das Senken geschieht mit der holzarmierten
Bremse.
Wäre die Senkgeschwindigkeit der Last 1 m/Sek., so berechnet sich die sekundliche theoretische
Bremsarbeit zu:
Nb =
2500 × 1 = 2500 kgm;
die pro 1 qcm der Bremsscheibenoberfläche zu leistende
sekundliche Bremsarbeit ist sonach:
\left(\frac{N_b}{F}\right)=\frac{2500}{8,5\,.\,75\,\pi}=1,25\mbox{
kgm/Sek.}
Textabbildung Bd. 313, S. 98
Reibungsklinkenbremse von Nagel und Kämp.
Das letzte Beispiel (Bremsbandkuppelung) würde bei 1 m Senkgeschwindigkeit, 7 m
Umfangsgeschwindigkeit der Bremsscheibe und die sekundliche pro 1 qcm
Bremsscheibenoberfläche zu leistende Bremsarbeit ergeben haben zu:
\left(\frac{N_b}{F}\right)=\frac{2500}{8,5\,.\,70\,\pi}=1,34\mbox{
kgm/Sek.}
3. Der Halbportalkran der Benrather Maschinenfabrik, in
Gemeinschaft mit der Union Elektrizitätsgesellschaft
erbaut, ist durch die Fig.
40 bis 42
dargestellt. Hub- und Drehwerk sind vollständig getrennt und durch Hauptstrommotoren
von sehr geringer Umlaufszahl angetrieben. (Es sei hier auf die eingangs erwähnten
Mitteilungen über die Bemessung von Kranmotoren mit Mehrmotorbetrieb hingewiesen.)
Der Hubmotor leistet bei 310 Minutenumdrehungen 35 , und geht bei 47
die Umlaufszahl auf 275 herunter; bei diesen geringen Zahlen genügt eine Uebersetzung vom Motor zur Trommelwelle; ein
höchst einfaches Windwerk ist also die Folge. Auf der Motorwelle sitzt eine durch
den Elektromagneten bethätigte Bandbremse mit Holzarmierung. Beim Abstellen lässt
der stromlos werdende Elektromagnet das Bremsgewicht sinken und die Bremse anziehen;
durch einen Handhebel kann dieselbe vom Führerstande aus zum Zwecke des Senkens
gelöst werden. Um das Einfallen der Bremse zu mildern, ist der Elektromagnet als
Luftpuffer ausgebildet. Das Stirnräderpaar ist in ein Gussgehäuse eingeschlossen,
was im Interesse der Geräuschlosigkeit, Schmierung und Reinlichkeit sehr zu
begrüssen ist.
Der Drehmotor von 5 bei 400 Minutenumläufen überträgt durch eine
steilgängige, nicht selbsthemmende Stahlschnecke seine
Bewegung auf ein Bronzerad und bewirkt durch ein Stirnräderpaar (festliegender
Zahnkranz) das Schwenken des Auslegers. Zur Vernichtung der beim Abstellen im
Ausleger aufgespeicherten Bewegungsenergie sitzt auf der Motorwelle eine
Fusstrittbremse, welche beim Abstellen angepresst wird.
Die Steuerung der beiden Motoren geschieht durch die bekannte Universalsteuerung der
Union (Essberger-Geyer) mit einem Hebel. (Siehe S. 38 dieses Aufsatzes.) Der Kranführer hat insgesamt
zu bethätigen den Anlasshebel, den Bremshebel und den Fusstritt; der Anlassapparat
ist derart gebaut, dass die Bewegungen des Hebels mit den Lastbewegungen
korrespondieren; also aufwärts: Heben, seitwärts: Drehen.
Vier gedrehte Rollen übertragen das Gewicht des Kranhäuschens und einen Teil der Last
auf den Drehkranz, während eine Königssäule in einem unteren Halslager den Kran führt und oben
stützt, ihn gleichzeitig gegen Ablieben sichernd.
Textabbildung Bd. 313, S. 99
Halbportalkran der Benrather Maschinenfabrik.
Da die Krane sehr dicht bei einander aufgestellt sind, wurde hier, wie bei allen
Hamburger Ausführungen, auf ein Verfahren des Kranes durch Motor verzichtet.
Nebenbei soll hier erwähnt werden, dass am Düsseldorfer Rheinhafen und im
Mannheimer Hafen ein Teil der Krane auch mechanisch verfahrbar ist; es wird dann auf
dem Portale ein dritter Motor aufgestellt, welcher die zur Fahrbewegung gehörende
durchgehende Welle antreibt; bei den Mannheimer Kranen der Duisburger Maschinenfabrik J. Jäger in Duisburg, welche alle mechanisch
verfahren werden können, besorgt ein Motor durch drei
Wendegetriebe die Hub-, Dreh- und Fahrbewegung.
(Fortsetzung folgt.)