Titel: | Neue Theorie der Turbinen. |
Autor: | Emil Herrmann |
Fundstelle: | Band 312, Jahrgang 1899, S. 165 |
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Neue Theorie der Turbinen.
Von Emil Herrmann,
Oberbergrat, Professor in Schemnitz.
Neue Theorie der Turbinen.
Erschöpfend kann eine Theorie der Turbinen nur dann genannt werden, wenn sie uns
in den Stand setzt, den hervorragenden Einfluss der Schaufelwinkel auf die Leistung
und den Gang der Maschine ziffermässig nachzuweisen; dabei darf die Theorie von den
Effekt Verlusten des Wassers in den Rädern nicht absehen, weil sonst die Resultate
derselben von der Wirklichkeit zu sehr abweichen. Eine Theorie, welche diese
Bedingung erfüllt, will ich im nachstehenden aufzustellen versuchen.
1. Die Bezeichnung.
Um die Verhältnisse zu fixieren, setze ich eine freigehende, um eine vertikale Achse
sich drehende Turbine voraus, bei welcher der Eintrittsradius des Laufrades von
dessen Austrittsradius verschieden ist.
Textabbildung Bd. 312, S. 165
Fig. 1.
Es sei (in Fig. 1):
H0 das gesamte Gefälle,
dies messen wir vom Wasserspiegel des Obergrabens bis zum Wasserspiegel des
Untergrabens.
H die Tiefe des Turbinenspaltes unter dem Wasserspiegel
des Obergrabens.
h die Höhe des Laufrades.
H1 das Freihängen, d. i.
die Höhe der unteren Fläche des Laufrades über dem Unter Wasserspiegel.
Demnach ist für die vorausgesetzte Anordnung
H0= H + h + h1.
(L0 in Fig. 1 das Leit- und L
das Laufrad.)
r der Eintritts- und r1 der Austrittshalbmesser.
Q0 cbm die zu Gebote
stehende Wassermenge per Sekunde.
xQ0 = Q cbm die sekundliche nutzbare, d.h. wirklich in das
Laufrad gelangende Wassermenge.
n die Anzahl der minutlichen Umdrehungen und
ω die Winkelgeschwindigkeit des Laufrades, somit
n = 9 . 55 ω.
s die Breite des Spaltes.
b0, b, und b1 die Breite des Leitrades bezw. des Laufrades an
der Eintritts- und Austrittsstelle.
Zur Feststellung der Geschwindigkeiten nehme ich eine radiale Turbine an (Fig. 2).
Textabbildung Bd. 312, S. 165
Fig. 2.
v0, v und v1 die absolute Geschwindigkeit, mit welcher das
Wasser das Leitrad verlässt bezw. in das Laufrad eintritt und dasselbe verlässt.
u und u1 die relative Geschwindigkeit, mit welcher das
Wasser in das Laufrad tritt und dasselbe verlässt.
rω und r1
ω die Umfangsgeschwindigkeit des Rades am Eintritts-
und Austrittsumfange.
α der Winkel, welchen die Tangente an das Ende der Leitschaufel (in
A) mit der Richtung der Radumfangsgeschwindigkeit
an der Eintrittsstelle in das Laufrad bildet.
β der Winkel, welchen die Richtung der relativen
Geschwindigkeit des Wassers an der Eintrittsstelle in das Laufrad mit der Richtung
der Radumfangsgeschwindigkeit, und
(180 – γ) der Winkel, welchen die Tangente der
Laufradschaufel an der Austrittsstelle aus dem Laufrade, mit der Richtung der
Radumfangsgeschwindigkeit bildet.
e die Dicke der Leitschaufel, e0 jene der Laufradschaufel an der
Eintrittsstelle, und e0
an der Ausflussstelle.
λ0 und λ die Anzahl der Leit- und Laufradschaufeln.
t0, t und t1 die Teilung des Leitrades bezw. des Laufrades an
der Einfluss- und an der Ausflussstelle.
L die sekundliche Arbeitsleistung der Turbine.
\eta=\frac{L}{1000\,Q_0\,H_0} das Güteverhältnis des Apparates.
g = 9,806 m die Beschleunigung beim freien Falle.
z das Reaktionsgefälle oder die Druckhöhe der Spannung
des Wassers nach dem Eintritte in das Laufrad.
2. Ausdruck für die Arbeitsleistung.
Bei der Ableitung des Ausdruckes für die Arbeitsleistung des Rades kann man zweierlei
Wege einschlagen, den indirekten oder den direkten.
Der erstere ist der gebräuchliche, weil er kürzer und leichter ist, die direkte
Ableitung ist überzeugender, aber langwierig und ziemlich schwierig. Wir wollen hier
den ersten Weg befolgen.
Wenn man von allen Nebenwiderständen, Stössen und Verlusten absieht, also einen
vollkommenen Apparat voraussetzt, besitzt das Wasservolumen Q zur Zeit seines Eintrittes in das Laufrad die Arbeitsfähigkeit 1000 QH0 mkg und nimmt davon
noch die lebendige Kraft \frac{1000\,Q}{g}\,.\,\frac{{v_1}^2}{2} in den Abflussgraben, gibt somit an das Rad die
Arbeitsmenge Lab:
L=\frac{1000\,Q}{g}\,\left(\frac{2\,g\,H_0-{v_1}^2}{2}\right).
Da das Wasser noch mit der, der Druckhöhe z
entsprechenden Spannung in das Laufrad strömt, so ist für die absolute
Geschwindigkeit
v2= 2 g (H – z).
Aus dem Dreiecke ABC der Fig.
2 folgt die relative Geschwindigkeit
BC = AD = u2 : u = v2 + r2
ω2
– 2 vrωcosα.
Fällt dabei ihre Richtung mit der Tangente an die Leitradschaufel im Punkte A zusammen, so fliesst das Wasser ohne Stoss in das
Laufrad.
Wäre das Laufrad in Ruhe, so würde die lebendige Kraft der Masseneinheit des Wassers
im Laufrade bis zu seinem Austritte aus demselben um g (z +
h) zunehmen, weil g das Gewicht der
Masseneinheit ist, und sie die Arbeitsmenge g (z + h) aufnimmt. Wegen der Drehung des Rades kommt hierzu
auch noch die Arbeit der Fliehkraft. Wenn x die
Entfernung der Masseneinheit des Wassers von der Achse bedeutet, dann ist die
Fliehkraft xω2. Die
elementare Zunahme der Entfernung ist dx, somit das
Element der Arbeit xω2
dx und die ganze Arbeit
\int\limits_{r}^{r_1}\,x\,\omega^2\,d\,x=\frac{{r_1}^2\,\omega^2-r^2\,\omega^2}{2}.
Demzufolge ist die lebendige Kraft der relativen Bewegung der Masseneinheit beim
Austritte des Wassers aus dem Laufrade
\frac{{u_1}^2}{2}=\frac{u^2}{2}+g\,(z+h)+\frac{{r_1}^2\,\omega^2-r^2\,\omega^2}{2},
d.h. für die relative Ausflussgeschwindigkeit ist:
u12= u2+ 2 g (z + h) + r12
ω2
– r2
ω2.
Aus dem Dreiecke EHG (Fig.
2) folgt
v12 = u12 + r12
ω2
– 2 ur1
ωcosγ.
Bildet man die Summe
v
2
+ u
2
+ u
1
2
+ v
1
2
= 2 g (H –
z) + v2
+ r2
ω2
– 2 vrωcosα + u2
+ 2 g (h + z)
+ r12
ω2
– r2
ω2
+ u12
+ r12
ω2
– 2 u1
r1
ωcosγ,
so folgt
\frac{2\,g\,(H+h)-{v_1}^2}{2}=v\,r\,\omega\,cos\,\alpha+u_1\,r_1\,\omega\,cos\,\gamma-{r_1}^2\,\omega^2.
Da wir vom Freihängen absahen, d.h. h1 = 0 voraussetzten, ist H +
h = H0 das ganze Gefälle;
\left(\frac{2\,g\,H_0-{v_1}^2}{2}\right)\,\frac{Q\,1000}{g}
ist aber, wie wir gesehen, die Arbeitsleistung des Rades,
welche daher auch geschrieben werden kann:
L=\frac{1000\,Q}{g}\,[v\,r\,\omega\,cos\,\alpha+u_1\,r_1\,\omega\,cos\,\gamma-{r_1}^2\,\omega^2] 1)
Genau denselben Ausdruck erhält man auf direktem Wege, wobei man aber von den
Nebenhindernissen nicht abzusehen braucht. Die Aufgabe kann so gestellt werden: die
Masseneinheit (z.B. eine Kugel) ist gezwungen, auf einer starren Linie (die Kugel
ist z.B. durchbohrt und steckt auf einem Draht) von der Form des
Laufradschaufelschnittes herabzugleiten, während die Bahn mit der Achse fest
verbunden ist und sich um dieselbe gleichförmig dreht.
Die Reibung und Nebenwiderstände wirken längs der festen Kurve, ebenso das
Reaktionsgefälle. Welche Arbeit muss dem sich drehenden System entzogen werden,
damit die Drehung gleichförmig bleibe?
Da, wie gesagt, das Resultat mit der Gl. 1) identisch ist, wenn man mit \frac{1000\,Q}{g}
multipliziert, so folgt, dass die Gl. 1) auch für die gewöhnliche Turbine geltet,
nur hat man die Geschwindigkeiten v und u1 dieser entsprechend
zu bestimmen.
Sämtliche bisher aufgestellten Turbinentheorien setzen stillschweigend voraus, dass
die Gl. 1) auch für unvollkommene Apparate geltet und setzen demgemäss
1000\,Q\,\varepsilon\,H_0=\frac{1000\,Q}{g}\,[v\,r\,\omega\,cos\,\alpha+u_1\,r_1\,\omega\,cos\,\gamma-{r_1}^2\,{\omega_1}^2],
wobei nun ε das Güteverhältnis
der Turbine bedeutet. Dieser Schritt, welcher zu dem Zwecke geschieht, um die
Winkelgeschwindigkeit zu berechnen, ist zwar nicht unrichtig, aber er beraubt uns
der Möglichkeit, den Nutzeffektskoeffizienten aus den Konstruktionselementen
(Schaufelwinkeln) direkt abzuleiten. Weil dieser Schritt auch überflüssig ist,
vermeide ich ihn, und darin liegt der wesentliche Unterschied zwischen meiner und
den sonstigen Theorien.
3. Ausdrücke für die wirklichen Turbinen.
Bei jeder wirklichen Turbine treten Stösse und Reibungshindernisse auf, welche sowohl
die Geschwindigkeiten, als auch die Arbeitsleistungen herabsetzen. Zunächst strömt
das Wasser aus dem Leitrade nur mit der Geschwindigkeit
v_0=\sqrt{2\,g\,\zeta_0\,(H-z)} . . . . . 2)
wenn ζ0 < 1 den sogen. Geschwindigkeitskoeffizienten bedeutet.
Beim Ueberfliessen des Wassers aus dem Leitrade in das Laufrad geht ein Teil der
lebendigen Kraft abermals verloren, weshalb, wenn ζ
< ζ0 ist, die
Eintrittsgeschwindigkeit
v=\sqrt{2\,g\,\zeta\,(H-z)} . . . . . 3)
ist.
Die relative Eintrittsgeschwindigkeit bleibt wie früher
u2 =
v2
+ r2
ω2
– 2 vrωcosα,
oder mit Rücksicht auf den Wert von v
u2= 2 gζ (H – z) + r2
ω2
– 2 vrωcosα.
Würde die Reibung und Adhäsion im Laufrade keinen Effektverlust verursachen, so würde
für die relative Ausflussgeschwindigkeit sein:
u12 = u2 + 2 g (ζ1
z + h) + r12
ω2
– r2
ω2,
worin (1 – ζ1) der Verlustkoeffizient für das Reaktionsgefälle.
Im allgemeinen scheint ζ1 < als ζ zu sein, auch dann, wenn
eine Reaktionsturbine mit voller Beaufschlagung arbeitet, und nimmt ζ1 um so mehr ab, je
unvollkommener die Beaufschlagung, je kleiner also die wirkliche Wassermenge ist im
Vergleich zur normalen.
Weil aber auch im Laufrade Bewegungshindernisse auftreten, ist für u1 nur
u12= σ [u2 + 2 g (ζ1
z + h) + r12
ω2
– r2
ω2],
worin σ < 1 der
Durchflusskoeffizient für das Laufrad ist.
Setzt man statt u2 den
obigen Wert, dann kommt
u_1=\sqrt{\sigma\,\{2\,g\,[\zeta\,H-(\zeta-\zeta_1)\,z+h]+{r_1}^2\,{\omega_1}^2-2\,v\,r\,\omega\,cos\,\alpha\}}.
Setzen wir
ζH – (ζ – ζ1) z + h = H1 . . . .
4)
dann ist
u_1=\sqrt{\sigma\,[2\,g\,H_1+{r_1}^2\,\omega^2-2\,v\,r\,\omega\,cos\,\alpha]} . . 5)
Das Produkt u1
cosγ kann aus dem Ausdrucke 1 für die Arbeitsleistung
des Rades ausgeschieden werden, wenn wir einen algebraischen Ausdruck für die
Bedingung aufstellen, dass ebensoviel Wasser aus dem
Laufrade in der Zeiteinheit ausfliessen muss, wie viel während der Zeit
eingeflossen ist.
Aus dem Dreiecke JKL (Fig.
2) ist ersichtlich, dass jede Leitschaufel den Teil J\,K=\frac{e_0}{sin\,\alpha} des
Umfanges des Leitrades verdeckt, weshalb der freie Umfang bei einer Vollturbine nur
\left(2\,\pi\,r-\frac{\lambda\,e_0}{sin\,\alpha}\right)=2\,\pi\,r\,\left(1-\frac{\lambda\,e_0}{2\,\pi\,r\,sin\,\alpha}\right)
ist. Ganz analog findet man den freien Umfang des Laufrades an
der Eintrittsstelle
\left(2\,\pi\,r-\frac{\lambda_1\,e}{sin\,\beta}\right).
Derselbe steht zum ganzen Umfang des Laufrades an der Eintrittsseite in dem
Verhältnisse
\left(2\,\pi\,r-\frac{\lambda_1\,e}{sin\,\beta}\right)\,:\,2\,r\,\pi=\left(1-\frac{\lambda_1\,e}{2\,\pi\,r\,sin\,\beta}\right).
In diesem Verhältnisse verdecken die Laufradschaufeln abermals den noch freien Umfang
des Leitrades. Wenn aber die Laufrad schaufeln, wie gewöhnlich, zugeschärft sind,
entfällt die Kontraktion bei dem Ausflüsse, so dass der freie Querschnitt für
diesen
2\,r\,\pi\,b\,\left(1-\frac{\lambda\,e_0}{2\,r\,\pi\,sin\,\alpha}\right)\,\left(1-\frac{\lambda_1\,e}{2\,\pi\,r\,sin\,\beta}\right)
ist.
Weil aber
\frac{2\,r\,\pi}{\lambda}=t_0 und \frac{2\,r\,\pi}{\lambda_1}=t
ist, wird der freie Austrittsquerschnitt
2\,r\,\pi\,b\,\left(1-\frac{e_0}{t_0\,sin\,\alpha}\right)\,\left(1-\frac{e}{t\,sin\,\beta}\right).
Mit Rücksicht darauf, dass die Richtung der Geschwindigkeit v in jedem Punkte des Umfanges den Winkel α
mit dem Umfange bildet, findet man das in der Sekunde ausfliessende Wasservolumen,
wenn man die Fläche mit derjenigen Komponente der Geschwindigkeit v multipliziert, welche zum Umfange senkrecht gerichtet
ist, d.h. mit v sinα.
Es ist sonach die aus dem Leitrade in der Sekunde ausfliessende Wassermenge
Q_0=2\,\pi\,b_0\,r\,v_0\,sin\,\alpha\,\left(1-\frac{e_0}{t_0\,sin\,\alpha}\right)\,\left(1-\frac{e}{t\,sin\,\beta}\right).
Nach den Gl. 2) und 3) ist aber
\frac{v_0}{v}=\sqrt{\frac{\zeta_0}{\zeta}}
und setzt man noch
\left(1-\frac{e_0}{t_0\,sin\,\alpha}\right)\,\left(1-\frac{e}{t\,sin\,\beta}\right)=\vartheta_0 . . 6)
dann wird
Q_0=2\,\pi\,\sqrt{\frac{\zeta_0}{\zeta}}\,b_0\,\vartheta_0\,r\,v\,sin\,\alpha,
woraus
b_0=\frac{Q_0}{2\,\pi\,\sqrt{\frac{\zeta_0}{\zeta}}\,\vartheta_0\,r\,v\,sin\,\alpha} . . . . 7)
folgt.
In das Laufrad tritt im allgemeinen nicht die ganze Wassermenge, weil bei
Ueberdruckturbinen ein Teil durch den Spalt verloren geht. Die eintretende
Wassermenge ist
Q = xQ0, wo x < 1.
Diese Wassermenge muss aus dem Laufrade auch ausfliessen. Man findet ähnlich wie für
das Leitrad
Q=x\,Q_0=2\,\pi\,b_1\,r_1\,\left(1-\frac{\lambda_1\,e_1}{2\,\pi\,r_1\,sin\,\gamma}\right)\,u_1\,sin\,\gamma.
Da aber \frac{2\,\pi\,r_1}{\lambda_1}=t_1 die Teilung ist, folgt
\vartheta_1=1-\frac{\lambda_1\,e_1}{2\,\pi\,r_1\,sin\,\gamma}=1-\frac{e_1}{t_1\,sin\,\gamma} . . . 8)
Damit wird
xQ0= 2 πb1
r1
ϑ1
u1
sinγ.
Setzt man in diese Gleichung den obigen Ausdruck für Q0 ein, dann wird
x\,\sqrt{\frac{\zeta_0}{\zeta}}\,b_0\,\vartheta_0\,r\,v\,sin\,\alpha=b_1\,r_1\,\vartheta_1\,u_1\,sin\,\gamma,
woraus
u_1\,sin\,\gamma=x\,\sqrt{\frac{\zeta_0}{\zeta}}\,\frac{b_0\,\vartheta_0}{b_1\,\vartheta_1}\,.\,\frac{r}{r_1}\,v\,sin\,\alpha
wird.
Wir setzen
x\,\sqrt{\frac{\zeta_0}{\zeta}}\,\frac{b_0\,\vartheta_0}{b_1\,\vartheta_1}=\frac{1}{\kappa} und \frac{r}{r_1}=\varrho . . . 9)
und erhalten
u_1\,sin\,\gamma=\frac{\varrho\,v\,sin\,\alpha}{\kappa} . . . . 10)
Aus der Gl. 9) folgt die Breite des Laufrades an der Austrittsstelle
b_1=\frac{\kappa\,\vartheta_0}{\vartheta_1}\,x\,\sqrt{\frac{\zeta_0}{\zeta}}\,.\,b_0 . . . . 11)
Nun kann man u1
cosγ aus der Gl. 1) eliminieren. Es ist nämlich
u_1\,cos\,\gamma=\sqrt{{u_1}^2-{u_1}^2\,sin^2\,\gamma}.
Hierin setzen wir für u1
den Wert aus Gl. 5) und für u1
sinγ den Wert aus Gl. 10).
Es wird
u_1\,cos\,\gamma=\sqrt{\sigma\,\left[2\,g\,H_1-\frac{\varrho^2\,v^2\,sin^2\,\alpha}{\sigma\,\kappa^2}+{r_1}^2\,\omega^2-2\,r\,\omega\,v\,cos\,\alpha\right]}.
Diesen Ausdruck kann man durch passende Substitutionen sehr vereinfachen. Wir
setzen
r_1\,\omega=\varphi\,v\,\varrho\,cos\,\alpha;\ \frac{tg^2\,\alpha}{\kappa^2\,\sigma}=\kappa_1 . . . 12)
dann wird selbstverständlich
rω = φvϱ2
cosα
und
u_1\,cos\,\gamma=\varrho\,v\,cos\,\alpha\,\sqrt{\sigma\,\left[\frac{2\,g\,H_1}{v^2\,\varrho^2\,cos^2\,\alpha}-\kappa_1-2\,\varphi+\varphi^2\right]}.
Wir setzen noch
\delta=\frac{2\,g\,H_1}{v^2\,\varrho^2\,cos^2\,\alpha}-\kappa_1
und erhalten hieraus
v\,\varrho\,cos\,\alpha=\sqrt{\frac{2\,g\,H_1}{\delta+\kappa_1}} . . . . 13)
Auch setzen wir
\mbox{somit}\left{{\sqrt{\frac{H_1}{\delta+\kappa_1}=a,}}\atop{0,226\,v\,\varrho\,cos\,\alpha=a}}\right\}\ .\ .\ .\ 14)
Ferner ergibt sich
u_1\,cos\,\gamma=\varrho\,v\,cos\,\alpha\,\sqrt{\sigma\,[\delta-2\,\varphi+\varphi^2]}.
Endlich setzen wir
\varepsilon=\sqrt{\sigma\,(\delta-2\,\varphi+\varphi^2)} . . . . 15)
womit
u1cosγ = εϱvcosα . . . . . 16)
wird.
Man kann φ den Modulus der Winkelgeschwindigkeit, δ den Modulus der absoluten und ε jenen der relativen Geschwindigkeit nennen.
Setzt man den Wert von vϱcosα aus Gl. 13) in die Gl. 12)
ein, so erhält man die Winkelgeschwindigkeit des Laufrades
\omega=\frac{\varphi}{r_1}\,\sqrt{\frac{2\,g\,H_1}{\delta+\kappa_1}}=\frac{4,43\,\varphi\,a}{r_1}.
Weil
\omega=\frac{\pi\,n}{30}=\frac{n}{9,55}
ist, erhält man die sekundlichen Umdrehungen des
Laufrades
n=\frac{9,55\,\varphi}{r_1}\,\sqrt{\frac{2\,g\,H_1}{\delta+\kappa_1}}=\frac{42,3\,a\,\varphi}{r} . . 17)
Die Beziehung, welche zwischen den Winkeln α und γ besteht, erhalten wir wie folgt.
Laut Gl. 16) ist
u1cosγ = ϱvcosα . ε;
nach Gl. 10)
u_1\,sin\,\gamma=\frac{\varrho\,v\,sin\,\alpha}{\kappa},
durch Division wird
tg\,\gamma=\frac{tg\,\alpha}{\varepsilon\,\kappa} . . . . . . 18)
Der Ausdruck für die Arbeitsleistung des Rades (Gl. 1) ist nur dann gültig, wenn das
in das Laufrad strömende Wasser aus der Richtung \underline{A\,D} in Fig. 2 durch Zusammenstoss mit der Schaufel nicht
gewaltsam abgelenkt wird. Aus diesem Grunde muss diese Richtung mit der Tangente an
das Ende der Laufradschaufel bei \underline{A} zusammenfallen.
Aus dem Dreiecke ACD folgt dann
vsin (β – α) = rωsinβ,
woraus
(vcosα – rω) sinβ = vsinαcosβ
und
tg\,\beta=\frac{tg\,\alpha}{1-\frac{r\,\omega}{v\,cos\,\alpha}}.
Setzt man statt r ϱr1
und statt r1
ω den Wert aus Gl. 12), dann wird
tg\,\beta=\frac{tg\,\alpha}{1-\varrho^2\,\varphi} . . . . . 19)
Nach Gl. 12) ist r1
ω = vϱcosα, somit rω = vϱ2
cosα und nach Gl. 16) u1
cosγ = εϱvcosα.
Setzt man diese Werte in die Gl. 1) ein, dann ist die Arbeitsleistung des Rades
L=\frac{1000\,Q}{g}\,\varrho^2\,v^2\,cos^2\,\alpha\,(\varphi+\varepsilon\,\varphi-\varphi^2) . 20)
Die rohe sekundliche Arbeit des Falles ist aber 1000 Q0
H0 und damit wird der
sogen. hydraulische Wirkungsgrad
\eta_{\mbox{h}}=\frac{Q\,\varrho^2\,v^2\,cos^2\,\alpha}{Q_0\,H_0\,g}\,\varphi\,(1+\varepsilon-\varphi).
Mit Rücksicht auf die Gl. 13), wonach
\varrho^2\,v^2\,cos^2\,\alpha=\frac{2\,g\,H_1}{\delta+\kappa_1}
ist, wird, wenn wir
2 φ (1 + ε –
φ) = ψ . . . . . 21)
setzen, der hydraulische Wirkungsgrad
\eta_{\mbox{h}}=\frac{Q\,H_1\,\psi}{Q_0\,H_0\,(\delta+\kappa_1)}=\frac{x\,a^2\,\psi}{H_0} . . . 22)
4. Der beste Gang.
Den besten Gang nenne ich diejenige Umdrehungszahl, bei welcher die Nutzarbeit am
grössten ist, also L ein Maximum wird. Dies tritt ein,
wenn der Differentialquotient von L nach w gleich Null wird, d.h. wenn
\frac{d\,L}{d\,\varphi}=0 ist.
Nach Gl. 20) erhält man
\frac{d\,L}{d\,\varphi}=\frac{1000\,Q}{g}\,\varrho^2\,v^2\,cos^2\,\alpha\,\left(1+\varepsilon+\varphi\,\frac{d\,\varepsilon}{d\,\varphi}-2\,\varphi\right)=0
woraus
1+\varepsilon+\varphi\,\frac{d\,\varepsilon}{d\,\varphi}-2\,\varphi=0
folgt.
Nach Gl. 15) wird
ε2= σ (δ – 2 φ + φ2
)
somit
\frac{d\,\varepsilon}{d\,\varphi}=\frac{\sigma\,(\varphi-1)}{\varepsilon}.
Dies eingesetzt, wird
1+\varepsilon+\frac{\varphi\,\sigma\,(\varphi-1)}{\varepsilon}-2\,\varphi=0.
Nach ε geordnet ist
ε2 +
(1 – 2 φ) ε + σφ (φ – 1) = 0.
Diese Gleichung nach ε aufgelöst, gibt
\varepsilon=\varphi-0,5+\sqrt{0,25+(1-\sigma)\,(\varphi-0,5)^2} . 23)
Wenn man diesen Wert in die vorhergehende Gleichung einsetzt, kann dieselbe nach δ aufgelöst werden. Wir schreiben statt ε2 = σ (δ – 2 φ + φ2
) und statt fi obigen Wert, dann wird
σ (δ – 2 φ +
φ2
) + (1 – 2 φ) ε + σ (φ2 – φ) = 0
woraus
\mbox{und}\left{{\delta=\frac{(2\,\varphi-1)\,\varepsilon}{\sigma}+\varphi\,(3-2\,\varphi)}\atop{\psi=2\,\varphi\,(1+\epsilon-\varphi)\
\ \ \ \ \ \ \ \ }}\right\}\ .\ .\ 24)
folgt.
Weil diese Gleichung nach φ nicht aufgelöst werden kann,
muss man sich mit Tabellen helfen und zwar hat man für jeden Wert von σ eine besondere zu berechnen.
Mittels umständlichen und doch nicht ganz einwandfreien Näherungsrechnungen habe ich
aus den Versuchen Rittinger's (Theorie und Bau der Rohrturbinen) und Rowlandson's (Berg- und Hüttenmännisches
Jahrbuch, XI. Band 1862) ζ0, ζ, ζ1 und σ berechnet und
gefunden
ζ0 = 0,927; ζ =
ζ1
= 0,854; 0,838; 0,854; 0,844
σ
= 0,900; 0,855; 0,900; 0,855
δ
= 0,904; 0,911; 2,433; 3,995
Mit Rücksicht auf die ungünstigen Konstruktionen der Versuchsturbinen kann man für
richtiger ausgeführte die grösseren Werte von ζ und σ beibehalten.
Demnach nehme ich
ζ0 =
0,93; ζ = ζ, = 0,857; σ = 0,9Bach, Die Wasserräder, schätzt sehr
übereinstimmend mit den oben gefundenen Werten ζ= 0,912 . . . 0,932 = 0,827 . . . 0,865σ= 0,90 . . . 0,92.Meissner, Die Hydraulik und die
hydraulischen Maschinen, nimmt etwas grössere Werte an..
Hierzu muss bemerkt werden, dass ζ1 nur für vollbeaufschlagte Reaktionsturbinen =
0,857 gesetzt werden kann, für nur teilweise beaufschlagte Räder nimmt ζ1 ab und kann bei
grosser Partialität selbst bis nahe an Null sinken.
Mit σ = 0,9 erhält man folgende
Werte von φ, δ, ε und ψ.
φ
Δφ
ε
Δε
δ
Δδ
ψ
Δψ
–
100
–
91
–
199
–
198
0,1
100
0,091
93
0,199
198
0,198
196
0,2
100
0,184
95
0,397
199
0,394
193
0,3
100
0,279
96
0,596
201
0,587
193
0,4
100
0,375
99
0,797
203
0,780
194
0,5
100
0,474
101
1,000
208
0,974
196
0,6
100
0,575
104
1,208
214
1,170
200
0,7
100
0,679
105
1,422
221
1,370
204
0,8
100
0,784
107
1,643
229
1,574
210
0,9
100
0,891
109
1,872
239
1,784
216
1,0
100
1,000
111
2,111
250
2,000
224
1,1
100
1,111
112
2,361
262
2,224
231
1,2
100
1,223
114
2,623
275
2,455
241
1,3
100
1,337
116
2,898
288
2,696
252
1,4
100
1,453
117
3,186
302
2,948
262
1,5
100
1,570
118
3,488
319
3,210
272
1,6
100
1,688
120
3,807
333
3,482
285
1,7
100
1,808
120
4,140
349
3,767
294
1,8
100
1,928
121
4,489
375
4,061
305
1,9
100
2,049
121
4,854
382
4,366
318
2,0
–
2,171
5,236
–
4,684
–
Die Tabelle kann man auch entbehren, wenn man statt von der Bedingung \frac{d\,L}{d\,\varphi}=0
auszugehen, sich damit begnügt, dass die Richtung der absoluten Geschwindigkeit des
aus dem Laufrade ausfliessenden Wassers normal gerichtet sei zur
Umfangsgeschwindigkeit des Rades, welchen Umstand alle älteren Theorien als
Bedingung der grössten Arbeitsleistung des Rades ansehen. Für die vollkommene Maschine stimmt
dies auch, wie man aus Gl. 23) ersieht, wenn man σ = 1
setzt. Es wird dann
\varepsilon=\varphi-0,5+\sqrt{0,25}=\varphi.
Da
εvϱcosα = u1
cosγ
und
φvϱcosα = v
1
ω
ist, folgt aus ε = φ, u1
cosγ = r1
ω und aus dem Dreiecke EFG
ist ersichtlich, dass dann ∢ FEG = 90°.
Setzt man die Bedingung
ε = φ . . . . . . . 25)
in die Gl. 14), dann folgt
\varphi=\sqrt{\sigma\,(\delta-2\,\varphi+\varphi^2)}
woraus
\left(\frac{1-\sigma}{\sigma}\right)\,\varphi^2+2\,\varphi=\delta . . . . 26)
daher
\varepsilon=\varphi=\frac{\sigma}{1-\sigma}+\sqrt{\left(\frac{\sigma}{1-\sigma}\right)^2+\left(\frac{\sigma}{1-\sigma}\right)\,\delta} 27)
und
ψ = 2 φ .
. . . . . . 28)
Diese Ausdrücke 26), 27), 28) treten an Stelle der Gin. 23) und 24).
Man überzeugt sich leicht, dass der Wert von ψ, somit
auch der Nutzeffektskoeffizient fast genau derselbe ist, wenn die Werte von σ und δ die nämlichen
bleiben.
Nehmen wir an, es sei bei σ = 0,9 einmal δ = 2,111, das anderemal δ
= 4,854.
Nach Gl. 27) ist dann φ = 1 und ψ = 2; im zweiten Falle φ = 2,166 und ψ = 4,332. Nach der Tabelle findet man für die obigen
Werte von δψ = 2 bezw. ψ =
4,366.
Im ersten Falle ist daher gar kein Unterschied, im zweiten ist derselbe \frac{4,366-4,332}{4,366}=0,008,
d.h. bestimmt man die minutlichen Umdrehungen des Rades nach der Annahme der älteren
Turbinentheorien, so verliert man höchstens 1 % der erreichbaren grössten Leistung,
zumeist ist dieser Verlust aber noch weit kleiner.
Bei der Anwendung dieser einfachen Annahme, nämlich dass bei dem besten Gange der
Turbine u1
cosγ = r1
ω sein müsse, kann man das unbequeme Wurzelziehen
umgehen.
Etwas roh angenähert ist
\varphi=\frac{\delta}{2+\frac{\sigma-1}{2\,\sigma}\,\delta} . . . . 29)
Gut angenähert aber
\varphi=\frac{\delta\,\left(1+\frac{\sigma-1}{4\,\sigma}\,\delta\right)}{2\,\left(1+\frac{\sigma-1}{2\,\sigma}\,\delta\right)}=\frac{\delta\,\left(\frac{4\,\sigma}{\sigma-1}+\delta\right)}{4\,\left(\frac{2\,\sigma}{\sigma-1}+\delta\right)} 30)
So z.B. für δ = 2 bezw. δ
= 5 liefert der Ausdruck unter 30) φ = 0,95
bezw. φ = 2,228.
Die richtige Gl. 27) hingegen liefert
φ = 0,950 bezw. φ = 2,225.
Uebrigens lässt sich aus den gegebenen Formeln zu jeder Umdrehungszahl der
Effektskoeffizient und der Wasserverbrauch berechnen, jedoch muss man den Verlust,
welchen das Wasser an Druckhöhe erleidet, als es aus dem Leitrade in das Laufrad
tritt, schätzungsweise annehmen, weil hierüber Erfahrungsdaten fehlen. Jedenfalls
ist dieser Verlust um so grösser, je mehr die Umdrehungszahl von der normalen
abweicht. Dabei verursacht eine zu grosse minutliche Umdrehungszahl einen grösseren
Verlust als eine zu kleine, weil das Wasser im ersteren Fall an die Rückwand der
Schaufel, also der Bewegung entgegenstösst, im letzteren Falle aber auf die
Vorderwand, also im Sinne der Bewegung anschlägt.
Für eine gegebene Turbine ist α, β und γ konstant.
Nach Gl. 18) ist somit \varepsilon=\frac{tg\,\alpha}{\kappa\,tg\,\gamma} auch konstant.
Da nun φ gewählt werden kann, folgt nach Gl. 15), dass
δ sich ändere und zwar wird
\delta=\frac{\varepsilon^2}{\sigma}+2\,\varphi-\varphi^2=\frac{tg^2\,\alpha}{\sigma\,\kappa^2\,tg^2\,\gamma}+2\,\varphi-\varphi^2.
Demgemäss gibt die Gl. 13) mit Rücksicht auf den Wert von x1
v=\frac{1}{\varrho\,cos\,\alpha}\,\sqrt{\frac{2\,g\,H_1}{2\,\varphi-\varphi^2+\frac{tg^2\,\alpha}{\sigma\,\kappa^2\,sin^2\,\gamma}}}.
Damit wird die Nutzleistung des Rades nach Gl. 20)
L=\frac{1000\,Q}{g}\,\frac{(\varphi+\varepsilon\,\varphi-\varphi^2)\,.\,2\,g\,H_1}{2\,\varphi-\varphi^2+\frac{tg^2\,\alpha}{\sigma\,\kappa^2\,sin\,\gamma}}
Die minutliche Wassermenge nach Gl. 7)
Q = 2 πϑ0
b0
iv0
sinα.
Man sieht, je grösser φ wird, d.h. je mehr Umdrehungen
das Rad in der Minute macht, desto kleiner wird die verbrauchte Wassermenge, was
auch weiland Rittinger's Versuche zeigen.
Beim Leerlauf ist die Nutzarbeit Null, also
φ (1 + ε – φ)
= 0
und da φ nicht Null ist, wird
\varphi=1+\varepsilon=1+\frac{tg\,\alpha}{\kappa\,tg\,\gamma}.
Ich begnüge mich, diese Beziehungen nur anzudeuten, es ist nicht schwierig, z.B. die
Umdrehungszahl und den Wasserverbrauch beim Leerlaufe, freilich nur beiläufig, zu
berechnen, weil die besonderen Werte von ζ und σ unbekannt sind.
(Schluss folgt.)