Titel: | Die Gaskraftmaschinen auf der II. Kraft- und Arbeitsmaschinen-Ausstellung zu München 1898. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 312, Jahrgang 1899, S. 38 |
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Die Gaskraftmaschinen auf der II. Kraft- und
Arbeitsmaschinen-Ausstellung zu München 1898.
Von Prof. Fr.
Freytag.
(Fortsetzung und Schluss des Berichtes Bd. 311 S.
103.)
Die Gaskraftmaschinen auf der II. Kraft- und
Arbeitsmaschinen-Ausstellung zu München 1898.
Die Motorenfabrik Moritz Hille in Dresden-Löbtau
hatte 4 liegende Motoren und zwar 1 Gasmotor von 8 , 1 Petroleummotor von 6
, 1 Benzinmotor von 4 und 1 Acetylengasmotor von 2
ausgestellt, die, abgesehen von den durch die Natur des Brennstoffes bedingten
besonderen Einrichtungen, in ihrer Bauart nahezu übereinstimmen.
Textabbildung Bd. 312, S. 38
Gasmotor der Motorenfabrik Moritz Hille.
Die Konstruktion des Gasmotors lassen Fig. 1 und 2 zur Genüge erkennen.
Zur Steuerung dienen durchweg am Cylinderkopf angeordnete Ventile. Die Ladung wird
durch ein Glührohr aus Porzellan entzündet, die Umlaufzahl durch Aussetzen des
Gasventils geregelt; letzteres wird von einem Pendelregulator bekannter Bauart
bethätigt. Das Gehäuse des Gemischeinlassventils ist doppelwandig und steht mit dem
Kühlmantel des auswechselbar eingesetzten Arbeitscylinders in Verbindung.
Textabbildung Bd. 312, S. 39
Fig. 3. Petroleummotor der Motorenfabrik Moritz Hille.
Fig. 3 zeigt die für Petroleummotoren getroffene
Anordnung der ebenfalls wieder am Cylinderkopf sitzenden Steuerungsorgane. Das
Petroleum gelangt durch ein gesteuertes Ventil a in den
Zerstäuber und von hier in den ringförmigen Verdampfer b, der bei forciertem Betrieb durch zwei Lampen erhitzt wird. Das
selbstthätige Einlassventil ist mit d, das gesteuerte
Auslassventil, welches bei Ueberschreitung der für den Motor festgesetzten
Umdrehungszahl durch einen Pendelregulator offen gehalten wird, mit c bezeichnet. Als Zündvorrichtung dient auch hier ein
Glührohr.
Der Benzinmotor hat elektrische Zündung. Die Geschwindigkeit wird durch Aussetzen des
Gasventils geregelt. Fig. 4 zeigt den zur
Gaserzeugung dienenden Benzinapparat.
Der Acetylengasmotor entspricht bezüglich seiner Bauart den Benzinmotoren, doch ist
zur Bildung des Explosionsgemisches, damit dieses möglichst geräuschlos und
stossfrei verbrennen kann, ein grösserer Luftüberschuss als bei Verwendung von
Benzin erforderlich.
Textabbildung Bd. 312, S. 39
Fig. 4. Benzinapparat der Motorenfabrik Moritz Hille.
Textabbildung Bd. 312, S. 39
Fig. 5. Acetylenentwickler von Schneeweis und Engel.
Den von der Firma Schneeweis und Engel, G. m. b. H.. in
Hanau a. M. gelieferten Acetylenentwickler – sogen. Compoundapparat- für
selbstthätigen und Handbetrieb zeigt Fig. 5. Zur
Erzeugung des Acetylengases werden der Entwickler a bis
zum oberen Wasserstandstrich, ferner das Gasometerbassin b bis zum oberen Rand, und auch der Reiniger c bezw. der Mantel desselben bis etwa 50 mm vom oberen Rand entfernt mit
Wasser gefüllt. Von Hand in die Oeffnung a1 geworfene Karbidstücke gleiten auf den geneigten
Boden b1 nach der
tiefsten Stelle des Behälters a, an der behufs
Entfernung schlammiger Rückstände ein Ablasshahn d1 angebracht ist; ausserdem befindet sich an der
Seitenwand des Gefässes a ein abschraubbarer Deckel, um
Steine, Kohlenstücke und Metallteile, die sich etwa im Calciumkarbid vorfinden,
beseitigen zu können. Das entwickelte Gas sammelt sich im oberen Raume e1 des Behälters,
strömt durch das Rohr f in den Gasometer b, von hier durch ein Rohr mit eingeschaltetem
Haupthahn i in den Reiniger c und aus diesem durch eine mit Rückschlagventil h versehene Leitung nach der Verbrauchsstelle. Die mit k bezeichneten kleineren Hähne an der Rohrleitung des
Entwicklers, des Reinigers und an dem senkrechten Rohre der Verbrauchsleitung dienen
zum Ablassen von Kondensationswasser.
Für selbstthätigen Betrieb befindet sich, wie auch Fig.
6 erkennen lässt, auf dem Entwickler a ein
gusseiserner, in zehn Kammern eingeteilter Karbidbehälter mit trichterförmigem
Untersatz d (Fig. 5).
Jede Kammer ist unten durch eine Klappe o1 abgeschlossen, welche eine auf der Scheibe n ruhende Rolle m trägt.
Die Scheibe hat an einer Stelle einen Ausschnitt o,
durch welchen, da sich bei der Drehung derselben eine Klappe nach der anderen öffnen
kann, das Karbid in den unteren Teil des Behälters a
gelangt, um hier, wie bei dem Handbetrieb, zu vergasen. Die Drehung der Scheibe wird
durch den Auf- und Niedergang der Gasometerglocke mittels des Hebels p bezw. der von demselben bethätigten Sperr Vorrichtung
qr und der konischen Räder st bewirkt. Ueber dem Karbidbehälter bewegt sich ein Zeiger mit daran
befestigter Platte u, welche die jeweils in Betrieb
befindliche Kammer verdeckt, um eine Neubeschickung derselben, so lange noch die
Klappe o1 derselben
geöffnet ist, zu vermeiden. Die Schliessung der Klappen geschieht ebenfalls durch
die Scheibe n selbstthätig. Durch Zurückschlagen der
Sperrklinke q wird der selbstthätige Betrieb
ausgeschaltet.
Um jegliches Entweichen von Acetylengas und damit den Gasgeruch zu vermeiden, sowie
um es vor Frost zu schützen, ist in den oberen Raum v
des Entwicklers a eine etwa 50 bis 150 mm hohe
Petroleumschicht gebracht. Um den Gasdruck zu messen, sind an geeigneten
Stellen Manometer l anzubringen.
Textabbildung Bd. 312, S. 40
Fig. 6. Acetylenentwickler von Schneeweis und Engel.
Textabbildung Bd. 312, S. 40
Petroleummotor der Maschinenbaugesellschaft München.
Eine kräftige und gefällige Bauart der Einzelteile zeigten die von der Maschinenbaugesellschaft München in München
ausgestellten liegenden Motoren. Die Firma hatte einen Gasmotor von 8 ,
einen Benzinmotor von 5 und einen Petroleummotor von 3 zur
Ausstellung gebracht. Die Steuerung ist bei allen diesen Motoren dieselbe. Fig. 7 bis 9 stellen den
ausgestellten Petroleummotor dar. Das Petroleum gelangt beim Saughube des Kolbens
aus einem über Mitte Cylinder stehenden Behälter mit Schauglas durch ein dem
jeweiligen Bedarf entsprechend eingestelltes, mit dem Mischventil in
gemeinschaftlichem Gehäuse untergebrachtes Spitzventil, und nachdem es von der gleichzeitig
angesaugten frischen Luft zerstäubt ist, in den mittels Petroleumlampe erhitzten
Vergaser. Das Auslassventil wird mittels Nockenscheibe der Steuerwelle bethätigt.
Die Geschwindigkeitsregulierung erfolgt in bekannter Weise durch periodisches
Aufhalten des Auslassventiles, indem der mittels konischer Räder von der
Steuer-Welle betriebene Zentrifugalregulator bei Ueberschreitung einer festgesetzten
Umdrehungszahl der Maschine den Auslassventilhebel abfängt. Infolgedessen bleibt das
Einlassventil geschlossen und es kann keine frische Ladung in den Cylinder
eintreten. Die Zündung wird bei den Gasend Petroleummotoren mittels eines
Glührohres, bei den Benzinmotoren auf elektrischem Wege bewirkt.
Nach Angabe der Erbauerin soll der Brennstoffverbrauch derartiger Motoren
betragen
an
Petroleum
0,35
kg
für
1
/Std.
„
Benzin
0,233
„
„
1
„
„
Gas
0,750
l
„
1
„
Den in grellen Farben gehaltenen Motoren einzelner Ausstellungsfirmen gegenüber
wirkte der dunkle und matte Anstrich der von der Maschinenbaugesellschaft München ausgestellten Motoren äusserst
wohlthuend.
Ueber die von der Rheinischen Gasmotorenfabrik Benz und
Co. in Mannheim ausgestellten Motoren waren bezügliche Auskünfte nicht zu
erlangen. Die Firma hatte zwei liegende Gasmotoren von 3 bezw. 8 , einen
stehenden Benzinmotor von 2 , einen liegenden Benzinmotor von 4 ,
ferner einen Motorwagen mit 2¾pferdigem Benzinmotor ausgestellt. Die liegenden
Motoren zeigten sehr unschöne Formen des Maschinenbettes.
Auch die Ansbacher Eisengiesserei und Maschinenfabrik Karl
Bachmann in Ansbach, welche eine grössere Anzahl Benzinmotoren vorführte,
hat bis zum Abschluss dieses Berichtes keine Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Die von der Aktiengesellschaft vorm. F. Martini und Co.
in Frauenfeld (Schweiz) ausgestellt gewesenen Motoren bieten konstruktiv nichts
Bemerkenswertes.
In einem eigenen Gebäude des Ausstellungsplatzes – dem sogen. Diesel-Pavillon –
hatten, zum erstenmal auf einer Ausstellung, die von namhaften deutschen
Maschinenfabriken erbauten Diesel-Motoren Aufstellung gefunden. Die Fabrikation
derselben ist, seitdem im Frühjahre 1897 die erste Versuchsmaschine in Augsburg in
tadellosem Betrieb vorgeführt werden konnte, von verschiedenen Firmen des In- und
Auslandes aufgenommen worden, so dass heute Motoren mit Leistungen von 100
schon ausgeführt und lieferbar sind.
Während die mit gasförmigen Stoffen (Leuchtgas, Generatorgas) betriebenen Motoren in
ihrer jetzigen Ausbildung als höchst vollkommene Wärmekraftmaschinen bezeichnet
Werden können, lässt die Ausnutzung des Brennstoffes in den bisherigen
Petroleummotoren zu wünschen übrig. In den ersteren werden bis zu 27 %, in den
letzteren nur etwa 16 % der im Brennstoff enthaltenen Wärme in nützliche Arbeit
umgesetzt (1899 311 1). Ausserdem steht der
Petroleummotor auch durch die Notwendigkeit des Vorheizens des Betriebsmittels und
des häufigen Reinigens wegen dem Gasmotor nach.
Es ist das Verdienst des Ingenieurs R. Diesel, diese
Lücke durch Schaffung eines neuen, nach einem ähnlichen Verfahren, wie die
bisherigen Gaskraftmaschinen, arbeitenden Viertaktmotors ausgefüllt zu haben.
Derselbe ist in der Ausnutzung des Brennstoffes den besten Gasmaschinen ebenbürtig.
Der Verbrauch an Petroleum beträgt nur 250 bis 200 g für 1 /Std., so dass,
da das Lampenpetroleum einschliesslich Zoll je nach Lage des Verwendungsortes in
Deutschland rund 17 bis 21 M. für 100 kg kostet, der Verbrauch an Brennstoff im
günstigsten Falle 3,4, im ungünstigsten 5,2 Pf. für 1 /Std. betrügt. Dabei
ist derselbe bei geringerer Kraftleistung nicht wesentlich grösser als bei
voller Leistung. Da ferner auch für einen kleinen Motor der Brennstoffverbrauch für
1 /Std. nicht wesentlich höher ist als für einen grossen Motor, besteht
keine Veranlassung, die gesamte Leistung einer Fabrik auf eine einzige grosse
Maschine zu zentralisieren, wie dies bei der Dampfmaschine wegen der Oekonomie des
Betriebes und der einfachen Wartung, besonders aber wegen der Kesselfeuerung nötig
ist. In vielen Fällen wird es sich, genau wie bei dem Gasmotor, empfehlen, kleine
Krafteinheiten möglichst unmittelbar an die Verbrauchsstelle zu setzen, um damit
lange und kostspielige Wellenleitungen oder sonstige Kraftübertragungen entbehrlich
zu machen und eine grössere Nutzleistung der Maschine zu erzielen.
In praktischer Hinsicht werden aber durch den Diesel-Motor, dem Gas- und
Petroleummotor gegenüber, dadurch gewisse Vorteile geboten und Betriebsstörungen
vermieden, dass sämtliche physikalischen Vorgänge, welche zur Erzeugung der Energie
aus dem Brennstoff dienen, innerhalb des Arbeitscylinders des Motors erfolgen, ohne
äussere Heizung, Zündapparate, Glühorgane, Lampen und Vergaser. Auch ist eine
Belästigung durch Abgase, da dieselben infolge vollkommener Verbrennung nahezu
geruchlos, unsichtbar und ohne Rückstände sind, bei dem Diesel-Motor
ausgeschlossen.
Die Verbrennungstemperatur wird bei dem Diesel-Motor nicht durch die Verbrennung und während derselben,
sondern vor und unabhängig von
ihr, bevor der Brennstoff – flüssiges Petroleum – in den Arbeitscylinder
eingeführt ist, durch mechanische Kompression reiner Luft auf 30 bis 40 at erzeugt,
worauf erst eine allmähliche Einführung des Brennstoffes unter langsamer Verbrennung
desselben stattfindet.
Die ausführliche Beschreibung des Diesel-Motors ist bereits 1898 308 * 221 gegeben, und es kann an dieser Stelle darauf
verwiesen werden. Fig. 10 zeigt die jetzige
Ausführungsform des oberen Cylinderdeckels mit Ein- und Auslassventil, Fig. 11 diejenige des Anlassventils. Letzteres ist
nicht mehr, wie früher, wagerecht gelegt, sondern neben den anderen Ventilen
senkrecht angebracht, wodurch die Steuerhebel und -gestänge wesentlich vereinfacht
sind. Die Steuerung wird ferner nicht mehr durch Kegelräder, sondern, um jegliches
Geräusch zu vermeiden, durch eingekapselte, im Oelbade laufende Schraubenräder
angetrieben. Die früher schräge Steuerwelle liegt nunmehr senkrecht. Schliesslich
wird der Kolben nicht mehr durch Eintauchen seines unteren Randes geschmiert,
sondern durch eine Schmierpresse, welche das Oel unmittelbar zwischen die
Kolbenringe presst, während der Kolben in seiner untersten Lage über eine Anzahl
kleiner Löcher am Umfange des Cylinders hinwegstreicht.
Textabbildung Bd. 312, S. 41
Fig. 10. Oberer Cylinderdeckel mit Ein- und Auslassventil.
Textabbildung Bd. 312, S. 41
Fig. 11. Anlassventil.
Die beschriebene Bauart zeigten sämtliche in München ausgestellt gewesenen Motoren.
Dagegen waren die Einzelheiten derselben verschieden ausgebildet. Die nachstehenden
Angaben sind einem Berichte dos Ingenieurs R. Diesel in
der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, der dem
Berichterstatter von der Allgemeinen Gesellschaft für
Diesel-Motoren, A.-G., in Augsburg freundlichst zur Verfügung gestellt
wurde, entnommen.
Es hatten ausgestellt:
Die Maschinenfabrik Augsburg in Augsburg einen
eincylindrigen Diesel-Motor von 30 e, der
zum Betreiben einer in derselben Fabrik erbauten Drehkolbenpumpe, Patent Brackemann, für 1600 l Wasser in der Minute bei 60 m
Förderhöhe diente.
Friedrich Krupp, Gussstahlfabrik in Essen einen
eincylindrigen Diesel-Motor von 35 e zum
Betreiben einer Hochdruckkreiselpumpe der Firma Gebrüder
Sulzer in Winterthur.
Die Maschinenbau-A.-G. Nürnberg in Nürnberg einen
eincylindrigen Diesel-Motor von 20 e, der zu
Demonstrationszwecken bestimmt war.
Die Gasmotorenfabrik Deutz in Deutz einen eincylindrigen
Diesel-Motor von 20 e zum Betreiben eines
Luftverflüssigungsapparates, Patent Linde.
Die Maschinenbau-A.-G. Nürnberg wollte auch einen
zweicylindrigen Diesel-Motor von 40 e
zur Ausstellung bringen, doch konnte derselbe nicht
rechtzeitig genug fertiggestellt werden.
Gleichmässig durchgeführt ist an allen Motoren neben den schon erörterten Teilen die
Einrichtung der Petroleumpumpe wie die Art ihrer Regulierung. Das
Regulierungsverfahren ist schon 1899 311 * 41 von Eberle an Hand einer schematischen Darstellung
beschrieben worden.
Die verschiedenen Ausführungen der Maschinen unterscheiden sich voneinander in erster
Linie durch die Lage der Petroleumpumpe und des Regulators. Bei den Motoren von Krupp, von Deutz und von
Nürnberg stehen Regulator und Pumpe unten auf der
Grundplatte. Man erkennt in den Fig. 14 bis 16 ersichtlichen
Abbildungen des von Friedr. Krupp in Essen zur
Ausstellung gebrachten Motors die Petroleumpumpe mit ihrem federnden Stempel und die
Verbindung des Keiles mit dem Regulator. Die Lage des letzteren hat den
besonderen Vorteil, dass man von der Umdrehungszahl unabhängig ist und daher
beliebige Regulatoren wählen kann, wie sie eben im Handel zu finden sind. Die Maschinenfabrik Augsburg hat dagegen, wie aus Fig. 12 und 13 hervorgeht, den
Regulator am oberen Ende der stehenden Zwischenwelle und die Petroleumpumpe an dem
Lagerarme der wagerechten Steuerwelle angebracht.
Verschieden ist bei den Maschinen auch die Lage der vorhin erwähnten Schmierpresse,
indem einige Ausführungen sie unten auf dem Sockel neben der Petroleumpumpe und dem
Regulator haben, während sie die Maschinenfabrik
Augsburg, wie Fig.
13 zeigt, näher an die Verwendungsstelle auf die Bedienungsplattform
gesetzt hat.
Textabbildung Bd. 312, S. 42
Diesel-Motor von der Maschinenfabrik Augsburg.
Die Luftpumpe erscheint in den meisten Ausführungen als ein angegossener Teil des A-förmigen Fusses, während sie bei der Krupp'schen Maschine (Fig. 16) selbständig an
das Gestell angeschraubt ist.
Sehr verschieden ist ferner das Anlassen durchgeführt. An der Nürnberger Maschine wird das Scheibensystem auf der Steuerwelle mittels
eines Hebels während des Stillstandes der Maschine in die Anlassstellung gebracht.
Wenn man nunmehr den Kolben über den oberen Totpunkt treibt, öffnet eine besondere
Steuerscheibe das Anlassventil und lässt mit einer Füllung von etwa 15 bis 20 %
komprimierte Luft aus dem Druckluftgefässe in den Cylinder treten, worauf das
Scheibensystem ganz selbstthätig in die Betriebsstellung überspringt. Diese Maschine
macht sonach einen einzigen Anlassumlauf, und schon bei der zweiten Umdrehung wird
Brennstoff eingespritzt und der regelrechte Betrieb eingeleitet. Selbstverständlich
lässt sich dieses Anlassverfahren nur anwenden, wenn der Motor beim Anlassen keine
Arbeit zu leisten hat. Will man ihn mit mehr oder weniger Belastung anlassen, so
genügt eine einzige Umdrehung nicht mehr, man muss dann je nach Bedarf 3, 4 oder 5
Umdrehungen geben. Dann ist aber auch der Luftverbrauch aus dem Anlassgefässe
grösser, und der Druck darin sinkt so stark, dass er für das erste Einblasen von
Brennstoff nicht mehr genügen würde. Deshalb ist, wie Fig. 16 für den Krupp'schen Motor zeigt, ein besonderes Einblasegefäss,
getrennt vom Anlassgefässe, angebracht; da es am Anlassen nicht teilnimmt, so behält
es den zum Einblasen nötigen Druck unverändert bei, und man kann aus dem getrennten
Anlassgefässe beliebig viele Anlassanläufe geben. Sobald der Maschinist bemerkt,
dass die Maschine die erforderliche Geschwindigkeit hat, zieht er an dem in Fig. 16 ersichtlichen
Handhebel und rückt damit die Steuerung in ihre normale Betriebsstellung. Das
Anlassgefäss wird dann sofort wieder aufgefüllt, indem man es durch einen besonderen
Hahn (Fig. 16) mit dem
Einblasegefässe, also mit der Luftpumpe, verbindet, bis der Druck wieder hergestellt
ist, was meistens nach sehr kurzer Zeit der Fall ist. Mit dieser Einrichtung der
getrennten Gefässe kann man auch bei etwaigen Fehlgängen mehrmals hintereinander
anlassen, da es ja für das Einblasen gleichgültig ist, wie weit der Druck im
Anlassgefässe sinkt. Fig.
15 zeigt die vollständigen Einzelheiten der Steuerung. Eine eingehende
Beschreibung ist nach der früheren Beschreibung nicht mehr erforderlich.
Textabbildung Bd. 312, S. 43
Diesel-Motor von Friedr. Krupp.
Die Maschinenfabrik Augsburg lässt ebenfalls mit
mehreren Anlassumdrehungen an, jedoch selbstthätig, also unabhängig vom
Maschinisten. Aus Fig.
13 ist ersichtlich, dass das Steuerscheibensystem mittels eines
Schraubenganges an der Steuerwelle nach 2, 3 oder 4 Umdrehungen, je nach der
Einstellung, von der Anlass- in die Betriebsstellung überspringt.
Fig. 17 und 18 sind
normale Betriebsdiagramme verschiedener Diesel-Motoren. Sie lassen erkennen, dass
die Uebergänge von einer Periode zur anderen vollkommen allmählich und stetig, d.h.
ohne plötzliche Druckänderungen stattfinden. Daraus erklärt sich der ruhige,
elastische, vollkommen geräuschlose Gang der Motoren, der jedem Fachmann sofort
auffällt und den Eindruck macht, als habe man leerlaufende Maschinen vor sich,
trotzdem sie unter voller Belastung stehen und trotz der hohen Drücke und der sehr
bedeutenden Kraft Wirkungen, die im Inneren der Maschine auftreten.
Alle Diagramme zeigen die Kompression reiner Luft, weit über die
Entzündungstemperatur hinaus schon vor der Verbrennung, d.h. das Herstellen von
Temperaturen durch blosse Kompression, welche sonst nur durch die Verbrennung selbst
und während derselben erreicht wurden, so dass die Wärme aus dem Brennstoffe bei
diesen sehr hohen, künstlich erzeugten Temperaturen frei, und ein höheres
Temperaturgefälle, als sonst üblich, ausnutzbar wird. Hierin liegt der grosse
theoretische Vorteil der Art der Wärmeausnutzung, welche den Ursprung des Verfahrens
bildet. Der Brennstoff wird hierauf während einer gewissen Eintrittszeit zugeführt,
welche durch den Regulator veränderlich gemacht ist.
Textabbildung Bd. 312, S. 43
Fig. 17.
Textabbildung Bd. 312, S. 43
Fig. 18.
Fig. 17 und 18 zeigen
ferner die Aenderung des Verlaufes der Verbrennungskurve, die durch den Regulator
selbstthätig erzeugt wird, wenn die Maschine mehr oder weniger belastet bezw.
entlastet wird. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, dass der mit flüssigem Brennstoff
gespeiste Diesel-Motor wegen seiner vielen Vorzüge anderen Motoren gegenüber sehr
bald eine immer grössere Verbreitung in vielen Industrien und Gewerben finden wird.
Da der Motor auch rohes Petroleum, wie es aus den Quellen kommt, oder Rückstände,
überhaupt jede Art von Brennstoffen verbrauchen kann, welche weder zu Leuchtzwecken,
noch in der Schmierölindustrie verwendbar sind, so erscheint zunächst dringend
wünschenswert, den Bezug dieser Brennstoffe den
betreffenden Kreisen mit allen Mitteln zu erleichtern. Leider ist dies bis heute
noch nicht geschehen! Dieselben stehen unter hohen Eingangszöllen, durch die ihr
Preis derart erhöht wird, dass eine Verwendung zu motorischen Zwecken, selbst im
Diesel-Motor, ausgeschlossen bleibt. Erst durch die Zollbefreiung derartiger
Brennstoffe würde der Klein- und Mittelindustrie, der Landwirtschaft u.s.w. die
Betriebskraft ebenso billig, ja unter Umständen weit billiger zur Verfügung stehen,
als heute der welche grossen Vorteile damit der Industrie und dem gewerblichen Leben
unseres Vaterlandes zugeführt werden könnten, so möchte man die erwähnte
Zollbefreiung beinahe als eine unabweisbare Notwendigkeit hinstellen.