Titel: | Selbsthätig arbeitende Heilmann'sche Stickmaschine mit durch die Fadenspannung bewirkter Umsteuerung von Alexander Gass in Belfast. |
Autor: | Glafey |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 284 |
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Selbsthätig arbeitende Heilmann'sche
Stickmaschine mit durch die Fadenspannung bewirkter Umsteuerung von Alexander Gass in
Belfast.
Mit Abbildungen.
Selbsthätig arbeitende Heilmann'sche Stickmaschine.
Die Umsteuerung der Zangenwagen, das Oeffnen und Schliessen der Zangen u.s.w. wird
bei vorliegender Stickmaschine unmittelbar durch die sich spannenden Stickfäden
bewirkt, d.h. die sich spannenden Stickfäden veranlassen nicht erst die Auslösung
von Federtriebwerken, Riemenbremsen oder die Schaltung von elektrischen Contacten,
welche dann ihrerseits erst die nöthige Umsteuerung u.s.w. der Maschine mit Hilfe
von Federkraft bezieh. des Elektromagnetismus bewirken, wie dies bisher der Fall
ist, sondern die sich spannenden Fäden bewirken durch Verschiebung einer Zahnstange
unmittelbar die Aus- und Einschaltung der Nadelwagen mit der die Wagen hin und her
bewegenden Antriebsvorrichtung.
Diese Antriebsvorrichtung besteht im vorliegenden Falle in einem bei Stickmaschinen
bisher noch nicht in Anwendung gebrachten, theilweise verzahnten „Doppelrad“.
Durch die Anwendung des Doppelrades werden besondere Antriebsvorrichtungen für jeden
der Wagen erspart und die Maschine wird dadurch in ihrer Construction
ausserordentlich einfach.
Das Doppelrad bewirkt ausser dem abwechselnden Antriebe der Zangenwagen auch ein
Festhalten der in Ruhe befindlichen Wagen nach Art einer Sicherungsvorrichtung,
sowie das Oeffnen und Schliessen der Nadelzangen im richtigen Augenblick.
Eine Maschine der bezeichneten Art muss, wenn die Stickfäden von bestimmter Länge
sind und sich nach jedem Stich durch den Stoff verkürzen, im Stande sein, sich
vermöge der Fadenspannung von selbst, je nach der vorhandenen Fadenlänge in ihrer
Thätigkeit einzurichten. Aus dem Nachstehenden wird sich ergeben, dass die
Mechanismen zum Spannen der Fäden, sowie diejenigen zum Umkehren der Fahrrichtung
der Nadelwagen derart sind, dass der eben genannte Zweck erreicht wird, indem sich
die Fahrlänge der Wagen in gleicher Weise mit der Länge der Fäden ändert, während
die Spannung der Fäden stets die gleiche bleibt.
Der Spannmechanismus, welcher sich von ähnlichen, bei anderen Maschinen gebrauchten
Spannvorrichtungen durch eine Construction unterscheidet, die ein leichtes
Zurückklappen desselben ermöglicht, sobald sich der Wagen dem Stickrahmen nähert,
ist in bekannter Weise an den Zangenhörnern angeordnet, die an dem Vorderwagen (oder
auch an beiden, wenn dieselben sich beide so weit bewegen, als es die Länge der
Fäden zulässt) befestigt sind. Es bewegt sich daher der Spannmechanismus
gleichzeitig mit den Nadeln. Dieser Mechanismus besteht im vorliegenden Falle aus
drei wagerechten Stäben, die, an Armen schwingend, sich gegenüber den Nadeln quer
über die Maschine erstrecken.
Der eine über den Fäden befindliche Stab fällt zwischen die anderen unter den Fäden
liegenden Stäbe. Befindet sich der obere Stab in niedrigster Lage, so sichert er die
beiden anderen Stäbe in ihrer höchsten Lage, während er selbst jedoch frei beweglich
bleibt, in der Weise, dass, wenn dieser obere Stab von den Fäden angehoben wird, er
sich eine kurze Strecke bewegen kann, ohne dadurch die beiden unteren Stäbe
auszulösen. Auf diese Weise wird den Fäden eine gleichmässige Anspannung
ertheilt.
Ist diese Anspannung vollendet, so bewegen sich die Nadeln zum Hervorbringen eines
zweiten Stiches zurück. Sobald die Nadeln in die Nähe des Stickrahmens gelangt sind,
werden die drei wagerechten Stäbe vor den Nadeln hinwegbewegt. Zu dem Zwecke erhebt
sich der obere oder „Spannstab“ und schwingt nach rückwärts, hierbei die anderen Stäbe
auslösend, so dass letztere nach abwärts fallen. Fällt hingegen der Spannstab wieder
zurück, so werden die beiden anderen Stäbe wieder in die Höhe gehoben und in dieser
Lage gesichert, während jedoch, wie bereits bemerkt, der oberste Stab in seinen
Bewegungen frei bleibt.
Es hat sich jedoch in der Praxis herausgestellt, dass es von Vortheil ist, von der
Anwendung des einen der drei Stäbe, nämlich desjenigen, der in nächster Nähe der
Nadeln liegt, abzusehen. Der andere dieser beiden Stäbe wird, wenn die Nadeln in die
nächste Nähe des Rahmens gelangen, vor den Nadeln entweder mittels einer Schwingung,
wie oben erwähnt, oder durch eine gleitende Verschiebung hinwegbewegt; letzteres ist
vorzuziehen.
Um die Bewegungen der Maschine umzukehren und die Fahrlänge des Wagens der
abnehmenden Länge der Fäden anzupassen, wendet der Erfinder einen Sperrhebel an, der
in oder nahe seiner Mitte an dem Vorder wagen (oder an beiden Wagen, je nach den
herrschenden Umständen) drehbar aufgehangen ist, so dass, wenn der Spannstab sich
nach Beendigung eines Stiches erhebt, das eine Ende des Hebels, das sich bis unter
den den Spannstab tragenden Arm erstreckt, frei wird, worauf das andere Ende
herabfällt und in eine auf der Maschine befindliche Zahnstange eingreift. Diese
Zahnstange wird dadurch etwas verschoben, bethätigt dabei eine Klauen- oder
Frictionskuppelung und kehrt dadurch die Bewegung des theilweise verzahnten
Doppelrades und damit diejenige des ausgefahrenen Wagens um.
Die Kuppelung bringt nämlich eines von zwei auf einer Welle sitzenden Kegelrädern
oder Konen abwechselnd mit einem Kegelrad oder einem Konus auf einer anderen Welle
in Eingriff. Dadurch wird die zuletzt genannte Welle veranlasst, sich rechts oder
links herumzudrehen, um dadurch das Doppelrad bezieh. den Wagen in der einen oder
anderen Richtung zu bewegen.
Wie aus Fig. 1 ersichtlich, wird die Stickmaschine
durch eine Riemenscheibe auf der Welle a angetrieben.
Die Welle a, die sich stets nur in einer Richtung
dreht, trägt die Kegelräder a1 und a2
(Fig. 2), welche mit dem Kegelrade a4 auf der das
Doppelrad durch Vermittelung der Schnecke c1 und des Schneckenrades c2 treibenden Welle c in Eingriff stehen. Diese Kegelräder a1a2 sind auf der Welle
a frei drehbar und gelangen abwechselnd mit der auf
der Welle mittels Nuth und Feder verschiebbaren Klauenkuppelung a3 in Zahneingriff, so
dass das Kegelrad a4
abwechselnd in der einen oder der anderen Richtung gedreht wird und demgemäss das
combinirte Rad und somit die Wagen in erforderlicher Weise hin und her bewegt
werden.
Auf Welle b sitzt der Winkelhebel b2, der die
Klauenkuppelung a3 mit
der Zahnstange s verbindet, welche die Umkehr der
Wagenbewegung einleitet (Fig. 1 und 2).
Textabbildung Bd. 298, S. 284
Fig. 1.Heilmann'sche Stickmaschine.
Die beiden theilweise mit Zähnen besetzten Kränze des Doppelrades treten abwechselnd
mit den Wagentriebrädern ee1 in Eingriff. Der Antrieb der letzteren wird jedesmal dann unterbrochen,
wenn die Triebräder so oft umgedreht worden sind, dass dadurch der zugehörige Wagen
vom Ende seiner Bahn zurückbewegt wurde. Jeder der Kränze d1 und d2 des Doppelrades ist aussen mit einem glatten,
halbkreisförmigen Rand f ausgestattet, mit dem ein
Sattel e2 an jedem der
Triebräder ee1 in
Berührung gelangt, um den Wagen, nachdem er eingefahren ist, unbeweglich
festzuhalten; der Sattel lässt hingegen den Wagen zur richtigen Zeit, d.h. wenn
derselbe wieder ausfahren muss, frei. Das Doppelrad hat auf seiner nach innen
gekehrten Seitenfläche eine Curvennuth g, mittels
welcher die Excenterstangen der Zangenexcenter bethätigt werden. Dies geschieht
mittels einer auf dem freien Ende eines Hebels g1 sitzenden Rolle, die durch eine Stange g2 mit einem
schwingenden Hebel g3
(Fig. 1) verbunden ist. Der Hebel g3 besitzt gegabelte
Enden g4, in welche die
Zapfen am unteren Ende der Stangen hineingleiten, die nach den Excenterstangen der
Excenter führen. Letztere bethätigen in gewöhnlicher Weise die Nadelzangen.
Der Spannstab h (Fig. 3)
ist an den Armen befestigt, die in gewöhnlichen Fällen den Draht tragen, der quer
über die Fäden läuft. Auf diesen Armen wird der Spannstab von den Nadeln zur
richtigen Zeit mittels eines Gabelhebels hinwegbewegt, welcher auf dem Ende der
Welle befestigt ist, die auch für den Spannstab die Arme trägt. Dieser Gabelhebel
gelangt im gewollten Augenblick mit einem Zapfen am Gestell der Maschine in Eingriff
und hebt dadurch den Spannstab in ähnlicher Weise an, wie dies bei den gewöhnlichen
Maschinen mit dem Draht geschieht und wie dies in Fig.
1 auf der linken Seite vom Stickrahmen zu ersehen ist. Die Stäbe h1 und h2 unter den Fäden sind
an Armen K befestigt und werden in ihrer Lage durch einen Stift K3 des geschlitzten
segmentförmigen Körpers K1 gehalten, der frei auf einer Warze des Armes K auf der Spindel i drehbar ist. Die Spindel
i trägt alle Arme für die unter den Fäden liegenden
Stäbe, also auch den Arm K, der auf dieser Spindel
durch eine Stellschraube befestigt ist. Ein Stift K2, der an einem der Hörner, die die Zangen tragen,
befestigt ist und der in eine Falle in dem geschlitzten segmentförmigen Körper K1 eingedrückt wird,
hält diesen Körper in richtiger Lage, während der Spannstab h von den Fäden bethätigt wird und sich in die in Fig. 3 mit punktirten Linien angegebene Lage erhebt. In dieser Lage des
Spannstabes werden die Fäden straff gezogen, ohne dass es denselben möglich wird,
sich bis zu einer geraden Linie auszustrecken. Durch das weitere Erheben des den
Spannstab h tragenden Hebels wird der mit einem
Schenkel gegen ihn anliegende doppelarmige Sperrhebel p
(Fig. 1) frei und kann mit seinem unteren Ende in
die Zahnstange s einfallen, welche die Umsteuerung der
Maschine herbeiführt.
Textabbildung Bd. 298, S. 285
Fig. 2.Heilmann'sche Stickmaschine.
Die punktirten Linien in Fig. 3 zeigen den Wechsel in
der Lage des Spannstabes h, nachdem er von den Fäden
angehoben worden ist. Während dieses Wechsels, innerhalb der in der Fig. 3 angegebenen Grenzen, wird das Segment K1 nicht von dem
Spannstabarm beeinflusst; dies geschieht vielmehr erst in dem Augenblicke, wo beim
Annähern des Wagens an den Stickrahmen der an dem Gestelle der Maschine befindliche
Stift mit dem Gabelhebel in Eingriff gelangt, der auf dem Ende der Welle befestigt
ist, die den Spannstabarm trägt. Dieser Gabelarm wird in Folge dessen nach hinten
übergekippt, und eine Rolle, die an einem Abzweig des Spannstabarmes befestigt ist
und die in einen Schlitz des Segmentes K1 eingreift, löst dieses Segment von dem Stifte K2 aus und dreht es
nach aufwärts. Durch diese Aufwärtsdrehung des Segmentes K1 wird auch der Stift K3 von dem Arme des
Hebels K zurückgezogen, so dass nun die Stäbe h1 und h2 in die auf der
linken Seite von dem Stickrahmen in Fig. 1 gezeigte
Lage herabfallen können.
Wendet man für den Stab h1 einen verschiebbaren Arm an, wie ein solcher in Fig. 4 dargestellt ist, so bringt man an einem der Glieder l1 oder l2, die jenen Arm mit
der Welle i1 verbinden,
eine Rolle l an, die, wenn der Wagen sich dem zu
bestickenden Stoffe nähert, gegen einen verstellbaren Anschlag m stösst, welcher an dem Rahmen der Maschine befestigt
ist. Hierdurch wird das Glied l1 nach rückwärts gedreht, und Stab h1 bewegt sich unter
die Nadeln, während der Wagen sich weiter vorwärts bewegt. Eine Feder n schiebt den Arm k, sowie
den Stab h1 und dreht
das Glied l1 in die
ursprüngliche Lage zurück, sobald der Wagen wieder ausfährt.
Sind dann die Wagen so weit ausgefahren, dass der Stickfaden, sich anspannend, den
Spannstab h und den Hebel, an dem dieser befestigt ist,
aus der in Fig. 4 punktirt gezeichneten Lage erhebt,
so wird, ebenso wie bei der in der Fig. 3
dargestellten Construction, der Sperrhebel p frei und
bewegt sich durch sein Eigengewicht aus der in Fig. 4
punktirten, in die vollen Linien gezeichnete Lage bezieh. fällt mit seinem unteren
Schenkel in die Zahnstange s ein, so dass letztere
verschoben wird und dadurch die Bewegung des Wagens mit Hilfe des Winkelhebels b2b2 und der Kuppelung
a3 (Fig. 2) umsteuert.
Bei beiden eben beschriebenen Vorrichtungen erleiden die Fäden eine geringe Ablenkung
von einer geraden Linie, sobald sich der Spannstab auf sie auflegt (Fig. 4), um den Fäden eine sanfte, gleichmässige
Spannung zu ertheilen, sowie um es möglich zu machen, dass der Stab nach Beendigung
eines Stiches durch die Fäden angehoben wird, hierbei letztere spannt und
gleichzeitig die Bewegung des Wagens umkehrt.
Während die Bewegung des Wagens umgesteuert wird, sind die Fäden daran verhindert,
die Gestalt einer geraden Linie zwischen der Nadel und dem zu bestickenden Stoffe
anzunehmen, damit das Arbeitsstück nicht verzogen oder gar zerrissen wird. Der
Spannstab h wird durch eine Anzahl von gebogenen Armen
oo (Fig. 1)
unterstützt, auf denen einstellbare, d.h. verschiebbare Gewichte o1o1 zu dem Zwecke
angeordnet sind, die Spannung der Fäden zu regeln.
Textabbildung Bd. 298, S. 285
Fig. 3.Heilmann'sche Stickmaschine.
Der Umkehr- oder Umschaltemechanismus besteht, wie schon bemerkt, aus einem
Sperrhebel p (Fig. 1 und
4), der um einen Drehstift r am Wagen schwingt und dessen einer Arm sich nach und
unter den den Spannstab h tragenden Hebel erstreckt,
während der andere Arm nach einer Zahnstange s
herabreicht, die an dem Gestell bezieh. Bett der Maschine befestigt ist. Der
Sperrhebel p fällt in die Zähne bezieh. die Lücken der
Zahnstange ein, sobald der Spannstab h durch den Faden
angehoben wird und der den Spannstab tragende Hebel somit dem unter ihm anliegenden Arm des
Hebels p gestattet, sich zu erheben. Sobald der Hebel
p in dieser Weise in die Zahnstange s einfällt, wird die Zahnstange um ein kurzes Stück,
ungefähr 12 mm, verschoben, wodurch die Klauenkuppelung a3 (Fig. 2)
mit dem Kegelrade a1
oder a2 in Eingriff
gebracht und also die Bewegung des Wagens umgesteuert wird, ehe der Faden sich bis
zur Gestalt einer geraden Linie ausgestreckt hat, so dass der Faden keine grössere
Zugspannung erfahren kann, als diejenige ist, die durch das Anheben des Spannstabes
entsteht. An dem äusseren Ende der Zahnstange s ist ein
Anschlag oder Vorsprung s1 (Fig. 1) vorgesehen, zum Zwecke, den
Wagen umzusteuern, wenn die Fäden zum ersten Male in ihrer ganzen Länge durch das zu
bestickende Material hindurchgezogen werden, und so lange, bis sie von dem zu
bestickenden Stoff festgehalten werden. Sobald letzteres geschehen ist, beginnt der
Spannstab h zu wirken, und es kehrt derselbe den Wagen
in seiner Bewegung um, in was immer für einen Zahn der Hebel p einfällt, sobald die Spannung des Endes gerade die entsprechende Höhe
erreicht hat. Ein Theil der Zahnstange ist glatt, so dass der Hebel p nicht aufgehalten werden kann, während der Wagen
seine Ausfahrt beginnt, und weiter auch so lange nicht, bis der Spannstab h wieder auf den Fäden liegt und so den Arm des Hebels
p, der in die Zahnstange einzugreifen hat, in die
Höhe bezieh. über den Zähnen bezieh. den Zahnlücken der Zahnstange gehoben hält.
Textabbildung Bd. 298, S. 286
Fig. 4.Heilmann'sche Stickmaschine.
Glafey.