Titel: | Elektrische Eisenbahn mit unterirdischer Stromzuführung. |
Autor: | Kl. |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 239 |
Download: | XML |
Elektrische Eisenbahn mit unterirdischer
Stromzuführung.
Mit Abbildungen.
Elektrische Eisenbahn mit unterirdischer
Stromzuführung.
Textabbildung Bd. 298, S. 239
Fig. 1.Stromzuführung der Metropolitan Traction Company.
In New York ist jetzt die erste elektrische Strassenbahn mit unterirdischer
Stromzuführung in Betrieb genommen. Dieselbe bildet eine Fortsetzung des grossen
Kabelbahnsystems der Metropolitan Traction Company. Was
diese Anlage besonders interessant macht, ist der Umstand, dass für den Fall des
Versagens der elektrische Betrieb in kurzer Zeit durch den bewährten Kabelbetrieb
ersetzt werden kann. Die Amerikaner scheinen demnach, entgegen ihrer sonstigen
Gewohnheit, dieser Neuerung ausserordentliches Misstrauen entgegengebracht zu haben.
Durch diese Bedingung ist die Anlage allerdings sehr interessant, aber auch sehr
theuer geworden. Wenn man derartige Summen für den Oberbau anwenden darf wie bei
dieser Bahn, dann bietet die unterirdische Stromzuführung nicht die geringsten
Schwierigkeiten mehr, in den hohen Kosten liegt für europäische Verhältnisse allein
die schwierige Durchführbarkeit derartiger Projecte; haben doch aus diesem
Grunde in Europa Kabelbahnen, die sich in Amerika gut bewähren, nur ganz
beschränkten Eingang finden können. Wenn man, wie bei dieser Bahn, derartige
Höhlungen unter dem Pflaster ausbauen darf, kann man des eindringenden Wassers, das
allein den Betrieb gefährdet, leicht Herr werden, dann bietet auch die genügende
Isolation der Zuleitungen keine besonderen Schwierigkeiten mehr; deshalb darf es uns
nicht wundern, dass der Betrieb bei dieser Bahn von Anfang an ohne jede Störung
verlaufen ist. Trotzdem bietet die Anlage in constructiven Einzelheiten viel
Interessantes.
Textabbildung Bd. 298, S. 239
Fig. 2.Stromzuführung der Metropolitan Traction Company.
Textabbildung Bd. 298, S. 239
Fig. 3.Stromabnehmer.
Zunächst ist zu bemerken, dass abweichend von den europäischen Strassenbahncentralen,
wo fast allgemein eine Betriebsspannung von 500 Volt eingeführt ist, die in Amerika
für Strassenbahnen gebräuchliche Spannung von 350 Volt auch bei dieser Anlage
verwandt ist. Die Centrale besteht augenblicklich aus zwei 650
-Dampfmaschinen, welche direct mit zwei 400 Kilo-Wattgeneratoren gekuppelt
sind; die Dynamo liegen zwischen der Hoch- und Niederdruckseite der liegenden
Dampfmaschinen. Im Uebrigen weicht die Centrale wenig von ähnlichen Anlagen ab; die
Dampfmaschinen haben die in Amerika so beliebte Corliss-Steuerung. Die
Stromlieferung erfolgt direct in die Zuleitungsschienen, doch soll später eine
Zuführung durch Speisekabel vorgesehen werden, so dass die Schienen in Sectionen
untertheilt werden können. Fig. 1 zeigt einen Schnitt
durch den normalen Zuleitungskanal, der ohne weiteres verständlich ist; auffallend
ist der kostspielige gusseiserne Unterbau; die Zuleitungsschienen bestehen aus
∪-Eisen, die mittels Isolatoren an dem gusseisernen Kanalgehäuse befestigt sind.
Entgegengesetzt zu den gebräuchlichen Systemen, bei denen die Ableitung des Stromes
durch die Schienen erfolgt, dient hier die zweite Schiene als Rückleitung. Der Boden
des Kanals ist in bestimmten Zwischenräumen durch Röhren mit der Kanalisation
verbunden. Fig. 2 zeigt eine Modification des
Systems, wie es auf einer etwa 100 m langen Strecke in der 116th Street angewandt ist. Hier ist die Leitung auf
Pfeilern aus
Seifenstein befestigt, die in Mannlöchern stehen, welche in Ziegelsteinen ausgebaut
sind. Die Pfeiler tragen oben gusseiserne Kappen, an denen die Leitung befestigt
ist; die elektrische Verbindung der einzelnen ∪-Eisen ist durch Kupferstreifen
gesichert. Jedes zwölfte Mannloch ist mit der Centrale telephonisch verbunden und
enthält Ausschalter, um im Falle einer Betriebsstockung die Leitung streckenweise
abschalten zu können. Fig. 3 stellt den Stromabnehmer
dar; derselbe hat zwei an Scharnieren befestigte Backen, welche an der Zu- und
Rückleitungsschiene schleifen, und enthält demgemäss zwei Anschlusskabel. Die Wagen
zeichnen sich durch leichte und gefällige Bauart aus; bemerkenswerth ist, dass die
Plattformen vollkommen rund ausgebaut sind, wahrscheinlich soll dadurch eine
grössere Sicherheit gegen das Ueberfahren von Personen erreicht werden. (The Engineer.)
Kl.