Titel: | Sicherheitssignalwesen auf See. |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 121 |
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Sicherheitssignalwesen auf See.
(Schluss des Berichtes S. 97 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Sicherheitssignalwesen auf See.
Textabbildung Bd. 298, S. 121
Fig. 27.Schellander's Bestimmung des Schiffes.
Eine von J. Schellander angegebene einfache Vorrichtung
zur Bestimmung der Lage des gesichteten Schiffes auf graphischem Wege ist die
folgendeMitth. Seew., 1879 S. 268.: Auf
einem an beliebigem Ort angebrachten Brett DE (Fig. 27) ist das eigene Schiff A markirt und in einem Halbkreis um dasselbe das das gesichtete Schiff
darstellende Modell B verstellbar, welches sich auch um
seine Achse drehen lässt. An beiden Modellen sind die Positionslichter deutlich von
einander unterschieden. Wird ein Licht C gesichtet, so
wird Modell B so weit verschoben, bis dessen
Positionslicht in der Richtung des gleichfarbigen gesichteten Lichtes zu stehen
kommt; die Stellung des Modelles B gibt dann sichere
Auskunft über die Buglage des Schiffes C. Leichter als
bei einem unter Dampf laufenden Fahrzeug ist es zum Glück möglich, einen Segler zu
beobachten, indem bei diesem die Windrichtung, ein auch dem Beobachter bekannter
Factor, bis zu gewissem Grade für die Fahrtrichtung maassgebend ist. Die Ermittelung
der Fahrt von Segelschiffen lässt sich mit geeigneten Instrumenten graphisch
bewirken; zwei davon mögen hier Aufnahme finden.
Berücksichtigt man, dass Segelschiffe nur bis auf etwa sechs Strich (67½°) gegen den
Wind zu fahren vermögen, so wird es in diesem Falle wesentlich vereinfacht,
festzustellen, ob ein Segelschiff bei der vorhandenen Windrichtung den Kurs des
eigenen Schiffes zu kreuzen überhaupt im Stande ist bezieh. in welcher Weise dies
geschehen könnte, und man wird danach seine Dispositionen rasch und sicher treffen
können. Des französischen Capitäns Lamy (Honfleur) VorrichtungLe Yacht,
1880. (Fig. 28) bietet nun ein
einfaches Mittel, mit dessen Hilfe nicht allein die eben angedeuteten Feststellungen
bewirkt, sondern auch nach allenfalls erfolgtem Zusammenstoss die Ursachen des
letzteren erkannt werden können, ohne dass die Rechtsprechung auf beeinflusste
Aussagen der Betheiligten angewiesen wäre. Auf gemeinsamer Unterlage sind zwei
Windrosen drehbar befestigt und derart mit einander verbunden, dass die Windstriche
beider immer gleichgerichtet bleiben. Die Modelle A und
B, von denen das erstere das eigene, das
letztere das gesichtete Schiff darstellt, tragen entsprechend den Bordlichtern
grüne und rothe Blender und lassen sich beliebig auf die Achsen der Rosen
aufstecken. Zwei Pfeile zeigen die gerade herrschende Windrichtung an; sie tragen an
ihrem Schwanzende Kreisbögen L M von 135 °(= 12
Strich), 67½° zu beiden Seiten, welche den Kreisausschnitt angeben, innerhalb dessen
Segelschiffe nicht steuern können. Zwischen den Rosen ist ein Weiser I befestigt, und von diesem nach der einen Seite IH ein grüner, nach der anderen Seite IK ein rother Kreisbogen gemalt; jeder von den
letzteren begrenzt den Sector der Windrose, in dem ein von dem Schiff A über I gepeiltes Schiff
B steuern kann, welches das entsprechende Licht dem
Schiffe A zuwendet. Soll nun von dem Schiff A aus der Kurs des Schiffes B bestimmt werden, so stellt man Modell A in
Richtung des eigenen Kurses ein und richtet die Pfeile auf den Rosen nach dem Winde.
Hierauf wird das gerade gesichtete Licht gepeilt und die rechte Rose mittels des
Knopfes E so weit um ihre Achse gedreht, dass die
beobachtete Peilung auf den Weiser I zeigt, was auch
eine entsprechende Verdrehung der anderen Rose, der Windpfeile und des Modelles A zur Folge hat. Wird jetzt das Modell B so auf die linke Rose gesteckt, dass die dem
gesichteten Licht entsprechende Bordseite dem Weiser I
zugekehrt ist, so kann man die Steuerrichtung des Schiffes B und ferner auch erkennen, ob es den eigenen Kurs überhaupt zu kreuzen
vermag.
Textabbildung Bd. 298, S. 121
Fig. 28.Kursbestimmung nach Lamy.
Als eine Vereinfachung des eben erläuterten Apparates stellt sich der „Compass
Lamy“ dar, welcher im Wesentlichen eine Combination des gewöhnlichen
Compasses mit Dioptern und Streifen roth und grün gefärbten Glases ist. Obgleich
erfahrene Officiere sich kaum dieser letzteren, lediglich eine augenblickliche
Orientirung bezweckenden Einrichtung bedienen werden, findet sie ebenso wie die
zuerst genannte beim Unterricht beispielsweise in den französischen nautischen
Schulen Verwendung.
In der Handhabung als praktischer wird aber von mancher Seite eine andere Vorrichtung
(Fig. 29) bezeichnet, welche Hopfgartner construirt hat mit dem obigen Zweck, aus Windrichtung
und Peilung eines Seitenlichtes die möglichen Kursrichtungen eines fremden
Segelschiffes selbsthätig zu bestimmen. Um die Achse o
einer Windrose R ist das gelenkige Parallelogramm l1l2l3l4 drehbar, dessen
Seite l1 in die
Windrichtung, dessen Seite l4 in die Peilrichtung des fremden Lichtes eingestellt wird. Auf der an der
Lamelle l4 festen Achse
a ist ein Kreisabschnitt q so befestigt, dass er zu beiden Seiten der Peilrichtung l4 eine Winkelfläche
von 112° (Lichtfeld der Seitenlichter) frei lässt. Unter q schiebt sich ein an der Lamelle l3, welche ja auch die Windrichtung wie l4 andeutet, fester
Kreissector K von (360° – 2 . 67,5°) = 225° zu beiden
Seiten der Mittellinie von l3 vertheilter Fläche, auf der möglichst viel Schiffsprojectionen radial
verlaufend dargestellt sind; die letzteren geben offenbar die Richtungen an, in
denen ein Segelschiff bei der Windrichtung l3 fahren kann. Ist nun l1 in der Windrichtung, l4 in der Richtung des
gesichteten Schiffes und eine um o drehbare Schablone
in der Fahrtrichtung des eigenen Schiffes eingestellt, so zeigt die Platte K die überhaupt möglichen Kursrichtungen mit Bezug auf
den herrschenden Wind an. Da aber der Kreissector q
alle Stellungen zudeckt, in welchen wegen des begrenzten Beleuchtungswinkels der
Seitenlaternen kein Licht gesehen werden kann, so bleibt nur ein Theil zu
berücksichtigender Kursrichtungen übrig. Je nachdem, ob man das grüne oder das rothe
Licht des Segelschiffes gesichtet hat, wird man die Schiffsstellungen rechts oder
links von der Peillinie l4 suchen müssen. Um auch hierbei Irrungen auszuschliessen, kann man zwei
die Schiffsprojectionen auf K bedeckende Sectoren
drehbar um Achse a anordnen, welche in der Peilrichtung
zusammenstossen und von denen der von der Peillinie links gelegene roth, der rechts
gelegene grün angestrichen ist. Ist nun z.B. ein grünes Licht gepeilt worden, so
hebt man den grünen Seetor ab, und es sind die darunter verdeckt gewesenen
Schiffsstellungen maassgebend; bei Sichtung des rothen Lichtes wird der rothe Sector
zu öffnen sein. An einem an Lamelle l4 festen Bogen m lassen
sich die Abstände der Schiffsstellungen von der Peillinie und damit diejenigen Kurse
erkennen, welche das Schiff steuern kann.
Textabbildung Bd. 298, S. 122
Fig. 29.Hopfgartner's Orientirungsvorrichtung.
Von den Warnsignalen weichen die Steuersignale insofern
principiell ab, als sie eine Thatsache ausdrücken, welche entweder schon vollzogen
oder doch in Ausführung begriffen ist. Am sichersten wird man ja gehen, wenn man für
die ganze Zeit der Begegnung den Weg eines Schiffes nicht allein verfolgen, sondern
auch zum Voraus in Erfahrung bringen kann. Nun bestimmt ja im Wesentlichen das
Steuer den Kurs und die Kenntlichmachung der Lage des Ruders bietet die Möglichkeit,
eine Schlussfolgerung auf den voraussichtlichen Kurs schon von weiter Entfernung zu
ziehen. Es lässt sich allerdings einwenden, dass Wind und Seegang die Wirkung des
Steuers vielfach erheblich beeinflussen; immerhin wird der erfahrene Seemann
nach dem Grade, in dem sein eigenes Fahrzeug vom Wetter mitgenommen wird, auch die
praktisch ausreichende Correction des gegnerischen Steuermanövers bewirken können.
Aber auch die Steuerfähigkeit eines Schiffes, das Maass, in welchem der Bootskörper
dem Ruder folgt, ist ein wichtiger Factor, der dem fremden Dampfer stets unbekannt
ist und deshalb eigentlich auch den Werth der Steuersignale als solche
einigermaassen in Frage stellt. Man darf jedoch nicht ausser Acht lassen, dass die
letzteren zum Mindesten die Absicht klarlegen, und mit der Annahme einer schlechten
Steuerfähigkeit des kreuzenden Dampfers geht eine für die eigene Sicherheit
genügende Schätzung Hand in Hand.
Es ist selbstverständlich, dass die Steuersignale automatisch bei Stellung des
Steuers gegeben werden, so dass jeder Irrthum ausgeschlossen bleibt. Ein
vollkommenes Steuerzeichen wird aber nur dasjenige sein, welches den Charakter der
Steuerbewegung, die Grösse derselben angibt, ferner ob die Bewegung rasch oder
langsam erfolgt und ob dieselbe dazu dient, um das Schiff im Kurse zu erhalten oder
eine Wendung zu vollziehen.
In der englischen Kriegsmarine hat man beim Dampfen in Geschwadern für den
Tagesdienst folgende Einrichtung getroffen. Eine Leine ohne Ende ist über das
Steuerrad gelegt und 10 bis 15 m darüber durch einen Block geschert; sie trägt auf
Backbordseite einen rothen, auf Steuerbord einen grünen Ballon, die Bewegung der
beiden macht die Steuerbewegung kenntlich. Während der Nacht könnte allenfalls ein
durch das Steuerrad bewirktes Blitzen der Seitenlichter eintreten.
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Fig. 30.Morgan's Kenntlichmachung der Ruderlage.
Im Princip ähnlich ist das System von David John Morgan
in Cardiff, welcher zur Kenntlichmachung der Ruderlage ausser den üblichen
Bordlichtern aa und dem Mastlicht b in einigem Abstande unter dem letzteren ein
Signallicht c anbringt (Fig.
30). Dies besteht im Wesentlichen aus einer festen Laterne K, vor welcher die in drei verschieden gefärbte Felder
(weiss, roth, grün) eingetheilten Scheiben G senkrecht
verschiebbar sind. Die Verschiebung erfolgt durch die Mutter F und Spindel E, welche in geeigneter Weise
vom Steuerrad aus angetrieben wird, derart, dass je nach Lage des Ruders weisses
bezieh. rothes oder grünes Licht voll oder theilweise zur Geltung kommt. Es lässt
sich so nicht allein die Seite, nach welcher das Ruder umgelegt worden ist,
anzeigen, sondern ziemlich genau auch die Strichzahl, bis zu der umgelegt worden,
signalisiren.
Selbstverständlich lässt sich die Einrichtung dahin modificiren, dass drei
verschieden farbige Laternen (grün, weiss, roth) über einander gestellt sind, vor
denen Blender senkrecht verschoben werden. Oder es kann ein Kreisausschnitt benutzt
werden, welcher pendelnde Bewegungen vor der Lampe ausführt. Diese Bewegung würde
man auch mit Hilfe um die Schwingungsachse gestellter Elektromagnete zu erreichen
vermögen, in denen je nach der Stellung des Ruders gesonderte Ströme erregt werden,
und welche auf an dem Kreisausschnitt direct oder an passenden Zwischenorganen
angeordnete Magnete anziehend wirken.
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Fig. 31.Nachtsignalapparat von Wraa.
Auch der Nachtsignalapparat von Chr. Wraa in Altona hat zum Zwecke, die immerhin einer Ueberlegung
bedürfenden akustischen Signale durch optische zu ersetzen, welche ohne weiteres die
jedesmalige Ruderlage und das entsprechende Manöver angeben. Es werden am
zweckmässigsten an der hinteren Seite der Commandobrücke in einer Entfernung von
etwa 3 m von einander 1,25 m hohe Säulen S (Fig. 31) aufgestellt und in der Mitte ein Lampenhalter
R, in der Verticalebene um G drehbar, aufgehängt, dessen oberes Ende etwa 2,75 m über Brückendecke
sich erhebt. Die Säulen S tragen die Lichter L und der Halter R eine
Lampe L1, welche
entsprechend der Ruderlage an dem, einen Compass darstellenden Ring I festgestellt wird, so dass die Lage von L1 zu den
Seitenlichtern L die Steuerstellung unzweideutig zu
erkennen gibt. Die Lampen können natürlich mit Elektricität, Oel oder Gas gespeist
sein. Wird beispielsweise letzteres gewählt, so könnten die Lampen L durch ein Gasrohr r
verbunden und das Gas durch ein Gelenkstück G ins Rohr
R zur Lampe L1 geleitet werden. Mittels eines Blasebalgs B liesse sich auch ein periodisches Aufleuchten
erzielen.
Wo es sich um die Begegnung zweier Schiffe handelt, liesse sich die Möglichkeit in
Erwägung ziehen, durch besondere optische Zeichen, welche etwa nach Art des
Morse-Systems bei der Telegraphie zu Wörtern zusammengestellt werden, auch die
Mittheilung des genauen Weges von einem Dampfer zum anderen zu übermitteln. Zur
Zwiesprache hat man schon seit Jahren Einrichtungen in Benutzung genommen, welche
die Zeichenabgabe in mehr oder weniger vollkommener Weise bewirken. Der Weg zu
Verbesserungen ist aber immer noch freigestellt.
Eines der älteren Systeme ist das von Colomb und
Spakovsky angegebene. Dies hatte in der Kreuter'schen Signallaterne eine dahingehende Abänderung und offenbare
Vervollkommnung erfahren, dass hier von Hand Blitze von willkürlicher Länge, etwa 2
bis 3 Secunden, und röth und weissem Licht gegeben werden können, was einer
Vermehrung der überhaupt möglichen Zeichen gleichkommt. Einrichtung und Handhabung
des Kreuter'schen Apparates sind denkbar einfach. Die
mit parabolischem Reflector gesammelten Lichtstrahlen werden durch eine
kreisrunde Oeffnung des sonst wetterfest geschlossenen kupferblechernen Mantels
geworfen. Zwischen diesem und der Lampe lässt sich mittels einer nach aussen
tretenden Handhabe ein anderer Blechcylinder um 180° verdrehen, welcher in
Flammenhöhe zwei sich diametral entgegenstehende Oeffnungen von je 60° Durchmesser,
die eine mit rothem, die andere mit farblosem Glas verdeckt, besitzt. Befindet sich
die Handhabe in der Mittelstellung, so wird das Licht nach aussen verdeckt; wird sie
um 90° nach links gedreht, so schiebt sich das rothe Glas vor den Ausschnitt im
Aussenmantel, d.h. es erscheint rothes Licht, während bei Bewegung der Handhabe im
entgegengesetzten Sinne weisses Licht sichtbar wird. Der Uebergang von Weiss zu Roth
und umgekehrt wird stets durch Verdunkelung unterbrochen. Die Leuchtkraft der
Laterne wurde zu 386 Kerzen bei 40 g stündlichem Erdölverbrauche gemessen (gegen 5½
bis 7 Kerzen bei Colomb's Lampe), welcher Umstand das
Ablesen der Signale bei klarem Wetter auf 8 Seemeilen und selbst bei dichtem Nebel
und starkem Regen noch auf 3 Seemeilen Entfernung gestattete. Diese Eigenschaft
sowohl, wie Seesicherheit und die Möglichkeit, die Mannschaft rasch mit der
Wirkungsweise des Apparates vertraut zu machen, sind in jahrelangem Gebrauche
bestätigt worden.
Auf Anregung des Lieutenants A. P. NiblackEl. Eng., 1894 Bd.
18 S. 441. hatte die nordamerikanische Marine zum Zeichengeben
bei Nacht das Ardois-System eingeführt. Nach diesem werden vier halb roth, halb
weiss gefärbte Laternen an dem Leiter des Besanmastes festgemacht und zwar mit einem
Abstand von 12 Fuss von einander. In jeder Laterne sind zwei Glühlampen eingesetzt,
welche mit dem Commutator des Signalabgabeortes in Verbindung stehen. Es lassen sich
offenbar verschiedene Combinationen von rothen und weissen Lichtern und
dementsprechende Zeichen abgeben, welche so lange leuchten, bis sie von den
antwortenden Schiffen wiederholt worden sind. Ein oberes Blinkfeuer soll noch zu
besonderen Signalen reservirt bleiben. Dieses System hat sich laut Nachricht als
rasch und auf 3 bis 5 Seemeilen exact wirkend bewährt.
Für den Verkehr zwischen zwei Schiffen wird eine sehr kleine roth-weisse Laterne am
Topp aufgehängt und je nach Bedarf in Wirksamkeit gesetzt. Durch die Anwendung
besonders dünner Glühfäden für die Lampen ist es ermöglicht worden, die Lichtblitze
sofort nach Oeffnen des Stromes zum Verlöschen zu bringen und das zu
Missverständnissen Veranlassung gebende Nachglühen derselben zu verhindern.
Englische Kriegsschiffe sollen sich mit diesem Signalisirmittel in den chinesischen
Gewässern bis auf 50 Seemeilen Entfernung verständigt haben.
Mit diesen Beispielen soll jedoch keineswegs die Reihe derjenigen Vorrichtungen
bezieh. Systeme erschöpft sein, welche eine Verständigung hinsichtlich der
Steuermanöver gestatten. Deren gibt es so viele, als Unterhaltungssignale überhaupt
zur Anwendung gelangt sind. Es soll auch nur beiläufig auf die letzteren verwiesen
worden sein. Sicher wird man ja für alle Fälle nur mit solchen Einrichtungen gehen,
welche den Kurs eines Schiffes jederzeit selbsthätig anzeigen und zwar so, dass auch
dem Commando unbemerkt bleibende Fahrzeuge orientirt werden.
Nebel
ist der gefürchtetste Gast zur See; sein Kommen und Gehen,
sein Einfluss auf Schall- und Lichtwellen ist so mannigfaltiger Natur, dass sichere
Verhaltungsmaassregeln für den Verkehr im Nebelwetter aufzustellen zur Zeit
undenkbar ist. Man beschränkt sich deshalb im Allgemeinen darauf, seine Anwesenheit
durch Abgabe akustischer Signale in mehr oder weniger vollkommener Weise bemerkbar
zu machen. Nach deutscher Vorschrift muss jeder Dampfer einen kräftigen
Dampfsignalapparat (Pfeife), ein wirksames Nebelhorn und eine Glocke zu Zwecken der
Schallsignalabgabe im Nebel führen. Nebelhorn und Glocke sind auch dem Segelschiff
vorgeschrieben. In Zwischenräumen von höchstens zwei Minuten muss die Dampfpfeife
bezieh. das Nebelhorn und, wenn das Schiff nicht in Fahrt, die Glocke in Thätigkeit
versetzt werden. Ein Ton mit dem Nebelhorn des Segelschiffes bedeutet, dass dieses
mit Steuerbord-Halsen, zwei auf einander folgende Töne, dass es mit Backbord-Halsen,
und drei Töne, dass es mit dem Winde achterlicher als dwars segelt. Diese
Einrichtung macht, vorausgesetzt, dass man im Nebel die Schallquelle sicher
bestimmen kann, es möglich, den Kurs eines Seglers zu beurtheilen, zum mindesten
aber festzustellen, welches Feld von dem Segler für die eigene Fahrt frei gelassen
wird.
Die schwedische Regierung hatte 1880 den Seestaaten eine dahin gehende Erweiterung
des Artikels 12 der internationalen Vorschriften zur Vermeidung des Zusammenstossens
der Schiffe auf See vorgeschlagen, dass an Stelle der durch nur einen
Dampfsignalapparat in kurzen Zwischenräumen zu gebenden Warnungszeichen die Töne
zweier Pfeifen, einer hohen und einer tiefen, abgegeben würden. Der vom Capitän Ahlborg herrührende Vorschlag wurde in der Weise
präcisirt, dass der Kurs nach Nord, Nordost, Ost und Südost durch einen scharfen
Discantton als Achtungszeichen und darauf folgende ein, zwei, drei oder vier tiefe
Basstöne als Kurszeichen gemeldet werden sollte, während ein vorausgehendes Signal
mit der Basspfeife und nachfolgende ein, zwei, drei oder vier Stösse in die
Discantpfeife eine Richtung des Dampfers nach Süd, Südwest, West oder Nordwest zu
markiren hätten. Dieses System wurde bei schwerem Nebelwetter sowohl innerhalb der
schwedischen Flotte, wie von andersstaatigen Richtern als zweckentsprechend gefunden
und empfohlen; der Unterschied der beiden Pfeifentöne um eine Octave hatte man als
deutlich wahrnehmbar ermittelt. Berücksichtigt man, dass die derzeitigen
Vorschriften den Segelschiffen aufgeben, durch ein, zwei oder drei Stösse ins
Nebelhorn ihre Fahrtrichtung zu melden, dass ein Schiff, welches achterlicher als
dwars segelt, drei Töne zu benutzen, wenn es also z.B. nördlichen Wind hat, nur ein
Signal für alle 14 Compasstriche südlich von Ost und West zur Verfügung hat, so
lässt sich dem Ahlborg'schen System, welches den Kurs
eines Dampfschiffes innerhalb zweier Striche anzeigt, eine wesentliche, die
Einführung erleichternde Verbesserung nicht streitig machen.
Auch in der deutschen Marine haben Dampfsirenen Eingang gefunden, auf welcher sich
vier abgestimmte Töne durch Handhabung einer Klaviatur erzeugen lassen. In Anwendung
auf die Steuerung liesse sich eine Combination denken, bei welcher der Signalapparat
in der Weise vom Ruder beeinflusst wird, dass nur die der Ruderbewegung bezieh.
-lage entsprechenden Zeichen ertönen können.
Am meisten in Benutzung ist die Dampfpfeife. Die englische Admiralität lässt
jedes Schiff Dampfbeiboote mit Reservedampfpfeifen von 150 mm Glockendurchmesser
führen. Trifft das Schiff Nebel, so werden die Kessel der Beiboote geheizt. Ein Boot
muss so stehen, dass die Pfiffe weitest gehört werden können. Im J. 1893 in Kiel
gemachte Experimente haben auch den Gedanken an einen Ersatz der sehr schrillen
Sirene durch sogen. amerikanische Heulpfeifen reifen lassen, welche, 1 bis 1,5 m
lang, mit Dampf von 5 at tiefe, weithin wahrnehmbare Töne erzeugen. Für Segelschiffe
würden mittels Hand betriebene Apparate in Betracht kommen. Ein solcher ist die Haskell'sche AlarmpumpeD. p. J. 1873 210 9. (Fig.
32); hier wird von Hand im Kessel L Luft
comprimirt, die nach Niederdrücken des Hebels N durch
die Signalpfeife M entweicht. Daneben ist der
Apparatverwendbar zum Lenzen der Schiffsräume, wenn der Stutzen H mit der Lenzrohrleitung verbunden und der Ausguss K geöffnet wird. Aehnlich würde die Einrichtung zum
Deckwaschen und Feuerlöschen getroffen werden.
Textabbildung Bd. 298, S. 124
Fig. 32.Haskell'sche Alarmpumpe.
Obgleich unangenehm im Ton, sind die Sirenen im Allgemeinen energischer. Nach Prof.
Holmes lassen sich mit denselben Signale bis 5
Seemeilen gut übermitteln; allerdings wird die Leistung durch Nebel und Wind meist
reducirt. Kanonenschläge als Fahrtzeichen haben sich als unpraktisch gekennzeichnet
und finden deshalb keine Anwendung mehr.
Die Navigation bei Nebelwetter bleibt unter allen
Umständen schwierig und gefahrvoll; sie stellt eine unbedingte Forderung nach der
aufmerksamsten Schiffsführung. Es ist bekannt, dass der Nebel meist scharf
abgegrenzt auftritt; oft zeigt er sich nur 1 bis 2 m hoch über Wasser, oft befindet
er sich nur oben, aber nicht direct über dem Wasser. Daher wird stets der Versuch
gemacht werden müssen, ob man hoch vom Topp über die Nebelschicht weg blicken, oder
ob man unten im Boot sitzend unter derselben durchsehen könne. Auch die Dichte des
Nebels ist sehr wechselnd. Zur Beurtheilung der ersteren gibt das grüne
Steuerbordlicht einen Anhalt. Durch Beleuchtung der Wassertheilchen bildet sich
nämlich ein schimmernder Kegel, welcher anfänglich nur etwa 1 m, bei dichter
werdendem Nebel jedoch bis zu 5 m Entfernung (Höhe) sich bemerkbar macht. Dieselbe
Erscheinung, wenn auch schwächer, zeigt übrigens auch das weisse Focklicht, und aus
leicht ersichtlichen Gründen bleibt das rothe Backbordlicht in seiner Wirkung am
meisten zurück. Richtung und Entfernung eines Schalles sind schwer zu bestimmen,
wenn auch die Atmosphäre im Nebel ungleich homogener ist, als oft bei klarem Wetter.
Artikel 13 der internationalen Vorschriften zur Verhütung von Zusammenstössen auf See setzt
fest, dass bei Nebelwetter nur mit massiger Geschwindigkeit zu fahren sei. Der
Begriff einer massigen Geschwindigkeit ist aber ein sehr ungenauer, und deshalb ist
der Willkürlichkeit in dieser Beziehung freier Spielraum gelassen. Die englische
Marine lässt 4 Knoten fahren. Dies wird von anderer Seite mit Recht als zu gering
bezeichnet, da grosse Dampfer mindestens 5 bis 6 Knoten fahren müssen, sollen sie
nicht anders ihre Steuerfähigkeit einbüssen. So lässt sich auch das Verhalten vieler
Handelsschiffcapitäne motiviren, welche unter eigener Verantwortlichkeit die volle
Fahrt beibehalten. In der logischen Auslegung des Artikels 13 würde man eine solche
Geschwindigkeit zu beobachten haben, dass diese in jedem Augenblick um 2 Knoten
erhöht bezieh. um den gleichen Betrag vermindert werden kann, und zwar ohne dass ein
Abblasen des Dampfes durch die Sicherheitsventile erfolgt.
Angenommen nun, es sei möglich, ein Signal nach seiner Richtung zu bestimmen, so wird
es sich für den Dampfer A (Fig. 33)Royal United Service
Institution, 1884: Collision of ships in
fogs. darum handeln, Stellung und Fahrt eines zweiten
Dampfers B festzustellen, bevor irgend welche
Maassregeln an Bord von A zur Vermeidung eines
Zusammenstosses getroffen werden. Das Feld um A ist
deshalb in Striche eingetheilt, welche in der in Fig. 14 dargestellten
Weise die für die einzuschlagenden Manöver maassgebenden Zonen bestimmen. Es kann
danach ein Signal
1) Gerade vorn,
2) Vorn, Back- oder Steuerbord,
3) Ankerkrahn, Back- oder Steuerbord,
4) Dwars, Back- oder Steuerbord,
5) Achter
gehört werden, wofür sich kurz folgende Verhaltungsmaassregeln
ergeben.
1) Signal Gerade vorn: In diesem Fall ist ein
Zusammenstoss fast nur dann zu befürchten, wenn die Schiffe AB gerade entgegengesetzten Kurs haben. Man stoppt, ohne die Stellung des
eigenen Schiffes zu verändern, und wartet das zweite Zeichen von B ab. Wird dieses wieder gerade vorn gehört, so stellt
man die Maschine Volldampf zurück, unter Anzeige dieses Manövers mit drei kurzen
Pfiffen. Fällt das zweite Signal dagegen in eine seitliche Zone, so ist eine glatte
Vorbeifahrt von B zu erwarten.
2) Signal Vorn a) Backbord:
Da sich das Schiff A auf Steuerbordseite des
entgegenkommenden Dampfers B befindet, hat A nach den internationalen Vorschriften keine
Steuermanöver auszuführen. Dagegen wird es gemäss Artikel 18 der Vorschriften
stoppen und rückwärts schlagen.
b) Steuerbord: Das Schiff A
hat in diesem Falle gemäss den Vorschriften zu manövriren, wenn Gefahr im Verzug
sein sollte. Beschreibt man (Fig. 34) mit der auf Grund des gehörten Zeichens geschätzten Entfernung
des Schiffes B als Radius einen Kreis, so wird man, je
nachdem in welchen Richtungen die weiteren Signale gehört werden, feststellen
können, ob sich das Schiff B in der Tangente xy, oder in dem Felde ABy
oder in dem durch die Schenkel AB – Bx bestimmten
bewegt. Die beiden ersteren Fälle würden eine Collision nicht ergeben, also ein
Manöver auf A nicht erforderlich machen. In dem
letzteren Fall, in dem das Schiff B im Felde ABx läuft, wird man stoppen und rückwärts schlagen, bis
das Schiff A still steht. Alsdann bleibt nur die
Möglichkeit, dass A nur dann getroffen wird, wenn B gerade in dem kleinen Winkel c B d fährt. Dreht man nach dem Stoppen den Bug noch gegen B, was sich leicht bewerkstelligen lässt, da nur ein
Kurswechsel von zwei Strich stattzufinden hat, so wird offenbar die Gefahr des
Zusammenstossens auf ein Minimum reducirt.
Textabbildung Bd. 298, S. 125
Signalstellungen.
3) Signal über dem Ankerkrahn a) Backbord: Die Möglichkeit einer Collision ist offenbar vorhanden, wenn das
entgegenkommende Schiff B einen solchen Kurs einhält,
dass es das Signal von A auf Steuerbord hört. Würde
nicht, wie angenommen, Nebelwetter herrschen, sondern jedes der Schiffe den Kurs des
anderen genau übersehen können, so müsste Dampfer B den
Dampfer A vorbeilassen, weil ersterer den letzteren auf
Steuerbord gesichtet hat; A könnte also seinen Kurs
beibehalten. Mangels einer Vorschrift aber, welche bestimmt, dass A den Kurs von B rasch
kreuzen soll, muss A sofort stoppen und sodann langsam
vorwärts fahren, ohne eigene Kursänderung, bis B achter
gehört wird. Behält B vorschriftswidrig seinen Kurs so
bei, dass es A vorn zu passiren strebt, so wird das
Signal von B bald „vorn“ gehört und man hat auf
A wie unter la angegeben zu verfahren.
b) Steuerbord: Hier liegen die Verhältnisse analog den
unter 2b vermerkten; man wird sich demnach auch ebenso zu verhalten haben und nur
die Manöver rascher zu bewerkstelligen trachten, da die gefährliche Zone grösser
ist.
4) Signal Dwars: Der Dampfer A wird in diesem Falle nur dann einen Zusammenstoss befürchten müssen,
wenn der Weg des Dampfers B als in das Dreieck xAB (Fig. 35) fallend erkannt
wird, und deshalb seine Fahrt thunlichst beschleunigen, vielleicht auch nach der
Richtung abfallen, welche entgegengesetzt zu derjenigen ist, in welcher B gehört wird.
5) Signal Achter: Es bleibt hier folgerichtig
Vorwärtsfahrt mit Volldampf.
Einfacher liegen die Verhältnisse, wenn ein Dampfer einem Segelschiff begegnet, in
welchem Falle die internationale Verordnung dem ersteren die Ausführung der Manöver
anweist. Der Segler hat vorschriftsmässig seine Halsen durch die Anzahl der
Hornstösse anzuzeigen, so dass der Kurs nach der Windrichtung bestimmt werden kann.
Da nun der Wind während eines Nebels stets schwach ist, wird ein Dampfer einen
Segler stets umfahren können. Jedenfalls ist eine Collision nicht zu befürchten,
wenn der Dampfer im Luv vom Segler ist; ein Manöver wird nur erforderlich, wenn
ersterer sich in Lee von letzterem befindet.