Titel: | Sicherheitssignalwesen auf See. |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 97 |
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Sicherheitssignalwesen auf See.
(Fortsetzung des Berichtes S. 73 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Sicherheitssignalwesen auf See.
2) Fahrtsignale.
Bei Begegnung zweier Fahrzeuge wird an die Schiffsführung zweifellos in den meisten
Fällen eine grössere Anforderung bezüglich Geschick und Geistesgegenwart gestellt,
als solche lediglich für Beachtung der Seezeichen nothwendig sind. Es steht auch
fest, dass gerade die Erkennung des Kurses des einen Schiffes der Leitung des
anderen in den entscheidensten Fällen schwer fällt, ja unmöglich wird. Und man muss
leider sagen, dass die Frage nach einem in praktischen Grenzen nicht versagenden
selbsthätigen Verständigungsmittel bis zum heutigen Tage eine offene geblieben
ist.
Bei hellem, klarem Wetter macht es ja keine Mühe, den Lauf eines Schiffes schon von
Weitem zu beobachten und danach die eigenen Manöver einzurichten. Hier wird die
Befolgung der Kapitalregeln der Steuermannskunst – nämlich dass die Steuerbordseite
die Ehrenseite, rechts gesichtete Dampfer also Strassenrecht haben, und dass man nie
ein Schiff vor dem Bug passiren soll, wenn man seiner Nähe nicht gewiss ist – zu
einer sicheren Navigation führen. Die deutsche Verordnung zur Verhütung des
Zusammenstossens der Schiffe auf See stellt es deshalb den Schiffen frei, die
vorschriftsmässigen Kurse noch mit der Dampfpfeife anzugeben, in welchem Falle
bedeuten soll: ein kurzer Ton: „ich richte meinen Kurs nach Steuerbord“, zwei
kurze Töne: „ich richte meinen Kurs nach Backbord“, drei kurze Töne: „ich
gehe mit voller Kraft zurück“. Die Anwendung dieser Signale macht jedoch die
Einhaltung der entsprechenden Manöver zur Pflicht. Es sind dies offenbar Warnsignale, welche eine Absicht ausdrücken, und wenn
auch keine eigentliche Ruderverstellung erfolgt, so lässt sich doch bemerkbar
machen, dass man nicht nach Backbord oder nicht nach Steuerbord fährt. Die Board of Trade-Committee hat dementsprechend die
Warnsignale auf zwei Fülle reducirt, nämlich für die Wendung nach Steuerbord und für
diejenige nach Backbord.
Verwickelter ist die Sachlage, wenn der nächtliche Schleier den Bootskörper verdeckt
und man seine Fahrt begegnenden Fahrzeugen mit besonderen optischen Mitteln
kenntlich machen muss, als welche die Positionslichter allgemein Verwendung finden.
Hierüber bestimmt Artikel 3 der Verordnung vom 7. Januar 1880 Folgendes:
Ein Dampfschiff muss, wenn es in Fahrt ist, führen:
a) an oder vor dem Fockmast, in einer Höhe von nicht weniger als 6 m über dem
Schiffsrumpf, und, wenn die Breite des Schiffes 6 m übersteigt, dann in einer Höhe
von nicht weniger als der Schiffsbreite über dem Schiffsrumpf, ein helles
weisses Licht, so eingerichtet und angebracht, dass es ein gleich massiges und
ununterbrochenes Licht über einen Bogen des Horizonts von 20 Compassstrichen wirft,
und zwar zehn Strich nach jeder Seite, von recht voraus bis zu zwei Strich hinter
die Richtung quer ab (zwei Strich achterlicher als dwars) auf jeder Seite, und von
solcher Lichtstärke, dass es in dunkler Nacht bei klarer Luft auf eine Entfernung
von mindestens fünf Seemeilen sichtbar ist;
b) an der Steuerbordseite ein grünes Licht, so eingerichtet und angebracht, dass es
ein gleichmässiges und ununterbrochenes Licht über einen Bogen des Horizonts von
zehn Compasstrichen wirft, und zwar von recht voraus bis zu zwei Strich hinter die
Richtung quer ab (zwei Strich achterlicher als dwars) an Steuerbord, und von solcher
Lichtstärke, dass es in dunkler Nacht bei klarer Luft auf eine Entfernung von
mindestens zwei Seemeilen sichtbar ist;
c) an der Backbordseite ein rothes Licht, so eingerichtet und angebracht, dass es ein
gleichmässiges und ununterbrochenes Licht über einen Bogen des Horizonts von zehn
Compasstrichen wirft, und zwar von recht voraus bis zu zwei Strich hinter die
Richtung quer ab (zwei Strich achterlicher als dwars) an Backbord, und von solcher
Lichtstärke, dass es in dunkler Nacht bei klarer Luft auf eine Entfernung von
mindestens zwei Seemeilen sichtbar ist;
d) die Laternen dieser grünen und rothen Seitenlichter müssen an der Binnenbordseite
mit Schirmen versehen sein, welche mindestens 1 m vor dem Lichte vorausragen, und
zwar derart, dass die Lichter nicht über den Bug hinweg von der anderen Seite her
gesehen werden können.
Für Segelschiffe fällt das weisse Licht fort. Zieht man nun in Betracht, dass ein
Dampfschiff einem Segler auszuweichen hat, und alle an Steuerbordseite gesichteten
Dampfer Strassenrecht besitzen, so ergibt sich zunächst die anscheinend leichte
Regel: „Gleiche Lichter an einander gebracht, führen frei vorbei.“ Bei
Uebertragung der Vorschrift in die Praxis ergeben sich jedoch Unbestimmtheiten,
welche, abgesehen vom System, genaue Schätzungen der Stellung eines Schiffes von
vornherein ausschliessen. Für das Topplicht ist ja zwar die Lage annähernd
festgesetzt, nicht aber für die Positionslichter, denen die ganzen Seiten von vorn
nach hinten frei stehen. Bemerkens werth erscheint hier die vom italienischen
Capitän N. CanevaroRivista marittima, Januar 1879. zur
Erreichung der Einheitlichkeit gemachte, aber nicht genügend beachtete Angabe, dass
Topp- und Seitenlichter in einer zur Kielrichtung
senkrechten Verticalebene und ausserdem in den drei Spitzen eines gleichseitigen
Dreiecks anzubringen sind. Das geübte Seemannsauge wird dann leicht von dem
Verhältniss der Höhe des Topplichtes zu dem Abstande des gesichteten Seitenlichtes
von der Senkrechten durch das Topplicht auf die Lage des gesichteten Fahrzeugs
schliessen.
Gibt auch die Aufstellung abgeblendeter farbiger Seitenlichter im Verein mit dem
weissen Focklicht die Möglichkeit, den Kurs eines gesichteten Dampfers annähernd
abzuwägen, so wird diese offenbar nahezu behoben, wenn das eine Bordlicht
verschwindet, da das übrig bleibende nur anzugeben vermag, nach welcher Seite, ob
rechts oder links von der Peilungslinie (Verbindungslinie zwischen gesehenem Dampfer
und Beobachter), der Kurs des betreffenden Dampfers abfällt; ersterer selbst wird
unbemerkt vom Beobachter innerhalb eines Winkels von etwa 110° schwanken können.
Zweifelsohne ist dies ein Mangel des herrschenden Systems, dem abzuhelfen dringend
geboten und für welches mancher praktisch durchführbare Ersatz entwickelt worden
ist.
Textabbildung Bd. 298, S. 98
Hopfgartner's Signallicht.
Einfach würde sich die Anordnung von F. HopfgartnerMitth. Seew., 1881
S. 275. durchführen lassen, ohne dass wesentliche Aenderungen im
gegenwärtigen Verfahren erforderlich würden. Nach Hopfgartner werden die beiden Seitenlichter in dieselbe Horizontalebene
mit dem Focklicht gesetzt (Fig. 20) und zwar so, dass die drei Lichter ein gleichschenkliges Dreieck
bilden, dessen Spitze dem Bug zugekehrt ist. Dabei wird zu beachten sein, dass die
Lichter in ihrer ganzen Wirkungssphäre nicht vom Segel werk, der Takelung, dem
Schornstein u.s.w. beeinträchtigt werden. Es ist dies beispielsweise zu
bewerkstelligen, wenn das weisse Licht am Vormars oder Vorstängestag in Höhe der
Fockrahe gehisst wird und die farbigen Positionslichter auf der Fockrahe selbst oder
einem entsprechenden Ersatz ihren Platz erhalten. Der Scheitelwinkel des von den
drei Lichtern gebildeten Dreiecks soll zweckmässig 67½° betragen und jedes der
farbigen Lichter noch um 34° über den Bug hinaus nach der anderen Seite leuchten.
Unter diesen Bedingungen ergeben sich Stellungen der Lichter zu einander, welche die
hauptsächlichsten Kurse sehr scharf markiren. Nach Stellung (Fig. 20) befindet sich
der Schiffslauf offenbar in der Peillinie; decken sich Roth und Weiss (Fig. 21), so fällt das
gesichtete Schiff unter 33¾° (drei Strich) zur Peillinie nach Backbord ab. Aber auch
Schiffsstellungen, bei denen bisher nur ein farbiges Licht zu erblicken möglieb,
würden geschätzt werden können. Beispielsweise ergibt das scheinbare Verhältniss der
Strecken Weiss-Roth zu Weiss-Grün (= 1 : 8) (Fig. 22), dass das
begegnende Schiff unter 56 V zur Peillinie läuft.
Das Erkennen der Kursrichtung des gesichteten Schiffes soll ebenfalls durch das von
J. Schellander vorgeschlagene Buglicht wesentlich
erleichtert werden, dessen Princip darin besteht, dass vom Bug zwei Strich
sowohl nach Steuerbord als auch nach Backbord weiss, die übrigen acht Striche
dagegen grün bezieh. roth beleuchtet sind. Danach hat die gleichem Zwecke dienende
Jacob Holm'sche Laterne eine erheblich andere und
wirksamere Einrichtung, welche im Allgemeinen in Fig.
23 dargestellt ist.
Textabbildung Bd. 298, S. 98
Fig. 23.Holm'sche Laterne.
Der üblichen Topplaterne ähnlich, besitzt sie nach den Seiten, nach welchen die
Flamme f die Lichtstrahlen werfen soll, runde oder
prismatische Seitenwände, während sie nach hinten durch eine Blechwand a abgedeckt ist. Radial gestellte und bis dicht zur
Flamme reichende Scheidewände s theilen das Innere der
Laterne in fünf Felder, von denen das mittlere durch einen Blechschirm m abgeblendet ist, während die Felder w mit weissem, das Feld r
mit rothem und g mit grünem Glase versehen sind. Die
Laterne wird, mit der Rückwand a nach hinten und der
Blechwand m gerade nach vorn gekehrt, einige Fuss unter
die vorgeschriebene Topplaterne gehängt. Die Grösse des von dem Blechschirm m überdeckten Bogens wird so bemessen, dass man die
Laterne bei Fahrt gerade aus überhaupt nicht gewahrt, und erst nach gewisser Drehung
des gesichteten Dampfers, bei welcher das eine oder das andere Seitenlicht
verschwindet, das entsprechende farbige Licht r oder
g vom Holm'schen
Apparate erscheint, das seinerseits nach weiterer Wendung des Dampfers, also wenn
dieser dem Beobachter seine Breitseite zuzuwenden beginnt, eines der weissen Lichter
w zu erkennen gibt.
Textabbildung Bd. 298, S. 98
Fig. 24.Laternenanordnung von Marquardt.
Friedrich Marquardt in Soest hat folgende
Laternenanordnung vorgeschlagen, welche es ermöglichen soll, dass zwei sich
begegnende Schiffe nach der kürzeren Strecke ausweichen (Fig. 24). Vorn im Schiff ist auf einem etwa 1 m über Bord ragenden
Stempel die Laterne L aufgehängt, deren farbige Lichter
co und oc durch eine
bei 0,13 m Scheibenbreite etwa 0,78 m lange Scheidewand a getrennt werden, während seitliche, verschiebbare Blenden b die Leuchtfelder der Laternen nach Bedarf begrenzen,
wie aus der Skizze ersichtlich ist. Hier ist angenommen, dass zwei Schiffe sich in
grosser Nähe zur rechten Hand begegnen, so dass beide Roth sehen und nach links
ausweichen.
Es erinnert diese Ausführung an den Artikel 9 des britischen Reglements vom Jahre
1863, welcher dem Artikel 7 der deutschen Verordnung vom 7. Januar 1880 entspricht
und lautet:
„Offene Fischerboote und andere offene Boote brauchen keine Seitenlichter wie
andere Schiffe zu führen, doch müssen sie für den Fall, dass sie solche Lichter
nicht besitzen, eine Laterne führen, welche auf der einen Seite einen grünen,
auf der anderen Seite einen rothen Schieber hat.
„Bei Annäherung anderer Schiffe hat diese Laterne zu rechter Zeit ausgesetzt zu
werden, um Zusammenstoss zu verhindern, und zwar derart, dass das grüne Licht
nicht an der Backbordseite und das rothe Licht nicht an der Steuerbordseite
gesehen werden kann....“
Die steten Veränderungen unterworfene Lage der Seitenlichter zum Focklicht erklärt
die Schwierigkeit, aus den Lichtern den Kurs eines Schiffes abzuleiten. Erschwerend
tritt noch der Umstand zu, dass die Aufstellung der Seitenlichter nicht auf allen
Schiffen gleichmässig erfolgt; während beispielsweise die Engländer die Lichter vor
dem Fockmast aufstellen, bringen sie Packetschiffe mittschiffs, andere wieder
(Franzosen) sehr weit achter an. Aber selbst, wenn eine kaum schwer zu erlangende
Einheitlichkeit in dieser Hinsicht zu erzielen sein würde, müssen diejenigen
Vorsichtsmaassregeln beim Steuern zur Vermeidung von Schiffszusammenstössen
praktisch gerade in den entscheidenden Momenten als wenig zuverlässig angesehen
werden, welche aus der Stellung der Positionslichter zu einander abgeleitet worden
sind.
Sicherer erscheinen demgegenüber Steuerregeln, welche von der gemeinschaftlichen
Peilung ausgehen, wenn auch hier die erwünschte Einfachheit nicht geboten ist,
abgesehen davon, dass bei Ausübung der Peilung meist ohne stichhaltigen Grund ein
erhebliches Abweichen vom Kurs herbeigeführt wird.
Der französische Marineofficier Jules Vavin hatte
deshalb seiner Zeit vorgeschlagenRevue maritime et coloniale, October
1873., vor dem Bug eines jeden Schiffes durch geeignete Laternen eine
sogen. „gefährliche Zone“ zu markiren, welche zu meiden das gefährdete Schiff
trachten müsste. Es ist auch ersichtlich, dass der Zweck erreicht würde, wenn die
Zone sich auch nur je einen Strich zu jeder Seite des Bugs erstrecken würde. Die
Erhellung des Kielwassers in ähnlicher Weise müsste ein Schiff auch gegen
Ueberlaufenwerden sichern.
Textabbildung Bd. 298, S. 99
Fig. 25.Viscovich's Schiffspositionslichter.
Den Gedanken der Zonenbildung vor dem Schiff hat 1886 Capitän Conte F. ViscovichMitth. Seew., 1887 S. 104. weiter
ausgebildet. Sein System von Schiffspositionslichtern würde die bestehenden
internationalen Ausweichregeln in keiner Weise berühren, dagegen Fahrtrichtung und
Kursänderung eines begegnenden Schiffes in praktisch ausreichender Weise derart
bezeichnen, dass der wachthabende Officier feststellen kann, ob er sich in der 1)
sehr gefährlichen, 2) gefährlichen, 3) minder gefährlichen oder 4) gefahrlosen Zone
befindet. Viscovich setzt 1 m über jedes farbige Licht
ab ein weisses cd,
welches ein Feld von 67° bestreicht (Fig. 25), so
zwar, dass die Strahlen des Steuerbordlichtes um 22° auf Backbord-Bugseite und die
des Backbordlichtes um ebenso viel auf Steuerbordseite fallen, d.h. die Lichtfelder
sich an dieser Stelle überdecken. Die Maximalentfernung der weissen Laternen cd über Wasser soll 5 m betragen. Es ergeben sich nun
folgende vier Fälle:
1) Vier Lichter – zwei weisse, ein rothes, ein grünes – die Schiffe fahren
direct gegen einander – sehr gefährliche Zone.
2) Drei Lichter – zwei weisse, ein farbiges – Kurse der Schiffe schneiden sich unter
einem Winkel von 0 bis 22° – gefährliche Zone.
3) Zwei Lichter – ein weisses, ein farbiges – Kurse der Schiffe schneiden sich unter
einem Winkel von 22 bis 45° – minder gefährliche Zone.
4) Ein Licht – ein farbiges – Kurse der Schiffe schneiden sich unter einem Winkel von
mehr als 45° – gefahrlose Zone.
Textabbildung Bd. 298, S. 99
Fig. 26.Buglicht der Board of Trade.
Auch in der letzten Washingtoner maritimen Conferenz wurde die Frage eingehend
erörtert, ob es nicht besser wäre, die Lichter vor dem Bug sich kreuzen zu lassen,
d.h. die inneren Blendschirme nicht so anzuordnen, dass man jedes Licht vorn nur bis
zum Bug hin sehen könnte, sondern so, dass die Strahlen des einen Seitenlichtes noch
über den Bug auf die andere Seite des Schiffes fielen. Der deutsche Abgeordnete,
Capitän MensingHansa, 1894 S. 91., hatte ½ Strich
in Vorschlag gebracht und damit wohl das ganze Kreuzungsfeld zu beiden Seiten der
Schiffslängsachse gemeint. Allerdings ist dieser Vorschlag von der Conferenz dahin
aufgefasst worden, dass diese Grösse als Winkel zwischen Kiel und den Strahlen eines
Lichtes gelten solle. Die Board of Trade setzt nun 1/1 Strich (2,8°)
für den letzteren Winkel fest; es ist dies vollständig ausreichend, während ½ Strich
für ein halbes Feld zweifellos zu gross ist. Nimmt man einen Winkel von 4° für den
Ausschlag nach einer Seite an (Fig. 26), so kreuzen
sich die Strahlen bei einer Schiffsbreite von 10 m in einer Entfernung von 70 m vor
den Lichtern und es ergibt sich auf 1 Seemeile Entfernung vom Kreuzungspunkt ein
Sector von 2 × 130 = 260 m für das von beiden Lichtern bestrichene Feld. Bei einer
Wahl von 2° wird dieser Sector auf 130 m, also eine ausreichende Grösse ermässigt,
dagegen allerdings der Kreuzungspunkt auf 140 m vor die Lichter verschoben. Eine
weitere Verkleinerung des Winkels müsste vermieden werden, da sonst der Bug wieder
auf zu weite Entfernung hin verdunkelt würde. Trotzdem wurde noch neuerdings in
englischen Schifffahrtskammern der Wunsch nach kleinerem Winkel als 2° geäussert, um
eine Uebereinstimmung mit Tagessignalen zu erzielen.
Ein allgemeines Vorgehen in dem oben entwickelten Sinne ist aber bis heute nicht
eingetreten, man ist vielmehr bei dem ursprünglichen, nicht ausreichenden System
stehen geblieben. Auch die neuesten Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd in Bremen und der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft führen die
Positionslichter am Ende der Back zu beiden Seiten. Die Laternen sind in festen
eisernen Leuchtthürmen untergebracht, zu denen man von den darunter liegenden
Laternenkammern gelangt. Ebenso ist für die Topplaterne oben am Mast ein festes eisernes Gehäuse
vorgesehen nach oben geführte Leitungen ermöglichen den Ersatz untauglich gewordener
Lampen. Zu einer Garnitur gehören drei Satz von der Seewarte in Hamburg geprüfter
Positionslaternen, von denen ein Satz nur in den festen Thürmen zu verwendende
Apparate für elektrische Beleuchtung eingerichtet sind. Die Topplaternen mit
elektrischem Licht zu speisen, hat sich als eine Nothwendigkeit herausgebildet, weil
mit der rasch gewachsenen Geschwindigkeit auch die Lichtweite hat im Schritt
gehalten werden müssen. Es bleibt ja zu berücksichtigen, dass eine Wegstrecke von 1
Seemeile, d. i. von ¼ deutschen Meile, in etwa 3 Minuten zurückgelegt wird.
Die Stärke der Signallichter ist naturgemäss so zu
bemessen, dass deren Wirkung eine rechtzeitige ist. Zwei einander begegnende
Schnelldampfer müssen ihre gegenseitige Lage auf so weite Entfernungen zu erkennen
vermögen, dass jedes Ausweichmanöver noch bequem und sicher ausgeführt werden kann.
Für die Leuchtweite ist nicht allein die Stärke der Lichtquelle, sondern auch die
scheinbare Farbe des Lichtes wesentlich, da gerade die letztere die Sichtbarkeit
beeinflusst. Wir haben es hier mit weissem, grünem und rothem Licht zu thun. Nach
Prof. Weber's (Kiel) im J. 1891 durchgeführten
Versuchen soll als zulässiges Minimum gelten: für vveisses Topplicht 20 Kerzen, für
grünes Licht 25 und für rothes 15 Kerzen. Im Nebel erscheint bekanntlich das Roth
noch röther, weil rothe Lichtstrahlen nicht absorbirt werden. Das Grün dagegen,
welches Spuren von Roth und Gelb enthält, wird gelblich, weil nach Absorption der
blauen Strahlen die nach dem Roth zu liegenden hervortreten, wie ja auch das weisse
Licht im Nebel sich röthet. Es wird deshalb nicht erforderlich sein, die rein rothen
Laternen nach ihrer Farben Wirkung zu prüfen, wohl aber ist man hierzu in Bezug auf
die grünen gezwungen. Um Verwechselungen des grünen Seitenlichtes mit dem weissen
Topplicht oder gar mit der rothen Positionslaterne zu verhindern, wird man ein Grün
wählen, dessen Strahlen im Spectrum thunlichst weit ab von den rothen Linien des
letzteren liegen. Doch ist auch hierin eine Grenze gezogen, weil durch die starke
Aufsaugung der Strahlen im Nebel die Sichtweite an sich beeinträchtigt würde. Weber will das Spectrum des Steuerbordlichtes nur bis
zur gelben Natriumlinie des Sonnenspectrums (Wellenlänge 0,000589 mm) zulassen. Um
die Farben sehr lebhaft zu machen, hatte der im Dienste des Königs von Siam stehende
hydrographische Capitän Loftus für die Laternen
zusammengesetzte Linsen benutzt, welche aus zwei Lagen 6,5 mm dicker Glasplatten
bestanden; zwischen letzteren war entsprechend gefärbtes Glycerin eingefüllt. Diese
unter dem Namen Loftus' patent glycerine-lens ship sidelights eingeführten Laternen
wurden 1891 in Shoeburyness Versuchen unterzogen; man fand Sichtweite der grünen
Laterne zu 5486 m, die der rothen zu 8230 m.
Erst kürzlich sind die Resultate anderer, für die Installation der Signallaternen
wichtiger Experimente allgemein bekannt geworden. So wurden 1890 von deutscher Seite
3000 an Bord befindliche Lichter, von denen beiläufig etwa zwei Drittel als
mangelhaft bezeichnet werden mussten, auf ihre Leistungen geprüft, wobei sich ergab,
dass 1 Kerze weissen Lichtes bei dunkler klarer Nacht im Mittel 1,4 Seemeilen, bei
regnerischem Wetter aber 1 Seemeile sichtbar war. Der International Maritime
Congress stellte 1889 fest, dass bei sehr klarem Wetter ein Licht von 1 Kerze
gut auf 1 Seemeile, das von 3 Kerzen ebenso auf 2 Seemeilen wahrnehmbar wäre; 10
Kerzen konnten mit gewöhnlichem Glas 4 Seemeilen und 29 Kerzen schwach, 33 Kerzen
dagegen ohne Schwierigkeit 5 Seemeilen gesehen werden. An einem anderen
ausnahmsweise klaren Abend waren
3,2
Kerzen
auf
3
Seemeilen,
5,6
„
„
4
„
17,2
„
„
5
„
kenntlich. Demgegenüber stehen aber wieder die Angaben der
holländischen Regierung, welche durch ihre Amsterdamer Experimente Sichtweiten für
weisses Licht bei 1 Kerze zu 1 Seemeile, bei 3,5 Kerzen zu 2 Seemeilen und bei 16
Kerzen zu 5 Seemeilen, für grüne jedoch bei 1 Kerze zu 0,8 Seemeilen gelangt war. Um
das grüne Licht auf 1 bezieh. 2, 3, 4 Seemeilen wirksam zu machen, musste man mit
Lichtstärken von 2 bezieh. 15, 51, 106 Kerzen arbeiten. Es ist hieraus für das Grün
eine sehr rasche Abnahme abzuleiten, welche sich noch mehr bei Regenwetter bemerkbar
macht, an dem Weiss noch sehr wenig verliert. Wichtig ist deshalb, für das Glas eine
Farbe zu wählen, welche der Intensität des Lichtes so wenig wie möglich Abbruch
thut; empfohlen wird hierzu ein klares Blaugrün. Dagegen werden Gelbgrün und
Grasgrün schon auf kurze Entfernung von Weiss nicht unterscheidbar. Dem rothen
Backbordlicht sind allerdings weitere Grenzen gezogen, wenn auch ein intensives
Kupferroth am geeignetsten befunden worden ist.
Die Positionslichter sollen es ermöglichen, Lage und Kurs eines gesichteten Schiffes
festzustellen. Dass dies bei dem herrschenden Signalsystem in wenig genauer Weise
möglich ist, steht ausser Zweifel. Nur ganz annähernd lässt sich aus dem scheinbaren
Abstand der beiden Lichter bezieh. aus der Aenderung derselben der Weg eines
Dampfers annehmen. Jedoch auch diese Möglichkeit entfällt in dem Augenblick, in dem
nur ein Seitenlicht sich dem Beobachter zeigt. Das Ausweichen der Schiffe bestimmt
die bereits citirte Verordnung zur Verhütung des Zusammenstossens der Schiffe auf
See vom 7. Januar 1880; aus dieser ergibt sich im Grossen und Ganzen, dass dem auf
Steuerbordseite gesichteten Dampfer das Strassenrecht zukommt, dass der
manövrirfähigere Dampfer dem vom Winde abhängigen Segelboot gegenüber die geeigneten
Maassregeln zu ergreifen hat; vorausgesetzt wird aber immer, dass die üblichen
Positionslaternen für die Bestimmung des Kurses ausreichend seien. Man verlässt sich
hier immerhin einer gewissen Uebung der Schiffsleitung, welche jedoch oft in
entscheidenden Fällen dank der Unvollkommenheit des jetzigen Systems versagt
hat.
(Schluss folgt.)