Titel: | Sicherheitssignalwesen auf See. |
Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 73 |
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Sicherheitssignalwesen auf See.
(Fortsetzung des Berichtes S. 49 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Sicherheitssignalwesen auf See.
Die wichtigste und am meisten ausgebildete Kategorie der Seezeichen bilden die
Leuchtthürme,
welche nach ihrer Höhe und Position zumeist so angelegt
werden, dass sie einen möglichst grossen Wirkungskreis haben. Von Leuchtthürmen
erzählt die Geschichte aller seefahrenden Völker; wo aber früher offene Feuer unter
dem Einflüsse der Witterung nur unzuverlässige Merkzeichen abgaben, stehen heute
technisch durchgebildete Systeme, deren Mannigfaltigkeit schon durch den praktischen
Anspruch bedingt wird, dass man an dem Leuchtthurme nicht allein die Warnung,
sondern auch den Ort ablesen könne, an dem ersterer sich befindet.
Form und Material der Thürme sind an keine Regeln gebunden, da die
Zweckmässigkeitsgründe hierin einen weiten Spielraum erheischen. Wenn das Bauwerk
die Aufgabe erfüllt, dem Seemann in unzweideutiger Weise den Weg anzugeben, so
setzen sich die anderen bei dem Entwürfe mitsprechenden Momente aus den Kosten, der
Bodenbeschaffenheit und Widerstandsfähigkeit gegen Wind und Seegang zusammen. Ob der
Thurm auf dem Festlande oder weit in See, ob auf Sand oder Felsen gegründet wird,-
sind weiter Ueberlegungen, welche von Fall zu Fall neue Resultate ergeben. Zwei
Beispiele von der deutschen Küste mögen deshalb zur allgemeinen Orientirung
genügen.
Textabbildung Bd. 298, S. 73
Fig. 12.Leuchtthurm Rothersand.
Am 1. November 1885 ist der in Fachkreisen durch seine anfangs unglückliche
Baugeschichte berühmt gewordene Leuchtthurm Rothersand
in der Nordsee durch die Actiengesellschaft Harkort in
Duisburg a. Rh. fertiggestellt worden. Er hat die Bestimmung, die Fahrstrasse in den
Mündungen der Elbe und der Weser zu bezeichnen. Bekanntlich wurde die erste, von
anderer Seite vorgenommene Gründung durch die Gewalt des Meeres zerstört; aber auch
das vorhandene Werk hat seine Vollendung nur dem zielbewussten entschiedenen
Vorgehen erfahrener Männer zu. verdanken. Ebbe und Fluth, Wind und Wetter hatten
lediglich zeitweises Arbeiten zugelassen, das erst nach etwa 3 Jahren zum Ziele
geführt hat. Von aussen (Fig. 12) kennzeichnet sich
der Leuchtthurm als ein statisch richtiges, sicheres Bauwerk, welches von den die
verschiedenen Feuer enthaltenden Erkern bekrönt wird. Der schwarz gefärbte, 8 m
hohe Sockel und darüber die abwechselnd weiss und roth angestrichenen, 4,3 m hohen
Etagen machen ihn bei Tage schon auf 12 Seemeilen Entfernung sichtbar. Die innere
Einrichtung ist deutlich aus der Schnittzeichnung (Fig. 13 und 14) ersichtlich. Danach
reicht der Sockel 22 m unter Niederwasser, in den rothen Sand allein 12 m; er ist
mit Beton ausgefüllt und massiv ausgemauert. Auch der Keller ist ausgemauert und mit
feuersicherer Decke versehen. Darüber befinden sich das Magazin, die Küche, der
Wohnraum und die Leuchtapparate. Die Gesammthöhe einschliesslich der Signalstange
beträgt über Niederwasser 34,5 m; die Sturmfluth bleibt noch 2,60 m unter dem
Kellerboden; freilich reichen anprallende Seen bis auf mehr als 20 m hinauf. Wie der
Grundriss (Fig. 14)
angibt, besitzt der Rothersand-Leuchtthurm drei feste Feuer und drei Blitzfeuer. Das
nordöstliche feste Feuer (V. Ordnung), 26 m über Niederwasser, beleuchtet den Winkel
zwischen Helgoland und Elbemündung (vgl. Dispositionszeichnung Fig. 15), während je ein festes und ein
Doppelblitzlicht die Wesereinfahrt beherrschen bezieh. nach der offenen See ihre
Strahlen werfen. Auf dem Bogen nach Südwest zwischen beiden arbeitet das einfache
Blitzfeuer. Das Hauptfeuer (IV. Ordnung), 26,9 m über Niederwasser angebracht, weist
den ankommenden Schiffen zunächst den Weg nach dem Thurme und dort angelangt die
veränderte Richtung, welche sie durch das engbegrenzte Fahrwasser nach dem
Hoheweg-Leuchtthurme einschlagen müssen. Diese Richtungslinien werden durch feste
Feuer markirt, von denen das seewärts zeigende einen Winkel von 7°, das in die Weser
hineinstrahlende aber einen solchen von 3,5° umfasst. Jedes Abweichen von der
Richtung führt entweder in das einfache oder in das doppelte Blitzfeuer. Zur
Kenntlichmachung der Nähe des Thurmes und damit der Stelle, an welcher aus dem einen
festen Feuerstrahl in den anderen übergelenkt werden muss, ist 5 m tiefer in jedem
der beiden Auslugerker ein Feuer VI. Ordnung angebracht. Diese Feuer sind so
schwach, dass sie mit blossem Auge nur auf 2,5 Seemeilen vom Thurm als selbständige
Feuer erkannt werden können, im weiteren Abstande jedoch mit den Hauptfeuern eine
Lichtquelle zu bilden scheinen. Zur Signalabgabe bei Nebelwetter dient eine auf der
Südseite aufgehängte Glocke.
Ein wesentlich anderes Gepräge trägt der von der Gutehoffnungshütte (Oberhausen II., Rheinland) im J. 1889 ausgeführte Leuchtthurm bei Campen
(Fig. 16). Dieser ist bekanntlich dem Bedürfnisse
nach einer sicheren Fahrstrasse zum Emdener Hafen zu verdanken gewesen; gemeinsam
mit ihm wirken die Feuer auf Borkum, Rottum, Pilsum, Watum und Delfzyl. Der Campener
Thurm ist auf einem Grund von 14 m angeschwemmtem Schlick, mit darunter befindlichem
festen Sandboden, aus gewalztem Eisen aufgeführt. In einem mittleren Schacht von 2,5
m Durchmesser und 8 bis 12 mm Stärke der Wände führt eine Wendeltreppe mit 320
Stufen zum Wohnraum, über dem sich der Beleuchtungsraum befindet. Als
Windverstrebungen dienen drei Ecksäulen. Auf der obersten Gallerie ist ein etwa 12
qm grosses weitmaschiges Netz ausgespannt, welches verhindert, dass die vom Licht
geblendeten Vögel gegen die Glasscheiben stossen. Die ganze Höhe des Bauwerks
beträgt 66 m und das Gesammtgewicht der Eisenconstructionen 300 000 k. Der Fresnel'sche Beleuchtungsapparat entwickelt als Feuer
I. Grösse 6500 Normalkerzen und ist auf eine Entfernung von 20 Seemeilen wirksam.
Das Licht zerfällt in feste Strahlen, welche den Weg bezeichnen, und seitliche, mit
Otter'schen Blenden erzielte Blinkfeuer, welche das
Abweichen aus dem richtigen Kurs andeuten.
Textabbildung Bd. 298, S. 74
Leuchtthurm Rothersand.
Bei Angabe der Grösse der einzelnen Leuchtfeuer rechnet man mit Bezeichnungen I., II., III.
u.s.w. Ordnung, das sind Angaben, welche auf den Durchmesser der die Lichtquellen
umgebenden optischen Apparate Bezug nehmen. Praktisch ist diese Einrichtung von
untergeordnetem Werthe. In richtiger Würdigung der Sachlage hat deshalb die
britische Admiralität im J. 1894 diese Eintheilung der Feuer fallen lassen und dafür
einen Maasstab gegeben, welcher sich dem Eindruck des Lichtes auf den Seemann
anpasst. Es sind Einheiten zu je 1000 Kerzen mit Bruchtheilen von ½, ¼ und ¾
aufgestellt worden, so dass z.B. 22300 Kerzenstärken 22¾ Einheiten
gleichkommen. Da die Angaben so gemacht werden, wie das Licht sich dem Seemann
darbietet, so ist der Einfluss des Linsenapparates stets mit einbegriffen. Soll mit
der Aenderung der Beschaffenheit der Atmosphäre die Leuchtkraft constant bleiben, so
muss offenbar die Lichtstärke entsprechend variirt werden. Bei Uebergang von klarem
zum Nebelwetter müsste man beispielsweise ein Feuer von 40 auf 150 Einheiten
bringen.
Als Mittel zur Erzeugung des Lichtes benutzt man seit
langem und auch jetzt noch in den weitaus meisten Fällen das Erdöl, welches sich leicht fortschaffen und aufspeichern lässt;
insbesondere verlorene, nur zeitweise zugängliche Posten sind auf diesen Brennstoff
fast angewiesen. Allerdings erfordert die Erdöllampe der Bedienung, und wenn auch
diese nur periodisch zu erfolgen braucht, so bannt meist die Situation den Wärter
dauernd auf den einsamen Thurm. Indessen ist es neuerdings anscheinend geglückt,
Lampen einzuführen, welche durch 2 Monate ohne jegliche Bedienung brennen. Auf einem
isolirten Felsen an der Garonne-Mündung wurde 1894 ein Leuchtthurm errichtet, dessen
Lampe mit gewöhnlichem Mineralöl gespeist wird und während 2 Monaten aufsichtslos
und exact arbeitet. Der Docht ist dreimal so dick wie der sonst gebräuchlicher
Apparate; aus einer besonderen Masse (meist carbonisirtem Theer) bestehende Kuchen
umlagern den Docht, reinigen diesen, ziehen ihn nach Erforderniss hoch und geben
Sicherheit für gleichmässiges und ununterbrochenes Brennen der mit einem
Glimmercylinder umgebenen Flamme. Einmal in der Stunde fliesst der Lampe aus einem
grossen Reservoir selbsthätig eine Oelmenge von 50 g zu. Der Durchmesser der Laterne
ist 1,4 m gross. Die mit dem ersten Exemplar gemachten Erfahrungen sollen zu der
Absicht geführt haben, mehrere gleiche Anlagen auszuführen.
Textabbildung Bd. 298, S. 75
Fig. 15.Beleuchtungsfeld des Rothersandthurmes.
Es würde wohl auch nur der Kostenpunkt in Frage kommen, wenn man zu einer Gasbeleuchtung der Leuchtthürme übergehen würde. Das
Pintsch'sche Oelgassystem bietet keine technischen
Schwierigkeiten in der Anlage; auch die Betriebskosten dürften nur von Fall zu Fall
entgegenzuhalten sein, selbst wenn Trinity House auf
South-Foreland (1886 und 1891) Oel rationeller als Gas gefunden hat. Thatsächlich
hat Pintsch Leuchtthürme mit seinem System versehen, so
die Anlage auf der Zuydermole auf Hoek van Holland, wo der Gasbehälter auf der Mole
gelagert ist, und diejenige bei Pillau, bei welcher für vier kleine Gasbehälter am
Strande ein kleines Häuschen errichtet ist und das Gas durch eine 1100 m lange
Leitung zum Thurm geleitet wird.
Mit der Vervollkommnung der elektrischen Apparate, der erhöhten Betriebssicherheit
der Maschinen, Leitungen und Bogenlampen hat aber auch die Elektricität einen rasch wachsenden Eingang gefunden, um so mehr, als
gerade das elektrische Bogenlicht eine bisher praktisch nicht erreichte intensive
Lichtquelle mit geringen Kosten zu liefern vermag, und die theils warnenden, theils
wegeweisenden Strahlen der Leuchtfeuer können dem Seemann nicht weit genug
entgegenkommen.
Nach den unter Mitwirkung von Holme und Faraday 1857 und 1858 vom Trinity House angestellten Versuchen installirte England das erste
elektrische Leuchtfeuer 1861 in South-Foreland, sodann eines 1862 zu Dungeness; etwa
2 Jahre später folgte Frankreich mit den Feuern in La Héve und am Cap Grisnez. Der
Eingang des Suezkanals wird bei Port-Said schon seit 1858 elektrisch erleuchtet;
aber auch Russland hat bereits 1866 elektrisches Feuer in Odessa eingerichtet. Die
Thatsache, dass das starke elektrische Licht wegen der Strahlenbrechung am Firmament
weit eher gesichtet werden kann, als das schwächere Oel- oder Gaslicht, hat ebenso
für die Neueinrichtung gesprochen, wie der Umstand, dass dicker Nebel auf eine
doppelt so grosse Entfernung durchdrungen wird, als von den Strahlen der besten
Oel- und Gasflamme, dass ja auch helle Nebelflecke dem Seemann oft von Vortheil
seien. Indessen hatte gerade das niedrig gesetzte Feuer zu Dungeness eine
Schattenseite der intensiven Lichtquelle hervorgekehrt, nämlich die Blendwirkung,
welche die Rückkehr zur Oel- bezieh. Gasbeleuchtung in Dungeness veranlasst hatte,
an hoch gestellten Lichtquellen, wie bei South-Foreland, Lizard oder Souter Point,
dagegen nicht empfunden worden war. Es ist damals schon die bei Anlage eines
elektrischen Signallichtes zu beachtende Erscheinung festgestellt worden, dass man
zwar von innerhalb des Lichtkreises nach aussen alle Vorgänge scharf zu beobachten,
jedoch nichts zu unterscheiden vermag, was sieb zwischen dem Beobachter und dem
Strahlencentrum abspielt.
Textabbildung Bd. 298, S. 75
Fig. 16.Leuchtthurm bei Campen.
Immerhin lauten die Berichte über die in den Jahren 1886 und 1891 bei South-Foreland
erfolgten Versuche dahin, dass das elektrische Licht für den vorliegenden Zweck das
wirksamste sei. Und man geht mit der Intensität des Lichtes rasch weiter. Während
das nackte Leuchtfeuer auf dem 3 Meilen von Havre entfernten Cap La Héve 23000000
Kerzen gibt, wurde 1894 der Plan gefasst, auf Penmarck (Departement Finistère) ein
solches von 46000000 Kerzen einzurichten; man rechnet in diesem Falle auf
Sichtweiten von 248 bezieh. 100 und 40 km und zwar bei besonders klarem bezieh.
normalem oder mistigem Wetter. Ja, Fire Island an der atlantischen Küste soll alles
Dagewesene übertrumpfen, indem man diesen Leuchtthurm auf 240000000 Kerzen complet
bringen will; seine Sichtbarkeit würde sich auf 24 Meilen erstrecken und durch
geeignete Reflectoren, welche das Licht gegen die Wolken zu werfen hätten, auf 100
Meilen erweitert werden. Dahingestellt mag bleiben, ob Nebel noch auf 10 Meilen
durchdrungen werden könnte. Man beabsichtigt, auch den Rothersand-Leuchtthurm vom
Land aus mit elektrischer Energie zu versorgen.
Von anderem künstlichen Licht ist speciell bei Leuchtthürmen keines zur
Verwendung gelangt.
Ein Benzin-Magnesiumlicht führte im J. 1891 Schirm
(Berlin) dem Verein deutscher Schiffer vor. Der Apparat war 2 m hoch und hatte 25 cm
Durchmesser; seine Wirkungsweise bestand darin, dass Luft durch mit Benzin
getränkten Bimsstein und das sich so bildende Benzingas durch feines Magnesiumpulver
hindurchgetrieben wurde; die aus einem Röhrchen aufsteigende Mischung gelangte an
einem Flämmchen zur Entzündung und brannte mit enormer Lichtstärke, wie Schirm behauptete, mit 400000 Kerzen. Für Lichtquellen
von 200000 bis 400000 Kerzen sollten bei jedem Blink nur 4 bis 10 cg, stündlich also
14,4 bis 36 g Magnesiumpulver verbraucht werden. Wie die Fachleute sich lobend über
die Schirm'sche Erfindung ausgesprochen hatten, so
wendete auch seiner Zeit das Trinity House zu London
sein Interesse derselben zu.
Die besten optischen Mittel versagen indessen, wenn dichter Nebel die Lichtstrahlen absorbirt, bevor diese ihre Wirkung zu äussern im
Stande sind, und man ist in diesem Falle auf Schallsignale angewiesen. Mit denselben scheint sich zuerst der Vorsteher
des französischen Leuchtfeuerwesens, Saint-Ange Allard,
im J. 1854 eingehend beschäftigt zu haben. Anfang der 70er Jahre hatte der Präsident
der Leuchtfeuerverwaltung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, Henry, seine Aufmerksamkeit diesem Zweige des
Zeichenwesens zugewendetLighthouse board, 1874.; und seine
Einrichtungen wurden auch von einer Commission des Trinity
House (1872) einer eingehenden Prüfung unterzogen, welche zu den später
noch zu erwähnenden Versuchen des Prof. Tyndall
führten.
Die akustischen Signale sind im Grunde genommen als Warnsignale anzusehen, da man mit
ihrer Hilfe einem Schiff wohl anzugeben vermag, wohin es nicht fahren soll, nämlich
auf den Abgabeort, nicht aber ihm den Weg vorschreiben kann.
Die Glocke ist zweifellos das älteste Schallsignal. Aus
einer alten englischen Aufzeichnung entnehmen wir, dass der Abt von Aberbrothok auf
Inch Cape eine von der See bethätigte Glocke hat anlegen lassen, welche aber von
Seeräubern entwendet wurde. Das Schicksal fügte es, dass das Raubschiff ein Jahr
darauf an der nämlichen Klippe scheiterte. Noch heute sind Glocken auf Leuchtthürmen
selbst neuerer Construction anzutreffen, wenngleich ihr Werth ein untergeordneter
ist. Man gibt wirksamer Signale nicht durch Läuten, sondern durch einfaches
Anschlagen in secundenlangen Intervallen ab. Bei anhaltendem Nebel hat man nur mit
massigen Winden zu rechnen; in diesen Fällen ist die Schallwirkung einer 100 k
schweren Glocke dem Winde entgegen 1200, mit dem Winde 4000 m, und die Anordnung von
Schallreflectoren hat keine Steigerung des Effectes zur Folge, von dem überdies die
nicht unwesentlichen, auf Rechnung des Geräusches auf eigenem Dampfer zu setzenden
Abzüge zu machen sind. Noch weniger können die in türkischen Gewässern zugelassenen
Trommeln und die Gongs, welche trotz charakteristischen Tones sehr geringe Tragweite
besitzen, zur Benutzung empfohlen werden.
Dagegen haben Kanonenschüsse eine grosse Bedeutung und
dementsprechende Anwendung gefunden.Engg., 1890. Die Anlage der
zugehörigen Apparate ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass in der Nähe des
Leuchtthurmes noch genügend geschützter Platz vorhanden ist.
Textabbildung Bd. 298, S. 76
Fig. 17.Maitland's Signalhaubitze
1
Kartusche; 2 Pfropfen.
Textabbildung Bd. 298, S. 76
Fig. 18.Revolverkanone der königl. englischen Kanonenfabrik.
An der schwedischen Küste sind im Allgemeinen Kanonen bei Nebelwetter mit bestem
Erfolge angewendet worden, und zwar bis 12 Seemeilen Hörweite. Im J. 1890 wurde
zuerst in Holmö Gadd eine nach den Angaben des schwedischen Capitäns Engström aus bestem überschmiedeten Sandviker
Bessemer-Stahl hergestellte Hinterladekanone von 60 mm Kaliber und 3,048 m Länge in
Benutzung genommen. Die Verschlussvorrichtung ermöglicht die Abgabe von 20 bis 30
Schuss in der Minute und damit auch das Telegraphiren etwa nach dem Morse-System.
Die Hinterladevorrichtung lässt sich in etwa 1 Minute ohne Werkzeuge aus einander
nehmen und ebenso rasch wieder zusammensetzen. Auf einer hölzernen Laffete
installirt, wird die Kanone von einem Schutzdach überdeckt; sie ragt mit ihrer
Mündung durch eine Scharte im Wall. Die Kanone nebst 130 messingnen Patronenhülsen,
welche sich 100- bis 300mal verwenden lassen sollen, sowie den Reservetheilen und
der Munition kostet nur 5500 M. und man gibt die Lebensdauer der Maschine auf 40000
Schuss an. – Man hat ermittelt, dass die eiserne Kanone leistungsfähiger ist, als
die aus Bronze oder Messing hergestellte; letztere beiden Legirungen werden bei
jedem Schusse in Vibration versetzt, welche einen starken localen Schall und zwar
auf Kosten des nützlichen Schalles erzeugt. Auch Schallreflectoren verschiedener
Form sind vor die Kanonenmündung gesetzt worden und man hat Haubitzen mit
parabolischem Reflector als zweckmässigst ermittelt. Der britische Officier MaitlandD. p. J. 1876 221
129. hat eine sehr gute derartige Maschine construirt, welche
überdies mit einer drehbaren Kammer (Fig. 17)
versehen ist, so dass zwei Mann in Zwischenräumen von 5 zu 5 Minuten feuern können.
Die Laderäume, welche nach einander vor das Rohr gedreht werden, sind radial 178 mm
tief und haben 127 mm Durchmesser. Bei Ladungen von 114 g Schiessbaum wolle ist der
Knall bis zu 4570 m Tragweite unverändert deutlicher vernommen worden, als der von
gleicher Menge Pulver herrührende. Und man bedient sich lieber des ersteren als des
letzteren und anderer brisanter Mittel. Später (1876) wurde von der königl. englischen Kanonenfabrik eine Revolverkanone
(Fig. 18) geliefert; an dieser befindet sich eine Art
Schloss A; das Zündloch B
wird frei, wenn sich die eine der Kammern C genau vor
dem Schussrohre befindet. – Die Tyndall'schen
ExperimenteProc. of the Royal Soc., 1878 Bd. 27 S. 245
ff. haben gezeigt, dass beispielsweise 1,5 k Pulver aus kurzer
Haubitze lauter als aus langem Achtzehnpfünder explodirt. Desgleichen gibt feines
Pulver einen energischeren Knall als grobes; es wird aber noch von ½ des
Pulvergewichtes Baumwolle übertroffen. Dagegen sind 280 g der letzteren ebenso
wirksam wie 370 g. Als besonders vortheilhaft hat sich Schiessbaumwolle mit
Raketensatz erwiesen; die Raketen werden etwa 300 m hoch geschleudert, wo sie
explodiren. Solche Explosionsraketen sind zur Zeit vielfach in Gebrauch und für auf
Riffen stehende Leuchtthürme schier unersetzlich, da sie sich bequem unterbringen
und leicht handhaben lassen.
Ueber den Werth der Dampfpfeifen und Luftpfeifen für Nebelstationen gehen die Ansichten aus
einander; in dem ersten Falle bringt bekanntlich Wasserdampf, in dem zweiten in
besonderen Compressionsanlagen comprimirte Luft die Pfeife zum Tönen. An der Küste
von Nordamerika, Canada u.a. steht die Pfeife in Ansehen; so erhält das
Leuchtthurmdepartement der Vereinigten Staaten eine Dampfpfeife von 450 mm
Durchmesser und 75 k Gewicht in Betrieb, die bei einem Dampfdruck von 5 at und
ruhigem Wetter 5 Seemeilen hörbar ist. Die Versuche des Trinity House (1873 und 1874) haben jedoch den Betheiligten die
Ueberzeugung gegeben, dass der Schall der Dampfpfeife demjenigen anderer akustischer
Vorrichtungen nachsteht, und den Erfolg gehabt, dass England und nach ihm andere
Staaten dieses Signalmittel für Stationen zurückgesetzt haben.
Wichtig sind hingegen die Nebelhörner und Sirenen geworden. Das von dem Amerikaner C. L. Daboll 1851 erfundene, später von Prof. Holmes verbesserte Nebelhorn besteht im Wesentlichen
aus einem 2 bis 3 m langen Schallrohr, welches in seinem unteren Theil ein
clarinettartiges Mundstück besitzt und am oberen Ende um 90° wagerecht abgebogen
ist. In Folge Durchtreibens eines Luftstromes gibt aus bekannten Gründen das
Mundstück einen Ton, der an Tiefe mit zunehmender Länge des Schallrohres gewinnt.
Die Sirene verdankt Cagniard de la Tour ihre
Entstehung; in ihr werden die Töne dadurch erzeugt, dass ein, das Schallrohr
durchstreichendes Mittel (Luft, Dampf) eine mit Löchern versehene Platte (bezieh.
einen desgleichen Cylinder) in Rotation versetzt, die über einer mit gleichen
Oeffnungen ausgestatteten festen Platte (bezieh. Cylinder) sich dreht, und zwar mit
etwa 2500 Touren in der Minute. Die Grösse der Tourenzahl bestimmt den Ton. Da die
Grösse der Sirene und der Druck des Betriebsmediums eigentlich keiner Beschränkung
unterworfen sind, so ist auch die Stärke des Tones bei der Sirene sehr
steigerungsfähig. Dieser Apparat muss deshalb als der leistungsfähigste angesehen
werden und erfüllt seinen Zweck noch auf 2 bis 3 Seemeilen selbst da, wo der Schall
anderer Signale durch die brandende See verschlungen wird. Allerdings ist die
Tragweite selbst von dem Tone abhängig; in dieser Hinsicht will Tyndall einen Ton von 480, Henry einen solchen von 360 Schwingungen in der Secunde als am wirksamsten
gefunden haben. Auch hier wird man sein Augenmerk darauf richten, als Material zum
Schallröhr eines zu benutzen, welches selbst in thunlichst geringe Vibration
geräth, da ja die Arbeit, welche zur Erzeugung der letzteren Erscheinung
erforderlich, für die nützliche Wirkung verloren geht. Dass man Nebelhorn und Sirene
möglichst hoch über die Brandung setzen muss, ist eine durch die Praxis bestätigte
Regel.
Auf dem Leuchtthürme von Punta Maistra hat die italienische Regierung 1885 ein
Nebelhorn aufstellen lassenD. p. J. 1888 267
54., dessen Schallweite sich im Mittel mit 7000 bis 8000 m gegen
den Wind ergibt. Zum Betriebe dienen zwei Field'sche
Röhrenkessel von je 100 Röhren, 1,400 m Durchmesser, 3,1 m Höhe, 1 qm Rostfläche, 30
qm Heizfläche, 0,800 cbm Wasser- und 1,2 cbm Dampfraum; der eine der Kessel dient
lediglich zur Reserve. Die Leistungsfähigkeit der Anlage wird auf 25
angegeben. Zu rasch Dampf entwickelnden Kesseln hatte man gegriffen, weil
beispielsweise die Strandung der Victoria gezeigt
hatte, dass Nebelbildung rascher entstehen kann, als die Entwickelung verwendbaren
Dampfes in gewöhnlichen Kesseln. Vor dem Eintritt in die Horndüse durchstreicht der
Dampf einen Trockenapparat von 0,780 cbm Inhalt, sodann einen Zulasshahn, welcher
von einer Vorrichtung periodisch geöffnet bezieh. geschlossen wird. Zwei in einander
gesteckte, mit Längsschlitzen versehene Cylinder, von denen der eine rotirt, geben
die Veranlassung zur Tonbildung, wobei der Ton zu 640 Schwingungen in der Secunde
bemessen ist. Für 20 Umdrehungen in der Secunde beträgt der Wasserverbrauch 0,5 l
für den Secundenton.
Wo Druckluft zum Betriebe benutzt wird, kann das Schallrohr der Sirene wagerecht
abgebogen werden; es lässt sich dann die Mündung um eine senkrechte Achse drehen, so
dass das Feld rings um die Station bestrichen werden kann. Das Rohr ständig um die
Verticalachse rotiren zu lassen, soll sich aber aus leicht ersichtlichen Gründen
nicht bewährt haben. Compendiöse Anlagen zur Erzeugung von Druckluft können mit
Hilfe von Heissluftmaschinen eingerichtet werden; diese sind da unentbehrlich, wo,
wie dies auf einsamen Felsenriffen der Fall, kein Kesselspeisewasser vorhanden ist.
Eine solche Nebelsignalstation mit Heissluftmaschinen hat beispielsweise
Rixhöft.
Die Beschaffenheit der Atmosphäre ist erwiesenermaassen vom grössten Einfluss auf die
Wirksamkeit akustischer Signale und es gibt Erscheinungen, welche den Werth selbst
bester Zeichenmittel illusorisch machen. Man hat die Beobachtung gemacht, dass der
Wasserdampf, welcher sich bei hellem Sonnenschein wie eine undurchsichtige Wand
zwischen Schallquelle und Beobachter schiebt, dann aber auch als schwerer Nebel
jeden Ausguck benimmt, unvorhergesehene und deshalb doppelt gefährliche intensive
Störungen hervorrufen kann. So hat im J. 1874 Prof. Tyndall südlich vom Foreland-Cliff von einem Dampfer aus praktische
Versuche mit Signalhörnern, Locomotivpfeifen und Geschützen über den Einfluss der
atmosphärischen Beschaffenheit auf die Schallwirkung angestellt. Er fand, dass an
einem Tage bei Uebereinstimmung von Wind- und Schallrichtung die Signalinstrumente
5½ Meilen, am anderen Tage jedoch, als der Wind der Schallrichtung entgegen wehte,
10 Meilen gehört werden konnten. Gegen den Wind und bei Nebelwetter wuchs die
Distanz auf 12¾ Meilen, während der Eintritt klarer, windstiller Tage die Hörner und Geschütze
nur auf 2 Meilen wahrnehmbar machte. Eine Wolke, welche die Sonne verdunkelte,
bewirkte, dass der Schall in einer bei Sonnenschein nicht erreichten Distanz von 3
Meilen gehört wurde. Auch der Sonnenuntergang hatte sich wesentlich bemerkbar
gemacht; es hatte die Intensität der Signalhörner um 6 Uhr des Abends gegen 2 Uhr
des Nachmittags um mehr als das 40fache zugenommen. Diese Erscheinungen lassen sich
wohl damit begründen, dass die Sonne eine nicht homogene Dunstatmosphäre entstehen
lässt, welche eine vielfache Schallbrechung und demnach eine Verminderung der
Intensität bewirkt. Aber auch die Jahreszeiten üben ihren Einfluss aus; am 19. Mai
1876 wurde die Tragweite des Schalls zu 6,44, am 1. Juli jedoch zu 20,52 km
bestimmt. Während man am 3. Juli Klippen 10mal weiter sehen konnte als am 1. Juli,
war der Schall auf ¼ der Entfernung wie abgeschnitten. Regen bewirkte, dass der
Schall auf 12 km stärker war als ohne Regen auf 8 km.
Klares Wetter schliesst allerdings die Gefahr solcher Schallbeeinflussungen aus, denn
der Seemann vermag mit dem Auge die Situation viel sicherer zu überschauen.
Verhängnissvoll wird jedoch Schallwellenbrechung, wenn der Nebel jedwede Orientirung mit dem Gesichtssinne ausschliesst. Der Nebel an
sich bürgt ja für eine gewisse Gleichmässigkeit der Atmosphäre; auch hat man bei
Nebelwetter niemals mit starken Winden zu rechnen, da letztere ersteres nicht zur
Entwickelung kommen lassen oder doch bald zerstreuen würden. Es steht des weiteren
fest, dass der Nebel gerade durch die Schaffung einer homogeneren Atmosphäre die
Schallentfernungen weiter macht. Indessen haben eigenthümliche und bisher nicht voll
aufgeklärte Störungen, die den meisten Nebelstationen nachgewiesen, viel Verderben
gebracht; sie bestehen in der Bildung von Zonen um die Station, in denen der
Signalton nur schwach oder gar nicht gehört werden kann, so dass sich der Schiffer
oft über seine Lage zu einer Station im Nebel nicht Rechenschaft zu geben im Stande
ist.
So strandete der Dampfer Rhode Island während eines
Nebels auf Bonnet Point, R. I., am 6. November 1880; das 2 Seemeilen entfernte
Nebelsignal auf Beaver Tail Point wurde vom Schiff nicht gehört, wohl aber liess
sich die Hörbarkeit sowohl bezüglich näher, wie entfernter gelegener Orte
feststellen. Ebenso fuhr am 12. Mai 1881 die Galatea
bei Windstille, aber dichtem Nebel auf „Little Gull Island“ im Long Island
Sound nur ⅛ Seemeile von der Nebelsignalstation auf; das Signal selbst konnte nicht
auf dem Schiffe, wohl aber in Mystic, Conn., also 15 Meilen weit, gehört werden.
Der Vorsitzende der United States Lighthouse Board, Prof. Henry, theilte mitD. p. J. 1876 221
129.: „Ein aus Südwest sich Whitehead näherndes Schiff vernahm
das Nebelsignal aus einer 254 mm weiten Dampfpfeife deutlich auf etwa 9,65 km
Entfernung von der Station, und es stieg die Schallstärke bis zu etwa 4,83 km
Entfernung. Hier verschwand der Schall plötzlich und wurde erst wieder hörbar,
als das Schiff sich innerhalb 0,40 km von der Station befand.“
Gleichzeitig konnte festgestellt werden, dass tiefe Töne besser als hohe, dass die
Sirene gegenüber den Pfeifen, Trompeten, Kanonen am wirksamsten ist. Wenn die Sirene
auch viel Kohlen, also verhältnissmässig hohe Betriebskosten erfordert, so
bedeutet die Möglichkeit der Ueberwindung localer Geräusche, die Wind, Takelwerk,
Wellen, Rasseln der Ketten u.s.w. hervorbringen, einen gewichtigen Vorzug. So
vermochte man auf einem Raddampfer eine mit Dampf von 5 at betriebene Sirene noch
auf 4,83 km Entfernung gut zu vernehmen.
Textabbildung Bd. 298, S. 78
Fig. 19.Zwischenräume für den Schall
a
Schall hörbar; b Schall nicht hörbar; c Schall hörbar.
Arnold B. Johnson vom Leuchtthurmdepartement der
Vereinigten Staaten vertritt die durch zahlreiche Beispiele belegte Ansicht, dass,
insbesondere wenn hinter dem Nebelhorn ein steil abfallender Felsen sich befindet,
der Schall über den Wasserspiegel gleich einer Kugel ricochetirt, dass
Zwischenräume, in denen der Schall hörbar ist, mit solchen abwechseln, in denen
derselbe verschwindet. Unter anderem haben bei der Nebelstation von Whitehead
ausgeführte Versuche zur Bestätigung dieser Annahme geführt; nach ihnen mussten die
Schallwellen den in Fig. 19 skizzirten Verlauf
genommen haben. Nicht allein, dass man auf dem sich von der Station entfernenden
Schiff zeitweise das Signal überhaupt nicht zu vernehmen vermochte, sondern es
wechselten auch die für das Signal erreichbaren Stellen auf dem Schiffe in der
Höhenrichtung, wenn das letztere sich selbst im Bereich der Schallwellen befand. Auf
Helgoland ergaben die Experimente mit den Knallraketen (sound rockets) dieselbe
auffallende Erscheinung der Schallführung.
Die Erklärung für diese Absonderlichkeiten zu geben, ist vielfach versucht worden.
Auf diese Versuche hier näher einzugehen, ist vonnöthen, einmal, weil sie durchweg
auf bestreitbaren Hypothesen aufgebaut sind, dann aber auch, weil die gefundene
Erklärung für die Beurtheilung der Wirkung einer anzulegenden Station von geringem
Werthe sein würde. Das im Nebel befindliche Schiff selbst wird eben weiter dem
Zufalle preisgegeben bleiben, es sei denn, dass auf Grund der festgestellten
Ursachen eine thatsächliche Verhinderung der Zonenbildung ermöglicht werde. Dass mit
dem Nebel nur schwache Luftströmungen auftreten, ist ja natürlich. Indessen scheint
auch das Verhältniss von Wind- und Kursrichtung von nicht zu unterschätzendem
Einflüsse auf die Schallwirkung zu sein, wie es die am 16. Januar 1895 auf der
Nebelsignalstation Eider-Feuerschiff bei leichtem Nebel und einer Windstärke III bis
IV mit einer Sirene unternommenen Versuche dargethan haben.
Nicht unwahrscheinlich ist es, dass man dazu übergehen könnte, die Schallsignale
durch das Wasser fortpflanzen zu lassen, wie ja Colladon schon 1841 die Verwendbarkeit solcher Zeichenabgabe selbst auf
grosse Entfernungen nachgewiesen hat.
(Schluss folgt.)