Titel: | Ueber die sogen. Chromtinte und deren Bereitung. |
Autor: | Knapp |
Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 188 |
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Ueber die sogen. Chromtinte und deren
Bereitung.
Von Prof. Knapp in
Braunschweig.
Ueber die sogen. Chromtinte und deren Bereitung.
Die Tinte aus Blauholzextract und Chromsalzen – der derselbe Chromlack wie der Farbe
der schwarzen Glacehandschuhe zu Grunde liegt – zeichnet sich durch bequeme
Herstellung, durch deckende Schwärze, in hohem Grade auch durch Wohlfeilheit zu
ihrem Vortheil aus, denn das Liter berechnet sich auf weniger als 3 Pfg. an
Rohstoffen. Diesen Vorzügen steht jedoch eine Eigenschaft entgegen, die ihr ebenso
sehr zum Nachtheil gereicht: ihre äusserst störende Neigung, zu gelatiniren. Sie
macht sich im schlimmsten Falle geltend in Umwandelung der Tinte zu einer
breiartigen Masse, gewöhnlich aber und im weniger schlimmen Fall durch das Auftreten
von kleinen Gallertklümpchen, die sich beim Schreiben in der Feder ansammeln und den
regelmässigen Abfluss der Tinte auf das Papier behindern, selbst ganz unterbrechen.
Dieses nachtheilige Verhalten der Chromtinte beruht auf zwei verschiedenen Ursachen:
auf den Löslichkeitsverhältnissen des Blauholzextracts in Wasser und auf den
Eigenschaften des die Schwärze bildenden Chromlacks.
In kaltem Wasser löst sich das käufliche Blauholzextract nur langsam und schwierig;
sehr leicht und schnell in kochendem Wasser. Die kochend bereitete Lösung
hinterlässt stets eine geringe Menge eines feinkörnigen, sich scharf absetzenden,
tiefschwarzen, leicht verbrennlichen und viel Asche gebenden Rückstandes, der sich
als Kohle erweist und dem Gewichte nach etwas über 2 Proc. beträgt.Rührt wohl vom stellenweisen Anbrennen
her. Die davon abfiltrirte kochend heisse Lösung zum Erkalten an
einen kühlen Ort hingestellt, lässt im Verlauf von einigen Stunden einen starken,
hochrothen Bodensatz fallen: der Extract ist in der Kälte bedeutend weniger löslich
als in der Siedehitze. Der Betrag des ausfallenden Absatzes spielt bei Auflösungen
in der 30fachen Menge Wasser zwischen 20 und 30 Proc. Wenn daher die Tinte mit
kochender Extractlösung bereitet wird, so kann der gebildete Lack im Erkalten in der
Flüssigkeit nicht gehörig vertheilt bleiben, oder es mischen sich – bei
unzureichendem Zusatz des Chromsalzes – jene in der Kälte ausgeschiedenen Antheile
des Extracts der Tinte zu, die in beiden Fällen dann untauglich wird.
Der zweite Grund zum Abfallen der Tinte unter Gallertbildung liegt, wie schon
erwähnt, in den besonderen Eigenschaften ihres wesentlichen Bestandes, des
Chromlacks. Dieser Lack besitzt nämlich in weitgehendem, kaum glaublichem Grade die
Eigenschaft in Wasser aufzuquellen, eine Eigenschaft, die ihn aber gerade so
ausgezeichnet für die Anwendung zu Tinte befähigt. Eine solche deckend schwarze
Tinte von gut gelungener Darstellung enthielt nur zwischen 3 und 4 Proc. feste
Bestandtheile (in drei Versuchen bezieh. 3,21, 3,27 und 3,48 Proc), ist aber schon
in den dünnsten Schichten von wenigen Millimetern absolut undurchsichtig, sie geht
durch ein Filter rasch wie Wasser und genau so schwarz wie aufgegossen; so dass man
zweifelhaft bleiben könnte, ob man eine Lösung oder eine mit einer Fällung beladene
Flüssigkeit vor sich hat. In dieser für das Wesen einer Tinte an sich höchst
günstigen Eigenschaft der enormen Aufquellbarkeit wird der Chromlack aber nur
allzuleicht durch die Gegenwart von Salzen gestört. Er ist überaus leicht
aussalzbar, in diesem Verhalten überaus empfindlich in dem Grade, dass er selbst in
dieser Richtung sonst wenig wirksamen Salzen, wie dem Kaliumbichromat, nicht
widersteht. Selbst ein leichter Ueberschuss dieses Salzes, den man sonst für
vernachlässigbar halten möchte, ist ausreichend, nach kürzerer oder längerer Zeit
Gallertabscheidungen zu veranlassen. Tröpfelt man Chromtinte in eine wenn auch sehr
verdünnte Lösung von Kaliumbichromat, so hat man den Eindruck, als verschwinde die
Tinte ganz und gar, bis man sie als verhältnissmässig geringen Betrag winziger,
scharf abgeschiedener schwarzer Partikeln am Boden des Gefässes wiederfindet. Im
Sinne dieses schädlichen Aussalzens des Lacks in Gallertform ist nichts gewonnen,
wenn man – wie PuscherFürther Gewerbezeitung, 1866 S.
103. seiner Zeit wollte – anstatt des wohlfeileren und
leichter zugänglichen Kaliumbichromats Chromalaun anwendet; am allerwenigsten aber
mit dem Vorschlage von BöttgerDaselbst 1869 S. 643.,
einem Zusatz von kohlensaurem Natron (26,6 Proc. des angewendeten Extracts), zumal
neben einer Dosis Chromat in seinem Recept, die das erforderliche d. i. zulässige
Maass um das Doppelte überschreitet. In einer durch Ueberschuss von Chromat
verdorbenen Tinte wird man sich – wie ein Versuch leicht nachweist – vergeblich
bemühen, die Gallertklümpchen durch Zusatz von Natroncarbonat oder Aetznatron zum
Zergehen zu bringen. Neben dem Aussalzen des Lacks in der Tinte als Hauptursache vom
Verderben der Tinte ist weiterhin, aber in mehr untergeordneter Weise, des
Einflusses des Materials der Federn zu gedenken. Wie die Erfahrung sehr
handgreiflich gezeigt hat, verhalten sich die jetzt viel gebrauchten verkupferten
Stahlfedern auffallend ungünstiger als nicht verkupferte; beim Schreiben mit einer
nicht gut gerathenen, der Gallertausscheidung schon zuneigenden Tinte setzt sich auf
der verkupferten Feder, noch ehe ihr Tintengehalt erschöpft ist, eine dicke Lage von
Gallerte abDer kupferne
Ueberzug verschwindet dabei in kurzer Zeit gänzlich., während die
Oberfläche der Federn aus blankem Stahl davon noch ganz frei bleibt oder nur leichte
Anfänge zeigt.
Die im Obigen dargelegten Thatsachen führen auf folgende Regeln für die Herstellung
von Chromtinte:
Zunächst Beachtung einer angemessenen Concentration der zur Anwendung kommenden
Lösungen. Selbstverständlich ist eine deckende Schwärze der Tinte nur bei einem
bestimmten Verhältniss des färbenden Lacks zu dem Wasser möglich, worin er vertheilt
ist; die Stärke der beiden die Tinte bildenden Lösungen ist mithin unter allen
Umständen dahin abzugleichen, dass eine deckende volle Schwärze schliesslich zu
Stande kommt. Was die Extractlösung betrifft, so darf diese in keinem Fall
nachträglich beim Erkalten noch feste Bestandtheile fallen lassen. Am
zweckmässigsten wird man daher die Extractlösung warm bereiten und vor dem Gebrauche
an einem kühlen Ort so lange stehen lassen, bis alles sich niedergeschlagen hat, was
sich in der Kälte nicht gelöst erhalten kann. Die nach dem Erkalten und Abfiltriren
bleibende Concentration ist am zweckmässigsten auf ungefähr 4 Proc. Trockensubstanz
abzugleichen. Andererseits beim Chromat ist wiederum der Zusatz desselben etwa
in fester Form oder in heiss bereiteter concentrirter Lösung schlechthin unzulässig.
In beiden Fällen würde nämlich neben jedem Atom eben gebildetem Lack ein Ueberschuss
des Chromsalzes bleiben, der dann aussalzend wirkt, d.h. Gallertflocken bildend, auf
deren nachträgliche Wiederaufweichung man keineswegs rechnen kann. Aus diesem Grunde
sind also nur kaltbereitete Lösungen des Chromats, und zwar von nicht über 8 bis 9
Proc. Stärke, zu verwenden.
Nach der Frage von der zweckmässigsten Concentration der zur Tinte erforderlichen
Lösungen von Extract und Chromat erübrigt noch die Frage von dem Verhältniss, in
welchem beide zur sicheren Herstellung einer guten Tinte zu mischen sind, d.h. die
Frage, wie viel Kaliumbichromat der Blauholzextract zur Bildung des Lacks ohne
Ueberschuss nach der einen oder anderen Seite bedarf. Eine allgemein gültige
Vorschrift darüber ist schon aus dem Grunde nicht zu geben, weil die Beschaffenheit
des Blauholzextracts im Handel eine, wenn auch nicht in besonders hohem Grade, doch
stets wechselnde ist. Es empfiehlt sich daher, die zu nehmende Chromatlösung nie in
einem Guss, sondern stets allmählich und langsam zuzusetzen und bei jedem Zusatz den
Erfolg mit einer Schriftprobe zu prüfen; so ist es leicht, bei dieser Art
Titrirverfahren die Bildung des Lacks bis zu dem nicht zu überschreitenden Punkt zu
bringen. Als Anhaltspunkt bei diesem Verfahren kann man folgende bei eigens für den
Zweck angestellten Versuchen erhaltene Resultate benutzen: Auf 100 Gew.-Th. eines
Extracts waren erforderlich 3,13, 3,33, 3,26 g, bei einem Extract von anderer
Herkunft 4,43 bis 4,47 g krystallisirtes Kaliumbichromat. Durch Vorausberechnung des
zur Lackbildung genäherten Werthes lässt sich das Verfahren abkürzen. Um Täuschungen
zu vermeiden, ist dabei immer ein Umstand im Auge zu behalten, nämlich der schon
erwähnte Einfluss der Abkühlung, wodurch die Tinte um einen Ton blässer wird. Die
Schreibeproben sind daher stets erst mit der abgekühlten Tinte zu nehmen, nicht mit
der noch kochend heissen.
Die Menge des zur tiefsten Schwärze erforderlichen Chromsalzes ist, wie nachgewiesen,
verhältnissmässig klein und hat daher auf die Verdünnung der herzustellenden Tinte
einen wenig merklichen Einfluss; das Hauptgewicht liegt in der Richtigstellung der
Extractlösung. Zusatz von Alkali zu der Extractlösung ist keine unerlässliche
Bedingung für die Bildung der Tinte, aber für ihre Beschaffenheit und das flotte
Fliessen aus der Feder förderlich. Sonstige Beimischungen, wie Gummi und Zucker,
sind für gut bereitete Chromtinte ganz und gar überflüssig und fortzulassen,
wenigstens im Fall der einfachen Schreibtinte, um die es sich hier allein handelt;
zu Copirtinte sind jene Ingredienzien natürlich nicht zu entbehren.