Titel: Die Fortschritte der Rübenzuckerindustrie in den Jahren 1893 und 1894.
Fundstelle: Band 296, Jahrgang 1895, S. 140
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Die Fortschritte der Rübenzuckerindustrie in den Jahren 1893 und 1894. (Letzter Bericht 1892 Bd. 285 * S. 39, * 115, 186, * 208.) Die Fortschritte der Rübenzuckerindustrie in den Jahren 1893 und 1894. „Die eigentliche Zuckerproduction liegt auf dem Rübenfelde“, schrieb vor weit mehr als einem Menschenalter der Altmeister der Zuckerindustrie Franz Carl Achard, und in diesem Ausspruche hat er schon damals die richtigen Worte gefunden. Die Zuckerfabrikation bedarf einer guten Rübe, wenn der Betrieb glatt und ungestört sein soll; bei schlechtem und mangelhaftem Material nützen alle Verbesserungen im Betriebe nichts. Leider gedachte man der Worte Achard's nicht immer und die Folgen zeigten sich in verschiedener und für den Betrieb unangenehmer Weise. In den letzten Jahren nahmen die Rübenculturversuche, welche von den verschiedensten Gesichtspunkten aus unternommen wurden, einen ziemlich breiten Raum ein und es betheiligte sich daran eine grosse Reihe hervorragender Gelehrter, wie Kühn, Märker, Hollrung, Marek, Strohmer, Wagner u.s.w. Grosse Aufmerksamkeit wandte man auch der Rübensamenzucht zu, um durch ihre Vervollkommnung nicht nur ein besseres Rohmaterial heranzuziehen, sondern auch einfacher arbeiten zu können. Grosse Vortheile verspricht man sich aus der ungeschlechtlichen Vermehrung der Zuckerrüben nach dem Verfahren von A. Nowoczek.1) Weitere Versuche und Verfahren müssen aber noch lehren, ob diese Methode auch wirklich den gehegten Erwartungen entsprechen wird. Bezüglich der Samenrübenuntersuchung sind die Verfahren von Marek2) und von Herles3) hervorzuheben, über welche aber ebenfalls noch nicht das Schlusswort gesprochen ist. Auch das Selectionsverfahren des russischen Forschers Blonski4) hat Widerspruch erfahren und harrt noch einer eingehenden Prüfung. Bei der Mannigfaltigkeit in der Praxis der Rübenwirthschaft und bei den immer neu auftretenden Fragen bietet sich für die Wissenschaft noch ein sehr grosses Arbeitsfeld. Jede günstig gelöste Frage kommt aber der Zuckerindustrie zu gute und darum besitzen die Rübenculturversuche nicht nur für die Landwirthschaft allein einen grossen Werth. Wenn wir nun auf die Technik der Zuckerfabrikation näher eingehen und die in den verschiedenen Zeitschriften während der Jahre 1893 und 1894 veröffentlichten Arbeiten überblicken, so sind die Schwierigkeiten nicht gering, die sich einer geordneten Zusammenstellung über die wirklich wichtigen Erfindungen und Neuheiten entgegenstellen. Ueber Mangel an Arbeiten und Erfindungen könnte sich allerdings kein Referent beklagen, denn die Litteratur ist ausserordentlich ergiebig, doch finden wir aber unverhältnissmässig wenige Publicationen, welche für die Fortschritte der Zuckerfabrikation von Wichtigkeit sind. Dazu kommt noch, dass gerade über Erfindungen, welche vielfaches oder, richtiger gesagt, allgemeines Interesse erwecken, die Meinungen sehr getheilt sind, so dass es nicht möglich ist, darüber ein abschliessendes Urtheil zu fällen. Immerhin hat aber die Zuckerfabrikation auf manchen Theilen des Gebietes beachtenswerthe Fortschritte zu verzeichnen, von welchen, da sie bereits durchgeprüft und praktisch erprobt sind, zu erhoffen ist, dass sie auch allgemeinere Verbreitung finden werden. Was nun zuerst die Rübenschwemmen anbetrifft, so erkennt man deren Werth, das für den Betrieb nöthige Rübenquantum herbeizuschaffen, allgemein an; die neu errichteten grossen Fabriken legen ein Hauptaugenmerk auf eine zweckmässige Construction der Rübenschwemmen, welchen zumeist das schon längst erprobte System Riedinger zu Grunde gelegt ist. Bezüglich der Schnitzelmesser ist hervorzuheben, dass der neue Messerkasten von Putsch5)in Folge seiner grossen Vortheile bezüglich der Erhöhung der Leistungsfähigkeit und vereinfachten Handhabung während des Betriebes vielfache Anwendung erfahren hat. Bei der Wichtigkeit, welche die Diffusion in dem Betriebe einnimmt, ist es nicht zu verwundern, dass man hier auf eine Reihe von Vorschlägen kommt, welche die Arbeit auf dieser Station verbessern sollen. Im Grossen und Ganzen sind aber alle diese Vorschläge problematischer Natur, denn alles das, was bei der Diffusion, um gute Resultate zu erzielen, unbedingt eingehalten werden muss, beruht auf schon längst bekannten und vielfach durchgeprobten Grundsätzen, in Folge dessen die meisten als „neu“ eingeführten Vorschläge entweder nicht mehr neu oder wenigstens nicht sehr gut sind. Dies gilt z.B. von den sogen. „kurzen oder getheilten Batterien“, welche Neuerung übrigens fast so alt wie das Diffusionsverfahren selbst ist. Das Verfahren hat sich auch nicht besonders bewährt und scheint vielfach wieder aufgegeben worden zu sein. Dasselbe kann auch von dem Berghoff'schen Verfahren8) der „Diffusion für hochconcentrirte Säfte“ gesagt werden, sowie von dem Verfahren von Weyr7) und dessen Modification von Grünwald.8) Ebenso wenig neu ist das Verfahren von Stentzel,9) welcher behufs besserer Arbeit die Schnitzel vor dem Einfüllen in den Diffuseur durch heisse Luft erwärmen will, um die in den Schnitten enthaltenen gelösten organischen Stoffe zum Gerinnen zu bringen. Ein ähnliches Verfahren hat sich auch Dziegielowsky10) patentiren lassen. Die Diffusion unter Luftleere hat sich an verschiedenen Orten bestens bewährt, doch ist wiederum hervorzuheben, dass dieses Verfahren, welches sich Heckmann11) patentiren liess, nicht neu ist, nachdem schon Patente über die Anwendung der Luftleere in der Diffusion aus dem Jahre 1867 vorliegen. In den letzten Jahren hat das Bestreben, die mechanischen Verunreinigungen des Diffusionssaftes zu entfernen, immer mehr Verbreitung gefunden. Schon zur Zeit des Pressverfahrens wandte man verschiedene Vorrichtungen an, um die mitschwimmenden Presslinge aus dem Saft zu entfernen, und als man dann zur Diffusionsarbeit überging, construirte man zur Entfernung der Pülpebestandtheile und der Schnittlinge schon vor Jahren die sogen. Schnitte- oder Pülpefänger. Die ersten Apparate besassen aber verschiedene Mängel, so dass es erst in den letzten Jahren gelang, vollkommenere Apparate und Vorrichtungen in den Betrieb einzuführen, von welchen als die neuesten die Apparate von Wagner,12) Mick,13) Schwager,14) Skoda15) und Napravil16) genannt sein mögen. Die Pülpefänger haben sich in der Praxis bestens bewährt, so dass das Bedenken, sie möchten zur Säuerung und Zersetzung der Säfte Anlass geben, nicht gerechtfertigt ist. Bezüglich der Frage der Eiweissabscheidung aus dem Diffusionssafte sind die Meinungen noch ziemlich getheilt. Von Seite der Gegner wird wohl hervorgehoben, dass die sogen. „Eiweissfänger“ vorzüglich wirken, dagegen aber energisch bestritten, dass diese Apparate wirklich Eiweissfänger sind, nachdem die coagulirbaren Ausscheidungen des Diffusionssaftes nur zum geringen Theil aus Eiweiss bestehen. Wie dem auch sei, so hat sich doch der Braunbeck'sche Eiweissfänger17) in der Praxis bereits bestens bewährt; ob er seinen Namen mit Recht führt, muss immerhin noch weiteren Untersuchungen anheim gestellt werden. Zur Entfernung des coagulirten Eiweisses und Wegschaffung aller anderen mechanisch suspendirten organischen Substanzen und Reste wird in Frankreich der Apparat von Bouvier18) empfohlen. Der Arbeit auf der Diffusionsbatterie wird aller Orten grosse Aufmerksamkeit geschenkt, doch kann man immer noch nicht behaupten, dass auch wirklich das Ideal einer Diffusionsarbeit erreicht worden wäre. Die Ansichten über die Anzahl, Form und Grösse der Diffusionsgefässe, über die Art der Anwärmung, Grösse der Füllung und des Saftabzuges, passendste Diffusionsdauer u.s.w. sind mitunter noch recht verschieden; immerhin herrscht aber doch im Grossen und Ganzen eine ziemliche Klarheit und Conformität der Anschauungen, so dass man mit dem heutigen Diffusionsbetrieb zufrieden sein kann. Ueber Diffusionsversuche liegen u.a. ausführliche Arbeiten von Herzfeld19) vor, welche verschiedene werthvolle Anhaltspunkte für die Praxis ergeben haben. Im Verlauf seiner Arbeiten studirte Herzfeld20) den Vergleich zwischen trockener und nasser Scheidung und führen uns diese Versuche auf das grosse, vielfach bearbeitete und eminent wichtige Gebiet der Saftreinigung. Bei diesen Versuchen wurde die Modifikation der Trockenscheidung gewählt, welche am meisten in der Praxis üblich ist, und bei welcher der Kalk in Stücken mit Hilfe eines Rührwerkes im heissen Saft vertheilt wird. Bei der nassen Scheidung wurde, wie meistens üblich, der Kalk in Form von Kalkmilch auf einmal zugegeben und vom Anfang an mit Kohlensäure saturirt. Die gesammten Versuche sprechen fast sämmtlich zu Gunsten der Trockenscheidung. Zu denselben günstigen Resultaten ist auch Beaudet21) gekommen, welcher die Kalkung mit gebranntem Kalk bei niedriger Temperatur empfiehlt. Die Trockenscheidung hat sich schon vielfach in die Praxis eingebürgert und dementsprechend die nasse Scheidung verdrängt. Bouvier22) verwendet ebenfalls nicht Kalkmilch, sondern Kalk, welcher mit so viel Wasser übergossen wird, dass er eben gelöscht erscheint. Dieses Kalkhydrat bietet nun nach der Ansicht von Bouvier bedeutende Vortheile, nicht nur gegen Kalkmilch, sondern auch gegenüber jener Arbeitsweise, bei welcher trockenes Aetzkalkpulver in den Vorwärmern direct mit dem Saft vermischt wird. Zur Reinigung des Diffusionssaftes sind eine Reihe von Verfahren patentirt worden, welche die verschiedenartigsten Stoffe empfehlen, wie z.B. Eisenoxychlorid, mit Monocalciumphosphat oder Phosphorsäure imprägnirte Kohle, Gerbsäure u.s.w. Irgend welche Erfahrungen liegen darüber nicht vor. Bezüglich des Soda-Barytverfahrens, welches in den letzten Jahren in Frankreich empfohlen wurde, spricht sich Weissberg23) dahin aus, dass die vortheilhafte Wirkung allein auf der Anwesenheit der Soda und nicht auf der des Baryts beruht und dass man ohne jenen Process zu demselben Ziel gelangen kann, wenn man nur sorgfältig arbeitet. Von den neuen Apparaten ist als besonders bemerkenswerth der continuirliche Saturateur von Reboux24) hervorzuheben und stand derselbe in der französischen Zuckerfabrik Iwuy in Anwendung. Das charakteristische Merkmal des Reboux'schen Saturateurs besteht darin, dass die Flüssigkeit und die Kohlensäure gemeinschaftlich in den Apparat zu unterst eingeführt werden (sich also in der gleichen aufsteigenden Richtung bewegen) und in inniger Berührung sind. Während dieses Contactes wird die Kohlensäure des Gasgemisches durch die Alkalität absorbirt, und der Saft, sowie die unausnutzbaren Gase gelangen zur oberen Oeffnung des Apparates, wo sie sich schliesslich abscheiden. In Iwuy hat sich der Apparat bestens bewährt, wobei sich eine Anzahl von Vorzügen ergeben haben, in Folge dessen ihn Cambier in Frankreich, sowie Kasalovsky in Oesterreich empfehlen. Ein Verfahren zur continuirlichen ersten Saturation mit Kohlensäureersparniss hat auch Franc25) zum Patent angemeldet, bei welchem er die erste Saturation in zwei Phasen theilt, und zwar 1) continuirliche Vorsaturation mit ursprünglichem Gas und 2) Fertigsaturation mit einmal gebrauchtem, von der Vorsaturation kommendem Gas. Das Verfahren soll sich ebenfalls schon in der Praxis bewährt haben. Ueber den continuirlichen Saturationsapparat von Braun26) liegen Erfahrungen aus der Praxis noch nicht vor. Seitdem die Arbeit mit Knochenkohle aus den Rohzuckerfabriken verschwunden ist (in Oesterreich allerdings noch nicht vollständig), war man bestrebt, die eminente Reinigung der Säfte durch die Knochenkohle durch andere Methoden zu ersetzen. Von diesen Methoden, die zumeist auf chemischer Basis aufgebaut sind, hat sich vor allen zuerst in Deutschland und in den letzten Jahren in Oesterreich die Behandlung der Säfte mit schwefliger Säure eingebürgert. Allerdings sind aber die Meinungen über die Nützlichkeit der Schwefelung zwischen den Rohzuckerfabrikanten und den Raffineuren gegenwärtig noch sehr getheilt. Während auf der einen Seite die Vortheile der Schwefelung hervorgehoben und z.B. für das Verfahren von Drost und Schulz27) (directe Gewinnung des Granulated aus der Rübenfüllmasse ohne Spodiumfiltration) direct anempfohlen werden, ist man auf der anderen Seite der Meinung, dass dieses Verfahren ausser der temporären Entfärbung der Säfte und Producte und der zweifelhaften Kalkersparniss bei der Saturation gar keine Vortheile bietet und dass daher das Schwefeln zur Erzielung von marktfähiger Waare nicht nothwendig ist. Zu einer Klärung der Ansichten ist es noch nicht gekommen, wenn auch vielleicht nicht bestritten werden kann, dass die Schwefelung mehr Anhänger als Gegner hat, nachdem man sich z.B. in Frankreich neuerdings ernstlich mit der Einführung der schwefligen Säure in die Rohzuckerfabrikation zu befassen scheint. Dupont28) beschreibt hier ein „neues Verfahren“ der Schwefelung, bei welchem Baryt verwendet wird. Die Vortheile dieses Verfahrens werden übrigens bezweifelt. Als man vor ungefähr 10 Jahren die Arbeit mit der Knochenkohle zu verlassen begann, versuchte man die Anwendung von doppeltschwefligsaurem Kalk zum Reinigen der Säfte und Syrupe, doch war damals die Wirkung bei alkalischen Säften beinahe Null. Um ein Resultat zu erzielen, muss man diese Verbindung auf eine neutrale oder leicht saure Lösung einwirken lassen. Lachaux empfiehlt nun auf Grund praktischer Versuche, den doppeltschweflig-sauren Kalk ungefähr in der zehnfachen Menge Wasser zu lösen und die Schnitte, bevor sie in den Diffuseur gefüllt werden, mit dieser Lösung einzumaischen. Bei diesem Reinigungsverfahren, welches also der Erzeugung des Diffusionssaftes voran geht, hat Lachaux29) eine Reihe von Vortheilen erzielt, welche sich sowohl im Verlauf der Fabrikation, als auch im erzielten Endproduct äussern. Von irgend welcher Anwendung dieses Verfahrens ist aber nichts bekannt geworden. Zur Entfernung der in den Säften enthaltenen Kalksalze, welche ein Schwerkochen der Säfte im Vacuum veranlassen, empfiehlt Rümpler30) einen Zusatz von schwefligsaurem Natron, wodurch die Kalksalze in Natronsalze umgewandelt werden, welch letztere das Kochen und die Krystallisation nicht erschweren. Einiges Aufsehen hat das patentirte Verfahren der Reinigung von Zuckerlösungen durch schweflige Säure und Knochenkohle von Steffen und Drucker31) erregt, bei welchem Verfahren man also wieder auf die Anwendung der Knochenkohle zurückgreifen will. Nach Herzfeld32) enthält dieses Patent nichts anderes, als die Beschreibung eines uralten, jetzt an den meisten Orten ausser Anwendung gekommenen Verfahrens. In Oesterreich-Ungarn ist zumeist die Reinigung der Rübensäfte durch dreifache Saturation üblich, bei welchem Verfahren man so ausgezeichnete Resultate erhält, dass z.B. in böhmischen Fabriken das Schwefeln zum Theil ausser Gebrauch gekommen ist. Auf dem französischen Congress der Zucker- und Brauertechniker zu Lille im J. 1894 räth daher Deutsch33) den französischen Zuckerfabrikanten an, das Schwefeln ganz aufzugeben und zum System der dreifachen Saturation, mit welchem sich die Resultate der zweifachen Saturation und Schwefelung in keiner Weise vergleichen lassen, überzugehen. Allgemeines Interesse hat die Reinigung der Säfte mittels Elektrolyse erfahren und wurde dieser Gegenstand sowohl litterarisch als auch in Versammlungen in der eingehendsten Weise behandelt. Der Gedanke, sich den elektrischen Strom zur Reinigung von Zuckersäften dienstbar zu machen, ist keineswegs neu, nachdem Clément bereits im J. 1848 die Reinigung der Melassen durch Elektrolyse versuchte. Es folgten hierauf eine ganze Reihe anderer Versuche und Methoden, die aber alle ihren Hauptzweck – die rationelle Einführung in die Praxis – nicht erreichten. Nur das Verfahren von Maigrot und Sabates 1889 (eine Combination der Elektrolyse mit der Dialyse) wurde in der Rohrzuckerfabrikation im Grossen angewendet, brachte aber manche Unannehmlichkeiten mit sich. Erst dem neuesten Verfahren von Schollmeyer, Behm und Dammeyer34) blieb es vorbehalten, in Wirklichkeit in das Gebiet der Praxis einzutreten. Dieses Verfahren stand zuerst in der Zuckerfabrik Hoym in Anwendung, hat aber erst in der Campagne 1893/94 die Feuerprobe bestanden, nachdem es während der ganzen Dauer der Campagne erprobt wurde. Die Anlage ist eine sehr einfache,35) denn sie besteht nur in zwei aus Eisenblech verfertigten Kästen, von welchen jeder einen Passungsraum besitzt, dass er einen Saftabzug aufzunehmen vermag. In jedem Kasten sind die Zinkblechelektroden eingehängt, von welchem die 1., 3., 5. Platte mit dem positiven, die 2., 4., 6. Platte mit dem negativen Pol einer Dynamomaschine in Verbindung steht. Der vom Vorwärmer kommende Saft gelangt mit einer Temperatur von 70 bis 75° in den Kasten und wird durch 8 bis 10 Minuten der Elektrolyse bei einer Stromstärke von 50 bis 60 Ampère bei 5 bis 7 Volt Spannung unterworfen. Nach der Elektrolyse ist der Saft von den in feinster Vertheilung ausgeschiedenen Eiweisskörpern getrübt, welche sich allerdings schwierig filtriren lassen. Die leichte Filtrirbarkeit lässt sich jedoch dadurch sehr einfach erreichen, wenn man den elektrolisirten Säften ein Viertelprocent Kalk zusetzt, wodurch sich die Ausscheidungen zusammenballen und leicht in jeder Filterpresse zurückgehalten werden können. Die erzielten Resultate waren in Hoym mannigfacher Art: lichtere und hellere Rohsäfte, bedeutende Kalkersparniss bei der Scheidung, Verdampfen und Verkochen der elektrolysirten Säfte in bedeutend kürzerer Zeit, stramme und lichte Füllmassen. Das Rendement der erzielten Rohzucker hatte sich während der Campagne constant auf mehr als 96 erhalten. Die Einwirkung elektrischer Ströme auf Rübensäfte hat Bersch36) in einer theoretischen Arbeit studirt, bei welcher er der reinigenden Wirkung des elektrischen Stromes ein günstiges Prognosticon stellt. Ueber den Werth der Anwendung des elektrischen Stromes zur Reinigung der Rübensäfte lässt sich nach den bisherigen Erfahrungen und Veröffentlichungen noch kein bestimmtes Urtheil fällen. Es muss hervorgehoben werden, dass einerseits der Gegenstand in Fachkreisen bedeutendes Aufsehen erregte und sich viele Freunde erwarb, andererseits muss aber auch betont werden, dass man der Frage wieder sehr ablehnend entgegen steht. Von Seite der Gegner wird behauptet, dass die gemachten Versprechungen noch zu beweisen sind, nachdem es an wirklich vergleichenden Methoden fehlt. Während man es aber auf einer Seite als möglich bezeichnet, dass künftig Besseres und Erfolgreicheres auf diesem Wege geleistet wird, gehen andererseits die extremen Gegner viel weiter und sind der Meinung, dass diese Sache ebenso rasch aus der Zuckerfabrikspraxis verschwinden wird, wie sie rasch mit grosser Begeisterung in dieselbe eingeführt wurde. Nachdem aber nun das Verfahren von Schollmeyer, Behm und Dammeyer nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Belgien, Russland und in Oesterreich Anwendung gefunden hat, so steht zu hoffen, dass man über die Erfolge baldigst nähere Daten erhalten wird. Von einem abschliessenden Urtheil über den praktischen Werth dieses Verfahrens wird allerdings nicht so bald die Rede sein, nachdem sich die verschiedenen Meinungen zu extrem gegenüber stehen. Anschliessend daran muss hervorgehoben werden, dass man der Anwendung der Elektricität für die Kraftübertragung in Zuckerfabriken grosses Interesse zuwendet, und dass man alle diejenigen Vortheile, welche schon gegenwärtig aus dem Elektromotorenbetrieb erwachsen, erwägt, um so mehr als die elektrische Kraftübertragung nicht mehr als ein physikalisches Experiment, sondern als eine ernste Errungenschaft der modernen Elektrotechnik erkannt ist. Es sind daher auf diesem Gebiete noch grosse Fortschritte zu erwarten. Hier sei nur erwähnt, dass der elektrische Antrieb für Centrifugen bereits in vielen Zuckerfabriken in Anwendung steht. Seit der Beseitigung der Knochenkohle aus den Rohzuckerfabriken trat oft der sehr störende Umstand ein, dass sich die concentrirteren Säfte (Mittelsaft und Dicksaft) durch Filterpressen, Excelsiorfilter, Wellblech- und Buckelblechfilter schwierig filtriren liessen. Die Hanf-, Leinen- und Baumwollstoffe der verschiedenen Filter functionirten viel zu langsam, in Folge dessen sie den erhöhten Anforderungen der vergrösserten Betriebe nicht zu genügen vermochten. Man ist daher vielfach gezwungen gewesen, zu einer vermehrten Aufstellung von Dicksaftfiltern zu schreiten, ein Uebelstand, der bedeutende Kosten verursacht. Von den vielen vorgeschlagenen Filtermaterialien hat sich nun nach dem Verfahren von Wagner37) der Kork am besten bewährt. Der Kork wird in Form von Schrott verwendet und in cylindrische Filtrirgefässe gefüllt (wozu die alten Spodiumfilter ganz gut geeignet sind). Die zu filtrirende Flüssigkeit wird von unten nach oben durch das Filter aufsteigen gelassen. Man hat aber nicht nur schwere Dicksäfte, sondern auch Dünnsäfte bei aufsteigender Filtration schnell und vollständig blank filtrirt. Dieses Verfahren dürfte daher in manchen Fällen recht brauchbar sein und verdient Beachtung. Maignen38) empfiehlt die Verwendung von Asbest zur Filtration von Rohsäften, Saturationssäften und Syrupen und soll sich dessen Apparat in französischen Zuckerfabriken bewährt haben. Das neue Filter von Mares39), der Filtration der Säfte der II. und III. Saturation dienend, stand in Böhmen in verschiedenen Zuckerfabriken in Anwendung; auch das Niederdrucksaftfilter „Claritas“, System Matouxek-Berounský40), hat mit gutem Erfolg zur Filtration der Säfte der II. Saturation gedient. Von den verschiedenen verbesserten Filterpressensystemen werden die Vorzüge der Beeg'schen41) Filterpresse gelobt. Die Wichtigkeit der Saturation für die Saftreinigung ist allgemein anerkannt; zu einer guten Saturation gehört aber neben einem guten Kalkstein ein entsprechend functionirender Kalkofen. Sehr gut bewährt hat sich der Kalkofen von Kulmiz, welcher nach Hyroš42) eine glückliche Modifikation des Steinmann'schen Kalkofens ist. Verschiedene deutsche Zuckerfabriken haben mit dem Khern'schen Ofen43) zufriedenstellende Resultate erhalten. Im Uebrigen liegen über die Anlage und Beschickung der Kalköfen noch sehr verschiedene Ansichten vor, wie dies auch in der Natur der Sache liegt, nachdem bei der Leistung eines Kalkofens mancherlei Umstände in Betracht kommen. Vielfach ist man der Ansicht, dass Kalköfen mit Generatoren in allen Stücken den Vorzug vor den anderen Constructionen verdienen, welch letztere sich übrigens ohne besondere Kosten in solche mit Generatoren umgestalten lassen. (Schluss folgt.)