Titel: | Die Chemische Industrie auf der Columbischen Weltausstellung im J. 1893. |
Autor: | Otto Mühlhäuser |
Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 64 |
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Die Chemische Industrie auf der Columbischen
Weltausstellung im J. 1893.
Von Dr. Otto Mühlhäuser.
(Fortsetzung des Berichtes S. 40 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die Chemische Industrie auf der Columbischen Weltausstellung im J.
1893.
Frankreich.
Solvay et Cie. in Dombasle bei Nancy.
Ausstellung von Ammoniaksodafabrikaten.
Kaustische Soda in Stücken, Soda, Natriumbicarbonat.
Sodasalze: I. 58 procentiges CO3Na2 und 20- bis 25 procentiges NaOH; II. 48 procentige
Na2CO3 und 20-
bis 25 procentiges NaOH; III. 36 procentige CO3Na2 und 10- bis 15 procentige NaOH.
Die Ausstellung ist ärmlich, und es befremdet, die Präparate einer solch grossen
Firma in einem verlorenen Winkel auffinden zu müssen.
Grossbritannien.
1) Brunner, Mond and Co., Ltd. Northwich. Diese grösste
Ammoniaksodafabrik der Welt besitzt Betriebe in Northwich, Sandbach und
Winnington.
Folgende Productionsstatistik gibt Einblick in die Entwickelung und
Leistungsfähigkeit der Firma:
Produktion an Soda
1875
2500 t
1878
7600 t
1881
20600 t
1884
62000 t
1888
124000 t
1892
169000 t
Die Firma stellt ihre berühmten Fabrikate in einem in altenglischem Style erbauten
Pavillon aus.
Ausstellungsobjecte: Kaustische Soda, Soda in verschiedenen Sorten,
Natriumbicarbonat, Ammonsulfat und -chlorid, Wasserglas.
2) The United Alkali Company of England Ltd. Dieses
Riesenunternehmen bildete sich im November 1890 durch Verschmelzung fast aller
Alkalifirmen von Grossbritannien und Irland zu einer einzigen Gesellschaft (Greenbank-Alkali-works, Muspratt, Tennant, Kurtz, Gamble
and Son, Hutchinson, Mathieson, Piekington, North Liddell, Allhusen,
Globe-Alkali-works, Gaskell, Sullivan, Widness-Alkali-works u.s.w.).
Das eingezahlte Kapital beträgt 8300000 Pfd. Sterl., der Reservefond 500000 Pfd.
Sterl. Das Totalkapital ist also 8,8 Millionen Pfund Sterling = 166 Millionen Mark.
Die Compagnie eignet 45 Werke und beschäftigt 15000 Arbeiter. 65 Locomotiven mit
2000 Bahnwaggons, eine Flotte von 100 Schiffen (10 Dampfer und 90 andere Fahrzeuge)
vermitteln die An- und Abfuhr der Materialien.
Die Gesellschaft, das grösste chemische Unternehmen der Welt, producirt nahezu allen
Chlorkalk, alles Kaliumchlorat und Natriumchlorat, alle kaustische Soda Englands und
ist bei weitem der grösste Producent von Schwefelsäure, Salzsäure auf der Welt. Die
Production von Soda nach Leblanc und Solvay, Salz, Dünger, Schwefel, Kupfersulfat ist
ebenfalls eine ausserordentlich grosse.
Die Ausstellungsgegenstände sind:
Chlorkalk, kaustische Soda, Natriumcarbonat, Natriumbicarbonat, Kaliumchlorat,
Natriumchlorat, Bariumchlorat, kaustisches Kali, Kaliumcarbonat, Schwefel,
unterschwefligsaures Natron, Wasserglas, Thonerdesulfat, mangansaures Natron,
Braunstein, Salmiak, Ammonsulfat, Chlormagnesium, Chlorcalcium, Natriumsulfid,
Chromsäure, Strontiumsalze, Kupfervitriol, Schwefelsäure, Schwefelsäureanhydrid,
Salzsäure.
Russland.
Chemische Fabrik Tentelew in Petersburg.
Ausstellung von Schwefelsäure, rauchender Schwefelsäure, Schwefelsäureanhydrid,
Salzsäure, Salpetersäure.
II. Industrien, welche Kohle als Rohstoff verarbeiten.
Man muss glauben, dass Braun- und Steinkohlen aus vorweltlichen Pflanzen
hervorgegangen sind.
Wahrscheinlich verdanken die Kohlen in erster Linie einem Condensationsprocesse das
Dasein. Zwei oder mehrere Moleküle Cellulose haben sich unter den in der Erdrinde
herrschenden Druck- und Temperaturverhältnissen, unter Verlust von Wasser, dessen
Menge von dem geologischen Alter abhängt, zu einem complexen Molekül vereinigt.
Glaublich ist ferner, dass die leicht zersetzbaren, die Cellulose begleitenden
eiweiss-, stärke- und zuckerartigen Substanzen reducirenden Einfluss ausgeübt haben
und neben der Condensation eine Hydrirung einherlief.
Man könnte vermuthen, dass beispielsweise 2 Moleküle Cellulose (C12H20O10), unter Verlust von Wasser, sich zu einer
Ringkette vereinigten:
Textabbildung Bd. 290, S. 64
und dass die Kohle das Oxyketon eines complicirten
Kohlenwasserstoffes ein „schwarzer Farbstoff“ ist.
An welcher Stelle eine derartige Verbindung bei der „trockenen Destillation“
gespalten wird, stets wird man eine Verbindung ableiten können, welche sich im
Steinkohlentheere vorfindet. Findet die Spaltung in der Längsrichtung statt, und das
würde der bei niedriger Temperatur vorgehenden Zersetzung entsprechen, so entstehen
Paraffine, findet Spaltung in der Querrichtung statt, so würden Benzol und dessen
Homologe, Naphtalin, Anthracen, Diphenyl, Fluoren, Fluoranthen, Acenaphten u.s.w.
sich bilden.
Bis dahin hat man angenommen, dass die aromatischen Kohlenwasserstoffe aus Acetylen
sich aufbauen würden, z.B.:
3 C2H2 = C6H6.
Ich möchte dieser Hypothese die obige gegenüberstellen.
Bituminöse Kohlen dürften immer dann entstanden sein, wenn in einem Wasserbecken die
im Laufe einer langen Periode sich aufhäufenden Pflanzen und Thierleichen
gleichzeitig der Zersetzung anheimgefallen sind. Dann dürfte eine Condensation
zwischen Cellulose und Fettsäure die Bildung der bituminösen Kohle veranlasst haben.
Seit den grundlegenden Arbeiten Engler's kann man
geneigt sein, die Bildung der bituminösen Kohlen in dieser Weise aufzufassen,
wenn man nicht vorzieht zu glauben, fertiges Erdöl sei in fertige Kohle eingewandert
und hätten sich dann erst unter Wasserverlust zur bituminösen Kohle, Braun- oder
Steinkohle, vereinigt.
An der Kohlenausstellung haben sich fast alle Kohlenstaaten der Welt betheiligt. Vor
allem Amerika, dessen unerschöpflicher Reichthum im Mining-building namentlich durch eine grosse Karte illustrirt wird. Danach
findet sich die Kohle in fast allen Staaten und ist gleichmässig über den ganzen
nördlichen Continent verbreitet. Steinkohlen finden sich in folgenden
Unionsstaaten:
Washington, Montana, Wyoming, Nord-Dacota, Missouri, Iowa, Illinois, Indiana,
Michigan, Ohio, Pennsylvanien, Maryland, West-Virginien, Kentucky, Tennessee,
Alabama, Arkansas, Indian-territory, Kansas, Colorado, New Mexiko, Utah,
California.
Wir können indessen auf die Ausstellung der Steinkohlen nicht eingehen und wollen an
dieser Stelle nur noch eine von der Australiern Kerosine Oil
and Mineral Co. Ltd. in Sidney (N. S. W.) ausgestellte bituminöse Kohle
erwähnen. Diese Kohle zeigt matten Glanz, muscheligen Bruch, besitzt ein
specifisches Gewicht von 1,238 und hat folgende Zusammensetzung:
Flüchtige Kohlenwasserstoffe
82,5
Proc.
Fixer Kohlenstoff
11,0
„
Asche
6,5
„
Sie zersetzt sich bei der Destillation der Hauptsache nach in
erdölartige Kohlenwasserstoffe. Man gewinnt sie in der Katoomba-Mine am Joadja Creek
bei Mittacong (N. S. W.).
Bei der trockenen Destillation der Kohlen gewinnt man stets Gas, Theer und Koks als
Haupt- und Nebenproducte, und unterscheidet man danach Leuchtgasfabriken,
Carbonisirungsanstalten, Schweelereien und Kokereien.
Wir besprechen hier nur diejenigen Industrien, welche auf der Ausstellung durch
Firmen vertreten sind, und zwar zunächst die Koksindustrie, dann die auf Theer
gegründeten Fabrikationen: Theerdestillation, Theerproducten- und
Theerfarbenfabrikation, die sächsische Mineralölindustrie und zum Schluss die Koks
benöthigende neue Carborundumfabrikation.
A) Koksindustrie.
Koks wird entweder als Nebenproduct bei der Gewinnung von Leuchtgas erhalten,
oder er wird für metallurgische Zwecke, hauptsächlich für die Eisenindustrie
eigens fabricirt. Letztere verlangt einen unschmelzbaren, harten, festen, den
Druck der Hochofenbeschickung aushaltenden Koks von hohem specifischen Gewicht,
möglichster Aschen- und Schwefelfreiheit. Diesen Anforderungen genügt der
Gaskoks nicht, er ist voluminös, weich und von ungleichmässiger Beschaffenheit,
er dient daher häuslichen und kleingewerblichen Zwecken.
Die Eisenindustrie stellt den Koks entweder selbst her oder aber es fliesst ihr
der ausserordentlich grosse Bedarf aus selbständigen Riesenkokereien zu. Die
trockene Destillation der Steinkohlen geeigneter Qualität wird in gemauerten
Oefen ausgeführt. Dabei steigert man die Temperatur nur langsam und lässt die
Destillationsproducte längere Zeit mit dem glühenden Inhalt in Berührung. Die
resultirenden Gase sind daher meist kohlenstoffarm und dienen zum Heizen der
Oefen. Die übrigen Producte, Theer und Ammoniak, werden entweder mit verbrannt
oder gewonnen
und man unterscheidet daher zwischen Koksöfen mit und solchen ohne Vorrichtungen
zur Gewinnung der Nebenproducte.
Die KoksproductionMan rechnet auf 1
t Eisen 1800 Pfund Koks. der Hauptindustrieländer verhält
sich – wenn man die Eisenausbringungen zum Maasstabe nimmt – wie folgt:
Grossbritannien
7,3
Vereinigte Staaten
6,6
Deutsches Reich
4,0
Frankreich
1,7
Belgien
0,7
Oesterreich-Ungarn
0,7
Die folgende Tabelle gibt Einblick in die Zusammensetzung der Koke verschiedener
Distrikte und Länder:
Ort
Gebun-dener C
FlüchtigeStoffe
Asche
Wasser
Schwefel
Untersucht von:
Cedar Grove
Kanawha
95,02
–
4,40
–
0,58
M. A. Scoville.
East Bank
desgl.
89,95
–
9,13
–
0,378
Powellton
Fayette
93,25
–
1,50
5,15
1,10
Hy. Froehling.
Great Kanawha
desgl.
95,86
–
3,62
–
0,51
A. S. Mc Creath.
Crescent
desgl.
90,31
1,77
7,92
–
0,59
J. W. Mallett.
Eagle and St. Clair
desgl.
90,48
–
9,00
–
0,50
Porter und Going.
Nuttallburg
desgl.
93,00
–
6,76
–
0,27
C. E. Dwight
Echo
desgl.
97,71
0,14
1,86
0,29
0,56
J. B. Britton.
Caperton
desgl.
94,62
0,24
4,91
0,23
0,54
desgl.
Fire Creek
desgl.
91,94
0,49
6,92
0,10
0,53.
A. S. Mc Creath
Stone Cliff
desgl.
89,66
2,68
6,60
0,06
0,66
Heager und Wickham.
Quinnimont
desgl.
93,85
–
5,85
–
0,30
J. B. Britton.
Echo
desgl.
92,73
0,71
5,15
1,41
0,58
Heager und Wickham.
Pocahontas
Mercer andMc Dowell
92,58
0,49
6,04
0,19
0,67
Mc Creath und d'Invilliers.
Pocahontas Nr. 3
desgl.
92,24
0,71
6,28
0,18
0,56
desgl.
Stephenson and Mohler
desgl.
92,81
1,05
4,91
0,66
0,54
desgl.
Clements
Marion
87,50
–
11,00
0,30
1,20
A. S. Mc Creath.
Montana
desgl.
89,85
0,90
8,40
0,76
0,82
desgl.
Monongah
desgl.
91,08
1,85
6,17
0,24
0,66
desgl.
Austen
Preston
87,98
–
11,57
0,45
–
P. B. Wilson.
Davis
Tucker
90,60
1,49
6,96
0,18
0,77
Thomas
desgl.
90,05
1,16
7,94
0,15
0,70
J. W. Powell.
BradfordCaperton
ConnellsvillePennsylvania
89,5789,15
––
9,11 9,65
––
0,821,20
A. S. Mc Creath.
B. Crowther.
Seymour
Biossburg, Pa.
84,76
–
13,34
–
0,998
A. S. Mc Creath.
Holmes und Broth
Beaver Co., Pa.
84,72
–
12,63
–
1,99
desgl.
Pratt Bed
Alabama
88,87
0,75
8,99
0,19
1,18
Mc Creath und d'Invilliers.
Dade Mines
Georgia
75,91
1,09
21,75
0,54
0,67
desgl.
Etna Mincs
Tennessee
85,45
1,10
11,08
0,85
1,45
desgl.
Bromney
England
91,58
–
6,86
–
–
Bell.
Mons
Belgien
91,30
–
6,20
–
–
De Maisilly.
Westfalen
Deutschland
85,06
–
0,40
–
–
Muck.
An der Koksausstellung betheiligen sich in grösserem oder kleinerem Maasstabe
fast alle Industriestaaten der Welt, vor allem die Vereinigten Staaten von
Amerika. Kur amerikanische Aussteller und auch ein deutscher gewähren indessen
dem Interessenten tiefere Einblicke in die Verhältnisse.
Amerika.
Die Koksindustrie dieses Landes nimmt unter den mächtiger entwickelten Industrien
in Bezug auf Grösse und Bedeutung den ersten Rang ein. 19 Staaten und
Territorien, voran Pennsylvanien und West-Virginien, betheiligen sich an dieser
Industrie.
In Pennsylvanien hat das vom Yonghiogheny-River durchflossene Gebiet von
Connellsville die Führerschaft übernommen. Dieses Gebiet versorgt nicht allein
die am Allegheny- und Monongahela-River angesiedelte grossartige Eisenindustrie
mit Koks, es exportirt sogar den Koks durch ganz Amerika und Kanada. Da die im
Connellsville-Becken ausgeführte Betriebsweise typisch für die Art und
Weise der Koksgewinnung überhaupt ist, so soll sie eine besondere Betrachtung
finden.
Die der Verkokung unterworfene bituminöse Kohle entstammt dem bei Connellsville
gelegenen Becken. Dasselbe nimmt eine Fläche von 147 Quadratmeilen ein. Die
Mächtigkeit der Schicht ist 9 Fuss. Die Kohle ist ausserordentlich weich, fast
frei von Schiefer und Schwefel und sehr gleichartig. Ihre Zusammensetzung wird
wie folgt angegeben:
Wasser
1,130
Proc.
Flüchtige Stoffe
29,812
„
Gebundener C
60,420
„
Schwefel
0,689
„
Asche
7,949
„
Man gewinnt die Kohle nach dem sogen. „double heading-pillar-and
room-system“. Die Kohlenwerke sind meist durch Schienengleise mit den
Koksöfen verbunden und werden direct mit den aus dem Inneren der Mine kommenden
Wagen beschickt. Der Betrieb der Wagen geschieht im Inneren des Bergwerkes durch
Esel, Pferde oder Drahtseilmotoren, ausserhalb aber auch mit Locomotiven.
An den im Distrikte in Betrieb stehenden 17250 Oefen betheiligen sich 85 Firmen.
Das kleinste Werk, der Great-Bluff, hat 16 Oefen,
das grösste, die Anlage von H. C. Frick und Co.,
besitzt 11000 Oefen.
Zur Darstellung des Koks dienen die alten – in England allgemein gebrauchten –
„Bienenkorböfen“, welche ein- oder zweireihig aufgeführt die
Bezeichnungen „bank“ -oder „block-ovens“ führen. Das Licht des
Ofens hat einen Durchmesser von 6 bis 12 Fuss und eine Höhe von 5 bis 7 Fuss.
Jeder Ofen hat seitlich eine Thür (20 × 30 Zoll) und eine Füll- bezieh.
Rauchöffnung. Zum Aufbau sind nöthig 3000 feuerfeste Ziegelsteine, sogen.
„crown-brick“, 1200 „lining-brick“, 120 gewöhnliche
Ziegel für den Boden, 20 Cubik-Yards Mauersteine.
Man beschickt die Oefen durch die obere Oeffnung aus Wagen, deren Inhalt dem
Fassungsraume des Ofens entspricht. Die pyramidal im Ofen aufgehäufte Kohle wird
schliesslich mit einer Hacke geebnet. Dann schliesst man die Thür B durch
Vermauern mit Ziegelsteinen und Verschmieren der Fugen mit einem aus Lehm und
scharfkantigem Sande hergestellten Mörtel. In etwa ½ Stunde entsteigt der
Rauchöffnung ein blasser bläulicher Rauch, der allmählich dunkler und stärker
wird. In einer weiteren halben Stunde erfolgt dann gewöhnlich eine Explosion,
und damit kommt der Ofen in vollen Brand. Die Kohle brennt von oben aus nieder,
der Brand selbst wird durch Luftöffnungen, welche rings um den Gewölbebogen der
Thür angebracht sind, regulirt. In 48 bezieh. 72 Stunden ist sämmtliche Kohle
verkokt. Man erhält eine Ausbeute von 69 Proc.
Die rothglühende Masse wird – nach Oeffnung der Thür – abgekühlt. Das geschieht
durch Einspritzen von reinem Wasser aus einer 3- bis 4 zölligen Gasröhre. Der
vollständig abgekühlte Koks wird dann aus dem Ofen gezogen und in Bahn wagen
geladen.
Oefen, welche zum ersten Male beschickt worden sind, entzündet man mit Holz oder
rothglühenden Kohlen, genau so wie man irgend einen Ofen anzündet. Ein sich seit
einiger Zeit in Gebrauch befindender Ofen ist so heiss, dass die in den Mauern
aufgespeicherte Hitze die Kohle entflammt.
Der so erhaltbare Koks hat Silberglanz, ist porös, zäh und frei von Unreinheiten,
er trägt die schweren Lasten der Hochofenbeschickung leicht. Seine
Zusammensetzung wird wie folgt angegeben:
Wasser
0,070
Proc.
Flüchtige Stoffe
0,880
„
Gebundener C
89,509
„
Schwefel
0,711
„
Asche
8,830
„
Ein kürzlich analysirter, der Connelsville-Region entstammender Koks hatte
folgende Zusammensetzung:Vgl. O. Mühlhäuser, Zeitschrift für angewandte
Chemie, 1893 Heft 16.
C
90,24
Proc.
H2O
0,28
„
SiO2
5,53
„
P2O5
0,05
„
SO3
0,00
„
Cl
0,01
„
Fe2O3
2,22
„
Al2O3
1,69
„
CaO
0,18
„
MgOK2O
0,06
„
Von den im Distrikte in Betrieb stehenden 17250 Oefen gehören 10927 in die
Fayette und 6323 in die Westmoreland Cty. Die Oefen geben bei einer Beschickung
mit täglich 35000 t Kohle eine Ausbeute von 1725 Waggons Koks, was einer
Jahresproduction von 10 Millionen Tonnen Koks entspricht.
Die bedeutendsten Regionen in West-Virginien, dem nächstgrössten Koks
producirenden Staate, sind der grosse New River-, Upper Kanawha-, Pocahondas-
und Fairmont-Distrikt. West-Virginien verkokte 1892 2011668 t Kohle und erzeugte
1313449 t Koks.
Aussteller:
1) H. C. Frick Coke Co. in Pittsburgh, Pa. Diese
Gesellschaft ist die älteste des Connellsville-Distriktes, besitzt die
werthvollsten Kohlenfelder und controllirt 41000 Acres Steinkohle. Die Kokerei
wurde 1871 von H. C. Frick ins Leben gerufen und
begann die Arbeit unter dem Namen Frick und Co. mit
50 Oefen auf einem 300 Acres umfassenden Gebiete. Schon im folgenden Jahre kamen
50 Oefen hinzu und zu gleicher Zeit baute die Compagnie 100 Oefen am
Yonghiogheny bei Broad Ford. Der Ofenbau fuhr fort. 1873 ging jedoch das
Geschäft – in Folge der grossen Finanzpanik mit der Eisenindustrie – herunter,
der Kokspreis für die Tonne fiel auf 90 Ct. herab. 1879 kam plötzlicher
Umschwung, der Preis stieg auf 5 Doll. und der Ofenbau begann von Neuem; 1882
eignete die Gesellschaft 1026 Oefen und 3000 Acres Land.
Textabbildung Bd. 290, S. 66Ofen der Frick Coke Co. Im selben Jahre traten Carnegie broth. und
Co. ins Geschäft ein und die Firma nahm den jetzigen Namen an. Bei
dieser Gelegenheit wurde das Actienkapital auf 2 Millionen Dollar erhöht, 1883
auf 3 und 1889 auf 5 Millionen Dollar.
Heute besitzt die Gesellschaft etwa 11000 Oefen. 21 Locomotiven und 1600
Eisenbahnwagen führen die Waare ab; die Arbeit in den Bergwerken geschieht mit
4200 Wagen, 180 Dampfkesseln, 36 Meilen Drahtseil und 88 Paaren stationärer
Maschinen.
Die Firma stellt folgende Objecte aus:
a) Eine riesige Kokspyramide; Schrank mit verschiedenen Kokssorten (pea, nut,
smellstone, crushed coke, egg-size).
b) Modell einer Koksanlage (Bankofen) mit Kohlenförderungsanlage (Kessel- und
Maschinenhaus), Hebethurm, Schacht; Modell einer Kohlenhebeanlage (hoisting
shaft).
c) Modelle von Minenwagen, Kokseisenbahnwagenzug.
d) Relief der Connellsville-Cokes-Region.
e) Karten, Photographien der verschiedenen Kokswerke der Gesellschaft.
2) St. Bernhardt Coal Co. in Earlington, Ky.
Ausstellung von 48 und 72 St. Koks.
3) Fast Tennessee land Co. in Harriman, Te.
Ausstellung von Koks aus Kohlen von der Byrd-mine.
4) Pocahontas Coke Co.
Stellt Koks aus.
5) West-Virginia.
Ausstellung von Koks aller Art durch westvirginische Firmen.
6) An der Koksausstellung nehmen fast alle Kohlenstaaten Amerikas theil.
Deutschland:
Während man in England und Amerika durch die allgemeine Anwendung der
Bienenkorböfen – in welche von aussen Luft eintritt; so dass durch Verbrennung
eines Theiles der Kohle die Hauptmenge verkokt – die Nebenproducte einfach
verbrennt, verloren gibt, hat man in Neuerungen in der Fabrikation der Mineralsäuren,
der Soda, Potasche und verwandter Industriezweige.
Deutschland, Oesterreich und Belgien angefangen, den Theer und das Ammoniak zu
gewinnen. Diese Neuerung erfolgte Anfang der 80 er Jahre. Die Einführung der
Generatorfeuerung in den Gasfabriken bezieh. die darauf basirte Methode der
Gasbereitung bei hohen Temperaturen hatte die Verschlechterung und Verringerung
der Theermengen im Gefolge. Das dadurch veranlasste Ansteigen der
Theerpreise:
1879
1884
1886
1889
23
54–60
12
20 M.
für 1000 k
dann namentlich auch die Furcht, das elektrische Licht
möchte die Production noch mehr herunterdrücken, geben den Anlass zu
allgemeinerer Durchführung der Gewinnung der Nebenproducte der Koksfabrikation.
Diese geschieht in Deutschland mittels der von G.
Hoffmann und Otto erfundenen Vorrichtungen.
Neben den von Hoffmann-Otto ausgeführten Anlagen
existirt in Deutschland der vielfach verbreitete Coppé-Ofen, in welchem die
Kohle nur von aussen erhitzt wird, Theer und Gase entweichen durch Abzugskanäle
und werden unter der Sohle des nächsten Ofens und in den Ofen umringenden
Zwischenkanälen verbrannt. Auf das dem Coppé-Ofen zu Grunde liegende Princip:
Erhitzung der Kohle in der Muffel und Ableitung der Gase, haben Hoffmann und Otto ihren Ofen gegründet, sie saugen
die aus dem Ofen entweichenden Gase ab, condensiren Theer und Ammoniak und
benutzen die nicht condensirbaren Leuchtgase zum Heizen der Muffel. 60 Oefen
bilden gewöhnlich ein System.
Nach Lürmann waren in Deutschland Anfang 1892 15726
Koksöfen mit einer Jahresproduction von etwa 7 ¾ Millionen Tonnen Koks im
Betriebe und davon etwa 10 Proc. mit Einrichtungen zum Gewinn von
Nebenproducten. Der sehr verbreitete Otto-Hoffmann-Ofen erzeugt je nach der
Kohle aus 1 t trockener Kohle 680 bis 760 k Koks, 27,5 bis 42,8 k Theer und 8,5
bis 12 k Ammonsulfat. Die Oefen lohnen sich indessen nur bei hohen Ammoniak- und
Theerpreisen.
Aussteller:
C. Otto und Co. in Dahlhausen a. Rh.
a) Ausstellung von Zeichnungen von Koksöfen System
Hoffmann-Otto, Koksausdrückmaschinen, Apparaten
zur Condensation der Nebenproducte, Ammoniakaufarbeitungsanlage, Anlage von 60
Oefen.
b) Koks.
c) Theer und Theerpräparate: Solventnaphta, Benzol, Carbolsäure, Creosotöl,
Fettöl, Naphtalin, Anthracen, Grünöl, Pech.
d) Ammoniakwasser, Ammonsulfat.
(Fortsetzung folgt.)