Titel: | Verriegelungsanordnung für Weichen- und Signalstellwerke von Manuel Olin. |
Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 7 |
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Verriegelungsanordnung für Weichen- und
Signalstellwerke von Manuel
Olin.
Mit Abbildungen.
Verriegelungsanordnung für Weichen- und Signalstellwerke von Manuel
Olin.
Die in Fig. 1 und 2 skizzirten Weichen- und
Signalstellwerke von Manuel Olin bestehen, wie alle
ähnlichen Anordnungen, aus einer den vorhandenen Stellhebeln entsprechenden Zahl von
Trägern A, die durch Querplatten und Längsschienen zu
einem festen Gestelle verbunden sind, das die Stellhebel, ihre gemeinsame Achse und
die sonst zugehörigen Verriegelungstheile zu tragen hat. Zu den letzteren zählt in
erster Linie für jedes Stellhebelfeld je eine auf der durch das ganze Gestell
laufenden Stellhebelachse lose aufgesteckte, frei drehbare, dem zugehörigen
Stellhebel 1, 2, 3 . . . nahe gegenüberliegende
Kreuzscheibe B1, B2, B3 . . .; jede solche Scheibe hat eine Anzahl radialer
Einschnitte J (Fig. 2), welche dazu
dienen, Daumenstücke E, E1, E2 . . .
(Fig. 1), sei es
rechts oder links, an bestimmter Stelle der Scheibenfläche anzubringen und mittels
Kopfschrauben oder Vorsteckkeilen unverrückbar zu befestigen. An der vorderen wie
rückwärtigen Umfangskante jedes Ständers A sind ebenso
viele rechteckige Einkerbungen H (Fig. 2) ausgespart als in
den Kreuzscheiben Ausschnitte J vorhanden sind, und
werden diese Einkerbungen durch die vorzuschraubenden Abschlusschienen Z geeignet gemacht, einer dem Erfordernisse angepassten
Anzahl von Querstangen C, C1, C2 . . .,
den eigentlichen Verriegelungsstangen, als Führungen zu dienen. Die Riegel C werden den Verschlussbedingungen der Anlage gemäss in
die Führungen H eingelegt und reichen daher je nach
Bedarf nur von einem Hebelfelde zum zweiten, oder zum dritten u.s.w., oder etwa auch
über die ganze Gestellslänge hin; an denselben sind wieder besondere Anlaufnasen D, D1, D2 . . . (Fig. 1) festgemacht, von
welchen jede zunächst eines der Scheibendaumen E sich
befindet und die Aufgabe hat, sich demselben in zweierlei Lagen entgegenzustellen.
Bei der einen dieser Lagen ist D so nahe vor E gebracht, dass hierdurch letzteren, also auch der
zugehörigen Scheibe B, jede Bewegung versperrt wird. In
der zweiten Lage kann sich aber B drehen und dabei
vermöge der Einwirkung der Daumenflächen von E auf D diese Nase ein Stückchen Weges mitnehmen, was
natürlich gleichzeitig eine Verschiebung der zugehörigen Verriegelungsstange C – nach rechts oder links, je nachdem die
Befestigungsstelle der Daumen E und der Nase D gewählt ist – zur Folge hat.
Jeder der Stellhebel S bewegt sich zwischen zwei
Führungsplatten NN, die am Gestellsrahmen
festgeschraubt und in gewöhnlicher Weise für jede der beiden Endstellungen des
Hebels mit einer Falle zum Festmachen der Hebelklinke versehen sind. An der
linksseitigen Führungsplatte tritt ein Achsenzapfen Q
vor, welcher einem zweiarmigen Gleitbogen V (Fig. 2) als Drehachse
dient. Der rechtsseitige Arm dieses Gleitbogens bekannter Anordnung wird durch das
hakenförmige Ende der Stange O hoch gehoben, sobald die
Handhabe K des Stellhebels zur Benutzung kommt. Am
äussersten Ende eben des bezeichneten Gleitbogenarmes ist ein Mitnehmer, nämlich der
Bügel R angebracht, dessen unterster Theil einen
eigenthümlich angeordneten Doppelhaken TU bildet,
welcher zwischen zwei angemessen abgeflachten, aus der zugehörigen Scheibe B hervorragenden Zähnen oder Daumen X und Y liegt.
Textabbildung Bd. 290, S. 7
Olin's Verriegelung für Weichen und Stellwerke.
Bei dem vorgedachten Hochheben des Bogens V bezieh. des Mitnehmers R
wirkt der Hakentheil T derart auf die Daumenfläche X (Fig. 1), dass die Scheibe
B ein Stückchen nach links, d.h. in der Richtung
des eingezeichneten Pfeiles, gedreht wird. Wenn nun die volle Umlegung des
Stellhebels S erfolgt, so läuft während dieser
Hebelbewegung das Ende der Stange O im Gleitbogen V weiter und hebt dabei den linksseitigen Bogenarm
successive gerade so viel, dass der rechtsseitige Arm und der Mitnehmer R wieder in dem Maasse nach abwärts gehen, als sie
vorher beim Ausklinken von K gehoben wurden. Hat S seine zweite Endlage völlig richtig erreicht und wird
dann die Handhabe K wieder losgelassen, so erfolgt beim
Einschnappen der Hebelklinke, d. i. beim Niedergehen der Stange O, ein gleiches Niedergehen des linksseitigen
Gleitbogenarmes, also ein neuerliches Aufwärtsgehen des rechtsseitigen
Gleitbogenarmes bezieh. des Mitnehmers R; demzufolge
dreht sich bei diesem
Vorgange auch wieder die Scheibe B ein gleich langes
Stück und im gleichen Sinne weiter, wie früher beim Ausklinken von K. Das Gleiche, nur im entgegengesetzten Sinne, tritt
beim Zurückstellen des Hebels S in seine Normallage
ein, denn in diesem Falle wird sowohl beim ersten Ausklinken von K als beim schliesslichen Einklinken beide Male ein
Niederpressen des Mitnehmers R veranlasst, weshalb
nunmehr die Fläche U zweimal auf Y einwirkt; d.h. R etwa
wie ein Sperrkegel die Scheibe B in zwei Absätzen
ebenso weit wie vorher, jedoch in entgegengesetzter
Richtung weiterschiebt. Sowohl beim Stellen als beim Zurückstellen des Hebels
erfolgt also stets eine zweimalige Vorwärts- bezieh. Zurückdrehung der zugehörigen
Kreuzscheibe B, wobei deren Daumen E je nach ihrer Anordnung an den gegenständigen
Anlaufnasen vorübergehen oder diese erfassen und die zugehörige Verriegelungsstange
C rechts oder links schieben, wodurch sich die
weiteren Anlaufnasen der verschobenen Stange in den anderen Hebelfeldern auch wieder
vor ihre gegenständigen Scheibendaumen E stellen oder
sich von denselben entfernen, d.h. die betreffenden Stellhebel verriegeln oder
entriegeln.
Gemäss den Verschlussbedingungen, welche der in Fig. 1 dargestellten
Anordnung zu Grunde liegen, würde beispielsweise bei der Umlegung des Hebels 1 aus seiner normalen Stellung in die zweite Lage
seitens der Scheibe B mittels des Daumens E2 auf die Nase D2 eingewirkt und die
Stange C1 nach rechts
verschoben werden, vorausgesetzt, dass die Nase D3 nicht durch den aus der Kreuzscheibe des
Stellhebels 2 vorstehenden Bolzen G am Ausweichen verhindert ist. Dieser rechts und links
von B2
vortretende Bolzen G ist kein neuer Bestandtheil,
sondern lediglich der Einfachheit halber angewendet als Vertreter zweier Daumen E, die sonst an dieser Stelle der Scheibe B2 vorhanden
sein und sich den Nasen D3 und D4 der
Stangen C1 und C2
entgegenstellen müssten. Ersichtlichermaassen lässt sich C1 also nur dann nach rechts verschieben,
wenn G den Weg nicht versperrt, d.h. im vorliegenden
Falle, wenn der Hebel 2 nicht in seiner Normallage
steht, sondern seine zweite Stellung einnimmt. Demgemäss muss immer erst der Hebel
2 umgelegt sein, ehe der Hebel 1 aus seiner Normallage gebracht werden kann. Dieselbe
Vorbedingung gilt auch hinsichtlich des Umlegens des Stellhebels 3, dessen Verriegelungsstange C2 sich vermöge der Einwirkung des
Daumens E4 auf die Nase
D5 nach links
bewegen muss, was jedoch nur dann möglich ist, wenn bei G der Weg offen steht. Beim Umlegen des Hebels 1 wird übrigens nebst der Stange C1 gleichzeitig auch die Verriegelungsstange C nach links verschoben, indem der Daumen E auf die Nase D einwirkt;
hierdurch gelangt die Nase D1 so vor den Daumen E1 der Kreuzscheibe des Stellhebels 2, dass dieser in der vorbedungenen umgelegten Lage
festgehalten wird. Hebel 2 ist also durch den
umgelegten Stellhebel 1 programmgemäss verriegelt
u.s.w.
Aus diesen beiläufigen Andeutungen lässt sich die Wechselwirkung der
Apparattheile leicht ersehen und zugleich erkennen, wie mannigfach die
Verriegelungen bezieh. die Abhängigkeiten sein können, welche der in seinen Theilen
immerhin ganz einfache Apparat bewältigen lässt. Dieser Umstand, sowie das geringe
Raumerforderniss und die verhältnissmässig bescheidenen Anschaffungskosten der
Vorrichtung werden vom bezüglichen Berichterstatter des Le
Genie civil, welcher Zeitschrift die vorstehende Schilderung (vgl. Le Genie civil, 1893 S. 405) entnommen ist, den sonst
in Frankreich zumeist angewendeten Weichenstellwerken von Vignier sowie von Saxby gegenüber, besonders
gerühmt.