Titel: | Die Antiplatinglühlampe. |
Autor: | Franz Walter |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 188 |
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Die Antiplatinglühlampe.
Von Franz Walter, k. k.
Artilleriehauptmann.
Die Antiplatinglühlampe.
Alle Systeme der bis heute im Gebrauche befindlichen elektrischen Glühlampen
erfordern zu ihrer Herstellung Platin in mehr oder weniger ökonomischen Quantitäten
in Form eines dünneren oder stärkeren Drahtes.
Die Nothwendigkeit der Verwendung dieses Metalles ist dadurch bedingt, dass unter
allen Metallen und Legirungen das Platin allein die Fähigkeit besitzt, sich in
besonderen Glassorten luftdicht einschmelzen und mit diesen so verlässlich verbinden
zu lassen, dass diese Verbindung selbst bei jedem Temperaturwechsel sich unverändert
erhält.
Der hohe Preis des in die Klasse der Edelmetalle gerechneten Platins, ferner die
unabsehbaren Preisschwankungen, welchen dasselbe insbesonders durch die Kartelle
ausgesetzt ist, gab Veranlassung, dass sich eine grosse Anzahl von Experimentatoren
damit befasste, geeignete Mittel zu finden, das Platin aus der Technik der
Glühlampenerzeugung ganz oder doch in möglichst weitgehendem Maasse zu
eliminiren.
Alle Versuche, die darauf abzielten, ein Metall oder eine Legirung von
gleichwerthigen oder ähnlichen Eigenschaften wie das Platin zu finden, scheiterten
bis nun und es dürfte kaum zu erwarten sein, dass sich diese wichtige Frage nach der
eben angedeuteten Richtung lösen Hesse.
Ich habe vom Anbeginn den bezeichneten Weg als vorläufig vollkommen unmöglich
betrachtet und ihn daher nicht betreten. Dagegen war ich bemüht, nach einer
Lampenconstruction zu suchen, die es ermöglicht, statt des Platins Metalldrähte aus
bekanntem billigem Materiale, wie Eisen, Kupfer u. dgl., zur Herstellung der Bügel
zu verwenden und auf diesen Drähten dann die Kohlefäden (wenn thunlich in der jetzt
üblichen Weise) z.B. durch Niederschlagen von Kohlenstoff oder durch Kitte zu
befestigen.
Bei dieser Art Lampenconstruction handelte es sich aber in erster Linie um eine
geeignete, verlässliche Verbindung der Kupfer- oder Eisendrahtbügel o. dergl. mit
dem Glase der Ballons.
Dies gelang mir nun, nach einer Reihe mühevoller Versuche vollständig, durch die
Auffindung einer Metalllegirung, welche ausser einer Anzahl sonstiger für die
Technik höchst werthvoller Eigenschaften auch die Fähigkeit besitzt, sich mit Glas
und Metallen fest und innig zu verbinden und in diesem Zustande auch bei jedem,
innerhalb der Schmelztemperatur der Legirung gelegenen Wärmegrade zu verharren.
Ohne in die Details der Construction und ohne auf die eigentliche Herstellungs-
bezieh. Fabrikationsmethode der von mir erdachten Glühlampe eingehen zu wollen,
diene nur als vorläufige Mittheilung, dass ich durch die Anwendung der vorerwähnten
Metalllegirung zwei Typen von Glühlampen construirt
habe, von welchen die eine ganz ohne Anwendung von
Platin, die andere mit so minimalen
Platinmengen hergestellt ist, dass mit 1 g Platin
350 bis 400 Lampen erzeugt werden können, so dass der Platinaufwand für
eine Lampe ein Minimum von 0,003 g beträgt.
Obwohl die Type I als solche unbedingt zu den interessanten Errungenschaften auf
elektrotechnischem Gebiete gerechnet werden dürfte, so erfordert doch ihre
Herstellung einige Achtsamkeit und Pedanterie, die bei der Massenfabrikation
etwas unangenehm in die Wagschale fällt.
Die Type II kann hingegen erstaunlich leicht, rasch und selbst von minder
geschickteren Arbeiterinnen fabriksmässig erzeugt werden, wodurch ihre Herstellung
sogar billiger zu stehen kommt als jene der Type I.
Der Erzeugungspreis der Lampe (höchstens ⅔ der bis nun billigst herzustellenden
Platinlampe) wird jedoch nicht nur durch eine weitgehende Eliminirung des Platins,
sondern auch dadurch heruntergedrückt, dass das Ausschussprocent bei weitem geringer ist, als
bei den jetzigen Lampen; weiter sind die Herstellungsmanipulationen bedeutend
vereinfacht, es entfällt die Verwendung von Emaille, das Anlöthen der
Zuleitungsdrähte u. dgl.
Die Lampe besitzt die übliche Form der Glühlampen. Es kann jede beliebige
„Fassung“ an ihr angebracht werden, und bei oberflächlicher Betrachtung
würde selbst der Fachmann kaum einen auffälligen Unterschied zwischen der
gewöhnlichen elektrischen Glühlampe und der Antiplatinlampe finden.
Die Brenndauer – gute Kohlefäden vorausgesetzt – ist
gleich jener der Platinlampen.
Es verdient schliesslich hervorgehoben zu werden, dass sämmtliche in den
Glühlampenfabriken bestehenden Einrichtungen ohne weiteres zur Erzeugung der
Antiplatinlampe in Verwendung genommen werden können.