Titel: | Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen. |
Autor: | Leo |
Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 81 |
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Der Roheisenerzprocess im basischen
Martinofen.
Von Dr. Leo.
(Schluss des Berichtes S. 41 d. Bd.)
Mit Abbildung.
Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen.
Soweit gekommen im sauren Martinofen wird nunmehr beabsichtigt, eine Reihe von Hitzen
mit Erzziegeln, Roheisen und Schrott auf basischem
Herde abzuführen. Mit kieselarmen Elbaerzen sind gute Resultate und eine
absolute Phosphor- und Schwefelfreiheit des Productes zu erhoffen. Um die
Kieselsäure des Erzes zu sättigen, ist den Erzziegeln kohlensaurer Kalk in Stücken
und in bestimmter Menge – 5 Proc. – beizumischen; die basische kalkige Schlacke wird
in der Reductionsperiode mit Leichtigkeit den Schwefel des Erzes und der Kohle in
den Ziegeln binden. Der Phosphor kann sich nicht vollständig aus dem Metallbade
eliminiren und wird in der zweiten Periode zur Schlacke treten, d.h. in der Periode
der Oxydation, wenn das Bad vollkommen oder fast vollkommen entkohlt ist.
Der basisch zugestellte Ofen gestattet, was durchaus nothwendig ist, soll der
Rücktritt des Phosphors ins Metallbad vermieden bleiben, während der Arbeit die
Schlacke abzuziehen, wodurch die Oberfläche des Bades frei und die Möglichkeit
gegeben wird, die Temperatur gegen das Ende des Processes hin zu steigern. Auch der
Ersatz des Koks im Erzziegel durch gut gewaschene, sehr feine Kokskohle ist
angezeigt; sie besitzt geringeren Schwefel- und Aschengehalt. Das Verhältniss ist
dann 21/0,80 = 26 Th. Kohlen auf 100 Erz; backende Steinkohle wird bei Rothglut
weich und blasig und verbindet sich fester mit den Erztheilchen. Die Reduction,
ausschliesslich durch Contact vor sich gehend, wird um so schneller und
vollständiger sich vollziehen, je inniger der Contact ist und je grösser er
entsprechend dem grösseren Volumen der Steinkohle gegenüber dem Koks ausfällt. Um
diesen innigsten Contact zu erreichen, müssen Erz und Kohle feinst und sorgfältigst
pulverisirt und gemischt werden letztere bestehe nur in fetter und reiner Backkohle;
bei Fertigung der Erzziegel soll ein bestimmter hoher Druck zur Anwendung kommen;
alle Substanzen, welche, wie Kalkmilch, die Moleküle von einander zu trennen
vermögen, sind auszuschliessen und fernzuhalten; endlich ist unerlässliche
Notwendigkeit, für den Process nur reichstes Erz anzuwenden.
Um ferner die Reduction durch Contact schnell sich vollziehen zu lassen, soll die
Hitze entsprechend hoch sein; die Formel der Reduction ist dann für das Elbaerz
Fe2O3 + 3C = 2Fe
+ 3CO2. Dem Kohlenoxyd, welches sich bei dieser
Reaction bildet, kann keine merkliche Wirkung beigemessen werden nach der Formel
Fe2O3 + 3CO = Fe
+ 3CO2, weil das kaum gebildete Kohlenoxyd aus der
Ziegelmasse heraustritt, ausserhalb derselben unter Berührung mit den oxydirenden
Gasen des Ofens verbrennt und weil bei der hohen Temperatur im Ofen das Gemisch von
Kohlenoxyd mit nur wenig Kohlensäure auf das reducirte Eisen oxydirend wirkt. (Fe +
CO2 = FeO + CO.)
Nach L. Bell bleibt das Gemisch beider Gase in Gegenwart
metallischen Eisens neutral, wirkt also weder reducirend noch oxydirend, d.h. wenn
in Weissglut 90 Volumina Kohlenoxyd auf 10 Volumina Kohlensäure treffen oder wenn in
heller Rothglut 68 Volumina des ersteren mit 32 Volumina der letzteren oder wenn bei
dunkler Rothglut 40 Volumina Kohlenoxyd mit 60 Volumina Kohlensäure zusammen
kommen.
Die Höhe der Temperatur im Martinofen lässt eine reducirende Wirkung des sich nach
und nach bildenden Kohlenoxydes nicht in Aussicht nehmen.
Die Reduction durch festen Kohlenstoff bezeichnet der Metallurg als eine directe, sie
erfolgt durch Kohlenoxyd indirect; damit ist gesagt, dass der Kohlenstoff im einen
wie im anderen Falle immer reducirend wirkt, nur dass er im zweiten Falle zuerst in
Oxyd übergeführt ist.
Bei Anwendung festen Kohlenstoffes ist das Product der Reduction der Hauptsache nach
Kohlenoxyd, bei der Anwendung von Kohlenoxyd aber Kohlensäure.
1 k Kohlenstoff entwickelt beim Verbrennen zu Kohlenoxyd 2473 Cal., dagegen,
wenn es schon in Kohlenoxyd verwandelt ist, beim Verbrennen zu Kohlensäure 5607; so
wird man auch beim Reductionsprocesse der Eisenoxyde einen grossen Unterschied in
der beiderseitigen Calorienmenge finden, je nachdem man dabei als Agens Kohlenoxyd
oder Kohlenstoff anwendet. Wenn beispielsweise Eisenoxydul mit fester Kohle nach der
Formel FeO + C = Fe + CO reducirt wurde, so wird man erhalten: 56 k Eisen + 16 k
Sauerstoff + 12 k Kohlenstoffe = 56 k Eisen + 28 k Kohlenoxyd, woraus abgeleitet
wird: 4,66 k Eisen + 1,33 k Sauerstoff + 1 k Kohlenstoff = 4,66 k Eisen + 2,33
Kohlenoxyd.
Da nun aber die zur Zerlegung einer chemischen Verbindung erforderliche Menge von
Calorien gleich derjenigen ist, die bei der chemischen Verbindung derselben Körper
frei wird und demnach 1 k Fe, indem es zu Oxydul verbrennt, 1352 Cal. entwickelt, so
ist die Beziehung zwischen Wärmeverbrauch und Wärmeerzeugung im vorliegenden Falle
folgende:
4,66 k aus Eisenoxydul reducirtes Eisen erfordert
4,66 × 1352 =
6300
Cal.
1,00 k Kohlenstoff zu Kohlenoxyd
verbrennend producirt
2473
„
–––––––––
Gesammtverbrauch
3827
Cal.
Dieselben Berechnungen ergeben für:
a) Reduction von 1 k Eisen aus Oxydul mit
festem Kohlenstoff als Verbrauch
822
Cal.
b) Reduction von 1 k Eisen aus Oxydul
durch Kohlenoxyd einen Verbrauch von
150
„
In analoger Weise berechnet sich der Calorienverbrauch im Falle der Reduction von
Eisen aus dem Sesquioxyde desselben mit festem Kohlenstoff nach Formel:
c) Fe2O3 +
3C = 2Fe + 3CO auf
1000 Cal.
und mit Kohlenoxyd der Gewinn an nicht verbrauchten Calorien
nach Formel:
d) Fe2O3 +
3CO = Fe + 3CO2 auf
7 Cal.
Aus diesen Zahlen lässt sich leicht auch der Verbrauch bei Reduction aus dem
magnetischen Oxyde Fe3O4 = FeO + Fe2O3 berechnen: derselbe ergibt sich bei Reduction mit festem Kohlenstoffe zu
939 Cal.
Nach dieser Feststellung wird bei Verarbeitung 60procentigen Elbaerzes für die
Umsetzung von je 100 k Erz in Eisen im Martinofen ein Verbrauch von 60 × 1000 =
60000 Cal. bei einer Erzeugung von 52,5 k Kohlenoxyd, welche 22,5 k Kohlenstoff
enthalten haben, eintreten. Dieses Kohlenoxyd im Ofen selbst in Contact mit der
oxydirenden Flamme zu Kohlensäure verbrannt producirt dann 22,5 × 5607 = 126157
Cal.
Diese Calorien werden natürlich nur zum Theil und jedenfalls mit nicht mehr als ⅙ vom
Bade absorbirt. In runder Zahl werden die an 100 k Erz abgetretenen Calorien 20000
betragen.
Die Erhitzung zur Reduction verbraucht 60000 Cal., es bleiben somit 40000 zur
Erhitzung des Bades auf 100 k Erz; um letztere wieder dem Verfahren gutzubringen,
sind \frac{6\,\times\,40000}{7000}=30\,k Kohlen auf jede 100 k
Erz bei der Gaserzeugung abzuziehen.
Die annähernde Genauigkeit dieser Zahl wird durch nachstehende Calculation
bestätigt:
Eine gewöhnliche 10tonnige Charge verläuft am Versuchsorte innerhalb 6 Stunden und
erfordert 300 k Kohlen für die Chargentonne, stündlich mithin 500 k; Imperatori's Verfahren verlängert die Arbeitsdauer
gleich schwerer Chargen um 2 Stunden und beansprucht nach Maassgabe dieses
Stundenverbrauches ein Verbrauchsplus von 1000 k; auf die mitverarbeiteten 3 t Erz
bezogen ergeben sich für 100 k Erz 30 k Kohlen, Erz- und Kohlenzahlen
abgerundet.
Diese Rechnung fällt übertrieben zu Ungunsten des Imperatori-Verfahrens aus, denn das Kohlenoxyd, welches in grosser Menge
dem Bade entsteigt, vermindert den Durchzug der Gase, mit anderen Worten: die
Gasmenge, welche in den Ofen eintritt, wird kleiner und die längere Dauer der Arbeit
zieht sicher nicht einen mit ihr im richtigen Verhältnisse stehenden Mehrverbrauch
an Brennmaterial nach sich; ausserdem ist, soweit überall angängig, der Gasschieber
möglichst wenig geöffnet worden, um ungestümen Flammenaustritt aus dem Ofen zu
verhindern. Es ist endlich zu Gunsten des neuen Verfahrens in Anschlag zu bringen,
dass bei Verwendung fetter Kohle bis 30 Proc. des Gewichtes derselben in den
Erzziegeln sich in Gas von grösster Heizkraft umsetzen, welches, verschieden vom
Generatorgas, nicht durch Stickstoff und Kohlensäure verdünnt und im Effecte
herabgesetzt ist.
Die durch das Verbrennen der Kohlenwasserstoffe u.s.w. erzeugten Calorien
unberücksichtigt gelassen und angenommen, alles Gas sei aus Kohlenoxyd
zusammengesetzt, so ergeben sich
\frac{27\,\times\,30}{100}\,\times\,5607=45416 Cal. für je
100 k Erz, mit den oben ermittelten 126157 Cal. zu Gunsten des Verfahrens 171573
summirend, die, wie bereits gesagt, nur zum Theil vom Bade aufgenommen werden.
Auf basischem Herd muss die Entschwefelung sich während des Einschmelzens der
Erzziegel vollziehen, denn der Schwefel verbindet sich mit dem Kalke in reducirender
Atmosphäre. Eine solche vollständige Entschwefelung findet im Hochofen bei
entsprechend basischem Gang nach der Formel FeS + CaO + C = Fe + CaS + CO statt; es
genügt dazu, den Ziegeln Kalk in Stücken zuzusetzen, wenn das verwendete Erz
ziemlich kieselreich ist.
Die Entphosphorung erfolgt auf basischem Herd allmählich und nach Maassgabe des
Fortschreitens der Entkohlung; sie vollzieht sich schneller durch periodische
Zusätze von gebranntem Kalk und Eisenerz, ebenso zur Zeit der Schlackenbildung und
des Schlackenabziehens, welches nicht unterlassen werden darf.
In England trat im Siemens-Martinofen entphosphortes Metall zuerst 1887 in der
Ausstellung zu Manchester officiell auf; es war ein Erzeugniss der Patent Shaft and Axletree Co. von Wednesbury. Bei
dieser Gelegenheit machte ihr Director Wailes in der
Herbstversammlung des Iron and Steel Institute zu
Manchester eine emphatische Mittheilung über die Art des dazu benutzten Ofens,
welche mit dem gleichen Enthusiasmus aufgenommen wurde, welchen die Enthüllung eines
neuen Verfahrens zu erregen pflegt. Die englischen Metallurgen vernahmen mit
Befriedigung, dass man endlich eine Fabrikation ins Werk gesetzt hatte, von der
viele unter ihnen wussten, dass sie in zahlreichen Hütten des Continents schon seit
längerer Zeit im laufenden Betriebe stand. Hauptsächlich die nahe Petersburg
gelegene Hütte Alexandrowsky war das Ziel einer wahren Wallfahrt gewesen, weil man
daselbst Clevelandroheisen verarbeitete.
Wie bei so manchen neuen Einführungen fehlte es
auch hier nicht an Enttäuschungen; andere Werke erlebten nur Unerfreuliches bei
Benutzung des heilbringenden Ofens, man kehrte mehr oder weniger zum altbewährten
Zuschnitte des sauren Ofens zurück, stellte diesen basisch zu und heute zählen die
nordenglischen Werke in Wales, vorzugsweise in Staffordshire, eine beträchtliche
Anzahl Oefen zu 12 bis 20 t Fassung, in denen in currentem Betrieb ökonomisch
entphosphort wird, um ein extra weiches Metall zu produciren, welches an die Stelle
des einheimischen Eisens in der Mehrzahl der Verwendungsarten und hauptsächlich in
der Weissblechindustrie getreten ist.
In dieser neuesten Gestalt hat der ursprünglich runde Bathoofen mit seinen sonstigen
sehr zweckmässig umgebildeten Accessorien, auf welche weiter unten zurückgekommen
werden soll, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den basischen Martinprocess
erlangt.
Das im basischen Ofen zu verarbeitende Roheisen soll möglichst normaler
Zusammensetzung sein. Das Prototype desselben ist ein weisses Roheisen
krystallinischen Bruchs mit etwa 2 Proc. Mangan, 0,50 Proc. Silicium im Mittel und
0,05 Proc. Schwefel, welches aus einem Möller erblasen wird, in dem als Base neben
einigen Northamshireerzen hauptsächlich Puddel- und Schweissofenschlacken sich
befinden, die im „schwarzen Lande“ seit Jahrhunderten sich zu Bergen
angehäuft haben.
Das Eisenoxyd, welches man dort vorzugsweise zum Frischen verwendet, wird einem
künstlich hergestellten Eisenerze entnommen – man schmilzt jene Schlacken in Haufen,
um nahezu ihr ganzes Silicium davon abzuscheiden; das resultirende Product,
„bull-dog“, ist zäh und dicht.
Das auf gleiche Weise hergestellte, in der Hütte zu Brymbo zur Benutzung stehende
Material enthält 0,50 bis 1,00 Proc. Silicium, 0,85 Proc. Phosphorsäure und 64,00
Proc. Eisen in Gestalt von Fe2O3.
Man setzt für Phosphor- und Phosphorsäuregehalt im Roheisen und im Erze, welche als
fundamentale Rohmaterialien im basischen Ofen Englands dienen, keine festen Grenzen,
ersterer darf 3 Proc. und mehr betragen, dagegen verlangt man, dass der Schwefel nur
auf Spuren, Silicium und Kiesel auf ein erreichbares Minimum beschränkt bleiben.
Dies ist die unerlässliche Bedingung für die Wahl der Rohmaterialien zum basischen
Martinofenbetriebe der Hütten in Wales und Midland. Das Arbeitsverfahren ist kaum
weniger gleichartig und wird ebenso streng eingehalten: die Charge besteht
durchschnittlich aus 75 Roheisen und 25 schwefelfreiem, 0,10 bis 0,30 Phosphor
enthaltendem Schrott aller Art, Schweisseisen und Stahl. Der zur Entphosphorung
dienende Kalk wird grösstentheils als zu Nussgrösse zerschlagener Zuschlag
gegeben.
Ist der Ofen chargebereit, so werden rings um den Herd etwa ⅔ des gesammten
Zuschlages vertheilt und werden die Roheisenbarren zwischen denselben eingetragen;
der Rest des Zuschlages, zuweilen mit Theilen des Erzmöllers zusammengemischt, wird
auf das Roheisen geworfen.
Der Schrott wird obenauf und mitten in den Ofen gesetzt.
Nach erfolgtem Einschmelzen, etwa 4 Stunden nach Beendigung des Einsetzens, und wenn
die Schlacke gleichmässig flüssig und frei von nicht oder nur halbgeschmolzenen
testen Erz- und Kalkstücken geworden, wird der Rest des Erzes nebst einer
bestimmten Menge gebrannten Kalkes mit der Schaufel allmählich nachgetragen.
Die erste Probenahme findet statt, sobald das Kochen des Bades sich zu beruhigen
beginnt, und nach der letzten Probe wird das Zusetzen von Erz und Kalk eingestellt,
wenn diese unter dem Hammer ausgeschmiedet und im Wasser abgeschreckt sich
zusammenschlagen lässt ohne Risse zu bekommen.
Wenn die Rohmaterialien dem Bade nicht mehr als 0,02 bis 0,03 Proc. Schwefel
zuführten, so schmieden sich die Proben vor dem Zusätze von Ferromangan auch ohne
Hartborsten an den Rändern aus.
Erscheint das Bad hinreichend heiss, so wird mit einem eisernen Rundstab umgerührt
und zum Abstiche geschritten. Ferromangan wird in der Pfanne hinzugefügt. In Brymbo
gibt man 25 Proc. vom Gewichte der in Aussicht genommenen Blöcke Zuschlag und im
Mittel 15 Proc. Eisenoxyd mit 92 Proc. Fe2O3; man verbraucht daselbst 35 bis 40 k gebrannten
Kalk auf die Productionstonne.
Das Metall enthält bei normalem Verlauf der Arbeit unmittelbar vor dem Abstiche 0,09
bis 0,10 Proc. Kohle, gegen 0,20 Proc. Mangan und weniger als 0;05 Proc. Phosphor;
im Allgemeinen hält man einen 0,10 Proc. nicht übersteigenden Phosphorgehalt für
sehr annehmbar.
Art der Arbeit und Wahl der Rohmaterialien in England weichen von den auf dem
Continente eingehaltenen recht wesentlich ab, das Product dagegen unterscheidet sich
keinesfalls von dem dort erzielten.
Trotz strenger Einhaltung des vorstehend beschriebenen Arbeitsverfahrens und obschon
stets die Arbeit erfahrungsmässig am meisten beschleunigende beste Materialien
gewählt werden, die gleichmässiges Product liefern und nach Möglichkeit die
Erhaltung des basischen Futters gewährleisten, so ist doch der Roheisen- und
Erzprocess auf basischem Herd in England noch viel von Zufälligkeiten abhängig und
noch weit von der Regelmässigkeit entfernt, mit welcher die Production im sauer
zugestellten Martinofen vor sich geht.
Man will in Brymbo im Zwanzigtonnenofen wöchentlich 180 t Blöcke mit einem
Kohlenverbrauche von 560 k für 11 und mit einem Blockausbringen von 92 bis 93,5
Proc. vom Gewichte des Roheisens, des Schrotts und des Ferromangans erzeugen und
zwischen zwei grossen Ofenreparaturen 4000 t Blöcke liefern.
Es ist weiter oben wiederholt darauf hingewiesen worden, dass im Roheisenerzprocesse
aus der grossen Schlackenmenge mancherlei Inconvenienzen und Nachtheile erwachsen
und dass deshalb nur reichstes, von Gangart möglichst freies Erz zur Anwendung
kommen soll. Aber auch die reinsten Erze und sonstige metallische Frischmittel, wie
selbst Hammerschlag, Walzsinter u.s.w., vermehren wenigstens anfänglich, d.h.
unmittelbar mit dem Einschmelzen die Schlackenmenge ganz erheblich, da sie nicht nur
ihre Schlackenbildner in dieselbe abgeben, sondern ganz darin aufgehen; damit aber
wächst der Angriff der vorerst noch sehr eisenreichen Schlacke auf das Ofenfutter,
mit dem sie in grösserer Menge und während längerer Zeit in Contact bleibt, und
gleichzeitig damit die Schwierigkeit, das Metallbad in erforderlicher Temperatur zu
erhalten bezieh. wieder darauf zu erheben.
Es gibt mehrfache Mittel, diese Unannehmlichkeiten
und Nachtheile abzumindern, ohne dabei die Arbeit selbst modificiren zu müssen;
man mag beflissen sein, 1) die frischende Action des Erzes zu befördern, 2) die
Schlacke zu beseitigen, sobald sie ihre frischende Wirkung ausgeübt hat, und 3)
widerstandsfähigere feuerfeste Materialien zum Ofenfutter zu suchen und zu
verwenden.
Die frischende Action des Erzes u.s.w. wird vor allem durch heissen Gang des Ofens
gefördert, den nicht jegliche Ofenabmessung und jedes Ofensystem in gleicher Weise
gewährleistet; hierauf wird weiter unten zurückzugreifen sein.
Textabbildung Bd. 282, S. 84Fig. 1.Bathoofen von Hilton-Eston. Es ist ausserdem auch bei heissem Ofengange, soll eine solche Förderung
erreichbar bleiben, das Erz nur in genau berechnetem, bestimmtem Verhältnisse
anzuwenden und es müssen die jeweiligen Zusätze rechtzeitig und in richtig
abgemessenen Mengen gegeben werden.
Wenn der Kohlenstoff des Roheisens nur durch den Sauerstoff des Erzes zur Verbrennung
gebracht werden wird, so sind für 1 Kohlenstoff 6FeO oder 4 + 4/9Fe2O3 erforderlich. In
Wirklichkeit verwendet man für 1 Kohlenstoff reichlich 5 reines Erz und die
Erfahrung hat gelehrt, dass das Erz in nach einander an Gewicht abnehmenden Mengen
zugesetzt werden muss; ihr Gewicht bestimmt sich nach der Menge des im Bade
enthaltenen Kohlenstoffs, nach der Temperatur im Ofen und nach der Beschaffenheit
des Erzes selbst.
Vor Erneuerung des Erzzusatzes ist immer abzuwarten, dass die Schlacke ihre ganze
Frischwirkung ausgeübt hat (der Index dafür ist Beruhigung des Bades vom Kochen und
hellgrüne Färbung der erkalteten glasigen Schlackenprobe) und dass das Bad warm
genug ist, um einen neuen Zusatz lebhafte und rasche Frischwirkung unmittelbar nach
dem Einschmelzen ausüben zu lassen. Erz in zu kleinen Einzelquanten eingetragen
macht das Bad wenig aufkochen und wirkt nur in geringem Maasse frischend, in zu
grossen Mengen gegeben erkältet es das Bad und erzeugt eine übermässige
Schlackenmenge, die, wie oben hervorgehoben, den Ofen sehr anzugreifen vermag.
Die Entfernung der Schlacke, nachdem ihre frischende Wirkung ausgeübt, ist zweifellos
das beste Mittel, den Gang des Roheisenerzprocesses im Martinofen zu verbessern;
bedauerlicher Weise ist dieselbe häufig zäh und läuft in Folge dessen schwierig ab,
das Abziehen aber mit der Krücke ist eine missliche, höchst mühsame Arbeit.
Vorzüglich wirkt der Schlackenabstich, namentlich alsbald nach dem Einschmelzen des
Roheisens, oder nachdem der erste, spätestens nachdem der zweite Erzzusatz seine
Wirkung ausgeübt hat; Schlackenabstich unter angedeuteter Modalität bewirkt und
bereitet als wesentlichen Vortheil, dass die nach dem demnächstigen Erzzusatze sich
bildende Schlacke sehr eisenreich ist, hochgradig frischt und deshalb den raschesten
Verlauf der Charge ermöglicht.
Zusatz eines Flussmittels, z.B. Flusspath, vor dem Schlackenabstiche wird das
Abfliessen der Schlacke wesentlich unterstützen.
Der von Wailes beim Manchester-Meeting 1887
eingeführte runde Bathoofen hat den anfänglich an ihn geknüpften Erwartungen nicht
entsprochen; aber er hat alsdann so wesentliche Constructionsveränderungen
durchgemacht und so erhebliche Verbesserungen erfahren, dass er heute schon recht
weitgehenden Ansprüchen gerecht zu werden vermag und als einer der besten
Herdfrischapparate anzusehen ist.
Seine Einrichtungen haben namentlich durch den von Riley und
Dick in Glasgow construirten Ofen, bei welchem die vollkommene Abtrennung
des Herdes von den cylindrisch geformten Wärmespeichern, sowie auch dieser unter
sich durchgeführt ist, eine recht zweckmässige Zusammenstellung erfahren. Man hat
die Kreisform des Herdes ganz verlassen und ist allmählich durch die Ellipse zur
rechteckigen Urform des Siemens Martinofens zurückgekehrt, weil sich ergab, dass die
Flamme den runden Herdraum nicht genügend erfüllte, vielmehr vorwiegend in der Mitte
die hohe Temperatur erzeugte, welche dem Systeme eigen ist. Auf diese Weise ist
endlich der von Hilton-Eston angegebene Typus
entstanden, welchen die hier folgende Skizze zu veranschaulichen bestimmt ist.
Textabbildung Bd. 282, S. 84Bathoofen von Hilton-Eston. Vor älteren Constructionen zeichnet sich der BathoofenDie Einrichtungen des Bathoofens sind in Deutschland durch die Patente Nr.
21698, 29488 und 30899 geschützt; zu Abschlüssen von Licenzverträgen für
Deutschland, Oesterreich und Belgien ist der Civilingenieur R. M. Daelen, Düsseldorf, Kurfürstenstrasse 7,
ermächtigt. vorwiegend durch höhere Temperatur aus, welche die
sonst selten, fast nie erreichte Leistung von sechs Chargen zu 12 t Einsatz in
24 Stunden auf basischem Herd normal zu erzielen gestattet; daraus folgen ferner
dementsprechend erheblich geringerer Verbrauch an Brennmaterial, Verminderung der
Instanderhaltungskosten und Erleichterung und Beschleunigung der Arbeiten. Die
Ermöglichung einer Productionsvermehrung um rund 50 Proc., sechs gegen vier Chargen
täglich, ist so schwerwiegend als möglich.
Diese vorzüglichen Eigenschaften haben ihn bereits in zahlreichen Werken Englands,
Nordamerikas und Deutschlands zur Einführung verholfen, wo er zur Zeit in mehr als
60 Ausführungen in normalem Betrieb steht, während noch andere im Aufbau begriffen
sind; auch in Italien und Spanien hat er Aufnahme gefunden.
An feuerfesten Materialien ersten Ranges besteht, wenigstens in Deutschland und
Oesterreich-Ungarn, heute kein wesentlicher Mangel mehr; Stahlhütten von einiger
Bedeutung fertigen ihren Bedarf daran gewöhnlich selbst und lassen die einschlägige
Fabrikation an Hand erprobter Vorschriften unter Controle ihrer Chemiker treiben,
die am sichersten zu beurtheilen vermögen, welche Rohmaterialien den Anforderungen
der Betriebe voll gerecht zu werden vermögen.
Neben richtiger Wahl der Materialien ist es ferner die technische Vollkommenheit der
Herstellungsarbeit, die die höchste Qualität der feuerfesten Ofenmaterialien
bedingt: äusserste Dichte der Steine und schärfster Brand sind die hauptsächlichsten
Voraussetzungen für die Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Angriffe und gegen
die zerstörenden Einflüsse der Schlacken; beide sind durch exacte Arbeit und
peinliche Beaufsichtigung derselben unschwer sicher zu stellen.
Dass unter den Materialien für die Zustellung von Martinöfen bei den continentalen
Werken das früher warm empfohlene Chromerz nur eine sehr untergeordnete Rolle mehr
spielt, ist in der einschlägigen technischen Literatur während des letzten
Trienniums wiederholt mitgetheilt worden; neuerliche Versuche in Schweden, in
Finnland und seitens mehrfacher Werke in Russland haben zu Einführung in den
normalen Betrieb daselbst nicht zu führen vermocht. Die österreichisch-ungarischen
Flussmetallhütten haben in den letzten Jahren auf die Benutzung von Chromerz beim
Aufbaue ihrer Martinöfen gänzlich verzichtet; bei einem deutschen Werke hat seine
Verwendung zum Futter vor nicht langer Zeit den Eingang der betreffenden Oefen nach
sich gezogen und nirgends – ein einziges Werk minderer Bedeutung ausgenommen – wird
in Deutschland dasselbe, wo immer noch in Anwendung, zu anderen Zwecken mehr
eingebaut, als zur Trennung der sauren Ofenpartien von den basischen in Form einer
wenige Centimeter starken Isolirschicht. Von einer Arbeit auf neutralem (Chromerz-)
Herde und innerhalb neutraler (Chromerz-) Umwandung ist in beiden Ländern, abgesehen
von vorher erwähnter einzigen Ausnahme, nirgends mehr die Rede. Der mehrfach
hervorgehobene Vortheil, welchen die Arbeit auf neutralem (Chromerz-) Herde in Bezug
auf Qualität des erzeugten Productes liefern soll in Folge eines in dasselbe
übergehenden minimalen Bruchprocentsatzes von Chrom, ist, wenn überhaupt
thatsächlich, zweifelsohne durch einen entsprechenden Zusatz von Chromeisen zum Bade
billiger und unter Aufrechterhaltung vollster Betriebssicherheit zu erreichen.
Dem Rückgange der Anwendung von Chromerz beim Aufbaue von Martinöfen gegenüber ist
die rasche Ausbreitung der Benutzung von Magnesit und daraus hergestellter
Magnesiasteine als feuerbeständigstes und gegen Corrosionen durch die feuerflüssigen
Producte des Schmelzprocesses widerstandsfähigstes Zustellungsmaterial während der
letzten Jahre geradezu staunenswerth zu bezeichnen.
Das Haus Carl Später Coblenz, Besitzer der grössten und
anerkannt für die Zwecke des Martinofenbetriebes geeignetsten Magnesitvorkommen
Steiermarks, von dem auch die wenigen Concurrenzgeschäfte einen ansehnlichen Theil
ihres Rohmaterials beziehen, andere bei ihm ihren ganzen Bedarf decken, hat im
verflossenen Jahre allein für Martinwerke in zehn der Hauptproductionsländer der
Welt, von Amerika und Spanien im Westen bis zum Ural im Osten, von Schweden im
Norden bis Italien im Süden, an 85 verschiedene Firmen nicht weniger als 11390000 k
Magnesit in allen Formen der Vorbereitung zum unmittelbaren Verbrauch und daraus
hergestellte Magnesiasteine versendet und ausserdem noch am Jahresschlusse
unerledigt gebliebene Aufträge von 63 Firmen auf Lieferung von mehr als 7,5
Millionen Kilogramm in ihren Büchern behalten.
Seitdem ist das Zuströmen neuer Bestellungen nur noch lebhafter geworden und hat zu
fortwährender Weiterausdehnung der Aufbereitungsanlagen der Firma geführt.
Im Magnesit ist zweifelsohne das Zustellungsmaterial für basische Herdöfen vorhanden,
welches der „Roheisenerzprocess“ wie auch der „Process Imperatori“ nicht stärker in Anspruch nehmen
werden als das Roheisenschrottverfahren, und dass zu dem einen oder dem anderen in
nicht ferner Zeit ernstlich gegriffen werden muss, dazu wird die mit der weiteren
starken Ausbreitung der Martinarbeit nothwendiger Weise eintretende Steigerang des
Preises brauchbaren Schrotts unwiderstehlich drängen. An verwendbaren kieselarmen
Erzen ohne oder mit nur minimalem Schwefelgehalt besteht kein Mangel; da der
basische Process an einem Gehalte derselben an Phosphorsäure Anstoss nicht nimmt,
und bei dem zum Theil massigen Vorkommen solcher Erze (Grängesberg, Gellivare
u.s.w.) ist auch eine unverhältnissmässige Steigerung ihres Preises unter Zunahme
ihres Verbrauchs nicht zu befürchten; im Uebrigen aber hindert nichts, dass auch
Werke ausserhalb des „schwarzen Landes“ Englands anstatt ihre
Raffinirschlacken zu veräussern oder für den eigenen Hochofen zu vermöllern,
dieselben zu „bull dog“ um- und dann als artificielles Erz auf dem Herde
verarbeiten.