Titel: | Die elektrischen Locomotiven der City and South London Railway. |
Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 294 |
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Die elektrischen Locomotiven der City and South
London Railway.
Mit Abbildung.
[Die elektrischen Locomotiven der City and South London
Railway.]
Textabbildung Bd. 280, S. 294Die elektrischen Locomotiven der City and South London Railway. Die etwas über 5 km lange und vier Zwischenstationen enthaltende City and
South London Eisenbahn, welche am 4. November 1890 eröffnet worden ist, ist ganz
unterirdisch geführt, doch liegt sie nirgends über 12 m unter der Erdoberfläche.
Ihre beiden Geleise liegen in zwei getrennten, aus siebentheiligen Gusseisenröhren
von 0,5 m Länge hergestellten Tunneln, von denen der eine so viel über dem andern
liegt, dass die Fahrgäste unter ihm hinweg nach dem andern gelangen können. Ueber
die sonstigen interessanten Eigenthümlichkeiten dieser Bahn sei auf Engineering, 1890 Bd. 50 * S. 550, sowie auf Electrician, 1890 Bd. 26 S. 9, 12, 191, verwiesen und
die noch weit ausführlicheren Mittheilungen in dem Engineer, 1890 Bd. 70 * S. 382; eine kurze Mittheilung über diese Bahn
findet sich auch in der Verkehrszeitung, 1891 * S. 151.
Hier mag nur Einiges über die elektrischen Locomotiven berichtet werden. Im November
1890 waren zehn geliefert, vier weitere nahezu fertig. Jede wiegt etwa 10 t und
läuft auf zwei Achsen. Auf jede Achse ist, wie die zugehörige Abbildung sehen lässt,
der Anker eines Elektromotors aufgesteckt, so dass die Wagenachse die Motorwelle
bildet. Beide Achsen sind von einander ganz unabhängig; irgend welche Uebertragung
ist nicht vorhanden. Die Anker haben Reihenwickelung und machen bei 24 km
Geschwindigkeit in der Stunde 190 Umdrehungen in der Minute; dies ist die
gewöhnliche Fahrgeschwindigkeit, doch können die Locomotiven mit etwas mehr als 40
km laufen. Ihre höchste Leistung ist 40 . Beide Motoren werden mittels
desselben Umschalterhebels regulirt, durch Ein- und Ausschaltung von Widerständen.
Letztere sind theils Gusseisenplatten, theils Drahtrollen und sind längs der Seiten
angeordnet; weite Lufträume verhüten ein Warmwerden. Ein zweiter Umschalter
gestattet die Umkehrung der Bewegungsrichtung durch Umkehrung der Polarität der
Feldmagnete. Der Strom wird von einer in der Abbildung durch die untere gestrichelte
Linie angedeutete Mittelschiene aus zugeführt, durch drei schwere Gleitstücke,
welche auf der Schiene gleiten und sich jeder Unebenheit anpassen können; die
Mittelschiene ist aus einem dem Bahndamm entlang laufenden Stahlkanale hergestellt.
Als Rückleitung dienen die Bahnschienen, deren Höhenlage die obere gestrichelte
Linie in der Abbildung andeutet. Doch sind vier kupferne Zuleitungen entlang dem
Damme geführt und an verschiedenen Stellen mit dem Stahlkanale verbunden, damit die
Spannung des Stromes möglichst gleich erhalten werde, und zwar auf 500 Volt; jeder
Zuleiter enthält 61 Drähte Nr. 14 der Birmingham-Lehre; isolirt sind sie mit
Fowler-Waring-Masse, ferner besitzen sie eine Bleischutzhülle. Die Mittelschiene
besteht aus gut leitendem Stahl und ist von der Shelton Iron
and Steel Company in Stoke-on-Trent besonders für diesen Zweck gewalzt
worden. Die einzelnen Stäbe sind polirt und durch Kupferstreifen verbunden. Sie
ruhen auf Glasisolatoren und bei 500 Volt soll die Ableitung nicht mehr als 1 Ampère
betragen, so dass dadurch weniger als 1 verloren ginge.
Den gesammten Strom für die zehn Züge liefern drei Edison-Hozkinson-Dynamo, deren
jede von einer mit 100 Umdrehungen laufenden Dampfmaschine durch Riemen getrieben
wird, bei 140 Pfd. Dampfdruck. Die Leistung der Dynamomaschinen ist 450 Ampère bei
500 Volt: der elektrische Wirkungsgrad ist 0,96, der von Dampfmaschine und Dynamo
aber 0,75.
In jeder Station ist eine Signalhütte mit einem Satz etwas abgeänderter
Blockapparate, welche Dutton und Co. in Worcester
geliefert haben. Die Blockabschnitte sind so gelegt, dass von den zehn auf den
Geleisen fahrenden Zügen gewöhnlich nicht mehr als drei zugleich abfahren können.
Die Herstellung der Bahn selbst hat rund 2¾ Million Mark für das Kilometer
gekostet.